Kapitel 50✅

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30. August

Der gestrige Tag stellte sich als äußerst ereignisreich heraus. Zum Mittagessen fand sich die gesamte Truppe in einem Pub im nächstgrößeren Ort ein. Musik dudelte aus den Lautsprechern, im Flachbildschirm an der Wand lief Golf und es war nicht wenig los. Als Louis und ich ankamen, hatten die anderen bereits Platz genommen.

"Hey! So einsam, dass du dich gleich bei Collin verkrochen hast?", begrüßte Niall mich.

"Angst, Blondie?"

"Träum' weiter!" Wir beide grinsten wie verrückt, da wir soeben Harry Potter zitiert hatten.

"Übrigens, alles Gute und danke fürs erwähnen", sprach ich sarkastisch an Liam gewandt. Er brauchte einen Moment, um zu verstehen, dann gestand er: "Danke. Tut mir leid. Ist wohl irgendwie unter den Tisch gerutscht."

Damit gab ich mich zufrieden und setzte mich neben ihn auf die Bank. Es hatte keinen Sinn, sauer auf ihn zu sein. Außerdem war heute sein Geburtstag. Wir bestellten und ließen uns das fettige Essen schmecken. Genüsslich biss ich in meinen Burger und schaute kurz in die Runde. Die Jungs aßen zufrieden ihr Essen. So gefielen sie mir am besten.

Zuhause verteilte ich meine Muffins und Liam war begeistert über mein Geschenk.  Versammelt am Esstisch stopften wir uns mit dem Gebäck voll. Dazu gab es ironischerweise Apple Cider. Unter Liams wachsamen Augen bekam ich hin und wieder einen Schluck ab.

"Keine Panik, ich will nicht schon wieder mit Kopfschmerzen aufwachen", versicherte ich ihm und griff nach einem weiteren Muffin.

Abends verschwanden Louis, Harry und Liam erneut in die Stadt, während Niall bei mir blieb. Diesen Wachhund-Status würde er nie wieder loswerden. Wir lagen zusammen auf der Couch und schauten uns alte Disneyfilme an. Niall war entsetzt, dass ich "Schneewittchen" nicht kannte.

("Hattest du keine Kindheit?")

Wir guckten uns durch die alten Klassiker. Wenigstens ein paar Songs konnte ich mitsingen und schließlich stand ich bei „Frozen" grölend vor unserem Fernseher. Disneysongs hatten etwas Besonderes. Sie hatten diesen Ohrwurm-Faktor, den man bei den meisten neuen Liedern vergebens suchte. Alles der gleiche Mist, wie Louis sagen würde. Um halb eins nickte ich fast ein und wurde dann von Niall ins Bett getragen. 

"Schlaf gut, Cookie. War ein sehr anstrengender Tag, was?" 

Ich lächelte. Einfach, weil ich seine Anwesenheit genoss. Dann erkannte ich die Schatten in seinen Augen.

"Du bist eifersüchtig, was?"

"Wie kommst du darauf?", stotterte er überrumpelt.

"Deine Augen", murmelte ich und er verstand. Seufzend ließ er sich auf meiner Bettkante nieder.

"Ich-, du hast recht. Es ist komisch, wenn du mit den anderen Jungs genau so viel Spaß hast, wie mit mir. Wenn nicht sogar mehr." Die letzten Worte flüsterte er nur noch. Verwundert setzte ich mich auf.

"Ich könnte niemals mit anderen mehr Spaß haben, als mit dir." Ich lächelte aufmunternd, dann setzte ich hinzu: "Solltest du je daran zweifeln, denk an Kekse. Du weißt schon, mit Schokostückchen." Damit hatte ich ihn überzeugt. Er zog mir die Decke über die Schultern und machte das Licht aus, bevor er das Zimmer verließ.

Am nächsten Morgen wollte ich anfangs gar nicht aus dem Bett. Auch wenn ich ziemlich gut geschlafen hatte, fühlte ich mich unglaublich müde.

"Morgen", murmelte ich, als ich das Esszimmer betrat. Meine Stimme hörte sich untypisch rau an.

"Mittag trifft es wohl eher", sagte Liam und legte die Zeitung beiseite. Mit seinem Kopf deutete er auf die Uhr an der Wand, die halb zwölf zeigte.

"Hattet ihr es gestern schön?", fragte ich und gähnte.

"Fast so schön wie ihr bei eurem Filmemarathon Schrägstrich Karaokeabend."

"Oh ja!", sprach ich und drehte mich im Kreis. Ein Kratzen im Hals bestrafte mich sofort. Schnell holte ich mir heißen Tee mit Honig und setzte mich neben Liam.

"Ruby, du musst dich nicht revanchieren. Das ist dir doch klar, oder?" Seine braunen Augen musterten mich aufmerksam. Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, wovon er redete.

"Du meinst wegen den Muffins?"

"Collin hat mir erzählt, wie besessen du nach einem Geschenk gesucht hast." Er legte den Kopf leicht schief und lächelte nervös. Vermutlich war ich wirklich etwas voreilig und verbissen an die Sache rangegangen. "Was nichts daran ändert, dass sie wunderbar geschmeckt haben."

"Aber ich-"

"Wirklich. Du musst mir nichts schenken. Ich habe alles, was mir wichtig ist, direkt vor mir."

Ich räusperte mich, da meine Stimme mir abermals nicht gehorchen wollte.

"Dir ist klar, was du mir gegeben hast, oder? Ich habe endlich Leute, die sich um mich kümmern. Ich habe die Welt gesehen. Ich bin total glücklich und-" Und endlich dort, wo ich immer sein wollte. Inmitten einer Familie, die für mich da war und auf mich aufpasste.

"Und genau das sollst du beibehalten", er lächelte mich warm an, "Ich will dir die Chance geben, ein normales Leben zu leben." Normal? Unser Leben war alles andere als normal. Liam konnte von meinem Gesichtsausdruck ablesen, was ich dachte und grinste erneut.

"So normal wie möglich zumindest."

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