Kapitel 36

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Rose trug mich in ihre Wohnung rein, die Tür hinter sich mit dem Fuß zu schiebend und mich immer noch fest in ihren Armen tragend. Ich wollte nichts sehnlicher, als genau dort in ihren Armen einzuschlafen und mich in Sicherheit fühlen... alles in mir sehnte sich danach, nur wusste ich, dass es mehr als nur unwahrscheinlich war. Es würde nicht ewig andauern, deshalb genoss ich jede Sekunde, die ich in dieser Position verbrachte.

Ich krallte mich so fest ich nur konnte in ihren Pullover, als wäre sie das einzige, was mich vor dem Fallen in ein wahnsinnig tiefes Loch aufhielt,... denn genau das war sie. Sie war die einzige, die stark genug war meine Schmerzen, meine Gedanken von mir weg zu halten... Als würde sie als einzige wissen, wie es ging.

Ich war so dankbar. Genau das brauchte ich nach all den Jahren,... jemanden wie sie, der das alles in mir erst erträglich machen konnte.

Ich spürte sie zwei kleine Treppen runtergehen und mich weiter tragend bis sie vor etwas stehen blieb und mich ganz sanft auf etwas legte. Der breiten und modernen Couch. Ich wollte sie nicht los lassen, nicht schon jetzt...

Und ich tat es auch nicht. Ich hielt ihren Pullover noch immer fest.

Doch dann tat sie etwas, mit was ich definitiv nicht gerechnet hatte, da sie doch so ‚scheu' gegen jeglichen Körperkontakt war... Sie legte ihre Hände jeweils auf meine.

Ihre Berührung sendete etwas durch meinen Körper, dass ich seit so langer Zeit nicht mehr gespürt hatte. Nur das Hände auf meine legen, ließ mich wissen, dass sie nirgendwohin gehen würde, außer ich wollte es und sagte es ihr ausdrücklich. Es beruhigte mich und doch machte mich dieses Gefühl gleichzeitig so nervös.

Sie umgriff meine Handgelenke mit ihren etwas kalten Fingern und löste meinen Griff von ihrem Pullover, ohne mir minimal weh zu tun. Sie behandelte mich immer noch, als wäre ich das kostbarste auf der Welt...

Als ich losgelassen hatte, lief sie schnell aus dem Wohnzimmer und kam nach wenigen Sekunden mit einer großen Decke zurück, die sie über mich ausbreitete und dann in die Küche ging, wo sie, glaubte ich, einen Tee machte. Nach ungefähr vier Minuten stellte sie die Tasse auf den Wohnzimmertisch und setzte sich auf den Boden zwischen der Couch und dem Tisch. Sie gab mir ein kleines Lächeln und sagte mir leiser Stimme: „Schlaf etwas."

Ich wollte protestieren, mich dazu zwingen noch wach zu bleiben mit ihr, aber ich war in Wahrheit so müde... Ich hatte Angst, dass wenn ich aufwachen sollte, ich merkte, dass ich mir das gerade erträumt hatte, dass Rose nicht vor mir saß und mir gerade das gab, was nur Sina konnte.

Wie war das nur möglich?

Aber länger nachdenken war nicht möglich. Sobald die Wörter gesagt wurden, schlossen sich meine Augen automatisch vor Erschöpfung und ich schlief ein.

Ich schlief nicht lange... Hatte ich zumindest das Gefühl. Meine innere Uhr war eine Katastrophe und ich hatte schon oft den Fehler gemacht ihr zu vertrauen. Als ich meine Augen wieder aufmachte, war es noch dunkel, aber das wirklich mitten in der Nacht dunkel. Ich schätze, dass es so um die zwei Uhr Morgens war, keine Uhrzeit in der ich eigentlich wach sein sollte... Ich ließ meine Augen automatisch auf den Platz wandern, an den ich Rose vor dem Schlaf noch gesehen hatte.

Sie saß noch immer da. Genau am selben Fleck und mich weiterhin anschauend. Hatte sie die ganze Zeit über dort gesessen?

Nur das Licht der Straßenlaternen erhellten den Raum Minimal und nur durch Bemühung konnte ich vereinzelte Konturen von ihr ausmachen... ihre Augen funkelten nicht. Es war als wäre da... nichts. Als wäre da an jeder Seite ein Loch, ohne jeglicher Bedeutung und Funktion... Ich verstand es einfach nicht.

Draußen war der Sturm hälftiger geworden. Der Wind schleuderte mit einer Kraft die Schneeflocken gegen die Scheiben, dass das Licht der Laternen kaum noch wirkten. Ohne aus den Fenstern zu schauen, wusste ich, dass eine hohe Schicht Schnee London langsam bedeckte und der Winter endgültig anbrach. Obwohl ich in einer sicheren Wohnung war, hatte ich dennoch Angst. Obwohl ich unter einer warmen Decke lag, war mir kalt. Obwohl Rose nur eine Armlänge von mir entfernt saß, war es dennoch zu weit weg,...

Ich fühlte mich so einsam, verlassen und hoffnungslos, dass ich das Aufsteigen von vereinzelten Tränen nicht verhindern konnte. Ich konnte einfach nichts dagegen machen, außer das bisschen Wasser lautlos meine Wangen herunterlaufen zu lassen. Ich fragte mich nicht einmal mehr, ob sie auch berechtigt waren, sie kamen sowieso wann immer sie wollten...

Es war dunkel, ziemlich dunkel und ich erwartete ehrlich nicht, dass Rose etwas dagegen machte, immerhin war es unwahrscheinlich, dass sie die kleinen Tränen überhaupt sah,... aber sie tat es. Sie stand auf und kam näher zu mir. Eher zögerlich setzte sie sich auf die Couch neben mir und vergrub ihre Beine unter die Decke. Ohne weiter wirklich lange inne zu halten, lehnte sie sich zurück und war in der selben Position wie ich. Ich bewegte mich kein Stück aus Angst sie wieder zu verscheuchen und wieder alleine, ohne sie auf dieser Couch zu liegen... bis sie dann vorsichtig ihren linken Arm hob und andeutete ihn unter meinen Kopf legen zu wollen. Automatisch hob ich ihn, es kaum abwartend ihn wieder abzusetzen. Sie hatte einen dünnen Pullover an, der ihre definierten Arme perfekt umschlang und mir ein perfektes Kopfkissen da bot.

Langsam legte ich meinen Arm um ihre Taille, spürte wie sie innerlich zusammenzuckte nach der Berührung, aber sich auch wenig später entspannte.

Ich schloss meine Augen. Roch ihren so einzigartigen Duft mit jedem Atemzug ein. Spürte ihre Wärme meine Kälte sicher ersetzten. Hörte ihre leisen Atemzüge und fühlte die Erleichterung in mir aufsteigen. Nichts was mich davor bedrückte, war mehr von Bedeutung. Ich liebte dieses befreiende Gefühl, das sie mir gab und an sich nichts dafür verlangte.

Ich liebte dieses so vertraute Gefühl... Ich kannte es, nur woher?

„Warum hast du nie was gesagt?" Brach ich nach einer Weile die Stille, nachdem ich die Antwort hatte und sie bewegte leicht ihren Kopf in meine Richtung.

„Warum hast du nie gesagt, dass du diejenige warst, die mich in dieser einen Nacht vom Club betrunken nach Hause gebracht hat?" Ich war mir nun endgültig sicher, dass Rose es gewesen war.

Die Augen. Der Geruch. Das Gefühl.

Sie konnte es nicht leugnen, sie war es gewesen. „Weil es nicht von Belang war."Antwortete sie simple und unbeeindruckt, als wäre es das normalste auf der Welt gewesen. Trotzdem beschäftigte mich eine Frage seit der einen Nacht...

„Warum hast du es getan?" Fragte ich.

„Es ist mein Job auf die Besucher aufzupassen."

„Ist es auch dein Job mit Ihnen nach Hause zu fahren, sie umzuziehen, mit Ihnen in einem Bett zu schlafen?" Hackte ich nach...

Sie seufzte: „Du brauchtest Hilfe und deine Freundin verhielt sich nicht wirklich wie eine... Ich konnte dich nicht dort alleine lassen."

„Woher wusstest du wo ich wohne?" Kam ich zu der Nächtesten Frage und sie brauchte nicht lange: „Ryan und Brian hatten von dir und deinen zwei Freunden erzählt..." oh, dass war an sich logisch.

„Sarah,..." wandte sie ihren Kopf zu mir und ließ mein Herz förmlich stehen bleiben, „...Versuch weiter zu schlafen. Du brauchst dringend Ruhe." Sie versuchte nicht mal die Fürsorge und die Besorgnis in ihrer Stimme zu verbergen. Ich wusste, ich könnte meine Fragen später stellen und tat deshalb um was sie mich gebeten hatte. Mit einer Leichtigkeit schloss ich meine Augen, mich etwas fester an Rose kuschelnd und jede Sekunde genießend, wartete ich darauf einzuschlafen.

Auch wenn es draußen laut donnerte und eher Hagel anstatt Schnee auf London runter fiel, wollte ich, dass sich diese Nacht nicht Minimal veränderte... In ihren Armen hatte ich einfach das Gefühl, dass mir nichts und niemand etwas antun konnte. Werder mental noch körperlich. Als wäre es in ihren Armen zu liegen der sicherste Platz für mich... Ich hatte diesen Platz schon einmal gefunden, vor langer Zeit... Niemals hätte ich geglaubt ihn ein zweites Mal zu finden.

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