Elben sind nicht immer nett...

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Anne POV:
„Oh mein Gott, oh mein Gott! Oh MEIN GOTT!", rief ich aufgebracht und wollte mich gar nicht mehr beruhigen.
„Das kann einfach nicht sein, das ist unmöglich", murmelte ich leise und fuhr mir mit der Hand einmal durch meine schwarzen Haare, wie ich es immer machte, wenn ich aufgeregt oder nervös war.
Herr Elrond stand neben mir und betrachtete mich etwas seltsam mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Entschuldigt, adaneth, aber was scheint unmöglich?", fragte er nach einer Weile und ich sah ihn irritiert an.
„Reden sie immer so...geschwollen?"
Im selben Moment, in dem ich dies sagte, wollte ich es sofort wieder ungeschehen machen.
Was denkst du dir bloß dabei?, fragte ich mich und wollte mich schon dafür entschuldigen. Elrond schien wohl nicht verstanden zu haben, was ich meinte, weshalb er diesen Kommentar einfach mal überging und auf meine Kleidung zeigte.
„Ich werde jemanden rufen lassen, der sich um eure Kleidung kümmert, es ist nicht angemessen, wenn ihr so das Zimmer verlasst."
Ich schaute an mir herunter und sah, dass ich immer noch die Klamotten an hatte, die ich mir am Morgen zu Hause angezogen hatte.
„Wartet hier, ich werden euch eine meiner Bediensteten schicken, die euch dann auch mit Bruchtal vertraut macht. Außerdem würde ich euch gerne zum Essen einladen, dann können ihr mir ein bisschen über euch erzählen", sagte Elrond und nachdem ich zugestimmt hatte, verließ er mit einem ganz königlicher-wunderbarer-Elb-Kopfnicken das Zimmer.
Ich setzte mich erstmal wieder auf das weiche Bett und wenig später betrat sogleich eine Elbin das Zimmer, knickste leicht und hielt mir eine elegantes Kleid hin. Sie hatte lange, dunkelblonde Haare, die ihr bis zur Taille reichten und wasserblaue Augen, insgesamt wunderschön, wie wohl alle Elben hier.
„Mein Herr will, das ihr das tragt", sagte sie und als ich langsam danach griff, lächelte sie etwas verkniffen.
„Hier könnt ihr euch umkleiden", redete sie weiter und deutete auf einen reichverzierten Vorhang, der einen kleinen Teil des Zimmers abtrennte. Ich nickte uns zog den Vorhang beiseite, trat dahinter und schloss ihn wieder. Jetzt besah ich mir erst einmal das Kleid genauer. Es schimmerte in einem zarten Goldton und hatte einen zierlichen V-Ausschnitt. Der Saum war mit silbernen Mustern verziert und um die Taille war ein schmaler, geflochtener Gürtel angebracht.
Ach, du scheiße, der erwartet doch nicht wirklich von mir, dass ich DAS tragen werde!
Nach weiteren kritischen Blicken auf das Kleid und einem genervten Geräusch der Elbin hinter dem Vorhang, seufzte ich und zog es dann doch an. Ich musste zugeben, dass ich das letzte Mal ein Kleid mit zwölf getragen hatte. Es reichte mir bis zum Boden und der weiche, goldene Stoff schmiegte sich sanft an meine Haut.
Als ich wieder hinter dem Vorhang hervor trat, zog die Elbin eine ihrer perfekten Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Erst nach kurzem Zögern hielt sie mir ein paar bequeme Schuhe hin, in die ich ohne Wiederworte hinein schlüpfte. Dann sah ich die Elbin fragend an, doch diese deutete nur stumm auf einen Stuhl und holte eine Haarbürste aus einer Schublade.

*

Fast eine Stunde lang sollte ich ruhig da sitzen und musste ertragen, dass die Elbin mit viel ziepen an meinen Haaren zog, bis sie wie Seide über meine Schultern fielen. Dann brachte sie sie noch in eine neue Form und trat dann zurück. Ich lächelte sie an und erwartete, dass sie das Gleiche tun würde, doch sie ignorierte es und führte mich zu einem großen Spiegel.
Also irgendwie sind die in den Filmen freundlicher..., überlegte ich und sah dann in den Spiegel.
Meine Finger wanderten zu meinem Mund, als ich das Bild vor mir sah. Eine junge Frau mit schwarzen Haaren blickte mir aus dem Spiegel her entgegen. Ihre Haare waren kunstvoll geflochten und elegant nach oben gesteckt worden und sie trug ein goldenes Kleid, das weder albern, noch bescheuert aussah. Sie strahlte, aber nicht wie die Sonne, sondern von innen heraus.
Bin ich das wirklich?, fragte ich mich und bewunderte für einen Moment meine Anmut und Grazie. Erst ein genervtes Räuspern hinter mir, schreckte mich auf.
„Mein Herr befahl mir, euch sein kleines Reich zu zeigen", sagte die Elbin wenig erfreut darüber. Ich nickte und sagte: „Ich bin übrigens Anne."
„Schön, Lailany", zischte diese mich schon fast an. Keine Ahnung, was die gegen mich hatte oder sie war einfach nur mit dem falschen Fuß aufgestanden.
„Darf ich bitten?", fragte sie fast schon sarkastisch und deutete auf die Tür. Und ich hatte genau gesehen, dass sie die Augen verdrehte, als sie hinter mir aus dem Raum ging. Wir betraten einen wunderschönen Flur, der mit großen Fenstern ausgestattet war, sodass man ganz Bruchtal überblicken konnte.
Ich bin bestimmt in einem Haus, welches etwas höher liegt.
„Es ist wunderschön", flüsterte ich leise, mehr zu mir selbst, doch Lailany hatte es mit ihren Elbenohren natürlich trotzdem gehört und stimmte mir ausnahmsweise mal zu.
„Kommt", sagte sie und ich folgte ihr den Gang hinunter nach rechts, durch einen Torbogen und dann ein paar Treppen hinunter.
Je mehr ich von Bruchtal sah, desto mehr wurde mir bewusst, wie schön es hier eigentlich war. Wir begegneten ein paar Elben, die uns freundlich anlächelten und sich leicht verneigten. Doch wenn ich nicht hinsah, blickten sie mir neugierig hinterher. Es kam wohl nicht so oft vor, dass sich hier irgendwelche Menschen aufhielten. Außer der Elbin neben mir, die mir immer wieder finstere Blicke zu warf, schienen die Elben hier freundlich zu sein.
Lailany öffnete ein paar Türen, ich bewunderte die Räume und sie stellte mich den jeweiligen Leuten im Zimmer vor. In einem Zimmer bleiben wir ein bisschen länger als in den anderen, da uns eine sehr nette Frau zum Tee trinken einlud und es unhöflich gewesen wäre, wenn wir die Einladung abgeschlagen hätten. Als wir fast drei Stunden später den Raum wieder verließen, schwirrte mein Kopf, von alldem, was mir diese nette Elbin erzählt hatte.
Die Sonne stand bereits tief am Horizont, und der Himmel war rot und orange gefärbt. Die Wasserfälle glitzerten in einem wunderschönen Licht, und ich hörte, wie irgendwo leise Musik gespielt wurde.
Der arme Kili, ich hoffe für ihn nur, dass er schon hier war und die Schmach bereits hinter ihm liegt, dass er probiert hat, mit einem männlichem Elben zu flirten, ohne es zu bemerken, überlegte ich und musste dabei grinsen, hörte aber schnell auf als mir Lailany einen vernichtenden Blick von der Seite zu warf. Okay, es musste einfach an mir liegen, so schlechte Laune konnte man doch nicht einfach so haben...
Die Elbin zeigte mir noch einen kleinen Trainingsplatz, der aber zu dieser Zeit leer war und die Ställe mit den Elbenpferden und ich fand wirklich kein einziges, dass schwarz oder dunkelbraun war, was mir irgendwie etwas rassistisch vorkam. Aber, hey...das sind Elben, die sind einfach so, dass man sie nicht kapiert! Ein gutes Beispiel dafür ist ja Lailany...
Gerade wollte ich den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, da schallte ein Geräusch, einem dumpfen Glockenschlag gleich, durch ganz Bruchtal und hinterließ auf meinen Armen eine Gänsehaut.
„Es gibt Abendessen. Ich bringe euch hin", meinte Lailany, was sie dann auch gleich in die Tat umsetzte. Wir liefen über eine Brücke zurück zu dem kleinen „Palast", aus dem wir gekommen waren. Sie führte mich zu einer Plattform, die eine wunderschöne Kuppel hatte, die von weißen Marmorpfeilern getragen wurde und ich erkannte diesen Platz aus dem Film wieder. Einige Elben spielten, auf mir fremdartigen Musikinstrumenten, um die Anwesenden zu unterhalten und Lailany verschwand mit wehendem Umhang, nachdem sie mir einen Platz an der Tafel angeboten hatte. Da sie eine Bedienstete war, durfte sie nicht mit dem Herren von Bruchtal essen und ich war ehrlich gesagt auch froh darüber. Noch viel länger hätte ich es mit ihr nicht ausgehalten. Andere Elben brachten verschiedene Gerichte herein und stellten sie auf den prunkvoll gedeckten Tisch.
Elrond  war bereits da und saß am Kopfende des Tisches auf einem verzierten Holzthron. Als er mich sah, lächelte er und begrüßte mich wieder mit seinem königlicher-wunderbarer-Elb-Kopfnicken und ich grinste mit einer kleinen Verbeugung zurück. Dann klatschte der Herr von Bruchtal zweimal in die Hände und alle Elben am Tisch, die ich nicht kannte, wurden still, sogar die Musik hörte kurz auf.
„Ich würde gerne ein neues Mitglied an unserer Tafel begrüßen. Anne ist heute unser Gast und wird es wohl auch noch eine Weile bleiben, bis wir herausgefunden haben, wer sie genau ist, wo sie herkommt und wie wir sie wieder unbeschadet nach Hause bekommen...Das heißt, wenn sie es will. Also, wollen wir anfangen?", erklärte er und alle klatschten höflich Beifall und griffen dann zu den aufgetragenen Speisen. Ich sah mich um, um zu gucken, was ich essen wollte, aber wirklich alles an diesem Tisch schien grün zu sein. Wo ich auch hinsah, überall nur Salat, Gemüse und sonstige gesunde Sachen, die ich nicht kannte.
„Gibt es hier immer Grünes?", fragte ich und Elrond entgegnete: „Könnt ihr euch nicht entscheiden?"
„Nein, es ist wohl eher das Gegenteil. Normalerweise esse ich das alles nur als Beilage zum Fleisch. Aber ihr esst ja kein Fleisch, was heißt, dass ich nicht den leisesten Schimmer habe, was man hier alles zusammen essen darf und was nicht", erwiderte ich.
„Lailany wird euch helfen, sich genauer mit unseren Speisen auseinander zu setzten. Sie wird euch in den nächsten Tagen zur Seite stehen, damit ihr euch hier besser zurecht findet, adaneth. Seht sie einfach als eure persönliche Bedienstete an, solange ihr euch mit eurer Anwesenheit beehert", sagte Elrond mit einem belustigtem Grinsen in den Augen.
Na, wunderbar...
Er dachte bestimmt, er hätte mir damit eine Freude gemacht. Lailany, die inzwischen wieder aufgetaucht war, trat genauso wenig begeistert, wie ich, näher zu mir heran und deutete wenig lustvoll auf ein Gericht.
„Also, du kannst...", fing die Elbin an runterzuleiern, aber irgendwann hörte ich ihr nicht mehr zu, wie sie über die verschiedenen Gemüsesorten redete, die man zusammen essen konnte und welche nicht und genoss die Musik, die mich langsam einhüllte.

Vier Bekloppte in MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt