Völlig erschöpft ließ ich mich ins Bett fallen und kuschelte mich in die frische Bettwäsche. Ich tastete nach dem Lichtschalter und kurze Zeit später war das Zimmer stockfinster. Lediglich ein schwacher Schimmer drang aus dem Bad. Meine Güte, konnte sich Niall nicht beeilen? Ich wollte nur eines, und zwar schlafen. Kurze Zeit später trat er aus dem Bad und ich sah für wenige Sekunden seine Silhouette, dann ging das Licht im Bad endlich aus.
Leider hatte Niall keine Eulenaugen und nach einem Rumpeln hörte ich ihn laut fluchen. Schnell schaltete ich das Licht ein und beobachtete, wie er am Boden saß und sich den Knöchel rieb.
"Sorry ich-", wollte ich sagen, doch er unterbrach mich unwirsch.
"Spar dir deine Entschuldigungen. Der Tag ist sowieso für die Tonne."
Wow, so wütend hatte ich ihn noch nie erlebt. Ich schaute ihm dabei zu, wie er sich am Bett aufzog und schließlich zum Fenster humpelte. Dieses riss er auf und ein kalter Windhauch wehte in meine Richtung. Keine Ahnung wieso, aber ich verspüre den Drang, mich zu ihm zu gesellen, also schwang ich meine Beine aus dem Bett.
Eine Weile schauten wir stumm in den Himmel. Dort schien der Mond und wie üblich wurde er von unzähligen Sternen unterstützt. Vereinzelt zogen Wolken über den schwarzen Nachthimmel, der sich wie eine Kuppel über die ganze Welt zu spannen schien.
"Es, ähm ... tut mir leid", flüsterte Niall plötzlich.
"Schon okay", hörte ich mich sagen und meine Mundwinkel zuckten automatisch. Mit einem Mal war meine Wut auf ihn vergessen. Gut so, ich wollte mich nicht weiter mit ihm streiten. Niall war von Anfang an nett zu mir gewesen und seine freundliche Art machte mich immer wieder aufs Neue glücklich.
"Wenn ich dir etwas verschweige, dann nur, um uns zu schützen."
Ein Déjà-vu Gefühl überkam mich. Hatte ich das nicht schon einmal gehört? Ich schaute in seine blauen Augen und plötzlich wusste ich, was mich an seinem Verhalten in letzter Zeit gestört hatte.
"Wovor hast du Angst?" Genau das hatte sich in seinen Augen wieder gespiegelt.
"Das hatten wir bereits, ich-"
"Jaja, du nennst es Respekt", winkte ich ab, "Ich dachte, vielleicht hat sich deine Einstellung in der Zwischenzeit geändert." Immerhin hatte Niall erst in Paris erwähnt, dass sie mit ihrem letzten Auftrag etwas zu weit gegangen waren. Zur Antwort schwieg er also. Verständlich, immerhin hatte ich einen wunden Punkt getroffen.
"Kann sein, dass der Respekt einen bitteren Beigeschmack bekommen hat", murmelte er und sah mich dabei eindringlich an. Jetzt fehlten mir die Worte. Was sollte ich darauf erwidern?
"Kann es sein, dass du dein gechilltes Ich verloren hast?" Eine weitere simple Frage, doch nur Niall selbst wusste die Antwort darauf.
Mir wurde langsam kalt, also wandte ich mich ab und ließ ihn kurz alleine am Fenster stehen. Ich schnappte mir meine Jacke, eine Decke für Niall und machte noch zwei Tassen Tee. Als ich ihm die Tasse reichte und die Decke über die Schultern legte, nahm er sie dankend an.
"Wie kommst du darauf?", fasste er das Gespräch von vorhin wieder auf.
"Ach komm, ich kann in deinen Augen lesen, als wären sie ein offenes Buch!" Tja, Geheimnis gelüftet. Etwas ungläubig schaute er mich an, dann starrte er auf seinen Tee.
"Du hast recht. Ich bin nicht mehr so gechillt wie am Anfang. Es ist so viel passiert und ich will das hier nicht verlieren." Er zeigte mit einer umfassenden Handbewegung aus dem Fenster und ich verstand.
"Du bist nicht allein", erklärte ich ihm und nippte an meinem Tee. Er lachte leise, dann schaute er mich eindringlich an.
"Weißt du, wieso wir reisen?"
"Ähm, um die Welt zu sehen?" Je länger ich über diese Aussage nachdachte, desto unsinniger kam sie mir vor. Immerhin tigerten die Jungs durch die Städte, als hätten sie das schon hundertmal gemacht.
"Deinetwegen."
Was? Meinetwegen? Er bemerkte meinen verwirrten Blick und sprach: "Irgendwann wollen wir ins normale Leben zurück. Doch bevor wir das machen, wollen wir dir etwas von der Welt zeigen."
Ich starrte in den Sternenhimmel und dachte an Nialls Worte. Sie gingen wegen mir das Risiko ein, erkannt zu werden, nur, um mir ein wenig von der Welt zu zeigen? Mein Herz füllte sich mit einer Wärme, die ich zuvor noch nie gespürt hatte. Glücklich lächelte ich. Erneut verfielen wir ins Schweigen und machten nichts weiter, als in den Nachthimmel zu schauen, Sternbilder zu suchen und unsere Gegenwart zu spüren.
"Das war mit Abstand das interessanteste Gespräch, das wir je geführt haben!", meinte er nach einer Weile.
"Komisch trifft es wohl eher", erwiderte ich und schüttelte den Kopf. Sein unverwechselbares Lachen erklang und ohne nachzudenken, schlang ich meine Arme um ihn.
"Wenn es etwas gibt, dass du nie verlieren sollst, dann ist es definitiv dein Lachen!"
Zur Bestätigung lachte Niall laut auf und ich stimmte mit ein. Für einen Moment waren all die Sorgen, die Streitereien und der Druck des Lebens wie weggeblasen.
"Auf eine tolle Zukunft!", rief er und hielt die Tasse in die Luft. Mit einem Klirren stießen unsere Tassen aneinander und wir lachten erneut laut los.
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Catch us if you can
Fanfiction"Wovor hast du Angst?" Genau das hatte sich in seinen Augen wiedergespiegelt. Angst. "Das hatten wir bereits, ich-" "Jaja, du nennst es Respekt", winkte ich ab, "Ich dachte, vielleicht hat sich deine Einstellung in der Zwischenzeit geändert ..." Er...