Kapitel 74

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Ich stieg gerade vom Bus aus und lief den restlichen kurzen Weg zur Uni. Noch zwanzig Minuten bevor meine Vorlesung begann und ich war immer noch wahnsinnig happy. Klar, die Nacht und der Morgen mit Rose war noch immer in meinen Kopf und ich spielte alles immer und immer wieder ab... Zumindest jetzt war ich mir sicher, was Dorothea, Ryan und Brian damit meinten, dass Rose wohl die netteste und süßeste Person auf Erden sei. Sie war wahnsinnig aufmerksam und dachte nicht eine Sekunde an sich, ansonsten hätte sie sich gestern nicht extra Mitten in der Nacht auf den Weg zu mir gemacht.

Nach etwas 8 Minuten hatte ich es zu meinem Vorlesungssaal geschafft und jetzt mich zu meinen Freundinnen, die sofort verstummten als sie mich sahen.

„Warum genau grinst du so?" Kam dann gleich von Mace.

Shit, war es so offensichtlich?! Trotzdem konnte ich es einfach nicht sein lassen. Gott, als wären meine Muskeln um meinen Mund bewegungsunfähig und in einer Starre.

„Sarah,... du machst uns Angst." Ließ mich Olivia wissen und brachte mich so zum Lachen. Ich wusste, dass ich eventuell nicht wirklich die Person war, die besonders viel lachte... vor allem hat das seit Sinas Tod extrem nachgelassen... aber dass sie gleich so erschrocken schauten, nur weil ich mal grinste war doch etwas amüsierend.

„Alles gut, hab nur gute Laune." Setzte ich mich auf meinen Platz, aber wurde weiterhin angestarrt, als wäre ich irgendein exotisches Tier.

„Ist es ein Kerl?" Fing Julia an zu raten, bekam von mir allerdings nur ein Nein.

„Oder diese... heiße Türstehern mit dem Motorrad?" Machte Scarlett weiter und allein das heiße ließ mein Grinsen erfrieren. Gott, ich hasste es zu hören, wie andere sie heiß oder sonstiges nannten.

„Oh. Mein. Gott." Schlug Olivia eine Hand vor den Mund, „Es ist wegen ihr!"

Ich rollte meine Augen und nahm meine Flasche, um etwas zu trinken.

„Erzähl schon!" Drängte Mace und sah mich mit haargenau den selben großen Augen an, wie die anderen drei.

„Da gibt es nichts zu erzählen." Versuchte ich sie dazu zu bringen nicht weiter nachzuhaken... erfolglos.

„In jedem Film, in dem genau dieser Satz vor kommt, gibt es immer was zu erzählen. Also, komm schon." Rüttelte mich Julia etwas an den Schultern.

„Ich kann wirklich nichts sagen..." Versuchte ich es weiter und Scarlett hob eine Augenbraue: „Du hast es ihr versprochen, nicht?" Wenigstens eine, die es verstand.

Ich verneinte oder bejahte diese Frage gar nicht, sondern sah sie nur entschuldigend an. Das reichte völlig aus als Antwort und dann verstanden es auch alle anderen.

„Wenn du nichts sagen darfst... heißt es an sich, dass etwas zwischen euch... nun ja passiert ist." Setzte Julia logisch zusammen und brachte mich so wieder zum verträumten Grinsen.

„Boom, ist es!" Schrie sie und hatte so alle Aufmerksamkeit des Saals auf sich, „Habt ihr kein Leben?! Hört auf so zu gucken!" Fuhr sie ihre Mitstudenten an, die sich sofort wieder das widmeten, was sie vorher gemacht hatten.

„Ich hätte niemals gedacht, dass es unsere neue Kommilitonin aus Amerika so dermaßen drauf hat!" Klopfte mir Mace auf die Schulter und auch Olivia stimmte ihr zu: „ Ich mein wow, Sarah! Du hast das geschafft, was wohl ganz London seit fast drei Jahren versucht. Du hast die Rose Smith als deine Freundin, oder was auch immer ihr gerade seit..."

„Ganz London? Kann nicht sein, ansonsten hätte der ganze Saal es hier schon probiert, inklusive euch." Wollte ich den Hype um Rose etwas senken... Mir gefiel die Vorstellung nicht wirklich, dass sie von so vielen in den letzten Jahren angemacht wurde, obwohl es mir doch ein gutes Gefühl gab, zu wissen, dass ich die einzige war, die es wirklich geschafft hat. Immerhin musste es Rose dann so mit mir ernst meinen, oder nicht?

Zurück zu meiner Feststellung. Sobald ich den Satz gesagt hatte, vermieden alle vier den Blickkontakt mit mir und fanden ihren Block, ihr Handy oder ihre Fingernägel plötzlich Mega interessant.

„Ihr habt es auch bei ihr versucht?!" Verstand ich es sofort und merkte, wie sie leicht nervös wurden. Ich hingegen konnte nur lachen, ich hätte es von Ihnen niemals gedacht...

„Na los, jetzt müsst ihr es aber erzählen." Meinte ich und Scarlett seufzte:"Da gibt es nicht viel zu erzählen... Wenn man ihr ein Drink anbieten, sagte sie nein. Wenn man mit ihr tanzen will, sagt sie nein. Wenn man mit ihr flirtet, lässt es sie eiskalt..."

„Zuerst dachte ich, dass sie verheiratet ist und sie deshalb an niemanden Interesse hat, aber keiner hat je einen Ring an ihrem Finger gesehen..." Zuckte Olivia die Schulter und Julia kniff die Augenbrauen zusammen: „Sie hätte alle, jeden einzelnen haben können... Warum hat sie sich dann ausgerechnet für dich entschieden?... Ich meine es nicht böse, weil klar, verstehen kann ich's, dass sie dich wollte. Man muss dich nur anschauen, du bist einfach nur Bild hübsch... aber trotzdem. Nach drei Jahren hat sie das erste Mal wirklich Interesse an jemanden."

An sich war das eine gute Frage.

„Okay, Leute. Die Vorlesung beginnt." Unterbrach der Professor die Unterhaltung und alle drehten sich um zu ihn.

Ich hörte nicht wirklich zu. Ich konnte nur daran denken, was Julia gesagt hatte. Warum genau hat sich Rose für mich entschieden? Lag es daran, dass ich mit ihr nicht einmal geflirtet habe, als wir noch nicht zusammen waren? Oder war es, weil ich immer für sie da war, auch wenn sie mich gar nicht da haben wollte? Ich hatte keine wirkliche Antwort darauf... aber irgendwas musste es mit meinem Verhalten ihr gegenüber zu tun haben.

Ich wusste, dass ich Rose anders behandelte als die meisten hier. Sie wollten Rose wahrscheinlich nur für eine Sache, ich nicht. Ich wollte Rose, um ihr zu helfen, um ihr jemanden zu geben auf den sie immer zählen konnte, ich wollte Rose lieben und sie einfach nur bei mir haben. So oft es nur ging. Wo es nur ging. Ich wollte sie einfach. Ich wollte die wahre Rose und das nicht nur für eine Nacht, wie alle anderen. Ich würde alles tun, um sie nicht auch zu verlieren. Ich hatte nicht wirklich Angst sie an jemand anderen zu verlieren, aber ich hatte wahnsinnige Angst sie an ihren Geheimnissen, ihren Schmerzen, ihren Problemen zu verlieren. Ich wusste nicht, warum Rose damals für drei Monate verschwunden war, oder warum sie diese Drogen nahm... Ich wusste nicht, warum sie jedesmal so eine Angst hatte, wenn sie eine SMS bekam, oder sie so Scheu gegen Berührungen war. Keine Ahnung, warum sie so wenig schlief, oder warum sie keine Familie hatte.

Ich hatte von nichts einer Ahnung. An sich wusste ich nicht wirklich, wer diese Rose war. Ich kannte nur ihre bissige, arrogante Art und ihre liebevolle, fürsorgliche und super süße Art. Beide hat sie mir gezeigt, aber da fehlte noch etwas... Da fehlte die Art, die sie größtenteils in sich hatte und wahrscheinlich so gut wie ihre ganzen Gedanken besetzte... Aber sie zeigte mir sie nicht. Zumindest noch nicht... Ich hoffte dass ich irgendwann ihr volles Vertrauen hatte und die komplette Rose kennenlerne.

Ich hoffte es so sehr...

New Lovers 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt