Kapitel 89

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Verwirrt sah ich mich um. Ich stand mitten in der Bibliothek, doch irgendwie fühlte es sich nicht echt an.

Keine Menschenseele war hier. Nicht einmal Madam Pince war anwesend.

Weiterhin verwundert blickte ich mich um. Von außen drang bläuliches Licht, was mehr als nur merkwürdig war.

Damit wirkte auch die Bibliothek viel zu unecht.

Eine Illusion?

Nein, das musste etwas anderes sein.

Ohne es wirklich zu wollen, setzten sich meine Beine in Bewegung.

Selbst, wenn ich mich wehren wollen würde, könnte ich nicht.

Das Licht wurde dunkler, je weiter ich lief.

Die Tür, die zum Verbotenen Abteil führte, öffnete sich und ich trat einfach ein.

„Nicht mehr lange", ertönte eine männliche, hallende Stimme und meine Beine blieben stehen.

Um mich herum wurde es kühler und ich fröstelte leicht. Ich versuchte, dieses Gefühl zu unterdrücken.

„Dad?", fragte ich leise.

In dem Moment tauchte bläuliches Licht vor mir auf, bevor es seine Gestalt annahm.

Muskulöser Köper, breite Schultern. Ich erkannte sogar einen leichten Bart, als hätte er sich ein paar Tage nicht rasiert.

Die Haare hingen ihm ins Gesicht und umrandeten dieses.

In seinem Gesicht war kein Lächeln, seine Augen wirkten eher traurig. Fast schon mitleidend.

„Wie bald?"

„Zu bald...", flüsterte er und kam näher auf mich zu.

„Du musst dich auf das schlimmste gefasst machen."

„Was kann schlimmer sein, als zu sterben?"

„Jeden den du liebst leiden und sterben zu sehen", antwortete er und ich biss mir auf die Wange.

„Ich weiß, dass du bereit bist, viel zu geben. Die Frage ist nur, wie viel?"

„Alles, was ich habe", antwortete ich ohne zu zögern und Dad schloss die Augen.

„Du hast die Sturheit deiner Mutter", flüsterte er einen Augenblick später und lächelte sanft und traurig.


Er legte seine Hand auf meine Schulter, doch ich spürte sie nicht wirklich. Die Stelle, die er berührte, wurde etwas kühler.

„Dieser Kampf wird nicht wie die anderen, Rhea. Es wird eine wahr Schlacht..."

„In der viele Menschen sterben werden. Ich weiß. Daraufhin habe ich trainiert. Ein Greif beschützt seine Schätze. Meine Schätze sind die anderen."

„Du wirst dich nicht abbringen lassen, nicht wahr?", schmunzelte er mich traurig an.

„Ich kann sie nicht im Stich lassen. Die anderen brauchen mich..."

„Lebst du denn auch für dich?"

Nun blinzelte ich verwirrt.

„Ich wusste, dass mein Leben nicht allzu lange währen würde. Allerdings habe ich mich auch entschieden, etwas für mich zu tun."

„Wie meinst du das?"

Seine Hände wanderten an meine Wangen. Das unnatürlich Kühle verschwand von meiner Schulter, doch nun fühlte ich es an meinem Gesicht.

„Ich habe ungefähr in deinem Alter gewusst, dass mein Leben schnell vorbei sein würde. Ich habe mich trotzdem entschieden, diese kurze Zeit mit deiner Mutter und später mit dir zu verbringen. Du denkst immer nur an die anderen."

Gryffindor's Ice PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt