Kapitel 64 - JCJ✅

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2. November

Völlig fertig ließ sich Janice ins weiche Hotelbett fallen. Den freien Tag hatte sie bitter nötig. Auch wenn es hieß, dass Shawns böser Blick sie traf, sobald sie einen Laden ansteuerte. London hatte nun mal einiges in Sachen Shopping zu bieten und das wollte sie ausnutzen. Ob Shawn das nun guthieß oder nicht, war ihr herzlichst egal.

Natürlich hatte sie in ihrer Zeit bei der CIA mehrere Außeneinsätze bewältigt, doch das war etwas Anderes. Sie fühlte sich der Lösung des Rätsels so nahe wie noch nie und sie sollte sich dabei auch nicht irren.

Gerade wollte sie sich ihrem historischen Roman widmen, der seit Wochen in der Bücherei überfällig war, als ihr Handy klingelte.

"Izzy? Alles in Ordnung bei dir?", fragte sie und wunderte sich ein wenig über den plötzlichen Anruf ihrer Nichte.

"Alles bestens. Ich wollte nur einmal hören, wie es dir geht. Bist du so gestresst oder was war die letzten Wochen über los?", plapperte ihre Nichte darauf los.

"Wir sind an einem sehr komplexen Fall dran, den wir-"

"-den ihr seit Monaten verfolgt? Die Black Panthers, oder?"

"Naja, eigentlich wurde er bereits archiviert, aber ich-"

"Na klar, du machst trotzdem weiter! So kenne ich meine Tante, immer bis ans Ende und noch weiter!" Und genauso verhielt sich auch ihre Nichte. Nur in einem anderen Zusammenhang vielleicht.

"Kennst du Einzelheiten?"

"Über den Fall? Pah, Agent McFinnan lässt mich nicht an internationale Sachen. Er hält mich für 'nicht bereit'. Dabei geht es doch genau darum! Um Kontakt mit anderen Dienststellen!" Sie konnte ich bildlich vorstellen, wie Izzy gerade ihre Augen verdrehte. Zu gut erinnerte sich Janice an den Tag vor zwei Jahren, als ihre Nichte ihr von der Ausbildung beim MI6 erzählte. Izzy hatte extremes Glück, eine der wenigen Auserwählten zu sein. Sie war damals unglaublich stolz auf ihre Nichte gewesen. Klar, ihre Schwester fand das überhaupt nicht toll, doch sie konnte sie überreden, Izzy die Ausbildung antreten zu lassen.

"Das kommt noch, glaub mir. Und wie läuft es in der Schule?"

"Ein bisschen stressig, ansonsten alles okay. Und lenk' nicht vom Thema ab. Wie läuft deine inoffizielle Spionage?"

"Naja, wir sind quer durch Europa gereist und sitzen jetzt in London. Wie es genau weitergeht, kann ich noch nicht genau sagen. Trotzdem hatten wir eine Menge Glück und sind jetzt näher am Ziel als je zuvor. Glaub' mir, dieser Job zerrt manchmal an den Nerven."

"Na klar, aber so ist das eben. Weißt du was, wir haben neue Nachbarn! Ruby ist so alt wie ich und echt nett! Ich glaube, sie kommt aus Amerika, denn sie redet genauso komisch wie du und-"

"Hey, ich rede nicht komisch! Das nennt man Akzent. Das passiert eben, wenn man lange Zeit im Ausland lebt!"

"Na klar, und ich spreche fließend ... warte kurz", es raschelte am anderen Ende der Leitung, "Hey, ich melde mich irgendwann mal, okay? Ich habe noch was vor. War nett mit dir zu reden. Ciao!" Damit beendete Izzy das Gespräch ganz plötzlich. 

Etwas verwirrt starrte sie auf ihr Handy, dann ging prompt eine Nachricht ein. Izzy hatte mit ihr ein Bild auf Whatsapp geteilt. Ein "Typisch Irish"-Meme. 

Ein Blick auf Izzys Profilbild ließ sie jedoch stocken. Es handelte sich um ein Selfie, das Izzy wohl mit ihren Freundinnen gemacht hatte. Fünf Mädchen grinsten synchron in die Kamera und zeigten ihre Zähne beim Lächeln. Sie vergrößerte das Bild und kramte dann in ihren Unterlagen. Das zweite Mädchen von links sah genauso aus wie Hope Stewards.

Zufall? Träumte sie bereits?

Das Mädchen auf dem Bild hatte zwar braune Haare, doch auf der Spiegelung im Fahrradverleih in Barcelona war Hope auch nicht blond. Sie verglich ein paar Merkmale von Hope mit denen des Mädchens auf dem Bild und wählte noch einmal Izzys Nummer.

"Wer ist dieses Mädchen auf deinem Profilbild?", kam sie sofort zur Sache, als ihre Nichte nach dem dritten Klingen ranging.

"Janice? Alles okay?"

Anstatt zu antworten, wiederholte sie ihre Frage.

"Das ist Ruby, wieso-"

"Mit wem lebt sie zusammen? Mit jungen Männern?", unterbrach Janice Izzy abermals und schnappte sich sofort einen Stift, um die neuen Informationen aufzuschreiben.

"Mit ihrem Bruder und ihrem Cousin, aber-"

"Hast du ein Bild?"

"Was ist eigentlich los?"

"Das kann ich dir sagen, sobald ich ein Bild habe! Reden sie auch so wie ich?"

Kurze Stille am anderen Ende der Leitung dann trudelte das Bild ein und Izzy antwortete: "Nein, sie klingen britisch. Naja, ihr Bruder irgendwie irisch ... Hey, das ist echt schräg, wenn man drüber nachdenkt! Aber Janice, wieso-"

"Du hast mir gerade enorm weitergeholfen! Danke, Izzy, wir sehen uns!" 

Bevor Izzy antworten konnte, hatte Janice bereits aufgelegt und Shawn informiert.

"Shawn! Es sind Briten! Engländer! Aus Großbritannien! Wir haben nach der falschen Nationalität gesucht!"

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, stürmte Shawn aus dem Bad und stürzte sich sofort auf sein Handy.

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