Tja und schon hassen wir uns wieder

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Lea POV:
Ich ließ mich wieder zurück ins Stroh fallen und kraulte den Hund von Beorn zwischen den Ohren. Dieser winselte freudig und wedelte leicht mit seinem Schwanz. Ich wollte schon immer einen Hund haben, und der hier war ein tröstender Ersatz, da ich nie einen bekommen hatte. Genauso wie sein Besitzer, mochte der Hund auch keine Zwerge, eigentlich überhaupt keine Männer außer Beorn, aber uns Mädchen lief er immer hinterher, was mich ein bisschen an Mupfel erinnerte. Ich starrte wieder an die Decke. Von draußen waren die Stimmen und das Lachen von den anderen zu hören. Und ab und zu hörte man ein Aufkreischen von Franzi, wenn sie wahrscheinlich wieder von Kili geärgert wurde. Ich war die Einzige, die noch im Haus war, was ich auch gleich nutzte. Manchmal brauchte ich das Alleinsein einfach und zog mich lieber zurück. Außerdem musste ich nachdenken.
Über die Ketten zum Beispiel. Wenn ich Thorin gerettet hatte, konnte ich ihn doch noch einmal retten und auch Fili und Kili müssten nicht sterben, oder doch?
Außerdem vermisste ich Mupfel, den ich jetzt gerne einmal durchgeknuddelt hätte. Wenigstens wusste ich, dass er bei Elladan gut aufgehoben war...
Und dann war da noch Thorin. Ja, ich war immer noch sauer auf ihn und hatte, nachdem wir uns angeschrien hatten, nicht ein Wort mit ihm gewechselt. Man, der war so was von stur, eben ein typischer Zwerg. Ich musste nicht verstehen, was manchmal in den Gehirnen männlicher Wesen ab lief, wenn sie überhaupt Gehirne hatten, muss ich jetzt mal anmerken. Bei den meisten schien das nämlich nicht der Fall zu sein...
Wieder hörte ich ein lautes Lachen, diesmal von Bofur. Ja, die Stimmen der jeweiligen Zwerge erkannte ich mittlerweile im Schlaf, aber gerade nervten sie mich nur noch. Konnte man nicht einfach mal irgendwo in Ruhe sitzen und nachdenken?
Anscheinend nicht, denn schon hörte ich, wie die Tür aufgerissen wurde. Dann Schritte, keine Trampelnden, also konnte es schon mal kein Zwerg sein.
Im nächsten Moment lugte Franzi um die Ecke.
„Hallo, du!", sagte sie gut gelaunt und ich drehte meinen Kopf zu ihr, machte aber keine Anstalten, mich aus dem Stroh zu erheben.
„Was'n?", grummelte ich.
„Wir wollten vielleicht einen Ausritt auf Beorns Pferden machen, also nur wir vier Mädchen. Hättest du Lust?", fragte meine Freundin und band sich ihre schwarzen Locken nach hinten zu einem Zopf.
„Jup, aber dann musst du mir hoch helfen. Du weißt schon, alte Oma und so...", willigte ich ein, da ich bezweifelte, dass ich heute noch einmal zum Alleinsein kommen konnte.
Franzi grinste und streckte mir beide Hände hin, die ich ergriff und dann zog sie mich hoch, sodass ich wieder aufrecht stand. Beorn's Hund öffnete kurz schläfrig ein Auge, kümmerte sich dann aber nicht mehr weiter um uns und drehte sich im Stroh auf die Seite, sodass er seine Pfoten ausstrecken konnte.
Zusammen liefen Franzi und ich nach draußen und ich musste erstmal blinzeln, damit ich mich an das grelle Sonnenlicht gewöhnen konnte. Auch wenn es jetzt schon bald Herbst sein musste, war es immer noch ziemlich warm. Sofort kamen Anne und Emmi angesprungen und hüpften ein wenig bekloppt um uns herum, die Zwerge hatten sich im ganzen Garten verteilt und machten das, was Zwerge eben so in ihrer Freizeit machten, Bilbo und Gandalf unterhielten sich mal wieder ganz höflich und Beorn hackte Holz.
„Habt ihr ihn schon gefragt?", sagte ich und deutete mit einem Kopfnicken auf den Gestaltenwandler.
„Jup, wir sollen uns einfach zwei Pferde aussuchen und uns nicht so weit entfernen, sodass er uns noch sehen kann, falls mal wieder Orks auf uns losgehen", erwiderte Anne.
Also liefen wir zu den Pferden, die frei auf einer Wiese grasten. Alle waren gescheckt und sahen voll putzig aus.
„Was meinst du, Franzi?", fragte ich und wir setzten beide einen kritischen Profi-Blick auf. Da Filadior ja auch bei dem Orkangriff abhanden gekommen war, musste sich auch Franzi ein neues Pferd aussuchen.
„Lass schon mal das da nehmen", meine Freundin deutete auf ein großes mit längerem Zottelfell und ich nickte.
„Gute Wahl. Dann nehmen wir noch...das da", entschied ich und zeigte auf ein kleineres Pferd, das etwas abseits der Herde graste.
„Okay, dann nimmst du Anne und Emmi reitet mit mir."
Alle waren einverstanden und wir schleppten noch Zaumzeug aus Beorn's Haus nach draußen und sattelten dann die Pferde. Wir entschieden uns dazu, einfach ein paar Runden um das Haus zu drehen, damit wir uns nicht allzu weit entfernten und uns die anderen noch sehen konnten. Heute hatten wir keine Lust, Bekanntschaft mit Orks oder ähnlichem zu machen.
Da Emmi und Anne immer noch nicht reiten konnten, setzten wir sie einfach hinter uns aufs Pferd, wobei beide sich immer noch an uns fest klammerten, als würde gleich die Welt untergehen.
„Ha, ich weiß, was mir machen: ein Wettrennen!", rief Franzi aus.
„Au, ja!", sagte ich begeistert.
„NEIN!", sagte Anne.
„Wir werden sterben!", entgegnete Emmi.
„Ach, kommt schon! Auf die Plätze...fertig...LOS!", brüllte ich das Startsignal und trieb mein Pferd mit einem Schenkeldruck an. Dieses machte sofort einen Satz nach vorne und preschte los und auch Franzis Pferd war dicht hinter uns. Anne quietschte erschrocken auf und klammerte sich an mir fest, als hinge ihr Leben davon ab. Ich lachte nur ausgelassen und trieb unser Pony weiter an. Doch am Ende gewannen doch Franzi und Emmi, die sich irgendwie an uns vorbei geschummelt hatten, sehr zu unserem Leidwesen.
Gerade ritten wir wieder zurück zum Haus, da es schon langsam dämmerte und wir keinen Bock hatten, im Dunkeln die Pferde zu versorgen, als es passierte...
Das Pferd, auf dem ich und Anne ritten, trat plötzlich in ein Kaninchenloch und erschreckte sich. Sofort wieherte es laut und stieg in die Höhe. Da Anne noch blutige Anfängerin war und sich natürlich nicht festhalten konnte, rutschte sie ab und fiel vom Pferd.
Emmi und Franzi hinter uns lachten laut los und nachdem ich das Pferd wieder halbwegs beruhigt hatte, konnte auch ich mich umdrehen, um zu sehen, was mit Anne passiert war. Sofort breitete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht auf und ich unterdrückte ein Lachen. Das konnte die Asiatin jetzt wirklich nicht gebrauchen. Sie hatte sich schon wieder aufgerappelt, war aber über und über mit Matsch bedeckt, da sie volle Kanne in eine Pfütze gefallen war.
„Ich hasse Pferde. Erst knall ich gegen einen Baum und jetzt das", maulte sie und versuchte sich den Dreck aus dem Gesicht zu wischen. Franzi und Emmi lachten nur noch mehr.
„Sorry, Anne", konnte ich nur entgegnen und zog sie wieder aufs Pferd, wobei wir nicht verhindern konnten, dass ich auch ein bisschen Matsch ab bekam.

*Beorn erwartete uns schon, als wir an seinem Haus ankamen. Er bemerkte Anne, sprach sie aber nicht drauf an, was eine sehr gute Idee gewesen war, da meine Freundin sowieso schon angepisst war.
„Beorn? Das Pferd ist in ein Kaninchenloch getreten und umgeknickt. Du solltest zur Sicherheit überprüfen, ob es verletzt ist, aber ich denke, dass ihm nichts passiert ist", sprach ich den Mann mit den krassen Augenbrauen an und dieser nickte.
„Ich werde es mir gleich ansehen. Bringe du das Zaumzeug weg."
Ich tat also wie gehießen. Franzi und Emmi putzen derweil ihr Pferd und Anne war sofort im Haus verschwunden, wahrscheinlich, um sich zu baden.
Ich schulterte das Zaumzeug und nahm auch gleich das von Franzis Pferd mit, damit wir nicht zweimal gehen mussten. Dann lief ich einmal um das Haus herum, zu einer Art Schuppen, wo der Gestaltenwandler alle möglichen Sachen verstaut hatte. Doch da gab es nur ein klitzekleines Problem...
Natürlich, das musste ja mal wieder so kommen!
Neben der Tür lehnte Thorin und rauchte eine Pfeife. Er hatte sich wohl einen Platz gesucht, um das letzte Sonnenlicht zu genießen, aber wieso ausgerechnet hier?
Zurück konnte ich jetzt nicht mehr, da er mich gerade bemerkte. Ich hatte also keine andere Wahl mehr. Ich setzte eine kühle Miene auf, schob meine Schultern zurück und stapfte entschlossen auf ihn, oder besser gesagt auf die Tür zu. Bei meinem Anblick hob er etwas spöttisch eine Augenbraue, was mich insgeheim total unsicher machte. Ich drehte den Kopf weg und blickte ihn nicht an, während ich mit leicht zitternden Händen versuchte, diese verdammte Holztür aufzukriegen. Beorn hatte mich schon davor gewarnt, dass sie etwas klemmte, aber dass die mich jetzt so im Stich lassen würde, hätte ich echt nicht erwartet.
Ich bin enttäuscht von dir, Tür...
Irgendwann war es mir zu doof und ich trat einfach mit ganzer Kraft dagegen, sodass sie endlich aufging. Dann huschte ich in den Schuppen und atmete erleichtert aus. Jetzt, wo mich der Zwerg nicht mehr sehen konnte, entspannte ich mich wieder etwas. Ich hängte das Zaumzeug auf dessen Stammplatz und blieb einfach noch ein bisschen im Raum stehen und blickte mich um. Einerseits war der Krimskrams hier ziemlich interessant und andererseits hatte ich noch keine Lust, wieder an Thorin vorbei zu müssen. Doch lange konnte ich hier nicht drin bleiben, da es dann auch wieder ein bisschen zu auffällig gewesen wäre. Ich musste wohl oder übel noch einmal an dem Zwergenkönig vorbei laufen.
Ich schob die Holztür wieder auf und lief schnurstracks nach draußen, an Thorin vorbei und in Richtung Haustür. Dabei brannte die ganze Zeit Thorins Blick auf mir. Bevor ich noch ein paar Meter vor der rettende Ecke war, übersah ich einen Stein, stolperte und packte mich fast hin. Hochrot fand ich wieder mein Gleichgewicht und rannte jetzt fast um die Ecke. Ich wollte einfach nur noch weg von ihm.
Man war das peinlich!

*„Boha, jetzt bin ich aber fett!"
Franzi lehnte sich auf dem XXL-Stuhl zurück und rieb sich den Bauch. Kili neben ihr rülpste zustimmend und Bombur schob sich das letzte Stück Honigkuchen in den Mund. Ich war derweil damit beschäftigt, Mäuse auf meinem Arm hoch und runter krabbeln zu lassen, nachdem ich sie vor den Zwergen gerettet hatte, die sie fast zermatscht hatten. Emmi redete mal wieder mit Anne über irgendwelche Anime-Sachen und Beorn unterhielt sich mit Gandalf, als wären sie alte Freunde.
Eine dunkelgraue Maus piepste leise und setzte sich auf meine Schulter.
„Und was machen wir jetzt?", fragte Franzi gleich danach und ich verdrehte die Augen.
Die kann aber auch nie still sitzen!
„Wir können...", überlegte Emmi laut vor sich hin und Anne beendete den Satz: „Tanzen!"
Ich sah sie entsetzt an und knallte dann meinen Kopf auf die Tischplatte. Ich war die unbegabteste Tänzerin auf der ganzen Welt!
„Komm schon, Lea! Wir müssen den Kuchen wieder abtrainieren. Lass uns aufstehen", schlug Franzi voll motiviert vor und zog mich hoch. Ich grummelte, lief dann aber doch meinen drei Freundinnen hinterher. Diese räumten unter den Blicken aller Zwerge ein paar Möbel hin und her, sodass ein freier Platz entstand, wo wir alle bequem nebeneinander stehen konnten.
Mir war das alles extrem peinlich und ich war jetzt schon total rot im Gesicht. Kurz gesagt, ich fühlte mich einfach nur unwohl, besonders, weil Thorin mich die ganze Zeit mit einem Blick anstarrte, den ich nicht deuten konnte.
„Also, was wollen wir tanzen?", fragte Em und hüpfte fröhlich auf der Stelle herum.
„Ich weiß was...Gangnam Style!", rief Anne aus und alle, außer ich, nickten begeistert.
„Anne singt!", befahl Emmi.
Dann streckten wir die Hände vor uns aus und legten sie übereinander und fingen, so ähnlich wie Frösche an, auf der Stelle rumzuhüpfen. Mir blieb nichts anderes übrig, als etwas krüppelig mitzumachen.
Anne sang fröhlich vor sich hin und bei dem Refrain stiegen wir alle mit ein. So weit das überhaupt ging, wir konnten nämlich kein Koreanisch, nur Anne ein bisschen.
Dabei johlten die Zwerge die ganze Zeit und klatschten im Takt mit, wenn es den überhaupt gab.
Doch irgendwann brüllte Dwalin laut: „STOP! AUFHÖREN!"
Verwundert hielten wir inne, nur Anne sang fröhlich weiter und bemerkte erst etwas, nachdem Emmi sie angestupst hatte. Dann wurde auch sie ruhig.
„Das ist doch kein richtiges Tanzen! Jetzt zeigen wir euch mal, wie das richtig geht. Aber zuerst müsst ihr richtige Kleider anziehen. Dann sehen wir weiter.", meinte nun sein Bruder Balin und scheuchte uns in unsere Zimmer. Da wir ihm nicht widersprechen konnten, mussten wir uns wohl oder übel mit viel Gemecker wieder in die Kleider zwängen.
„Ich hasse es!", murrte ich und drehte mich so, dass Anne mir die Haare machen konnte.

*Fünfundzwanzig Minuten später standen wir mit den Zwergen auf der improvisierten Tanzfläche. Wir hatten uns jeweils gegenüber einem Zwerg gestellt, mit dem wir tanzen sollten. Kili hing natürlich an Franzi, Emmi tanzte mit Fili, Anne hatte Dwalin und ich stand Ori gegenüber. Langsam wurde uns bewusst, dass die uns gerade einen richtigen Mittelaltertanz beibringen wollten. Hier kannten die wohl keine Disco und wir hatten schon längst kapiert, dass das hier ein Paartanz war. Die anderen, die nicht tanzten, hatten sich in einem Kreis um uns verteilt und ein paar Zwerge hatten ihre Instrumente raus geholt, damit sie ein kleines Konzert veranstalten konnten.
„Also, eigentlich ist es ganz einfach. Ihr müsst einfach nur eurem Partner folgen und das machen, was er macht", erklärte Dwalin und wir nickten mehr oder weniger verstehend.
„Gut, fangen wir an! Einen Takt, bitte!"
„Eins, zwei, drei, vier!", zählte Bofur und die Musik setzte ein.
Ori trat etwas schüchtern auf mich zu und nahm meine rechte Hand in seine, die andere legte er auf meine Hüfte und aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, dass Fili, Dwalin und Kili das Gleiche bei meinen Freundinnen machten. Ori zeigte mir kurz, welche Schrittfolge wir tanzten mussten und dann versuchten wir es zusammen.
Ähm, ja...ich will nicht drüber reden.
Es war ein völliges Chaos. Erstens kam ich mit dem Takt der Musik nicht zurecht und zweitens trat ich Ori die ganze Zeit auf die Füße und stieß gegen ihn. Er versuchte es noch irgendwie zu retten, indem er mit mir eine Drehung machte, wenn wir völlig aus dem Takt waren. Zwischendurch hörte ich von ihm immer mal wieder ein leises: „Autsch!"
Aber zum Glück war ich nicht die Einzige, auch Franzi kam mit diesem Tanz, der so ähnlich wie Walzer war, nicht klar. Immer wenn Kili einen Schritt nach rechts machte, tat sie das Gegenteil und schritt einen nach links. Ja, mir der Koordination hatte sie es noch nie so richtig...
Bei Anne und Emmi klappte es aber ganz gut. Immer, wenn Emmi und Fili an mir vorbei kamen, hörte ich, dass meine Freundin den armen Zwerg zu Tode quaselte. Wie sie dabei noch richtig tanzen konnte, war mir echt ein Rätsel.
„Au!", holte mich Oris Fluch wieder zurück, da ich ihm schon wieder auf die Füße gelatscht war.
Er versuchte es noch fünf Minuten lang, gab dann aber doch auf.
„Bei Mahal! Das ist ja nicht zum Aushalten. Entschuldige, Lea, aber du bist echt die unbegabteste Tänzerin, der ich jemals begegnet bin."
„Ich weiß", entgegnete ich peinlich berührt.
„Schon gut, Ori. Du musst dir das mit mir nicht antun...", entschuldigte ich mich.
Er nickte und löste sich von mir. Ich wollte gerade von der Tanzfläche verschwinden, als ich eine Stimme hörte.
„He, versuch es doch mal mit Thorin. Er ist ein guter Tänzer!", erklärte Balin und schob seinen Freund auf mich zu. Entsetzt sah ich erst Balin an, dann Thorin, der auch nicht gerade sehr begeistert zu sein schien und sich gegen den weißhaarigen Zwerg stemmte.
„Ey, ihr benehmt euch echt wie kleine Kinder! Jetzt hab dich nicht so Thorin und tanz mit ihr!", befahl Franzi, die von alldem Wind bekommen hatte.
Ich sah den Zwergenkönig fragend und auch etwas unsicher an. Dieser seufzte schließlich und knurrte: „Wenn es sein muss..."
Er kam auf mich zu und hatte weiterhin den finsteren Blick aufgesetzt.
„Ja, es muss sein!", antwortete Franzi und duldete wohl keine Widerrede.
Ich sah Thorin nicht an und verspannte mich sofort, als er einen Arm um meine Hüfte schlang und genauso wie Ori vorher meine rechte Hand nahm.
Oh Gott...Hilfe?
Er fing langsam an zu tanzen und ich versuchte seinen Schritten so gut wie möglich zu folgen, was natürlich voll in die Hose ging. Ich latschte ihm alle zwei Sekunden auf die Füße.
„Glaub ja nicht, dass jetzt alles wieder gut ist", zischte ich ihn an und er hob eine Augenbraue.
„Findest du nicht....", er verzog kurz das Gesicht, als ich ihm auf den rechten Fuß trat, „...dass das ein bisschen albern ist?"
„Nicht im Geringsten", erwiderte ich schnippisch und sah ihm immer noch nicht in die Augen.
„Das hast du dir selber eingebrockt, Thorin."
„Ich? Du hast mich doch als erstes angeschrien", entgegnete er mit einem wütenden Unterton in der Stimme.
„Hab ich nicht!"
„Doch hast..."
„Ey, wenn ihr jetzt nicht sofort aufhört zu streiten, werdet ihr gleich euer blaues Wunder erleben!", keifte Franzi plötzlich und wir blickten beide etwas erstaunt zu ihr. Kurz setzte die Musik aus, weil alle damit beschäftigt waren, auf unsere Reaktion zu warten. Doch wir sagten beide nichts und Thorin knurrte nur leise. Dann drehte er uns beide einfach, sodass wir ein Stück weiter weg von Franzi und Kili waren.
Jetzt konnte ich nicht mehr anders und trat Thorin mit Absicht auf die Füße. Dieser seufzte.
„Du bist stur."
„Tja, so bin ich eben", zischte ich und rempelte ihn gleich nochmal an.
Ich brauchte immer in bisschen, bis ich mich an Leute gewöhnt hatte. Aber wenn ich sie kannte, war ich überhaupt nicht mehr schüchtern, was auch Thorin jetzt zu spüren bekam.
„Nein, so geht das nicht", stellte er fest und hielt einfach plötzlich an.
„Hey!", sagte ich empört und versuchte ihn weiter zuziehen, aber da ich ja nicht tanzen konnte, hatte ich eh schon längst verloren.
„Lea, du musst dich entspannen, sonst können wir das gleich vergessen", warf er mir vor und ich sah beleidigt zu Emmi, bei der alles wunderbar klappte.
Entspannen...aha...ich tanz hier gerade mit dem Zwergenkönig, auf den ich eigentlich stinksauer bin und dann soll ich mich entspannen...wow, echt ein super Tipp!
„Und sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede!", befahl er und jetzt blickte ich ihn doch immer noch etwas trotzig an. Aus seinen stahlblauen Augen war alle Feindseligkeit verschwunden, was mich sehr verwunderte. Ich runzelte die Stirn.
„Noch einmal von vorne: Du musst dich entspannen. Ich mache eigentlich alles vor und du musst nur noch folgen. Das ist nicht schwer, aber wenn du dich gegen mich stellst, kann ich dir auch nicht helfen, okay?"
Ich zögerte. Das war gerade ein Friedensangebot auf Thorin-Art gewesen und es wäre dumm von mir, es nicht anzunehmen.
„Na gut, ich versuch's", grummelte ich immer noch etwas genervt.
Thorin nickte und machte langsam einen Schritt nach vorne. Ich tat das Gleiche und versuchte mich zu entspannen.
„Gut so", lobte er und machte weitere Schritte nach rechts, nach hinten und wieder nach vorne. Nur einmal stolperte ich dabei über seine Füße.
„Versuche die Musik auszublenden, das verwirrt dich nur. Konzentrier dich lieber auf mich."
Ich tat wie gehießen und plötzlich klappte alles, genauso wie bei Anne und Emmi.
Hat Thorin eigentlich schon mal versucht Tanzlehrer zu werden?
Die Musik nahm ich irgendwann nicht mehr war und ließ mich von dem schwarzhaarigen Zwerg führen. Einmal machte er sogar mit mir eine Drehung, ohne, dass ich ihn irgendwie an rempelte.
„Ich wusste, dass du das kannst", meinte Thorin. Gerade fiel mir auf, dass seine Haare inzwischen wieder die ursprüngliche Länge erreicht hatten und meine mussten dann bestimmt auch länger geworden sein.
„Nur, weil du das so langsam machst", winkte ich ab.
„Ach, ja?", fragte er provozierend und seine Schritte wurden schneller.
Nur leider hatte ich unrecht, das klappte genauso gut und ich grummelte beleidigt.
„KILI!", quietschte Franzi plötzlich auf und ich sah zu meiner Freundin.
Kili hatte sie hoch gehoben und wirbelte sie lachend durch die Luft. Wahrscheinlich hatte er aufgegeben, ihr das Tanzen beizubringen. Mir wurde jedenfalls schon beim Zusehen schlecht.
„Ey, wehe du versuchst das bei mir!", schärfte ich Thorin ein und seine Augen funkelten, als er entgegnete: „Gut zu wissen..."
Ich versuchte mich wieder auf das Tanzen zu konzentrieren, doch Thorin hatte wohl etwas anderes vor. Er wurde langsamer, bis wir nur noch leicht im Takt der Musik mit wippten.
„Bist du noch sauer?"
„Kommt drauf an...", meinte ich geheimniskrämerisch.
„Was muss ich tun, damit du es nicht mehr bist?"
„Hmm...also, wenn du die Weltherrschaft an dich reißt, denk ich vielleicht nochmal drüber nach...", überlegte ich laut.
Er sah mich entsetzt an und ich kicherte leise los.
„War n' Scherz!"
„Das war nicht sehr nett", erklärte er und pikste mich in die Seite.
Ich grinste nur überlegen.
„Damit kommst du bei mir nicht sehr weit. Ich bin nicht kitzlig."
Er zuckte nur mit den Schultern und legte jetzt auch noch die andere Hand auf meine Taille. Inzwischen standen wir nur auf der Stelle und ignorierten alles andere vollkommen. Wie von selbst wanderten meine Hände zu seinen Schultern und dann schlang ich meine Arme um seinen Hals, woraufhin mich nur noch enger an sich heran zog.
„Sei einfach mal netter zu allen, das macht dich dann auch gleich viel freundlicher", antwortete ich jetzt leise auf seine Frage und er nickte kurz.
„Ich...", fing er an, kam jedoch nicht weit, da er von Franzi unterbrochen wurde.
„Uuuuh, Lea! Was seh ich denn da?", grinste sie, wackelte verschwörerisch mit den Augenbrauen und lehnte sich an Kili. Thorin und ich schreckten peinlich berührt auseinander und ich wurde hochrot.
„Man, Franzi! Jetzt hast du alles kaputt gemacht. Es wurde doch gerade so spannend", mischte sich nun auch Emmi ein.
Jetzt erst bemerkte ich, dass wirklich jeder hier, mich und Thorin anstarrte, als wären wir eine Kinoleinwand. Noch peinlicher ging's ja wohl nicht.
Schnell brachte ich ein bisschen Abstand zwischen mich und dem Zwerg und tat so, als wäre nichts gewesen.
„Was ist mit der Musik?", blaffte ich und sofort spielte das Zwergenkonzert wieder. Ich räusperte mich etwas verlegen und wollte weiter tanzen. Doch Thorin sah mich einfach nur an.
„Ist was?"
Er schüttelte den Kopf und fing auch wieder an zu tanzen.
„Könntest du dir vielleicht vorstellen, den Krieg zwischen uns beiden zu beenden?", fragte er dann doch nach einer Weile.
„Das muss ich mir noch überlegen."
„Okay...", entgegnete er einfach nur und für einen kurzen Moment hoben sich seine Mundwinkel ein kleines Stück nach oben.
„Ach, ne...Hab dich da etwa gerade ein Lächeln gesehen?", grinste ich.
„Nein, hast du nicht", sagte er sofort wieder ernst und setzte einen kühlen Blick auf.
„Do-och!"
„Nein."
„Doch."
„Nein!"
„Doch?"
„NEIN!"
Tja, und schon hassten wir uns wieder.

Vier Bekloppte in MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt