Kapitel 55✅

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28. September

Ach du meine Güte! Ich hätte nie gedacht, dass arbeiten so anstrengend sein würde! Im Rahmen unseres Unterrichts durften wir in verschiedene Berufe hineinschnuppern. So konnten wir uns überlegen, welchen Beruf wir später ausüben wollten. Als ich mir aussuchte, im Pub in der Stadt den Anfang zu machen, ahnte ich noch nichts. Vor allem nicht, dass ich nach fünf vollbeladenen Tabletts meine Hand kaum mehr spürte. Wieso hatten diese Typen auch um drei Uhr nachmittags Zeit für ein Bier? Miranda unterstützte mich und sah nach diesem Nachmittag genauso fertig aus wie ich.

"Das ist definitiv kein Traumjob. Nicht jetzt und auch nicht im nächsten Leben!", beschwerte sie sich, während sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Träge spazierten wir durch die Stadt, bis wir eine Kreuzung erreichten und sie sich verabschiedete.

"Oh, und versuch' deine Hand zu entspannen, sonst hast du morgen Muskelkater!", riet sie mir beim Gehen. Das Einzige, was ich wollte, war mein Bett. In dieses ließ ich mich seufzend fallen, sobald ich zur Tür hereingekommen war. Zum Glück hatte ich jetzt eine Ahnung von diesem Beruf und war nicht kopfüber in dieses "Abenteuer" gesprungen. So hatte ich es vorgehabt, als ich noch im Waisenhaus gewohnt hatte. Schon krass, wie sehr sich mein Leben in der Zwischenzeit verändert hatte.

"Hey, Ruby! Ich-" Niall kam gerade in mein Zimmer, als ich in voller Serviermontur im Bett lag.

"Alles in Ordnung?"

"Bin nur fertig. Meine Hand fühlt sich an, als würde sie abfallen und meine Füße schmerzen, aber sonst ist alles gut. Danke der Nachfrage." Mit diesen Worten drehte ich mich zur Seite.

"Weißt du, Cookie, eigentlich wollte ich dir etwas zeigen, aber wenn du so müde-"

Sofort war ich hellwach. Ich war von Natur aus extrem neugierig und Niall schien sich darüber im Klaren zu sein. Er spielte diese Karte des Öfteren aus. Minuten später saßen wir im weißen Flitzer, bereit zum Aufbruch.

"Das letzte Mal, als jemand mir etwas zeigen wollte, musste ich durch die halbe Stadt irren. Bitte verschone mich heute!" 

Obwohl ich mit Harry ausgehandelt hatte, dass die Sache mit Leroy unter uns blieb, bekam der neugierige Blondschopf Wind von der Sache. Ich wusste bis jetzt nicht, woher, denn Harry schwor darauf, Wort gehalten zu haben. Vielleicht auch, weil Teil unserer Abmachung war, dass ich ihm seine Haare schneiden durfte, wenn er etwas verriet. Ein Wunder, dass er überhaupt jemanden an seine Haare ließ. Man könnte meinen, sie wären aus Gold.

"Ach komm' schon! Gib zu, dass du Rotfuchs gerne weiter beim Spielen beobachtet hättest! Ich war auch einmal Teenager, ich kenn' mich mit sowas aus!"

"Was du nicht sagst", gab ich zurück und rollte mit den Augen. Außerdem, wieso konnte sich keiner seinen Namen merken? 'Leroy' waren ganze fünf Buchstaben!

"Also, wo geht's jetzt hin?", fragte ich, als wir uns immer weiter von unserem Heimatstädtchen entfernten. 

"Du wolltest doch nicht gehen- Au!" Letzteres kam von dem Stoß, den ich ihm verpasste.

"Du weißt was ich meine!" Etwas genervt verschränkte ich die Arme.

"Gibt es denn gar nichts, was deine Stimmung anheben könnte? Ich will die glückliche Ruby zurück!", quengelte er herum.

"Die liegt gerade gemütlich im Bett und hat sich nicht von ihrer Neugierde zu einem geheimnisvollen Ausflug zwingen lassen!"

"Zwingen lassen? Also ich für meinen Teil würde sagen, dass du vollkommen freiwillig ins Auto gestiegen bist." Mir entwich ein "Tzz" und ich starrte aus dem Fenster. Hügelige, grüne Landschaften zogen an meinen Augen vorbei.

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