Ich nahm die letzte Stufe und roch schon gleich das Essen. Erst da merkte ich wirklich, wie hungrig ich war. Das letzte Mal, dass ich etwas gegessen hatte, war gestern Mittag und seit dem hatte ich nur ein Tee getrunken...
Ich nahm also den direkten Weg in die Küche und sah schon vom Wohnzimmer aus Rose, wie sie vor dem Herd stand und leise mit der Musik im Hintergrund mit pfiff. Sie hatte mich noch nicht bemerkt und ich betete, dass sie es auch nicht bald tat. Sie sah so glücklich, so normal aus, ohne diese ständige Abwehrhaltung, als würde sie sich vor etwas schützen wollen, dass ihr starke Schmerzen verursachte... Ich wusste nicht vor was sie solche Angst hatte, keiner wusste es und ich bezweifelte, dass es irgendjemand aus freien Stücken von ihr auch erfahren würde. Sie war noch zu jung, um so zu leben, sie war doch erst 20... Aber wovon redete ich da. Ich war gerade mal 21 und musste schon durch die Hölle und wieder zurück. Ich hatte keine Ahnung ob meine Schmerzen vergleichbar mit ihrer waren. Dafür müsste ich erstmal ihre Geschichte wissen und dann konnte ich es ehrlich gesagt immer noch nicht wissen,... Ihr Schmerz war mir mit Sicherheit fremd und woher sollte ich das dann wissen, wenn ich es selber noch nicht mal durchlebt hatte?
Aber im Moment genoss ich einfach die schmerzlose, fröhliche Rose... Mir war klar, dass diese Rose selten rauskam. Diese Seite an ihr blieb wohl die ganze Zeit tief in ihr verschlossen, so tief, dass die meisten von ihrer Existenz nicht mal wussten und das allein brach mir das Herz. Was war so schlimm, dass man die eigene Persönlichkeit verbergen musste? Was jegliche Lebenslust oder Gefühle aus den Augen saugte? Was immer es war, Rose hatte es nicht verdient und irgendwie musste ich ihr da raus helfen, da es anscheinend ja sonst keiner machte... ich musste nur ihr Geheimnis wissen,... was quasi unmöglich war.
Ich wollte ihr unbedingt helfen... Sie sah so oft so kaputt aus, so unendlich erschöpft. Als würde sie selber gerne schlafen, nur Angst davor habend nie wieder aufzuwachen. Als würde sie nicht mehr wirklich wissen, was das alles bedeutete... als würde sie nichts anderes kennen, außer diese einen Gefühle, die sie Tag und Nacht mit in sich trug. Als wäre es eine starke, langfristige und hartnäckige Krankheit, die sie immer und immer mehr zerstörte, bis nichts mehr von ihr noch da war...
Soweit konnte ich es nicht kommen lassen, dafür war sie mir in den letzten Tagen zu wichtig geworden... was ich am Anfang nie gedacht hatte, aber ja, ich wollte sie nicht leiden sehen und ignorieren wollte ich es auch nicht.
Nach fast fünf Minuten, die ich damit verbrachte jedes kleinste Detail von ihr einzuprägen, tat ich die letzten sechs Meter in ihren Blickfeld. Sobald sie mich sah, hörte sie auf zu pfeifen und gab mir ein kleines Lächeln, das man ebenfalls eher selten sah. Ich konnte nicht anders, als es zu erwidern und mich an den Tisch zu setzten.
„Geht es dir besser?" Ging sie die Konversation an und mein Herz stoppte wortwörtlich, als ich die Besorgnis in ihrer Stimme hörte.
„Ich denke schon." Es war nicht gelogen, ich wusste es wirklich nicht. Es war, als würde mein Mund so sehr lachen wollen, aber meine Augen nichts anderes als weinen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass mein Körper in zwei Teilen aufgeteilt ist und sie im ständigen Kampf miteinander waren und doch immer die trauernde Seite gewann... Nur Rose konnte mich irgendwie da jedes Mal rausholen, allein durch ihre Präsenz.
„Du hättest gestern einfach klopfen oder klingeln können, Sarah." Meinte sie, während sie mich kurz ansah, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Essen richtete. Es roch so gut und ich fieberte hin es endlich vor mir zu haben.
„Ich wollte nicht stören..." Es war nicht falsch, aber auch nicht die volle Wahrheit und das schien sie zu bemerken, denn sie hob eine Augenbraue, als sie den Teller mit Eiern, Bacon und Toast vor mir hinstellte.
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New Lovers 2
Romance„Ich habe Angst..." „Hey... schau mich an..." Hob sie meinen Blick, „...Schau nur mich an. Ich bleibe bei dir, ich habe es versprochen..." Lächelte sie schwach.