Es geht immer schlimmer

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Lea POV:
Ich würde mich rächen. Ich wusste zwar noch nicht wie und wann, aber ich würde mich auf jeden Fall rächen. Diesen Streich konnte ich einfach nicht auf sich beruhen lassen. Franzi würde schon noch auf ihre Kosten kommen...
Nachdenklich kickte ich mit dem Fuß eine goldene Münze weg, die mit dazu bei getragen hatte, dass Thorin so bescheuert geworden war. Ich schlenderte über die riesigen Berge von Gold und Silber und dachte dabei über meine Racheaktion nach. Es musste auf jeden Fall etwas sein, was sie so schnell nicht vergessen würde. Doch auch wenn ich am liebsten jetzt schon zurück schlagen würde, ich musste eigentlich gerade andere Sachen regeln, auf die ich keine Lust hatte. So wie zum Beispiel richtig kämpfen lernen. Balin und Dwalin wollten uns das unbedingt beibringen, dieses Mal professionell, weil sie wahrscheinlich ahnten, was auf uns zu kam.
Ich war im Schulsport immer die Langsamste und die Unsportlichste gewesen und Kämpfen zählte für mich zum Sport. Schreibt euch diesen Tag irgendwo ganz groß hin, denn heute habe ich das erste und wahrscheinlich auch letzte Mal in meinem Leben geschwänzt. Und ganz ehrlich, es fühlte sich verdammt gut an.
Zwar musste ich damit rechnen, dass Dwalin später stinksauer sein würde, aber so bin ich trotzdem dem Training entkommen. Ich wollte nicht kämpfen, weil ich immer noch ein bisschen darauf hoffte, dass wir diesen Krieg irgendwie verhindern konnten. Jaja, okay, ich hatte die Hoffnung schon längst aufgegeben und der wahre Grund ist, dass ich einfach kein Bock auf Sport hatte und lieber bei meiner Bratpfanne bleiben wollte.
Meine so interessanten Gedanken wurden davon unterbrochen, dass ich auf irgendetwas ausrutschte, auf dem Hintern landete und einen Goldberg runter rutschte. Ich hatte es noch nicht einmal geschafft, hier lang zu gehen, ohne mich hinzupacken.
Ich fluchte und schlug einmal auf die Münzen ein, was nur dazu führte, dass meine Hand danach weh tat.
„Verdammtes Gold!"
Ich rappelte mich gerade wieder auf, als ich Thorin entdeckte und auch ein paar andere Zwerge standen da zwischen den Goldbergen rum. Schnell ließ ich mich wieder auf die Münzen fallen, sodass die Zwerge mich nicht sehen konnten und hörte dann zu, was sie besprachen.
„Die weißen Steine aus...", ich hatte keine Ahnung, was das letzte Wort hieß, wusste aber sofort, dass es sich um die Elbensteine handeln musste, die der Zwergenkönig gerade genommen hatte.
„Ich kenne einen Elbenkönig, der einen stolzen Preis dafür zahlen würde", es klirrte leise als Thorin die Steine wieder auf ihren Platz warf. Die Zwerge entgegneten darauf nichts und ich zog mich wieder zurück. 
„Wahnsinnig. Er ist einfach nur noch wahnsinnig.", murmelte ich leise vor mich hin.

*„Lea! Wo warst du?", brauste Dwalin sofort auf, als ich mich zu meinen Freundinnen gesellte. Ich zuckte nur mit den Schultern und beobachtete, wie Anne mit einem Schwert in der Luft herum fuchtelte.
„Ähm...", sagte ich lang gezogen und suchte nach einer Ausrede.
„Mir ging's nicht so gut", log ich und hoffte, dass Dwalin damit zufrieden war. Doch im nächsten Moment wurde mir das sowieso abgenommen, weil Thorin erschien und in Richtung Wall lief.
Alle wunderten sich, griffen aber nach ihren Waffen und folgten ihm. Auch uns Mädchen blieb nichts anderes übrig und so schleppten wir uns die Treppe hoch.
Anne, die vor mir am Wall war, zog scharf die Luft ein und Franzi sagte nur: „Hübsch.", als ich neben sie trat und tausende Elben in goldenen Rüstungen erblickte, die sich auf den Mauern von Thal aufgestellt hatten.
Und dann passierte etwas, womit noch nicht mal wir gerechnet hatten. Bard kam so wie im Film auf dem weißen Pferd zu uns geritten, doch dieses Mal war er nicht allein.
Ein paar Meter hinter ihm folgte ein braunhaariger Elb, auf einem ebenfalls weißem, aber größerem und edlerem Pferd.
„Oh mein Gott!", rief ich und beugte mich vor, damit ich mir auch ganz sicher war.
Jup, braune Augen, braune Haare, Elb. Das konnte einfach nur Elladan sein. Okay, vielleicht war es auch sein Bruder, aber das glaubte ich nicht wirklich.
Anne bekam erst mal überhaupt keine Luft, quietschte dann aber auf und hüpfte wild auf und ab. Sie strahlte über das ganze Gesicht, als Elladan sie entdeckte und ihr zu grinste.
„Wo kommt der denn her?", fragte Franzi und ich musste fast über ihren Gesichtsausdruck lachen, doch dann erinnerte ich mich, wie ernst das alles hier war.
„Seid gegrüßt, Thorin, Sohn von Thráin. Dass ihr noch am Leben seid, wagten wir nicht zu hoffen", erhob Bard seine Stimme.
„Warum kommt ihr in Kriegsrüstung an das Tor des Königs unter dem Berge?", fragte Thorin hochnäsig und die Kälte in seiner Stimme gab mir einen schmerzhaften Stich.
„Warum verschanzt sich der König unter dem Berge? Wie ein Räuber in seiner Höhle.", entgegnete Bard, ohne auf die Frage zu antworten. Elladan stand die ganze Zeit neben ihm und hörte schweigend zu.
„Vielleicht, weil ich erwarte, beraubt zu werden", knurrte der Zwergenkönig verärgert.
Bard erklärte, dass er nur hier war, um mit Thorin zu sprechen und dieser willigte ein.
„Kommt jemand mit runter?", fragte ich und Franzi nickte.
„Anne?"
Die Asiatin schüttelte den Kopf, ohne die Augen von Elladan abzuwenden.
„Wie ist er hier her gekommen?", murmelte sie und ich verdrehte kichernd die Augen. Anne war jetzt wohl nicht mehr zurechnungsfähig.
„Lassen wir sie bei ihrem Schatzi", schlug Franzi vor und zog mich die Treppe runter.
In diesem Moment war da dieser Rabe, mit dem Thorin Vogelflüsterer gespielt hatte, der aus dem Berg flog, in Richtung Eisenberge. Bald würde Thorins Cousin Dáin vor den Toren stehen.
Franzi und ich stellten uns etwas weiter weg von Thorin, sodass wir aber trotzdem noch zuhören konnten.
„Hast du eigentlich schon mit Kili geredet?", fragte ich Franzi leise.
„Worüber denn?"
„Du weißt ganz genau, wovon ich spreche. Du musst ihm endlich sagen, was du für seinen Bruder empfindest."
„Jaaa...Okay, ich rede bald mit ihm, bist du dann glücklich?"
„Jup", sagte ich und wandte mich Thorin zu, um dem Gespräch zu lauschen.
„Ich höre", sagte dieser und stellte sich vor das Loch in der Mauer, an deren anderen Seite Bard stand.
„Im Namen der Bürger der Seestadt, ersuche ich euch, euer Wort zu halten. Ein Anteil am Schatz, damit sie ihr Leben neu aufbauen können!", fing der Bogenschütze an.
„Ich werde mit niemandem verhandeln, solange ein Heer mit Waffen vor meinem Tor steht."
Langsam wurde ich wütend auf Thorin. Er tat so, als wäre er der Größte von allen, der alles haben konnte, obwohl er in Wirklichkeit immer kleiner und armseliger wurde. Ich wusste noch nicht einmal, ob ich das vielleicht doch ernst gemeint hatte, als ich zu ihm gesagt hatte, dass ich ihn hasste. Ich war bei diesem Gedanken über mich selber erschrocken. Hatte ich jemals jemanden wirklich gehasst?
„Dieses Heer mit Waffen wird den Berg angreifen, wenn wir uns nicht einig werden."
Ich sah, wie Thorin düster lächelte.
„Eure Drohungen beeindrucken mich nicht."
„Und euer Gewissen? Sagt es euch nicht, dass unser Anliegen rechtens ist?", versuchte es Bard nun auf eine andere Tour.
„Mein Volk hat euch geholfen! Und zum Dank brachtet ihr ihnen nichts weiter, als Verderben und Tod..."
„Wann haben die Menschen aus der Seestadt je geholfen, ohne reich belohnt werden zu wollen?", brauste Thorin jetzt auf und auch Bard wurde lauter: „Wir hatten eine Abmachung!"
„Gleich catchen sie sich", versuchte Franzi die Situation leise aufzuheitern, doch ich konnte nicht mehr lachen. Meine Hände hatte ich schon längst zu Fäusten geballt und in mir brannte eine Wut, die sich mit Enttäuschung und Verzweiflung vermischte und das war überhaupt keine gute Kombination. Ich war kurz vor dem Explodieren.
„Eine Abmachung? Was konnten wir tun, als unser Geburtsrecht gegen Essen und Decken zu verschachern? Als unsere Freiheit mit unserer Zukunft zu verkaufen? Das nenne ich einen gerechten Handel..."
Ich gab einen erstickten Laut von mir und Franzi sah mich besorgt an.
„Lea?"
Ich schüttelte nur den Kopf und hörte weiter dem Zwergenkönig zu.
„Sagt mir, Bard, der Drachentöter. Warum sollte ich solche Regeln anerkennen?"
Kurz war es still, doch dann antwortete Bard: „Weil ihr uns euer Wort gegeben habt! Bedeutet das denn gar nichts?"
Ich war so mit dem Gespräch beschäftigt gewesen, dass ich gar nicht gemerkt hatte, wie alle, außer Anne, sich zu uns gesellt hatten. Sie hörten genauso schweigend zu, wie ich und Franzi. Doch ich konnte nicht mehr. Diese ganze Verzweiflung und Unterdrückung brach jetzt aus mir heraus und ich war drauf und dran zu Thorin zu stürmen, um ihn zum Schweigen zu bringen. Ich trat einen Schritt nach vorne und öffnete den Mund, doch zwei Hände hielten mich auf.
„Nicht, Lea. So wirst du alles nur noch schlimmer machen", raunte Bilbo mir zu und zog mich wieder zurück. Ich sah ihn verzweifelt an.
„Kann es denn noch schlimmer werden?"
„Es geht immer schlimmer...Wir werden uns etwas anderes überlegen, okay? Ich verspreche dir, dass Thorin wieder so sein wird, wie früher."
„Aber...aber dann ist es zu spät!", rief ich etwas zu laut, sodass sich Thorin zu uns umdrehte.
Er musterte uns einmal.
„Wie meinst du das?", fragte der kleine Hobbit leise und ich biss mir auf die Lippe.
„Das kann ich dir nicht sagen, aber eins ist klar. Er wird uns alle ins Verderben schicken! Versteht das denn keiner?"
Bilbo sah mich mit einem undefinierbarem Blick an und ich schnaubte wütend. Jetzt kam auch noch Franzi und wuschelte mir einmal durch die Haare. Ich hasste das und genau deshalb machten meine Freundinnen, und besonders Emmi, das immer so gerne.
„Du weißt schon, dass er ein Arschloch mit einem riesigem Ego ist, oder Lea? Jetzt komm mal runter, wir werden uns etwas mit Bilbo zusammen überlegen, okay?"
Ich murrte nur etwas, entspannte mich aber wieder ein bisschen. Sie hatten Recht, es war sinnlos, jetzt und hier aus zurasten, sodass sich die Situation nur noch mehr anheizen würde.
Ich sah wieder zu Thorin, der sich an die selbst gebaute Steinwand gelehnt hatte und uns immer noch ansah. Als sein Blick mich streifte, drehte ich den Kopf weg und wandte mich an Franzi.
„Komm, ich will das hier nicht mehr sehen. Gehen wir wieder zu Anne rauf. Die ist wenigstens die Einzige hier, die glücklich ist", zischte ich und packte meine Freundin am Arm. Dann stapfte ich mit ihr zusammen wieder zum Wall hoch.
„Verschwindet! Ehe unsere Pfeile fliegen!", brüllte Thorin und ich wusste, wie wütend Bard jetzt gegen den Stein schlagen würde, bevor er sich abwandte.
Ich versuchte mich wieder von Annes Fröhlichkeit anstecken zu lassen, damit ich nicht doch irgendwie vor Wut etwas unüberlegtes machte und sah zu Elladan, der es ohne Anne wohl nicht mehr in Bruchtal ausgehalten hatte.

Vier Bekloppte in MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt