Wir überquerten die Straße, folgten dem Gehsteig und landeten vor einem Parkeingang. Ein breiter Weg führte durch die großzügigen Grünflächen. Blumenbeete begrüßten uns und überall befanden sich hölzerne Bänke. In der Mitte des Parks befand sich ein Spielplatz mit verschiedensten Gerätschaften. Rutschen, Schaukeln, Trampoline, Sandkasten - alles, was ein Kinderherz begehrte.
Wir durchquerten den Park und verschwanden in einem naheliegenden Haus im Garten. Dieser war recht klein, doch er hatte eine großzügige Terrasse. Viel mehr konnte ich nicht erkennen, da es bereits dunkel wurde.
Ich erkannte eine kleine Gruppe von Jugendlichen, die es sich in einer Sitzecke aus verschiedenen Gartenmöbeln gemütlich gemacht hatte. Lichterketten spendeten ein wenig Licht. Mein Herz fing an zu klopfen, als Izzy direkt auf sie zusteuerte.
"Hey Leute! Ich habe Besuch mitgebracht!", begrüßte Izzy die Truppe und grinste in die Runde. Ich lächelte verlegen und hob kurz die Hand, brachte jedoch kein einziges Wort heraus.
"Und wie heißt dein Besuch?", fragte ein Mädchen mit blauen Haaren. Neben ihr saß eine komplette Kopie. Nur ihre Haare waren Magenta gefärbt. Zwillinge also.
"R-ruby. Ich bin Ruby", stammelte ich und ließ mich zögern neben Izzy nieder.
"Cool, also ich bin Lilian, meine bessere Hälfte Louanne", die Blauhaarige deutete auf ihre Schwester, "und diese zwei Turteltäubchen heißen Miranda und Finn." Sie zeigte auf den schwarzhaarigen Jungen, der seinen Arm um ein braunhaariges Mädchen gelegt hatte. Beide lächelten mich herzlich an. Mit einem Mal verflog meine Nervosität und ich wurde locker.
"Und Leroy?", fragte Izzy, während sie sich eine Flasche von Finn reichen ließ.
"Rugbytraining."
Wow, Izzy hatte eine ziemlich große Clique.
"Jetzt mal zu dir Ruby, kannst du Geheimnisse für dich behalten?", fragte Finn und deutete auf die Flasche. Ich wollte gerade antworten, als Izzy mir zuvorkam: "Sieht sie so aus, als würde sie uns verpfeifen?" Ich war ein wenig verwirrt.
"Hier ist es erst ab 18 legal, Alkohol zu trinken. In meinem Garten ist es auch etwas anderes, aber damit herumprahlen solltest du nicht unbedingt", warf Miranda ein. Ich nickte verständnisvoll und schaute in die Runde.
"Und, wie alt bist du schon?", fragte Louanne.
"16, seit knapp einer Woche", sagte ich und griff nach der Flasche.
"Dann Happy Birthday!", grölte Finn und ehe ich mich versah, sangen sie mir ein gar nicht so schiefes Geburtstagsständchen. Klatschend grinste ich in die Runde, dann probierte ich das Getränk aus der Flasche. Es schmeckte ziemlich süß und erinnerte an Apfelsaft. Die Prozentzahlen verrieten jedoch den Alkoholgehalt. Wenn ich an heute Morgen zurückdachte, erzählte ich Liam besser nichts hiervon.
"Woher kommst du? Ich meine, dein Akzent verrät dich minimal, aber naja, das kann auch täuschen." Lilian strahlte mich mit ihren karamellfarbenen Augen an.
"Ich habe lange in den USA gelebt, dann gingen mein Cousin und mein Bruder auf Geschäftsreise. Sie haben eine gemeinsame Computerfirma. Tja und kurzerhand bin ich hier gelandet", ratterte ich Rubys Lebenslauf herunter.
"Ich weiß, das ist vielleicht ein heikles Thema, aber du wohnst bei deinem Bruder? Deine-"
"Ja, meine Eltern sind weg", sprach ich monoton. Das war nicht einmal gelogen. Alle aus der Runde nickten verständnisvoll und ich nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche. Schnell wurde das Thema gewechselt und ich erfuhr nicht nur Sachen über jeden einzelnen, sondern auch über besagten Rugbyspieler.
"Wenn er nicht gerade Rugby im Kopf hat, kann man unglaublich tiefgründige Gespräche mit Lee führen", erklärte Finn, alias sein bester Freund. Lilian spielte Tennis, Louanne war ein Bücherwurm, Miranda ein Zeichentalent und Finn ihr fester Freund. Irgendwie logisch, so nahe wie sich die beiden waren.
Sie alle nahmen mich in ihre Gruppe auf, als würde ich schon ewig dazugehören. Und genauso fühlte ich mich: aufgenommen. Es war toll, sich mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu unterhalten. Jeder brachte seine eigenen Geschichten mit ein; neue Insider wurden kreiert.
"Also, Miss USA, wie schmeckt dir der Apple Cider?", brachte Finn es auf den Punkt und hob seine Flasche. Meine war mittlerweile leer und ich fühlte mich erleichtert. Natürlich drückte er mir eine neue Flasche in die Hand, als er das bemerkte. Dann wurde erneut angestoßen und das Gespräch ging weiter.
Sterne leuchteten am Himmel und zu den Lichterketten wurden ein paar Kerzen angezündet. Nichts hielt uns davon ab, die Songs, die aus Mirandas Handy dudelten, mitzusingen. Mir gefiel unser kleiner Chor immer mehr und kurz darauf sang ich in ein improvisiertes Mikrofon "Party in the USA". Welche Ironie.
"Whoa! Miss USA rockt!"
"Aber sowas von!"
"Ich will mitmachen!", rief Louanne und stellte sich zu mir und Izzy, dann wurde die Karaoke Party mit "Galway Girl" fortgesetzt.
"Glaway is' echt n' hübsches Städtchen!", säuselte Finn vor sich hin und küsste Miranda auf die Wange.
"Nichts geht über Dublins Einkaufsstraßen, du Idiot!", protestierte seine Freundin.
"Die Königin hat gesprochen! Alle Mann von Board!"
Tja, da hatte einer definitiv zu viel Cider erwischt. Die beiden Zwillinge schienen das auch bemerkt zu haben und nach einem abschließenden "We are the Champions", schnappten sie sich Finn und verabschiedeten sich.
"Schlaf' gut, Miss USA, und viel Glück morg'n!", rief er mir nach und im ersten Moment war ich verwirrt. Was war morgen? Neben mir kicherte Izzy.
"Oh, Mann! Finn verträgt auch nur halb so viel, wie er glaubt!" Izzy schien im Gegensatz zu mir keinerlei Wirkung des Alkohols zu spüren. Oder sie versteckte es hinter ihrem warmen Lächeln. Unwahrscheinlich. Es wirkte ziemlich echt und ehrlich.
"Na dann bringen wir dich mal nach Hause!"
Plötzlich fühlte ich mich schrecklich müde und erschöpft. Mit einem Gähnen unterstrich ich ihre Aussage. Wir verabschiedeten uns von Miranda, dann hakte ich mich bei Izzy ein und wir schlenderten zu unserem Zuhause zurück.
"Danke, dass du dabei warst, Ruby. Man sieht sich!", verabschiedete sie sich und bevor ich etwas erwidern konnte, war sie verschwunden. Ich tapste zur Tür und brauchte zwei Anläufe, um die Klingel zu treffen. Mann, das Zeug schlug ein!
"Huh?", machte Niall, als ich wankend vor ihm stand und von einem Bein aufs andere trat. Sonst wäre ich umgekippt. Mein Gleichgewichtssinn war im Eimer.
Er zog mich ins Haus und bevor jemand irgendetwas sagen konnte, ließ ich mich aufs Sofa fallen. Stimmengewirr war zu hören, doch sobald mein Kopf das Kissen berührte, fiel ich in einen tiefen Schlaf.
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Catch us if you can
Fanfiction"Wovor hast du Angst?" Genau das hatte sich in seinen Augen wiedergespiegelt. Angst. "Das hatten wir bereits, ich-" "Jaja, du nennst es Respekt", winkte ich ab, "Ich dachte, vielleicht hat sich deine Einstellung in der Zwischenzeit geändert ..." Er...