4. September
Endlich war es soweit. Der erste Schultag stand vor der Tür. Komischerweise hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, aus dem Bett zu kommen. Das lag vielleicht an Nialls Weckmethode. Irgendwo hatte ich mit einer Racheaktion für die Sache im Hotel gerechnet, doch das übertraf alles. Vorab war anzumerken, dass ich nicht in meinem Bett aufwachte, sondern in der Badewanne. Ganz genau, in der Badewanne. Und das Fatale war, dass ich es nicht einmal mitbekommen hatte.
"Aufwachen, Cookie!", flüsterte Niall und ich blinzelte. Halb noch im Traumland erkannte ich seine Silhouette, dann prasselte bereits das Wasser auf mich herab. Ich kreischte so laut, sodass die halbe Nachbarschaft ebenfalls geweckt wurde.
"Bist du noch zu retten?!", schrie ich ihn an und versuchte, aufzustehen. Ironischerweise flog mir ein Handtuch an den Kopf und ich rubbelte mir die Haare trocken. Dann stieg ich aus der Wanne und sah gerade noch, wie der Blondschopf sich aus dem Staub machte.
"Glaube ja nicht, dass du je wieder einen Keks von mir bekommst!" Mit dieser Drohung hatte ich ihn. Er blieb wie versteinert in der Mitte des Wohnzimmers stehen.
"D-das kannst du nicht-"
"Und wie ich das kann! Übrigens, wir sind quitt!" Das Handtuch landete auf seinem Kopf. Ich genoss diese komische Macht, die ich plötzlich über ihn hatte, denn scheinbar waren Niall die Kekse wirklich sehr wichtig. "Ob Collin auf Schokokekse steht?", überlegte ich laut. Blitzschnell riss er sich das Handtuch vom Kopf und starrte mich verdattert an. Ich konnte nicht anders, als laut loszulachen.
"Dein Gesicht! Unbezahlbar!" Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und schlenderte ins Esszimmer. Liam, der alles mitbekommen hatte, verkniff sich krampfhaft einen Kommentar. Sein Blick sagte so etwas wie: "Wehe, ich muss das ausbaden."
Wenigstens war ich jetzt hellwach und bereit für den ersten Schultag. Izzy und ihre Clique warteten bereits auf dem Pausenhof. Ich erkannte die Zwillinge an ihren bunten Haaren, die sie heute in zauberhafte Flechtfrisuren verwandelt hatten. Finn hatte seinen Arm um Mirandas Schulter gelegt. Alle trugen die einheitliche Schuluniform. Röcke für die Mädchen, Hosen für die Jungs.
"Hey, Miss USA, hierher!", rief Finn, als er mich bemerkte. Sofort drehten sich sämtliche Leute auf dem Pausenhof zu mir. Ganz toll. Ich schluckte und setzte mich in Bewegung.
"Alles cool. Die sind nur neugierig."
"Ja, nur neugierig", murmelte ich und spürte die ganzen Blicke auf meinem Rücken.
"Mach dich locker. Auch wenn das keine Highschool ist, läuft das hier wie auf jeder anderen Schule."
"Außerdem gehörst du offiziell zu unserer Clique!", meinte Lilian aufgeregt. Ich hob eine Augenbraue. "Ach echt?"
"Na, Leroy muss sein Okay geben, ansonsten-"
Wie aufs Stichwort tauchte ein Junge mit leuchtend roten Haaren auf. Er stützte sich keuchend an Finn ab.
"Sorry...bin...da."
"Haben wir bemerkt, Lee."
"Haha, sehr-" Leroy verstummte. Sein Blick fiel auf mich. Als seine Augen meine streiften, erkannte ich den interessanten Farbton. Grünblau. Traumhaft ... Einen Moment, was tat ich hier?
"Das ist Ruby. Ruby, Leroy", machte uns Izzy miteinander bekannt.
"Und ich kenne sie nicht, weil?"
"Bin neu hergezogen. In den Sommerferien. Vor knapp zwei Wochen", plapperte ich vor mich hin. Was war nur los mit mir? Wieso hatte ich meine Zunge nicht unter Kontrolle?
"Cool. Welche Fächer besuchst du?", fragte er interessiert und musterte mich weiterhin, was nicht gerade dazu beitrug, dass ich mich unter Kontrolle bekam. Viel zu schnell ratterte ich die Liste herunter.
"Dann haben wir Mathe gemeinsam!", rief er begeistert aus. Anstatt zu antworten, nickte ich heftig. Wow, ich hatte definitiv eine Schraube locker. Leroy schien das nicht zu sehen, denn er lächelte mich nur an. Und zwar mit einem herzlichen Lächeln.
Die Schulglocke ertönte und die Schüler strömten in das große Gebäude. In der Aula wurden wir vom Direktor begrüßt, dann suchten wir nach den richtigen Klassenräumen. Unsere Gruppe löste sich auf, da jeder einen anderen Stundenplan hatte. Übrig blieben, wer hätte es gedacht, Leroy und ich. Danke, Universum!
Den Blick auf den Raumplan geheftet, stiefelte er die Gänge entlang, während ich ihm etwas zerstreut hinterherlief. "Hm, also Raum 203 müsste gleich hier-", begann er, doch verstummte prompt. Ich reagierte aus Reflex. Bevor Leroy die Tür ins Gesicht fliegen konnte, packte ich seinen Arm und zog ihn zur Seite. Ein älterer Herr mit runder Brille und Glatze stand in der Tür und schaute uns abwartend an.
"Miss Cooper, Mr Stones?"
"Ja, Sir", antworteten wir synchron.
"Sie sind drei Minuten zu spät." Bevor wir eine Antwort geben konnten, fuhr er fort: "Und sparen Sie sich die Ausreden, von wegen Sie sind neu hier. Denn die anderen sitzen pünktlich im Klassenzimmer." Er deutete auf den Raum hinter sich und ließ uns dann eintreten.
Schon wieder wurde ich angestarrt und spürte, wie meine Wangen glühten. Boden, tu' dich auf und verschling' mich!
Wir setzten uns auf die letzten freien Plätze. Ein Blick auf den Stundenplan verriet mir, welches Fach wir hatten: Mathe. Na super. In der ersten Stunde. Zuerst wurde ich geduscht, dann bekam ich keinen einzigen Satz heraus und schließlich wurde ich vom erstbesten Lehrer runtergemacht. Das war wirklich ein toller Schulstart, echt!
"Danke, also wegen vorhin", flüsterte Leroy und mit einem Mal fing mein Herz an, wie wild gegen meine Brust zu hämmern.
Ich brachte die restlichen Stunden ohne weitere Zwischenfälle hinter mich und seufzte erleichtert, als ich das Schulgebäude hinter mir lassen konnte. Zuhause angekommen schmiss ich meinen Rucksack ins Zimmer und schlüpfte in bequeme Klamotten. Seit heute Morgen machte sich ein komisches Gefühl in meinem Magen breit, und ich konnte mir nicht erklären, wieso. Vermutlich war ich einfach ein wenig aufgeregt oder hatte Hunger. Ich schritt also in Richtung Küche, um das zweite Problem zu beseitigen. Auf dem Esstisch lag ein Brief, der in wenigen Sekunden meine volle Aufmerksamkeit eroberte.
Etwas verwirrt rieb ich mir über die Augen, als ich die Adresszeile gelesen hatte. Der Brief kam aus Hogwarts? Warum um alles in der Welt-
"Oh, du hast ihn gefunden", stellte Niall fest und lehnte sich gegen den Türrahmen.
"Wieso, ich-"
"Tut mir leid wegen heute Morgen. Ich habe übertrieben", entschuldigte er sich für die Duschaktion. Ich konnte Reue in seinen blauen Augen aufblitzen sehen.
"Und deshalb bekomme ich einen Brief aus Hogwarts?"
"Naja, ich dachte, jeder Harry Potter Fan träumt von einem persönlichen Brief", meinte er schulterzuckend und stieß sich vom Türrahmen ab. Langsam nahm ich den Brief an mich und las den Umschlag. Darauf stand wirklich mein Name samt Adresse!
"Wie hast du das gemacht?"
"Ganz einfach im Internet individuell angepasst."
"Und das alles nur wegen Keksen", schlussfolgerte ich und grinste. Niall lächelte nervös und ich beschloss ihn nicht länger zittern zu lassen.
"Sperre aufgehoben, Krümelmonster!" Sofort wurde ich in eine feste Umarmung gezogen.
"Danke, Cookie!" Wir lösten uns voneinander, als wir hörten, wie die Haustür aufgeschlossen wurde.
"Na, wie war der erste Schultag?", begrüßte mich Liam. Wenig später saßen wir im Wohnzimmer und ich erzählte ihnen jedes noch so kleine Detail des heutigen Tages.
Jedes einzelne, nur die Sache mit Leroy verschwieg ich ihnen.
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Catch us if you can
Fanfiction"Wovor hast du Angst?" Genau das hatte sich in seinen Augen wiedergespiegelt. Angst. "Das hatten wir bereits, ich-" "Jaja, du nennst es Respekt", winkte ich ab, "Ich dachte, vielleicht hat sich deine Einstellung in der Zwischenzeit geändert ..." Er...