Kapitel 3

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Bevor ich überhaupt etwas sagen konnte, wurden meine Augen verbunden und etwas Kaltes schloss sich um meine Handgelenke. Vermutlich Handschellen. Ich wurde unsanft auf den Boden gesetzt und lehnte mit dem Rücken gegen die Innenwand des Vans. Durch ein kleines Fenster, welches Fahrerkabine und Kofferraum miteinander verband, diskutierten die Typen lautstark miteinander. Nun konnte ich es offiziell machen: ich hatte mich gerade entführen lassen!

Zuerst hörte ich eine Stimme durchgehend Flüche ausstoßen, dann riefen immer mehr Stimmen dazwischen, bis schließlich ein schriller Pfiff alle verstummen ließ.

"Mann Niall, bist du total bescheuert?! Wieso trägst du deine Maske nicht?", sagte einer der Typen. Niall war also der Computerfuzzi, den ich gesehen hatte. Seine Stimme erwiderte: "Und du meinst, es wird besser, wenn du mich anschreist, Louis?!"

Wieder beteiligten sich die anderen beiden an der Diskussion, bis ich meinen Mut zusammennahm und rief: "Hey Leute, ich kann alles hören!"

Sofort verstummten sie. Vermutlich starrten sie mich auch an, doch das konnte ich nicht sehen.

"Na toll, jetzt kennt sie zwei Namen und weiß, wie du aussiehst, Idiot!"

"Und was jetzt?", fragte eine raue, neue Stimme. Mir wurde mit einem Mal klar, dass keiner von ihnen auch nur eine Ahnung hatte, was jetzt zu tun war. Auf so einen Zwischenfall waren sie vermutlich nicht vorbereitet gewesen.

"Wir könnten sie aus einem Flugzeug werfen", wurde ich von der ersten Stimme aus den Überlegungen gerissen. 

Was?!

"Louis, spinnst du? Sie ist noch ein Kind!", verteidigte mich Niall. Wütend riss ich mir die Augenbinde runter, stand auf und taumelte nach vorne.

"Wer von euch Vollidioten ist Louis?!"

Drei Gesichter starrten mich an. Den vierten sah ich nur von hinten, da er hinter dem Lenkrad saß. Er hatte Glück gehabt, sonst hätte ihn mein Todesblick getroffen. Ganz vorne saß der blonde Niall, und vor mir standen zwei braunhaarige Typen. Keiner von ihnen trug mehr eine Maske und der eine schien das ebenfalls bemerkt zu haben. 

"Scheiße...", murmelte er und wandte seinen Blick ab.

"Also?", fragte ich erneut und staunte über die Strenge in meiner Stimme.

"Hör zu, es wäre besser, wenn du dich wieder setzt...", versuchte mir Niall durch das Fenster zu erklären, doch ich zischte nur: "Antworten. Sofort." Wow, ich war total überrascht von mir selbst. Immerhin war ich am Wehrlosesten von allen und trotzdem machte keiner von ihnen Anstalten, sich auf mich zu stürzen.

"Wie heißt du, Kleine?", meldete sich der Typ, der sich zuvor abgewandt hatte.

"Hope", sagte ich etwas unsicher.

"Hast du ein Handy?"

Ich nickte knapp und deutete auf meine Hosentasche. Es handelte sich dabei um ein ziemlich in die Jahre gekommenes Klapphandy, aber ich hatte es letztes Jahr zum Geburtstag bekommen und war sehr stolz auf diesen Besitz. Wie ein kleines Kind freute ich mich jedes Mal darauf, das Guthaben aufzuladen, obwohl dies nicht so oft vorkam, da ich kaum Anrufe tätigte. Wie zu erwarten schnappte sich der Typ das Telefon und steckte es selbst ein, nachdem er es ein wenig verwirrt beäugt hatte.

Ja, es gibt Menschen ohne Smartphone auf dieser Welt, hätte ich gerne nachgeschoben, hielt mich jedoch zurück.

"Okay, Hope, danke für deine Kooperation. Du siehst klug aus, also, wenn du alles tust, was wir dir sagen, passiert dir nichts ... verstanden?", sagte er mit ernstem Blick. 

"Das mit dem Flugzeug ... war kein Witz?", fragte ich nervös. Immerhin wäre das total-

Der andere Typ schüttelte monoton den Kopf.

"O-okay", stotterte ich, "aber zuerst will ich Antworten."

"Glaubst du, wir verraten dir noch mehr? Wenn du glaubst, es wäre so einfach, dann-"

"Ach Liam, chill mal! Sie hat ein Recht darauf!", unterbrach ihn Niall.

"Niall! Hör auf, Namen zu verraten!", zischte Liam sauer, dann wandte er sich an mich.

"Da du sicher eins und eins zusammenzählen kannst: das ist Louis und vorne sitzt Niall. Der Fahrer heißt übrigens Harry." Zur 'Begrüßung' hob der Lockenkopf kurz seine Hand.

"Was denn?!", fragte Liam ein wenig genervt, als ich ihn immer noch anstarrte.

"Das war's! Und jetzt Ruhe, bis wir da sind!"

Genau diesen Tonfall hatte er drauf, als er mir vorhin befohlen hatte einzusteigen. Ich wandte mich ab und setzte mich hin. 

Wo war ich da nur reingeraten?

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