Misty Mountains

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Lea POV:
Erst umarmte ich eine etwas verwirrte Franzi, wobei sie alle meine Haare ins Gesicht bekam, die gerne mal zu allen Seiten ab standen. Dann wandte ich mich mit einem aufquietschen zu Emmi.
„Wie...wieso seit ihr hier? Ich dachte ich wäre die einzige, die hier ist!", sprach ich so schnell, sodass meine beiden Freundinnen gar nicht mitkamen. Dann umarmte ich Emmi, was wahrscheinlich ein bisschen lustig aussah, da sie sich zu mir runter beugen musste. Franzi war eher so klein wie ich, wenn auch nicht ganz so winzig, aber Emmi war ungefähr 1,60 m groß, was einem in diesem Moment mal wieder sehr auffiel. Erst ein leicht genervtes Räuspern hinter uns, löste uns voneinander.
„Kennst du die beiden, Lea?", fragte Bilbo etwas neugierig und genauso wie er, sahen uns jetzt auch die beiden Zwergenprinzen an, die ich bisher gar nicht weiter beachtet hatte.
Zeitgleich antworteten wir drei: „Jup, wir kennen uns!"
Und ich setzte noch ein: „Wo ich bin, sind auch die beiden", hinterher.
Jetzt stellten sich die beiden Brüder vor.
„Fili...", sagte der Ältere, „...und Kili...", sagte der Andere und beide beendeten den Satz gemeinsam mit einer kleinen Verbeugung, „...zu euren Diensten."
Franzi und Emmi taten es den beiden Zwergen gleich.
„Franzi...", „...und Emmi...", fingen sie an, „...zu euren Diensten."
„Ihr müsst dann wohl Herr Beuteler sein", setzte Kili noch einen hinterher und wir drei Mädchen mussten leise kichern und versuchten nicht gleich laut los zulachen.
„Ähm, dann kommt...", weiter kam der arme Hobbit nicht, da Kili bereits eingetreten war, Fili dem Kleinen alle seine Waffen in die Hand drückte und dann zu den anderen Besuchern ging.
„...mal rein.", setzte der Hobbit noch mit einem kleinen Seufzen hinzu. Franzi und Emmi bedankten sich noch einmal und gingen auch schnell ins Haus, sodass Bilbo die Tür wieder schließen konnte. Meine beiden Freundinnen sahen sich staunend um, so wie ich wohl auch vor ein paar Stunden noch ausgesehen hatte. Mit einem belustigtem Grinsen stellten wir fest, dass sich Emmi auch fast den Kopf, genauso wie Gandalf, an dem Kronleuchter stoßen könnte, wäre sie nur ein paar Zentimeter größer gewesen.
„Okay, ihr seid also die Freundinnen von Lea?"
Gehorsam antwortete Emmi: „Ja, sind wir. Und ihr könnt uns ruhig duzen, Herr Bilbo Beutlin."
Sofort warf Franzi ihr einen scharfen Blick zu und ich biss mir auf die Lippe. Bilbo war überrascht, dass die beiden, nicht so wie Kili, wussten, wie er hieß. Er sagte eine Zeit lang nichts und als er dann doch fragte, antwortete Franzi nur mit: „Das ist nicht wichtig."
Wir anderen nickten ihr beipflichtend zu.
Ein letztes „Okay.", kam von Bilbo, bevor es wieder an der Haustür klingelte. Sauer lief er zur Tür und meckerte dabei vor sich hin. Beim Gehen warf er die Waffen, die er immer noch in den Armen gehabt hatte, weg und riss mit viel Schwung die Tür auf. Und schon purzelten die restlichen Zwerge, ausgenommen Thorin, auf die Matte, sodass ein Seufzer Bilbos Mund verließ: „Gandalf."
Neugierig reckte ich den Kopf etwas, um besser sehen zu können. Der Zauberer war wirklich riesig und ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie bescheuert es wohl aussehen würde, wenn ich neben ihm stand. Doch schon zerrten mich Franzi und Emmi weg von der Tür, in Richtung Speisekammer, wo sich derzeit die meisten Besucher aufhielten.
„Ihr müsst mir alles erzählen!", forderte ich die beiden auf, wobei ich eine Betonung auf das vorletzte Wort legte.
„Später", meinte Franzi nur mit einem Grinsen. Ich murrte etwas unzufrieden, doch die beiden beachteten das gar nicht, sondern stellten mir Fili und Kili vor, die mich ausgiebig musterten, dann aber gleich kumpelhaft mit mir umgingen. Okay...Kein Wunder, dass die so schnell Freunde finden.

*

Schließlich wurde es ein munteres Abendessen, da es schon damit anfing, dass wir uns alle auf die Bänke quetschten mussten. Und da ich neben Bombur saß, wurde es ein bisschen...eng.
Nichts von den aufgetragenen Speisen blieb übrig, wobei das Meiste von Franzi und den Zwergen gegessen wurde. Franzi hatte eh immer Hunger, ich hatte ja schon gegessen und Emmi war viel zu aufgeregt, um etwas runter zu kriegen. Es wurde viel erzählt und die Zwerge hatten uns nach ein paar anfänglichen Schwierigkeiten, da wir ja Menschen waren, schnell in ihre Truppe aufgenommen. Nur einmal kehrte eine kurze Stille ein, als die Männer ihre Biere auf Ex tranken. Wir verzogen leicht angeekelt das Gesicht als alle anfingen zu rülpsen. Aber daran mussten wir uns wohl gewöhnen. Nach dem Essen waren viele aufgestanden und suchten in Speisekammer und Küche die letzten essbaren Sachen, die Bilbo noch besaß. Der wiederum unterhielt sich immer noch etwas aufgebracht mit Gandalf. Wir saßen immer noch am Tisch und unterhielten uns angeregt mit Kili und Fili, während wir uns einen Spaß daraus machten Oin irgendwelche Wörter zu sagen, die er immer falsch verstand, da er ja schwerhörig war.
„Oin, hör mal zu. Franzi sagte gerade, dass du so taub bist, dass du noch nicht mal hörst, wenn dich ein Ork anschreit", grinste Fili.
„Was? Wer ist gestorben?", fragte Oin.
Wir lachten uns halb tot als wir das hörten.
„Außerdem ist deine Tasse leer", fügte Kili glucksend hinzu
„Ja, danke, dass du mich klasse findest", entgegnete der schwerhörige Zwerg.
Wir brüllten nur noch lauter und kriegten uns gar nicht mehr an. Ich wusste jetzt schon, dass das mit Kili und Fili witzig werden würde. Doch meine Aufmerksamkeit wurde auf Ori gelenkt, als er die berühmte Was-soll-ich-mit-meinem-Teller-machen-Frage stellte, auf die ich solange gewartet hatte. Fili und Kili sprangen sofort auf und Fili nahm Oris Teller und warf ihn zu seinem Bruder, der ihn wiederum zu einem Zwerg in der Küche warf. Die Zwerge, die noch mit uns am Tisch saßen, begannen mit den Messern und Gabeln gegen die, des anderen zu stoßen und mit den Füßen zu stampfen. Schließlich entstand ein durchgehender Rhythmus und Kili begann zu singen, während Bilbo vor Angst um seine Porzellanteller, die hin und her geworfen wurden, fast in Ohnmacht fiel.
Bei der Stelle: „Tut, was Bilbo Beutlin hasst", sangen wir mehr oder weniger lauthals mit, auch wenn wir nicht beim Aufräumen halfen und nur, so wie Gandalf, das Schauspiel beobachteten. Die Teller, Tassen, Schüsseln und Besteck wurde gestapelt und das Lied endete. Vollkommen verblüfft sah Bilbo auf das vollendete Werk und alle waren nur noch besserer Laune als vorher. Während die anderen sich weiter unterhielten, zogen wir drei Mädchen uns in eine stillere Ecke zurück und jetzt konnte ich endlich hören, was meinen beiden Freundinnen bisher wiederfahren war. Ab und zu gab ich ein: „Du warst wirklich im Düsterwald?" und „ Du hast wirklich Beorn gesehen, wie er sich verwandelt hat?" hinzu, hörte aber die meiste Zeit staunend zu. Ich musste laut lachen, als Franzi mir von dem kleinen Babywarg erzählte, den sie Günther genannt hatten.
„Also, ich weiß ja nicht, wie ihr denkt, aber ich finde, dass Günther einfach der beste Name auf der Welt ist", grinste ich und lehnte mich auf dem Stuhl zurück.
„Ey, aber noch besser ist Mupfel!", entgegnete Emmi und wir gackerten wie bescheuerte Hühner.
Plötzlich hämmerte es laut an der Tür und ich zuckte kurz zusammen.
„Er ist da", hörte ich den grauen Zauberer aus dem Esszimmer sagen, da jetzt alle verstummt waren und es totenstill war. Sogar Franzi hielt ausnahmsweise mal die Klappe.
Wir drei standen gleichzeitig auf und liefen zur Tür, wo sich schon alle anderen versammelt hatten. Ich war so aufgeregt, dass meine Knie etwas zitterten. Dann trat Bilbo vor, öffnete die leise knarrende Tür und dann sahen wir ihn. Thorin Eichenschlid, der König unter dem Berge und Anführer von diesem Unternehmen. Er sah genauso aus, wie ich ihn aus den Filmen kannte, nur seine Augen hatten noch einen dunkleren Blauton, die dadurch noch einen Tick kälter wirkten. Jetzt wandte er seinen Kopf zu Bilbo und musterte ihn kurz und durchdringend.
„Gandalf, sagtest du nicht, dieser Ort wäre leicht zu finden? Ohne das Zeichen an der Tür hätte ich diesen Ort nie gefunden", sprach er leicht genervt den Zauberer an. Dann trat er über die Türschwelle und zog sich den Mantel von den breiten Schultern. Trotz seiner Körpergröße machte er irgendwie einen bedrohlich wirkenden Eindruck auf mich.
Jetzt fingen die beiden hinter mir leicht an zu kichern und ich hörte wie Franzi Emmi zuflüsterte: „Der ist echt zu blind, um ein leuchtendes Zeichen zu sehen!"
In diesem Moment war ich leicht froh, dass wir weiter hinten standen, sodass wir nicht gleich auffielen.
Jetzt redete Thorin mit Bilbo und fragte ihn über verschiedene Waffen aus. Doch Bilbo blieb ganz lässig für diesen Umstand und ließ sich nicht von dem Zwergenkönig einschüchtern.
„Dachte ich's mir doch, eher ein Krämer als ein Meisterdieb", versuchte Thorin ihn runter zumachen und die anderen Männer, mit Ausnahme von Gandalf, lachten zustimmend. Nur ich fand das nicht wirklich witzig, denn ich konnte gut nachvollziehen, wie sich der kleine Hobbit gerade fühlen musste. Fast schien es mir als wären die Zwerge irgendeine coole Clique in der Schule und Thorin war der Anführer, der gerade einen Streber runtermachte, so sah es jedenfalls aus.
Der Zwerg wandte sich ab und wollte schon mit den anderen ins Esszimmer gehen, als sein Blick bei uns hängen blieb. Kurz war es still.
„Wer ist das?"
Da ich vorne stand, konnte ich Thorin nur anstarren als wäre er der Tod höchst persönlich. Bei solchen Leuten war ich immer sofort eingeschüchtert und bekam meistens kein Wort heraus. Also drängelte sich Franziska vor und stellte sich vor mich, sodass ich erleichtert ausatmen konnte, als sie das Reden übernahm.
„Wenn ich vorstellen darf, ich bin Franzi und dies sind Emily und Lea, zu euren Diensten."
Sie deutete eine leichte Verbeugung an, womit sie ihn eher provozieren wollte, als alles andere.
„Gut, dann gebt mir ein Bier.", sagte Angesprochener in einem befehlerischen Ton und drehte sich um.
„Ähm, hallo? Gehts noch? Wir sind doch nicht deine Diener", rutschte es Franzi sofort raus. Ich biss mir auf die Lippe und Emmi berührte die Schwarzhaarige an der Schulter, um sie zügeln. Thorin stoppte in seiner Bewegung und seine Augen wurden gefährlich schmal.
„Achso? Und was wollt ihr dann sein? Etwa eine Prinzessin, vor der ich auf die Knie fallen muss?"
Jup, das hätte er lieber nicht sagen sollen...
„Ey, jetzt reichts langsam mal! Wir sind hier auch nur zu Besuch und nur mal so zur Info, der liebe Bilbo kann dich und dein schmutziges Zwergenpack jederzeit rausschmeißen. Also würde ich mir lieber vorher überlegen, wer hier wen runter macht!", zischte Franzi ihn an. Etwas verwirrt über die Wortwahl zog der Zwergenkönig die Augenbrauen zusammen.
Gandalf musste schnell eingreifen, damit das hier nicht alles noch mehr aus dem Ruder geriet und erklärte, dass wir mit dazu gehörten und eben keine Bediensteten waren. Thorin murmelte noch etwas und ignorierte uns dann durchgehend.
Wir setzten uns alle wieder an den Tisch und während Thorin etwas aß, erzählte er von den Treffen mit den anderen Zwergen. Er zweifelte an der Nützlichkeit des Hobbits auf ihrer Reise und Gandalf ging wortwörtlich an die Decke.
Nachdem er sich wieder gesetzt hatte, mutmaßten die Zwerge, wie viele Drachen schon durch Gandalfs Hand gestorben seien und es entbrannte ein lauter Streit, bei dem alle wild durcheinander redeten.
Plötzlich stand jedoch Thorin auf und gab einen lauten Befehl, sodass ich mal wieder erschrocken zusammen zuckte und die anderen still wurden. Erst als er sich wieder beruhigte, legte sich die Anspannung wieder.
„Kommt jetzt nicht die Stelle mit dem Schlüssel und der Karte?", fragt Emmi leise hinter mir.
„Schhh!", machte Franzi, aber so laut, dass Gloin uns etwas skeptisch von der Seite her ansah. Ich lächelte ihn an, als wäre nichts gewesen und als er sich nicht mehr für uns interessierte, flüsterte ich zu meiner Freundin.
„Jup, und Bilbo fällt gleich in Ohnmacht."
Franzi fing an zu kichern, worhaufhin wiederum Kili sie anguckte und die Schwarzhaarige musste nur noch mehr grinsen. Der braunhaarige Zwerg hatte wohl gedacht, dass das Lächeln ihm galt und zwinkerte zurück. Jetzt musste ich mich beherrschen, um nicht laut los zu lachen.
Meine Aufmerksamkeit wurde bald wieder nach vorne gelenkt, als Gandalf Thorin den großen Schlüssel übergab, den er sich sofort um den Hals band, um ihn auf keinen Fall zu verlieren. Währenddessen holten Fili und Ori noch mehr Bier, das Letzte, was sie in diesem Haus noch fanden. Als die Zwerge entschlossen, die Tür beim Erebor zu finden, lehnte sich Emmi wieder vor und fragte leise: „Was ist mit uns? Wollen wir mitgehen?"
Franzi warf ihr nur einen das-ist-doch-jetzt-nicht-dein-Ernst-Blick zu. Wir hatten uns das schon immer gewünscht und würden diese einzigartige Chance mit Sicherheit nicht einfach so an uns vorbeigehen lassen, auch wenn es hieß, dass diese Reise unser Leben verändern würde...
„Natürlich gehen wir mit!", antwortete Franzi im leisen Flüsterton und wir lächelten vor Vorfreude. Zum Glück hörte niemand unser Gespräch mit, sonst wären wir wohl in ganz schöner Erklärungsnot gewesen. Bei dem Gedanken entglitten mir kurz die Gesichtszüge. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn wir erklären mussten, dass wir gar nicht von dieser Welt waren.
Als Balin Bilbo den Vertrag gab, las der Hobbit sich alles genau durch und murmelte dabei vor sich hin, stoppte aber, als er bei dem Teil mit den möglichen Verletzungs- und Todesursachen ankam. Ungläubig blickte er hoch. Bofurs Erklärungsversuche, dass wir es hier mit einem Drachen zu tun hatten, trug auch eher dazu bei, dass wir einen verstörten Hobbit hatten.
„Stell dir einen geflügelten Schmelzofen vor. Ein brennender Schmerz und...", sagte der Zwerg mit dem lustigen Hut.
„Ja, danke. Ich weiß, was ein Drache ist.", erwiderte der neu ernannte Meisterdieb etwas genervt und stützte sich schnaufend auf seinen Knien ab. Dann richtete er sich auf, sah zu uns und...
„Ne."
Das war das letzte, was er sagte, bevor er einfach umkippte.

Vier Bekloppte in MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt