Teil 46 - Mum & Dad

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„Bist du schon nervös?"
„Wieso nervös?", fragte ich.
„Weil deine Eltern in weniger als drei Stunden Harry kennen lernen?! Du weißt, ich liebe Harry, aber er ist nun mal, wie er ist und deine wissen, wie er war.", führte Lya aus. Ich rollte mit den Augen und schüttelte die Sofadecke aus. Dabei fiel mir fast mein Handy runter, das ich zwischen meinen Ohr und meiner Schulter eingeklemmt hatte.
„Du denkst also, dass es keine Probleme geben wird?"
„Ich weiß nicht. Ich denke einfach, dass Harry weiß, wie wichtig mir dieses Essen ist und dass er daher sein bestes geben wird. Immerhin ist er jetzt mein Freund.", sagte ich. Wie das Küssen war es auch neu Harry als meinen Freund zu bezeichnen. Doch das war er jetzt und das war auch gut so.
„Dann wird sicher alles gut gehen.", sagte Lya. Wäre sie hier bei mir, hätte ich sie schief angesehen. Sicher hatte sie jetzt dieses falsche Lächeln auf dem Gesicht. Sie machte sich mehr Sorgen, als ich mir.
„Das hoffe ich allerdings auch für morgen." Ich sah auf meine Uhr und stellte fest, dass ich langsam einkaufen gehen sollte.
„Natürlich. Ich habe für alles gesorgt, es wird sicher ein richtiger geiler Abend.", sagte Lya. Sie machte mir etwas Angst. Auch verrückt, dass ich mir um die Party morgen mehr Sorgen machte, als um das Essen mit meinen Eltern.
„Ich hoffe für dich, er wird nicht zu verrückt."
„Ach Quatsch, nur verrückt. Ich muss noch ein paar Dinge organisieren, rufst du mich morgen früh an und sagst mir, wie das Essen war?", fragte sie. Ich schmunzelte und ging in die Küche.
„Klar, mache ich. Bis morgen." Ich legte auf und seufzte. Lya hatte mich doch etwas verunsichert. Was wäre, wenn meine Eltern Harry nicht mochten? Ich wohnte zwar nicht mehr bei ihnen, doch ihre Meinung war mir noch immer sehr wichtig.
Ich zog mir eine Jeans und eine Pullover an und ging dann einkaufen. Da ich so oft bei Harry war, war mein Kühlschrank eher leer, also kaufte ich die Grundausstattung ein und ging dann nach Hause. Etwa eine Stunde später fuhr ich los zum Bahnhof. Ich parkte meinen Wagen, in den ich noch immer verliebt war und ging dann zu den Gleisen. Dort wartete ich auf meine Eltern und ausnahmsweise hatten die Züge keine Verspätung.
„Hallo, mein Spatz. Alles liebe zum Geburtstag!", sagte meine Mum und drückte mich fest.
„Danke, Mum. Hallo, Dad." Auch er drückte mich und wünschte mir alles Gute.
„Wo ist er denn?", fragte meine Mum und sah sich um. Ich schmunzelte.
„Ich bringe euch erst mal zu mir, dann könnt ihr euch frisch machen und wir trinken noch einen Tee, bevor wir zu Harry fahren. Er kocht heute für uns.", erklärte ich. Mein Dad sah mich staunend an und fragte nicht weiter nach.
„Oh, das klingt spannend. Hast du einen Wagen vermietet?" Ich lächelte meine Mum an und öffnete dann den Kofferraum.
„Nein, dieser kleine Schatz gehört mir.", sagte ich. Meine Eltern stiegen ein und schnallten sich an.
„Wie kommt's? Du wolltest doch nie ein Auto haben. Ich dachte, in der Stadt lohnt sich das nicht so."
„Naja, also, ihr wisst ja, dass Harrys Wagen „kaputt" ist. Wir sind in ein Autohaus gegangen und während er sich einen neuen Wagen ausgesucht hat, habe ich geschnuppert und weil ich in letzter Zeit viel mit Harrys Auto gefahren bin, habe ich mir jetzt selber eines gekauft. Ist praktischer, als man denkt. Außerdem fahre ich ja mehrmals die Woche ins St. Thomas Hospital, das ist mit den Büchern einfacher im Auto.", erklärte ich. Ich parkte vor meine Haustür und half meinen Eltern mit dem Gepäck. Anscheinend wollten sie etwas länger bleiben. Es kam selten vor, dass sie mich hier besuchten, doch das nahm ich ihnen nicht übel. Die Großstadt war eben nicht etwas für jeden.
„Fühlt euch wo zuhause. Und keine Sorge, Sammy ist immer noch bei Harry.", sagte ich und legte meinen Schlüsselbund in die Schale im Flur. Während meine Mum über die Sauberkeit staunte, setzte mein Dad sich ins Wohnzimmer und ruhte sich aus. Ich bereitete Tee zu und stellte alles auf ein Tablett.
„Wie lange geht das jetzt schon mit deinem Harry?" Ich drehte mich zu meiner Mum um und lächelte verlegen.
„Ähm, also, um ehrlich zu sein hat es schon angefangen, bevor ich bei euch war. Es war nur etwas kompliziert."
„Inwiefern?", fragte meine Mum.
„Harry hatte wohl schon länger Gefühle für mich, das habe ich nur nicht bemerkt. Er hat sich dann zurückgehalten, weil er unsere Freundschaft nicht riskieren wollte und weil er das Gefühl hat, dass ich zu gut für ihn bin." Meine Mum nickte und nahm das Tablett.
„Der Junge könnte mir gefallen." Ich folgte ihr grinsend und wir tranken etwas Tee. Etwas eine halbe Stunde später entschuldigte ich mich und fing an mich schick zu machen. Dieses Mal trug ich sogar ein Kleid. Ich nahm meine Brille ab und benutzte Kontaktlinsen. Umgezogen und hergerichtet ging ich ins Wohnzimmer.
„Mary, du siehst wunderschön aus.", sagte meine Mum.
„So erwachsen.", fügte mein Dad hinzu. Ich errötete und senkte den Blick.
„Danke. Wollen wir so in zehn Minuten los?", fragte ich. Die beiden nickten US gingen sich noch einmal umziehen, bevor wir losfuhren. Dabei dachte ich zurück an das Telefonat mit Lya und wurde nervös.
„Deine Hände zittern ja.", stellte meine Mum fest.
„Ja, ich bin doch etwas nervös."
„Das brauchst du nicht sein. Ich bin sicher, dein Harry ist ein guter Junge.", sagte sie. Ich lächelte und beruhigte mich etwas. Ich parkte vor dem Haus und wir fuhren mit dem Lift nach oben. An der Tür nahm ich meinen Schlüssel hervor und schloss sie auf. Meine Mum sagte dazu nichts, doch ich spürte ihre Blicke.
„Harry? Wir sind da."
Lächelnd kam er um die Ecke. Er trug ein gemustertes Hemd und eine schwarze Hose, was ihn sehr attraktiv aussehen ließ.
„Herzlich willkommen, Mr. und Mrs. Hensley. Ich freue mich, Sie endlich kennen zu lernen. Fühlen Sie sich einfach wie zuhause.", sagte er und reichte meinen Eltern die Hand. Beide lächelten Harry an und ich hatte Hoffnung, dass dieser Abend doch kein Reinfall werden würde.

Roses (II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt