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Die ersten Strahlen der Sonne ließen die Augenlider von Yixing aufflattern. Mit einem schmerzvollen Zischen fasste sich der Schwarzhaarige an die Schläfe, etwas Feuchtes war auf seinen Fingern zu spüren.

"Diese undankbaren Drachen!"

Ein wütendes Zischen entwich aus den Lippen des Jungen, als er die rote Flüssigkeit auf seinen Fingern betrachtete. Ich werde sie alle eigenhändig erledigen!

Vorsichtig rappelte sich der Dragonhunter auf, doch seine Beine gaben unter seinem Gewicht augenblicklich nach. Sie fühlten sich wie Wackelpudding an. So ein Mist!

Erneut versuchte sich der Schwarzhaarige aufzurappeln, diesmal mit Erfolg. Seinen Rücken streckte Yixing nochmals vollends durch bis man ein leises Knacken vernehmen konnte. Der Hunter seufzte erleichtert auf.

Yixing erhob seinen Kopf und sah sich anschließend um. Zu seiner Überraschung war der Hunter auf einer kleinen Insel in der Mitte eines Sees, keine Menschenseele war auch nur in seiner Nähe.

"Diese Drachen lassen einen Dragonhunter auf einer Insel, die nicht mal weit vom Ufer entfernt ist. Nicht gerade sehr gut durchdacht."

Yixing schnaubte amüsiert, ehe er sich seinen Rucksack schnappte und kontrollierte, ob seine Sachen noch alle drinnen waren. Zu seinem Glück waren die Heilpflanzen noch vorhanden, jedoch fehlten seine Waffen.

"Na ganz toll. Dann muss ich mir die Hände schmutzig machen."

Der Schwarzhaarige ließ daraufhin seine Fingerknöchel laut knacken. Anschließend neigte er seinen Kopf zur Seite, um auch seinen Nacken knacken zu lassen. Dies tat er noch mit der anderen Seite.

Voller Entschluss näherte sich der Hunter nun dem Wasser, welches in kleinen Wellen auf die Insel kam. Das Rauschen war das einzige was der Schwarzhaarige gehört hatte. Kein einziges Tier war ihm aufgetaucht.

"Das ist sehr eigenartig. Den Drachengeruch kann ich mir doch nicht eingebildet haben, aber sie können ohne Nahrung nicht überleben und hier sind ganz klar keine Tiere."

Yixing blickte sich etwas verwirrt um. Tatsächlich war hier weit und breit kein Drache, doch der Geruch stieg ihm immer mehr in die Nase je näher er sich nun dem Ufer der Insel näherte. Etwas stimmt hier nicht.

Als der Hunter nun seinen Fuß auf den feuchten Sand absetzte, wurde der Schwarzhaarige augenblicklich wieder zurückgezogen. Etwas hatte ihn am rechten Fußknöchel gepackt und zu Boden gerissen.

"Was zum...?"

Yixing wischte sich etwas Sand von seinen Wangen ab, danach schüttelte er seine schwarzen Haare, seine Tasche lag wenige Meter vor ihm. Das Wasser des Sees näherte sich dem Rucksack.

Schnell rappelte sich der Schwarzhaarige auf, um danach blitzschnell zu seinem Rucksack zu rennen. Immerhin durften seine Heilpflanzen nicht nass werden, sonst würden sie verderben.

Wieder wurde der Hunter zu Boden gerissen, als er mit dem rechten Fuß auf dem nassen Sand stand. Yixing grummelte auf, als wieder Sand auf seinen Haaren und seinen Wangen war, ganz zu schweigen von seiner Kleidung.

Sein Blick wanderte nun zu seinem rechten Fußknöchel, da ein gewisser Druck von dort ausging. Der Schwarzhaarige rieb sich über die Augen, um sicher zu gehen dass er nicht halluzinierte. Das kann doch nicht sein.

Eine blau-leuchtende Metallkette war um den Knöchel Yixings befestigt worden. Der Hunter ließ seine Augen entlang der Kette fahren, bis diese nach einigen Kilometern unter der Erde verschwand.

"Was ist das?"

Yixing betrachtete die Kette in seiner Hand. Diese hörte auf zu leuchten, sobald der Hunter sich erhob und nun der Kette bis zum Ende folgte. Wieso habe ich es nicht davor bemerkt?

Der Dragonhunter versuchte die blau-leuchtende Kette aus der Erde zu ziehen, doch vergebens. Yixing hatte seine gesamte Kraft aufgebraucht und lag nun völlig außer Atem am Boden. Schweiß floss von seiner Stirn hinunter.

"Du verschwendest deine Kraft, Hunter. Diese Kette wirst du nicht so schnell los."

Yixing richtete sich sogleich auf. Seine Augen waren auf seine Umgebung fokussiert, welche nun eine angespannte Aura hatte. Der Geruch von Tieren, Drachen und auch einem Menschen wurde vom Wind zu ihm getragen.

Der Schwarzhaarige stellte sich in Kampfposition, als nun Drachen jeglicher Größe und Art aus dem Gebüsch heraustraten. Sie alle betrachteten den Hunter durch funkelnde Augen. Wut, Trauer, Verachtung, jegliche Emotion war in ihnen gespiegelt, jedoch zeigte keine eine gewisse Sanftheit.

"An deiner Stelle würde ich diese Haltung unterlassen. Du spürst genau wie ich, dass die Drachen jederzeit auf dich losgehen können."

Yixing wandte sich um seine eigene Achse, um die Position des Menschen ausfindig zu machen. Seine Stimme hallte jedoch von allen Richtungen, sodass der Schwarzhaarige davon ausging, dass der Mensch sich ihm nicht zeigen wollte. Wie feige.

"Wer bist du, um mir solche Anweisungen zu geben? Zeige dich gefälligst!"

Die Drachen knurrten über den harschen Ton des Dragonhunters auf. Einige von ihnen spreizten deren Flügel und fletschten anschließend ihre Zähne. Dies war nur eine Warnung.

Ein kleines Schnippen mit den Fingern war zu hören, sodass die Drachen ihre Flügel wieder schlossen und danach einen Schritt zurücktraten. Sie neigten anschließend leicht ihre Köpfe, doch das Knurren war noch nicht verklungen.

"Ich bin, zu meinem Glück, kein Dragonhunter wie du. Dennoch siehst auch du, Hunter, dass ich ein Mensch und sogar noch ein Junge in deinem Alter bin. Nun stellt sich jedoch die Frage, was ich hier mache. Habe ich nicht recht, Yixing?"

Der Angesprochene riss sofort seine Augen auf, als der Junge ihn schief anlächelte. Seine dunkelblauen Augen begegneten die des Schwarzhaarigen. Es war eine gewisse Wärme in ihnen gespiegelt, die jedoch noch Millisekunden abgeklungen war.

"Woher kennst du meinen Namen? Woher kennst du meinen echten Namen?"

Yixing preschte nach vorne und packte den Jungen am Kragen. Seine dunkelroten Haare fielen ihm ins Gesicht, als der Schwarzhaarige sein Gegenüber durchrüttelte. Wer ist dieser Junge?!

 "Antworte mir!"

Pure Verzweiflung war in der Stimme des Hunters zu hören, als sein Griff immer lockerer wurde und Yixing danach den Jungen wieder zu Boden ließ. Dieser fuhr sich gelassen durch seine dunkelroten Haare.

"Setz dich lieber. Ich möchte nicht, dass die Drachen wegen dir noch verletzt werden."

Mit einem sanften Lächeln drückte der Junge Yixing zu Boden, anschließend wandte sich der Rothaarige zu den Drachen und nickte den Wesen zu. Sie alle verschwanden sogleich in den Schatten der Bäume.

"Wer oder was bist du? Wieso sind diese Monster gegenüber dir so gehorsam? Wieso greifen sie dich nicht an?"

Zu vieles war durch den Kopf Yixings gegangen. Er verstand den Jungen nicht. Er verstand nicht, weshalb die Drachen diesen Jungen verschont hatten. Er verstand seine jetzige Lage einfach nicht.

"Zuerst sind es Drachen und nicht Monster, ich fühle mich dadurch auch beleidigt."

Die dunkelblauen Augen des Jungen funkelten kurz schmerzvoll auf, doch dann glitzerten sie wie Sterne in einer klaren Nacht. Etwas in seinen Augen erinnerte Yixing an Luhan, wenn dieser ihn immerzu mit vollem Entschluss ansah.

"Du bist aber kein Drache. Du bist ein Mensch, der eigentlich von diesen Wesen schon erlegt worden wäre."

Yixing versuchte in den Augen des Jungen einen gewissen Groll gegenüber den Drachen zu finden. Er versuchte herauszufinden, ob der Junge nicht doch auf seiner Seite war und den Drachen etwas vorspielte.

"Es stimmt ich bin kein Drache, aber ich bin auch kein Mensch wie ihr. Mein Name ist Junko."

Ein breites Lächeln bildete sich auf den Lippen des Rothaarigen, als dieser den teils geschockten und teils verwirrten Ausdruck auf Yixings Gesicht sah.

"Ich wurde von Drachen aufgezogen."

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