Kapitel 56✅

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7. Oktober

"Dancing queen, young and sweet, only seventeen!" 

Mr Long hielt es für nötig, uns sämtliche ABBA-Songs beizubringen. Die meisten waren mehrstimmig und mir gefiel die Harmonie der vielen Stimmen. Außerdem war ich erstaunt, wie hoch ich meine Stimme hinauftreiben konnte. Mr Long ging sogar soweit, dass den hohen Stimmen Engelsflügel andrehen wollte. Sehr witzig. Gut gelaunt schlenderte ich zu meinem Spind und summte dabei eine Melodie.

Als ich meinen Spind öffnete, segelte ein Briefumschlag heraus. Ich bückte mich, um ihn aufzuheben, während schwarze Schuhspitzen neben mir auftauchten. Natürlich waren es Leroys und als ich mich aufrichtete, stieß ich mir den Kopf an der Tür des Spindes.

"Whoa, Ruby, alles okay bei dir?" Besorgt beobachtete er, wie ich mir über den Kopf strich.

"Jaja, kein Ding." Ich widmete mich dem Umschlag, den Leroy grinsend beäugte. Aus dem Inneren holte ich Zugtickets heraus. Nach Dublin.

"Und? Gefallen sie dir?", fragte Leroy aufgeregt. Ich bemerkte, dass er mit seinen Füßen unruhig auf- und ab wippte.

"Das ist echt süß von dir! Du hast dich echt daran erinnert!"

"Klar, was dachtest du denn?" Naja, so schnell wie er abgezogen war, vermutete ich alles.

"Übrigens, heute habe ich sturmfrei. Lust, nach der Schule vorbeizukommen?"

"Okay, kommen die anderen auch?", fragte ich und verwies auf die Clique. Leichte Verwirrung spiegelte sich in seinen Augen wieder.

"Eigentlich sind wir nur zu zweit", setzte er mich zögernd in Kenntnis.

"Auch gut. Dann bis später und nochmals danke!" Jetzt war ich diejenige, die sich schnell aus dem Staub machte. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass er mir gerade Zugtickets geschenkt hatte. Einfach so. Wobei, vielleicht hatte er einen bestimmten Grund.

Mir fiel ein, dass ich Harry Bescheid geben musste. Zum Glück hatte er sich bereiterklärt, mir den Rücken freizuhalten, wenn ich mich mit Leroy traf. Ich hatte mich noch nicht getraut, Liam einzuweihen. Nach der Schule traf ich Leroy auf dem Pausenhof, dann schlenderten wir gemeinsam zu Harrys Wohnung. Ich hinterließ einen Zettel und verließ die Wohnung genauso schnell, wie ich eingetreten war. Quasi in Lichtgeschwindigkeit.

Genau das wurde mir an der Treppe zum Verhängnis. Ich stolperte auf der vorletzten Stufe und wäre fast in die Eingangstür gekracht. Stattdessen fand ich mich in Leroys Armen wieder.

"Danke", murmelte ich. Auf einmal wurde mir ganz heiß. Schnell löste ich mich aus der komischen Position und trat ins Freie. Innerlich musste ich jedoch zugeben, dass es sich gut angefühlt hatte.

Das Wetter spielte in den letzten Tagen verrückt. Die herbstlichen Temperaturen setzten aus und uns erreichte eine Hitzewelle. Also 25°C. Für irische Verhältnisse echt warm. Es war auch schon vorgekommen, dass ich in meinem Schulrock morgens fast erfroren wäre, und das im September.

Bei Leroy zuhause angekommen, schaute ich mich zuerst um. Er selbst verschwand in der Küche und ließ mich im hellen Flur stehen. Hinter einer Glastür befand sich rechts das geräumige Wohnzimmer mit zwei Ohrensesseln und einem großen Bücherregal. In der Mitte des weiten Raumes, also direkt vor mir, stand ein Esstisch. Links folgte ich dem frischen Geruch in die Küche. Leroy stand am Herd und wärmte eine Gemüsepfanne auf. Daneben standen zwei Salatschälchen.

"Nicht gerade nett, den Besuch alleine zu lassen!", neckte ich ihn und schnappte mir die zwei Schüsselchen mit Salat.

"Hey, du musst nicht helfen. Ich bin der Gastgeber!"

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