Der Aufbruch der sieben...äh dreizehn Zwerge und drei Bekloppten

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Emmi POV:
Schon früh am Morgen wachte ich auf und war schon hellwach, obwohl ich kaum geschlafen hatte. Genüsslich streckte ich mich einmal kräftig und ließ dann meinen Blick durch das Gästezimmer schweifen. Gegenüber von mir saß meine Freundin Lea und sah mich lächelnd an.
„Konntest du auch nicht mehr schlafen, vor Aufregung?" fragte ich sie. Doch sie signalisierte mir schnell mit einem Handzeichen, dass ich leise sein sollte. Als Antwort nickte sie dann einmal und zeigte grinsend neben sich, um mir zu zeigen, weshalb ich leise sein sollte. Meine Augen folgten ihrer Hand und wen sah ich da noch friedlich schlafend in ihre Decke eingehüllt? - Genau, Franzi. Es schien so, als ob sie so gar nicht aufgeregt war, obwohl wir uns heute auf die Reise unseres Lebens begeben würden. Franzi konnte eigentlich immer und überall schlafen, selbst wenn sie ihrem Tod gegenüberstehen würde.
Ein fieses Grinsen schlich sich auf mein Gesicht und wie ein Film-Bösewicht, rieb ich mir die Hände gegeneinander. Lea grinste nur, hielt sich aber aus der Sache raus. Das war meine Chance, mich für die Sache in Beorns Haus zu rächen. Auf leisen Sohlen schlich ich zum Bett des schwarzhaarigen Lockenköpfchens und machte mich bereit, eine Franzi zu wecken, auch wenn es mit Sicherheit meinen Tod bedeuten würde.
Sie hatte sich in ihre Decke eingerollt, was aussah, wie eine Raupe in ihrem Kokon. Ohne Franzi groß zu berühren und sie somit schon vorher zu wecken, griff ich eine der Ecken der Decke und vergewisserte mich, dass mein Plan auch aufgehen würde.
Nun ist die Zeit für meine Rache gekommen. Innerlich lachte ich teuflisch und als ich ihr die Decke weg zog, brüllte ich: „GLEICHES RECHT FÜR ALLE!"
Mit einem dumpfen Geräusch landete sie auf dem dunklen Holzpakett und blieb einige Sekunden reglos, mit geschlossenen Augen liegen. Lea und ich lachten uns derweil schlapp, doch dann regte sich Franzi. Langsam richtete sie sich auf, sehr langsam und das Lachen von Lea und mir verstummte.
„Weißt du, was du da gerade getan hast?" fragte mich die Schwarzhaarige düster.
„Ähm...dich geweckt?", antwortete ich als Gegenfrage.
Ihre Stimmlage blieb weiterhin ruhig und unheimlich: „Ganz genau..."
Nun wusste ich, dass es Zeit war, weg zu rennen und ich lief um mein Leben, als Franzi ebenfalls aufsprang und mir hinterher hechtete. Lea machte sich währenddessen aus dem Staub und suchte wohl etwas zu essen. Jetzt verstand ich auch, warum Lea, Anne und mir immer gesagt hatte, wir sollten Franzi schlafen lassen, wenn sie schlief. Ich kreischte immer wieder, wenn sie mir zu nahe kam und sah mich hilfesuchend nach Lea um, die schon längst verschwunden war und mich mit diesem „Monster" alleine ließ. Langsam hatte ich das Gefühl, dass meine Idee, eine dumme Idee gewesen war...
Unser Katz-und-Maus-Spiel schien kein Ende zu nehmen und hinter mir hörte ich Franzi wütend schnauben: „Gib mir gefälligst meine Decke wieder!"
Antworten konnte ich ihr aber nicht, zu sehr war ich damit beschäftigt, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern und mich ihr schutzlos auszuliefern. Warum hilft mir denn niemand?, dachte ich verzweifelt, doch wie zu erwarten, kam keine Hilfe.
Gerade liefen wir wieder an dem Durchgang vorbei, der in den Flur führte und nur in diesem einen Moment, in dem ich zur Tür schaute, besiegelte ich mein Todesurteil. Ich stolperte und viel rittlings auf den Boden. Franzi riss ich auch gleich mit zu Boden und dabei ärgerte ich mich ungemein über mich selbst und die Person, die in der Tür stand und mich abgelenkt hatte. Mann, warum muss der jetzt hier aufkreuzen, wegen dem sterbe ich jetzt! Und warum musste ich unbedingt zur Tür gucken? Hilfe konnte ich ja sowieso nicht erwarten, niemand war da!
Am liebsten hätte ich dem Zwergenkönig an den Kopf geworfen, dass ich jetzt nur wegen ihm sterben würde, doch ich traute mich nicht. Der Respekt -oder war es Angst?- hinderte mich daran. Wieso musste Thorin eigentlich immer so gucken, als würde er uns gleich abmetzeln wollen? Nach unserem Auftritt gestern war das aber auch kein Wunder, wenn ich genauer darüber nachdachte.
Franzi saß nun auf mir und begann mich gnadenlos zu kitzeln, ich lachte und wand mich, bat sie aufzuhören, doch sie gab nicht nach. Erst das mehrmalige Räuspern des Zwerges brachte sie zum Innehalten. Lachtränen liefen mir die Wangen hinunter, doch das letzte Kichern stoppte abrupt, als auch ich das Räuspern hörte.
„Was?", fragte Franzi einfach. Ihr konnte echt niemand Angst machen, immer hatte sie irgendeinen einen coolen Spruch parat. Thorin zog unbeeindruckt eine Augenbraue hoch und schaute nun Franzi mit seinem besten Todesblick an, der, wenn Blicke töten könnten, Franzi tausend Tode beschert hätte. Franzi erhob sich, ging zu Thorin und klopfte ihm auf die Schulter: „Wenn du dein Gesicht jetzt sehen könntest...", grinste sie ihn frech an.
Auf der Stelle prustete ich los, was Thorins Miene nur noch verfinsterte.
„Hört auf, hier so einen Lärm zu machen. In zwanzig Minuten treffen wir und draußen, wir brechen dann auf. Leider hat Gandalf ja darauf bestanden, euch mit zu nehmen", knurrte der Zwergenkönig. Meine Freundin ließ von seiner Schulter ab und salutierte vor ihm: „Ja wohl...Sir!"
Aufgrund dieses Spruchs, brach ich nun endgültig in Lachen aus und bekam nur noch am Rande mit, dass Thorin angepisst das Zimmer verließ.
„Also echt...das...war...der Hammer!", brachte ich unter mehreren Lachanfällen hervor und kurz darauf betrat Lea mit einem Tablett das Zimmer.
„Leute, ich hab Frühstück!", rief sie begeistert.
Lea setzte sich auf den Boden, stellte das Tablett in der Mitte ab und wir anderen setzten uns dazu. Unsere Freundin hatte drei Brote und etwas Marmelade dabei, dazu gab es noch etwas Saft. Eigentlich dachte ich ja, die Zwerge hätten alles aufgefuttert, aber anscheinend fand sich doch noch etwas in der Speisekammer.
„Was habt ihr denn eigentlich mit Thorin gemacht, der schaut ja noch wütender, als sonst?", fragte die Braunhaarige uns.
„Nun ja, Franzi ist ihm dumm gekommen, hat vor ihm salutiert und 'Jawohl Sir' gesagt...", klärte ich sie auf.
„Ja, und er ist gegangen, bevor ich ihm noch eine Weisheit mit auf den Weg geben konnte. Eigentlich wollte ich ihm ja noch sagen, dass er Falten bekommt, wenn er den ganzen Tag so guckt.", setzte Franzi noch einen drauf.
Lea und ich brachen erneut in Lachen aus, beruhigten uns aber schnell wieder.
Genüsslich vertilgten wir unser Essen und machten uns dann Aufbruchs-bereit. Das Zimmer räumten wir auch noch auf, denn die kleine Rennerei von Franzi und mir hatte ein kleines Chaos verursacht. Die Decken falteten wir ordentlich zusammen und legten sie auf unsere Betten und gingen noch einmal sicher, dass wir auch alles dabei hatten. Die Kamera hängte ich mir noch zu der Kette mit Filis Schmuckschließe um den Hals und die Kiste mit den Armbändern vergaß ich auch nicht. Gerade hatten wir alles fertig, als Kili und sein Bruder uns holen kamen.
„Wir brechen jetzt auf, seid ihr fertig?", fragte Fili. Wir nickten und folgten den beiden an die frische Luft. Wir konnten es aber nicht lassen, uns noch einmal in Bilbos Höhle um zu sehen. Wer wusste schon, ob wir sie jemals wieder sehen würden? Draußen standen schon alle Zwerge versammelt und der Zauberer durfte natürlich auch nicht fehlen.
„Sind alle da?", fragte Thorin alle und ein zustimmendes Murmeln kam zurück, woraufhin sich alle in Bewegung setzten.
„Glaub ihr, der Hobbit wird noch kommen?", fragte Nori seine Brüder nach einer Weile.
„Ich glaube schon", sagte Ori.
„Ach, was. Der wird nicht kommen...", entgegnete Dori.
So wurden alle Zwerge gefragt und die Meinungen gingen auseinander, was zu einer lautstarken Streiterei führte. Gandalf war dafür, dass er noch kam und wir drei auch. Nun wir wussten ja, dass er noch kommen würde und konnten uns sicher sein, die Wette zu gewinnen, die die Zwerge schließlich machten.
Gemeinsam liefen wir also durch ganz Hobbingen, wurden von manchen Hobbits komisch angesehen und gelangten schließlich zum Rande des Hobbitdorfes. Hier standen an ein paar Bäume gebunden, sechzehn Ponys und ein Pferd und warteten darauf, dass die Reise beginnen würde. Lea und Franzi quiekten bei deren Anblick begeistert auf und ich verzog das Gesicht. Im Gegensatz zu den beiden, konnte ich nicht reiten.
„Man, sind die süß!", rief Franzi aus, was mit einem Grinsen Kilis bestätigt wurde. Sofort liefen meine beiden Freundinnen zu den Ponys und streichelten alle, während ich lieber einen Sicherheitsabstand hielt. Ich musste schon zu geben, dass die Tiere mit ihrem langen Zottelfell schon ziemlich putzig aussahen, aber ganz geheuer waren sie mir trotzdem nicht.
„Franzi und Emily, ihr nehmt Bongu und Lea bekommt das braune Pony, dort drüben", erklärte Fili und zeigte für Lea in die besagte Richtung. Lea hüpfte auch gleich zu ihrem Pony und gab ihm erstmal einen so bescheuerten Namen, dass Franzi und ich in ein Kichern ausbrachen. Dann hob Frazi aber die Hand und sagte: „Ähm, Fili! Ich brauche kein Pferd, ich habe selber eins." Kili sah sie an und dann verzog er das Gesicht. Offenbar war Franzis Pferd Filadior bei ihm in nicht als zu guter Erinnerung geblieben.
„Ok, dann nehmt das.", sagte er dann und Franzi nickte. Ich hätte am liebsten den Kopf geschüttelt, aber das ließ ich dann doch lieber.  Wir setzten uns auf das schwarze Pferd, das Franzi in Bree gekauft hatte und ich klammerte mich sofort an ihr fest, da ich wirklich keine Lust hatte, heute runter zu fallen. Es dauerte ein bisschen, bis es endlich alle Zwerge geschafft hatten, sich auf ein Pony zu hieven. Besonders lustig war es bei Bombur, der am Anfang gar nicht auf das Tier raufkam, bis ihm Bofur und Gloin halfen. Ein Befehl des Zwergenkönigs reichte, und die ganze Mannschaft setzte sich schließlich in Bewegung.
Gemächlich ritten wir unter den Bäumen hindurch und bestaunten noch einmal Hobbingen bei Tag. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass wir in Mittelerde waren. Hier sah alles so ähnlich aus, wie zu Hause, aber dann wieder auch ganz anders. Da es noch früh am Morgen war, waren die meisten Halblinge noch gar nicht auf den Beinen, doch zweimal begegneten uns doch welche, die uns etwas verwundert, aber auch feindselig ansahen.
Mittlerweile waren wir im Wald angekommen und hier war es etwas kühler als in Hobbingen.
Dann hörten wir endlich die aufgeregten Rufe eines kleinen Hobbits. Alle hielten an und sahen Bilbo entgegen, der heran geeilt kam. Er hatte es sich wohl doch anders überlegt und übergab Balin den nun unterzeichneten Vertrag. So wurde der Hobbit ohne viel Umschweife und mit lautstarkem Protest von Seiten Bilbos, auf Minzy gesetzt, das letzte Pony, das noch übrig gewesen war.
Daraufhin wurde Geld umher geworfen, an jene, die die Wette gewonnen hatten, also auch an uns. Wir wussten zwar nicht, was wir mit dem Geld anfangen sollten, aber irgendwas würde uns schon noch einfallen...
Lea ritt neben Bilbo und verwickelte ihn in ein Gespräch, um ihn vom Reiten abzulenken, was ihm genauso wenig behagte, wie mir. Doch schon bald fühlte er sich wohler und entspannte sich.
Lange konnten wir unseren Weg jedoch nicht fortsetzen.
„Nein...Halt, halt! Stopp! Wir müssen umkehren!", kam es von Bilbo und ich sah, wie Thorin die Augen verdrehte, bevor er sein Pony anhielt.
„Was ist denn jetzt schon wieder los?", fragte Gandalf.
„Ich hab mein Taschentuch vergessen!"
Im nächsten Moment warf Bofur dem Hobbit ein ekliges Stück Stoff zu und alle lachten.
„Und weiter!", sagte Thorin kurz angebunden und schon setzte sich der Trupp, außer Bilbo wieder in Bewegung. Ich kicherte und wir warteten, bis der Hobbit wieder zu uns aufgeholt hatte. Ich kramte in meiner Jackentasche und holte das Seidentuch hervor, das wir extra für ihn in Bree gekauft hatten.
„Bilbo? Ich denke, das hier ist besser."
Mit diesen Worten lehnte ich mich vor und reichte ihm das Taschentuch, was er dankend an nahm. Dass es von Anfang an für ihn bestimmt gewesen war, verschwiegen wir aber lieber.
So ritten wir weiter, während Gandalf eine seiner großen Reden führte und wir schon bald nicht mehr zu hörten. Ich summte leise das Zwergenlied vor mich hin und versuchte, es mir so gemütlich wie möglich auf dem Rücken des Pferdes zu machen.

Vier Bekloppte in MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt