Kapitel 89

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Nach dem Essen fuhr sie mich zu meiner Wohnung.

Ich wollte aber alles andere als mich jetzt schon von ihr verabschieden zu müssen und sagte ihr deshalb, dass wenn sie ein Kuss noch haben wollen würde, sie hier unten warten müsse.

Sie würde definitiv warten.

Ihr Gesichtsausdruck sagte alles und außerdem wäre es unser erster Kuss für heute. Sie verlangte nach dem Kuss genauso sehr wie ich, wäre es nur möglich, würden wir zwei uns wohl nie voneinander lösen...

Ich sprintete also nach oben, schmiss meine Tasche auf mein Bett, nahm noch schnell mein Parfüm und schrie zu Jane und Luke im Wohnzimmer, dass ich wieder gehe. Ohne überhaupt eine Antwort von Ihnen abzuwarten, schloss ich die Tür hinter mir und nahm gleich zwei Treppenstufen auf einmal nach unten.

Ich hoffte Rose war wirklich noch da.

Erleichtert lächelte ich, sobald ich sie angelehnt an ihrer Maschine sah.

„Bekomme ich einen jetzt?" Fragte sie sofort und war schon leicht ungeduldig.

„Noch nicht." Nahm ich stattdessen ihre Hand und konnte zusehen, wie ihre Hoffnung augenblicklich verschwand. Mir war klar, dass ich sie so quälte,... aber umso länger man es herauszögern, desto besser würde es hinterher, oder nicht?

„Aber..." Versuchte sie zu protestieren, wurde von mir allerdings unterbrochen.

„Später, Rose." Wenn sie doch nur ahnte, wie ich selber das Verlangen hatte meine Lippen auf ihre zu pressen und sie zu küssen, als wäre sie das einzige, was mich am Leben hielt. Ich wollte es, mindestens genauso sehr wie sie... aber ich konnte es einigermaßen erfolgreich unterdrücken.

„Na gut." Seufzte sie und umschlang mein Gesicht mit beiden Händen. Sie hatte einen starken Griff, ich konnte mich nicht ansatzweise dagegen wehren... Ich bestreite nicht, dass ich das nicht genoss. Ich mochte es durchaus, wenn Rose die dominantere Seite von ihr zeigte.

Sie beugte sich vor, ganz langsam,... zu langsam. Ihre Augen wanderten runter zu meinen Lippen, die ich automatisch leicht öffnete. Sie kam mir immer näher, so nahe, dass ich Ihren heißen Atem gegen meine verlangenden Lippen spürte. Das verschlimmerte in mir nur alles. Ich schloss meine Augen, darauf wartend ihre Lippen endlich auf meine zu spüren. Ich wollte es, so sehr, dass ich praktisch die Sekunden im Kopf runter zählte, bis es endlich soweit war....

Ich wollte nicht länger warten...

Aber ihre weichen Lippen trafen nie auf meine.

Stattdessen küsste sie mich direkt neben meinen Mund. Nur Millimeter entfernt von dort, wo ich sie eigentlich haben wollte, wo ich sie so dringend brauchte...

Ich wimmerte verzweifelt und schlug meine Augen auf, sah eine amüsiert grinsende Rose vor mir, aber konnte nur auf ihre Lippen starren.

Ich wollte sie packen, sie zu mir ziehen, sie küssen... aber sie hatte sofort meine Hand genommen und zog mich neben sich her.

„Das war nicht fair!" Sagte ich mit leicht heulender Stimme und sah sie erneut Grinsen: „Das vorhin war auch nicht fair."

Gott, ich hatte sie aber immerhin nicht so gequält wie sie mich.

Demnach war es nur gerechtfertigt, wenn ich sie jetzt sofort hier küsste. Ich würde sie überraschen und hätte somit wieder die Führung in unserem kleinen Spiel hier.

„Noch nicht." Unterbrach sie meine Gedanken, „Später, Sarah."

Hatte sie mich gerade allen Ernstes imitiert?!

Ich war ehrlich, so eine Reaktion hätte ich von ihr nicht erwartet. Sie war noch etwas schüchtern mir und dieser Beziehung gegenüber. Sie wusste nicht wirklich, wann und was sie in manchen Situation machen sollte und dass sie dann plötzlich so selbstbewusst handelte, war selten. Sehr sehr selten.

Rose taute langsam auf und ließ mich in ihre Welt, ihre Geschichte, ihre Geheimnisse rein, zwar noch vorsichtig, aber immerhin.

Mir war klar, dass Rose mir auf eine völlig andere Art und Weise vertraute, wie den anderen. Sie ließ mich mehr sehen, mehr mit teilhaben, mehr verstehen, als Ryan, Brian oder Dorothea.

Ich würde auch mit Sicherheit für eine sehr lange Zeit die einzige sein, deshalb musste ich behutsam mit ihr und allen Informationen, die sie mir gab, umgehen. Ich durfte sie nicht verscheuchen, ich durfte sie nicht wegen irgendwas verurteil oder ungeliebt und wertlos führten lassen.

Ihr Selbstvertrauen, ihr eigenes Selbstwertgefühl war so empfindlich, dass es schon kaum existierte. Sie war eine wahnsinnig gebrochene junge Frau, die niemand weiteren in ihren Leben brauchte, der sie nur noch kaputter machte.

Das alles hatte hier und jetzt zu enden.

Ich musste diesen Abschnitt von Rose Leben beenden.

„Rose?" Fragte ich, während wir die Straßen in der Innenstadt entlang liefen. Sie hielt noch immer meine Hand und wollte anscheinend auch nicht so schnell wieder loslassen. Ich genoss es sichtlich, meine zierlichen Hände in ihrem festen Griff zu haben. Ich fühlte mich so sicher, dass ich die entsetzten, erstaunten oder eifersüchtigen Blicke der jüngeren Passanten gar keine Aufmerksamkeit schenkte.

Ich war die Freundin von Rose Smith.

Begehrt von allen einzelnen Seiten, hätte ich es geschafft Rose Herz zu erobern.

Spätestens Morgen wusste auch wirklich ganz London von unserer Beziehung Bescheid.

„Was ist los, Sarah?" Verlangsamt sie ihren Gang und sah mich eindringlich an. Ich sah ihr in die Augen. Das schwache Laternenlicht erhellte alles etwas, aber trotzdem hatte ich das Gefühl in leblose blaue Löcher zu sehen. Wie konnte jemand so emotionslosen Augen haben?

„Du weißt, dass die Nachricht das Rose Smith eine feste Freundin hat das Top Thema für die nächsten Tage, wahrscheinlicher eher Wochen, wird?"

Ich wusste nicht, ob sie es wirklich wollte. War es vielleicht zu früh? Ich wollte sie zu nichts drängen, vor allem, wenn sie sich so nicht wohl fühlte und es nicht wollte.

„Ich weiß." Sie gab mir ein kleines aber sicheres Lächeln.

„Es stört dich nicht? Ich kann warten, Rose,..."

Sie schüttelte den Kopf und sah die an uns vorbei laufenden Leute hinterher, die ihre überraschten Gesichter nicht von uns wenden konnten.

„Es stört mich nicht... Ich möchte, dass jeder weiß, dass du nur mir gehörst." Sie drückte etwas meine Hand und sah einem Kerl nach, der mich zu offensichtlich von oben bis unten musterte.

„Außerdem versuchen es dann weniger Kerle oder Frauen bei dir." Knurrte sie und sah böse zu den jungen Mann.

Sie hatte Recht, sobald er Rose sah, weiteten sich seine Augen erschrocken, drehte sich um und lief panisch in die andere Richtung.

Schmunzelnd schmiegte ich mich an ihr und küsste ihr Kinn: „Nur dir?"

Es gefiel mir.

Sie nickte kaum merklich und küsste meine Nasenspitze: „Nur mir."

Es hörte sich mehr als perfekt an und brachte mich wahnsinnig zum Grinsen.

„Lass uns zurück gehen." Entschied ich dann.

Warum?

Weil ich sie endlich küssen wollte und ich es nicht unbedingt in der Öffentlichkeit, beobachtet von mindestens sieben Leute, tun wollte.

New Lovers 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt