Kapitel 30

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Schweigend folgte ich meinem Ziehvater ins Schlafzimmer der beiden.
Dort war es, wie üblich, perfekt aufgeräumt. Meine Ziehmutter hatte einen Putzfimmel.

Sobald sie ein Staubkorn entdeckte, sei es wirklich nur ein einziges, hatte sie schon einen Lappen oder den Staubsauger in der Hand.

Kurz schmunzelte ich darüber. War mir doch eingefallen, wie sie immer entsetzt ausgesehen hat, als ich zusammen mit Lucky immer von Kopf bis Fuß mit Schlamm besudelt nach Hause gekommen war.

Vater hatte immer darüber gelacht. Vor allem wenn Lucky und ich zusammen unseren Hundeblick eingesetzt hatten oder ich mit meinen Zahnlücken breit gegrinst und „Überraschung!" gerufen hatte.

Augenschließend wünschte ich mir, ich könnte wieder die Zeit zurückdrehen, einfach sorgenfrei und glücklich sein. Doch ich hatte damit schon vor langer Zeit abgeschlossen.



Nachdem ich mich auf das Bett gesetzt hatte, wie mir mein Ziehvater angewiesen hatte, öffnete er den Schrank, beugte sich vor und zog eine kleine Kiste hervor.

Natürlich hätte ich einfach seine Erinnerung ansehen können, doch er hasste es, wenn ich seine Gedanken lesen wollte.

Mit dieser in den Händen setzte er sich neben mich, legte die Kiste auf seinem Schoss ab.
„Habe ich dir je gesagt, dass Jillian und ich früher in England gewohnt haben?", fragte er mich, sein trüber Blick dennoch auf die Kiste gerichtet.

„Nein", murmelte ich und er begann traurig zu lächeln, nachdem er seinen Kopf angehoben und mich angesehen hatte.

„Wir wurden beide in London geboren, sind aber in verschiedenen Vororten aufgewachsen. Cole war mein Nachbar und mein bester Freund. Von Anfang an waren wir wie Brüder, fast schon unzertrennlich."

Er öffnete die Kiste und holte ein paar Bilder heraus.

Dort waren mein Ziehvater und mein leiblicher Vater zu sehen. Wie sie zusammen im Garten gespielt hatten. Auf einem Fußballplatz, beim Rugby oder wenn sie sich zum Spaß gerauft hatten. Aber in allen strahlten sie über das ganze Gesicht.

Man sah, wie nah sie sich standen.

„Als er dann einen Brief von Hogwarts bekam, war ich mehr als nur traurig und war beinahe sogar wütend. Ich hatte Angst ihn zu verlieren. Wir waren nie sehr lange getrennt gewesen und ich hatte einfach nur große Angst, dass ich ihn verlieren würde. Umsonst. Er hatte mir täglich Briefe geschrieben. Natürlich wurde es mit der Zeit weniger. Die Schule wurde schwieriger und irgendwann standen Prüfungen an."

Er seufzte und glitt mit einem Finger über eines der Bilder, welches bereits leicht verblasst war.

„In den Ferien hatten wir jeden Tag zusammen verbracht. Oft hatten wir auch beim anderen übernachtet und uns alles erzählt, was der jeweils andere verpasst hatte."

Bei einem der nächsten Bilder begann mein Ziehvater leise zu lachen.

Es war ein Bild  von einem Mädchen. Sie sah mir ähnlich, doch hatte natürlich auch Merkmale, die nicht mit mir übereinstimmten.

„Leliana. Ich weiß noch, als er mir das Bild geschickt hat. In seinem Brief hatte er geschrieben ‚Dieses Mädchen hasst mich so sehr, ich fange wirklich an sie zu lieben'. Oh, wie stolz er doch auf sich gewesen war, als sie ihn tatsächlich als ihren Freund anerkannt hatte", lachte er und zeigte mir weitere Bilder.

Von sich und meiner Ziehmutter zusammen mit meinen leiblichen Eltern.

„Als Jillian und ich zusammen kamen... Du hättest Cole sehen müssen. Er ist auf und ab gesprungen, was man so von ihm nicht kannte. Aufgedreht war er nur mir gegenüber, aber vor weiteren Zeugen? Nie!"

Gryffindor's Ice PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt