Kapitel 1

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 - 6 Monate zuvor -

"...die Behörden tappen weiterhin im Dunkeln. Bis jetzt ist nur bekannt, dass es sich um eine Bande, bestehend aus vier jungen Männern, handelt", verkündete die Nachrichtensprecherin.

Seit ein paar Wochen waren diese Gangster das Topthema der Medien. Einbrüche, Banküberfälle ... wie sich das wohl anfühlte? Einfach mal den Gesetzen den Rücken zukehren und ... frei sein. Genug Geld zur Verfügung haben, um einfach das Leben zu genießen. Wobei, wenn man auf der Flucht war, hatte das nicht wirklich etwas mit Freiheit zu tun.

Natürlich war mir bewusst, dass es illegal war. Diese Typen klauten Geld anderer Leute. Trotzdem änderte das nichts an der Tatsache, dass das Leben dieser Verbrecher einfach unglaublich aufregend und interessant wirkte.

Okay Hope, wir haben's verstanden, meldete sich meine innere Stimme. Ich führte meine Gedankenspiele fort: wäre es nicht interessant zu wissen, was in den Köpfen solcher Verbrecher vorging? Wo bleibt das schlechte Gewissen? Was waren ihre Motive?

"Willst du deinen Nachtisch noch?", riss mich eine allzu bekannte Stimme aus den Überlegungen.

"Ja, wieso?", gab ich mit genervtem Unterton zurück.

"Sonst wirst du vielleicht schneller dick, als du Schokopudding sagen kannst."

"Erstens: danke, dass du dich so um mich sorgst, wirklich", meinte ich sarkastisch, "und zweitens wollen nicht alle abgemagerte Models werden, Olivia!"

Wenn ich etwas mehr hasste, als die Tatsache, in einem Waisenhaus zu leben, dann war es Olivia. Sie war genau das Gegenteil von nett, hilfsbereit und liebevoll.

An dieser Stelle übertrieb ich wieder einmal, denn es war im Grunde nicht so schlimm im Waisenhaus. Natürlich war es nicht zu vergleichen mit einer großen Familie. Hier war jeder für sich; was nichts Schlechtes bedeutete. Im Gegenteil: so konnte ich lesen, an meinen Geschichten arbeiten und zeichnen. An den Wochenenden half ich in der Küche aus und verzauberte alle mit meinen Backwaren, ein weiterer Grund, wieso Olivia so einen Groll auf mich hegte. Ihre Kekse wollte kaum einer probieren, meine waren in Minuten verzehrt.

Außerhalb des Waiseshauses hatte ich kaum Freunde, denn ich verbrachte meine Zeit lieber allein und ließ meinen kreativen Gedanken freien Lauf. 

Trotzdem erwartete ich mehr von meinem Leben, als dauernd darauf zu warten, adoptiert zu werden. Bald wurde ich 16 und konnte endlich arbeiten gehen, um eigenes Geld zu verdienen. Wie gerne würde ich die Welt bereisen und neue Städte kennenlernen. Leider war das nicht so einfach, oder sogar unmöglich ohne die nötigen finanziellen Mittel. 

Ja, das war ich, die optimistische Hope Stewards. Und ja, vermutlich lag es auch am Namen.


Meine kleine Tagträumerei nutzte Olivia aus, um sich meinen Pudding zu schnappen.

Na warte!

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