Kapitel 17

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Genervt starrte ich an die Decke. Wieso schwirrten mir die ganze Zeit diese Fragen durch den Kopf? Ich konnte nicht einmal richtig schlafen!

Ich setzte mich gähnend auf und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Das Zimmer sah wunderbar aus, wenn es aufgeräumt war. Tja, und das Gegenteil war der Fall. Ich hatte erkannt, dass es viel schneller ging, die Sachen auf dem Boden liegen zu lassen.

Meine Gedanken schweiften wieder zurück zum eigentlichen Problem: Warum hatte Liam mich adoptiert? Steckte mehr dahinter? Und wenn ja, was? Es war gut möglich, dass es irgendwie zu einem Plan gehörte, der mein Vorstellungsvermögen überstieg. Zum Beispiel hatte ich nun einen Grund hierzubleiben. Mein "Dad" wohnte hier. Und mit ihm seine kriminellen Freunde.

Na, du wolltest wissen, was in den Köpfen von Verbrechern vor sich geht und jetzt weißt du's, rief meine innere Stimme. Ja, ich wollte wissen, was sie planten. Was sie vorhatten. Ja, ich wollte ein Teil davon sein. Und ja, ich wusste, dass es illegal war aber ja, verdammt, sie waren jetzt meine Familie!

Mein Kopf fühlte sich an, als würde er gleich platzen! Zu. Viele. Gedanken. Mir war danach, meinen Kopf in mein Kissen zu drücken und meine Gedanken damit zu ersticken, wohlwissend, dass dies so nicht funktionierte.

"Hope? Alles in Ordnung?", brachte mich Louis' Stimme zurück ins Hier und Jetzt. Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden und meinte: "Jaja, habe nur ein bisschen nachgedacht." Dann lächelte ich gezwungen. Louis schien das nicht zu bemerken und teilte mir mit: "Wie wär's mit einer Runde skaten? Ich warte draußen!"

Ich nickte und schaute ihm zu, wie er aus meinem Zimmer verschwand. Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich von ihm etwas lernen würde. Nach all dem, was er schon zu mir gesagt hatte, klang das nach einer willkommenen Abwechslung.

Mit Schonern und Helm lief ich die Treppe hinunter und öffnete die Haustür. Die Sonne blendete mich und ich setzte mir schnell meine Sonnenbrille auf. Louis lehnte, ebenfalls mit Sonnenbrille, an einer der Garagentüren. Neben ihm stand sein Skateboard.

"Bereit, vom Meister zu lernen?", fragte er.

"Ja, wenn der 'Meister' auch Penny-Board fahren kann, denn hat Niall mir ein Penny-Board besorgt, das ist viel kleiner als deines."

"Du bist mir also fremdgegangen?" Louis hob ungläubig seine Sonnenbrille. Ich war verwirrt. Wovon redete er jetzt genau? "Du müsstest mal dein Gesicht sehen!", rief er lachend.

"Wieso-"

"Mann, Hope! Das beweist nur, dass Niall so viel Ahnung vom Skaten hat wie Pinguin vom Fliegen!"

"Dafür ist er ein echter Computerfreak!"

"Oh, ja. In diesem Fachgebiet kann ihm keiner so schnell das Wasser reichen. Übrigens, du kannst es auf meinem gerne noch einmal probieren", meinte Louis grinsend und setzte sich aufs Board. Wir redeten eine Weile, vermutlich den längsten Dialog, den ich je mit ihm geführt hatte. Er erklärte mir Grundlegendes zum Skateboard fahren und führte mich ein wenig in die Theorie ein. Dann holten wir mein kleines Board und fuhren den Feldweg entlang. Er zeigte mir ein paar Tricks und hielt mich fest, sodass ich nicht hinfiel. Danach fuhren wir einfach nebeneinander her.

Auf dem Nachhauseweg hielt Louis es für angebracht, mich auf seinem Board zu schieben und er lachte mich aus, wenn ich anfing, laut zu kreischen. Mann, der fährt doch viel zu schnell! Wenn hier jemand Geschwindigkeiten messen würde, hätte er morgen einen langen Strafzettel im Briefkasten! 

"Ah! Randstein!", schrie ich, so laut ich konnte. Louis schien das nicht zu stören und er machte keine Anstalten, langsamer zu werden. Stattdessen verstärkte er den Druck auf meine Schultern und brachte meinen Körper dazu, sich nach links zu lehnen. Im letzten Moment machte das Board eine Kurve und wir rollten über den Schotterweg zu den Garagen.

"Spinnst du?! Wir wären fast in den Randstein gekracht!", rief ich, als ich aufgestanden war.

"Fast ist nicht ganz! Und überhaupt, ich dachte, du magst Abenteuer!", seine blauen Augen funkelten aufgeregt, "Stehst du nicht drauf, wenn dir das Adrenalin durch den Körper fließt? Wenn alle Zellen angespannt sind? Wenn es wie wild kribbelt?"

Und ob. Ich liebte Abenteuer. Im Nachhinein hatte es sich echt gut angefühlt.

"Schuldig im Sinne der Anklage", gab ich zu und hob theatralisch meine Hände. Louis grinste begeistert und zufrieden zugleich. 

"Na, auch hungrig?"

"Und wie!", sagte ich und folgte ihm ins Haus.

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