Epilog - Gegenwart✅

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10. Dezember

Tja, und nun saß ich hier auf Izzys Bett, mit Musik in den Ohren. Ich konnte es kaum glauben, was in den letzten Tagen, Wochen und Monaten alles passiert war. Ich hatte so viel gesehen, erlebt und gelernt. Ich hatte unglaubliche Menschen kennengelernt, neuen Kulturen, andere Lebensweisen. Am wichtigsten jedoch: ich hatte nun eine Familie.

Das Lied war zu Ende und Nialls Stimme verklang. Zu gerne hätte ich auf Repeat gedrückt, doch Izzy kam ins Zimmer und teilte mir mit, dass die Pizza fertig sei. Das Plektrum ließ ich in meine Hosentasche gleiten.

"Auch so hungrig wie ich?", fragte sie, als wir uns an den Tisch setzten.

"Naja, also-", ich verstummte, als ich die voll belegten Pizzen und den prächtigen Beilagen-Salat sah. Schweigend aßen wir, dann fragte sie aus heiterem Himmel: "Brauchst du dieses kleine Teil zum Gitarre spielen?" Sie meinte wohl das Plektrum.

"Ja, es gehört Niall." Meine Mundwinkel zuckten, als ich an ihn dachte. Zeitgleich hörte ich seine Stimme in meinem Kopf und dachte an all die Abende, als er mir etwas vorgespielt hatte. Diese Erinnerungen würde mir keiner jemals nehmen können.

"Er weiß also nicht, dass du jetzt spielst?"

"Nein, ich will zuerst noch besser werden und ihn dann überraschen", gab ich zu und nahm das kleine Kunststoffteil wieder aus meiner Hosentasche. Stumm drehte ich es zwischen meinen Fingern hin und her.

"Und wie stellst du dir das vor? Deine Gitarre bekommst du sicher nicht durch den Sicherheitscheck", meinte Izzy schmunzelnd.

"Ich kaufe mir eine Ukulele; die ist kleiner und praktischer." Wir beide mussten bei dieser Vorstellung lachen. Dann fiel mir ein, dass bald Weihnachten war und ich die Jungs erst im neuen Jahr wiedersehen würde. Janice hatte es geschafft, dass wir uns in diesem kleinen Raum ohne Scheibe treffen konnten.

Die Sache hatte jedoch einen Haken: Ich konnte sie nur alle sechs Wochen besuchen. Natürlich steckte dahinter wieder irgendein Deal oder eine Abmachung, aber ich konnte es in gewisser Weise nachvollziehen. Es war ein fairer Deal, denn immerhin erlangten die Jungs ein Privileg, dass niemand sonst hatte. So war es nur gerecht, dass ich sie dadurch nicht zu oft besuchen konnte.

Trotzdem schlug mir der Gedanke aufs Gemüt. Wo sollte ich generell Weihnachten feiern und mit wem? Meine Familie saß im Knast und zu den anderen fühlte ich mich nicht wirklich zugehörig.

"Hey!", Izzy schnipste mit ihren Fingern vor meinem Gesicht herum, "nicht nachdenken!"

Ich schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf, dann half ich ihr, unser Geschirr abzuräumen. Schlussendlich brachte sie mich nach Hause und gab mir meinen MP3-Player zurück.

"Ich hoffe, es hatte den nötigen Effekt", sprach sie mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen.

"Das hat es immer und das weißt du", gab ich zurück und konnte über die Einfälle meiner Freundin wie immer schmunzeln.

In meinem eigenen Zimmer entschloss ich mich dann, mein Handy endlich wieder einzuschalten und etwas ein für alle Mal zu klären. Ich wollte, dass Leroy die Wahrheit kannte. Er sollte sie außerdem von mir hören und sich nicht aus irgendwelchen Zeitungen zusammenbasteln. Die Sprachnachricht war schnell aufgenommen und ich wunderte mich, dass er mich nicht blockiert hatte, als ich sie abschickte. Auf eine Antwort hoffte ich erst gar nicht, denn vermutlich wollte er gar nichts von mir hören. Ein Gefühl der Erleichterung setzte ein, immerhin konnte ich mir selbst später nicht vorwerfen, dass ich es nicht klargestellt hätte.

Mein Handy landete auf dem Schreibtisch, als Janice von unten meinen Namen rief. Ich ging fix hinunter und erklärte ihr, dass ich bei Izzy gegessen hatte. Beim Hinaufgehen legte ich mich auf der Treppe fast aufs Maul. Ich hörte in Gedanken Louis' schadenfrohes Lachen. Harry würde ihn dann mit einem gezielten Hieb in die Rippen verstummen lassen. Niall würde plötzlich neben mir stehen und ein spontanes Wettrennen ansetzen, während Liam alles beobachten und zufrieden grinsen würde.

Verdammt, ich vermisste sie wirklich sehr. Vielleicht konnte man Briefe in den Knast schreiben? Wenn ja, würde mein gesamtes Erspartes wohl für Briefmarken draufgehen.

Ich erstarrte. Das Nachrichtensignal meines Handys leuchtete auf. Nein. Das konnte nicht-

Auf meinem Handydisplay wurde eine neue Nachricht angezeigt. Sie war von Leroy. Es waren nur sechs Worte, die sich sofort in mein Gehirn einbrannten.

"Egal was passiert, ich liebe dich."

Fortsetzung folgt...



[Die Fortsetzung ist online]

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