Kapitel 43✅

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Wir traten in einen kleinen Flur. Der Boden bestand aus rotem Teppich und zwei Türen führten nach links und rechts. Eine dritte Tür befand sich gegenüber der Haustür. Dieses Zimmer betrat ich als erstes, während Liam nach rechts und Niall nach links verschwanden.

Durch ein Dachfenster fiel das letzte Tageslicht in das kleine Zimmer. In der Wand befanden sich kleine Schränke und Regale, ansonsten war der Raum leer. Auch wenn das für manche eine Abstellkammer war, so fühlte ich mich unglaublich wohl. Das würde mein Zimmer werden.

Um Liam meinen Entschluss näherzubringen, folgte ich ihm nach rechts und fand mich in einem langen Raum wieder. Ein Kamin befand sich an der Wand, aber es war kaum vorstellbar, dass dieser noch genutzt wurde. In der Mitte des Raumes stand ein Esstisch und am hinteren Ende befand sich eine weitere Tür. Diese führte mich direkt zu Liam. Er stand inmitten einer kleinen, weißen Küche im Landhausstil. Seine Hände hatte er in die Hüften gestemmt.

"Toll, oder? Ich konnte den Verkäufer überzeugen, ein paar Möbelstücke hierzulassen", meinte er, als er mich bemerkte. Ich nickte nur und erblickte eine weitere Tür, scheinbar war das Haus noch größer. Der letzte Raum war eine Art Wintergarten. Die Hälfte der Decke bestand aus Glas und zeigte mir so den Abendhimmel.

Liam befand sich nicht mehr in der Küche, also spazierte ich durchs Esszimmer und den Gang, um nach Niall zu suchen. Er stand vor dem Fenster in einem großen Zimmer mit Sofa und Kamin. Mann, wie viele Kamine brauchte dieses Haus, um geheizt zu werden?

"Endlich zuhause", hörte ich ihn flüstern und fragte neugierig: "Zuhause?" Erschrocken zuckte der Blondschopf zusammen. 

"War das die Quittung für meine Aktion im Hotel?"

"Ach was. Ich wollte mich nur weiter umsehen. Also, was meinst du mit 'Zuhause'?" Man sah ihm an der Nasenspitze an, dass er das Thema nicht ansprechen wollte. Trotzdem blieb ich hart und verschränkte die Arme.

"Na los, sag's ihr", mischte sich Liam ein, der aus der anderen Tür in den Raum getreten war. Was für ein verwirrender Grundriss. Mit etwas Glück verbarg sich hinter einem Kamin ein Geheimgang.

"Sie gehört zu uns. Außerdem kommt es auf ein Detail mehr auch nicht an. Wo ist dein Nationalstolz hin? Ich kann mich an dein Zimmer in New York erinnern,dort hing eine riesige Irland-Flagge über deinem Bett", führte Liam weiter aus. Niall warf ihm einen Todesblick zu, dann sprach er: "Du sagtest, dass-"

"Ich weiß, was ich gesagt habe. Es ist ein Wunder, dass es ihr nicht früher aufgefallen ist."

Verwirrt schaute ich zwischen den beiden hin und her.  Schlussendlich ergriff Niall das Wort: "Dir ist unser Akzent sicher nicht entgangen. Besonders in London müsste dir die Ähnlichkeit aufgefallen sein."

Ich nickte nur. Die Ähnlichkeit war mir aufgefallen, ja. Aber erst, als ich die Leute in London reden gehört hatte, davor war mir dieses Detail irgendwie entgangen. Genauso die Sache mit den Tattoos.

"Wenn du eins und eins zusammenzählst, dann ..." Abwartend schaute er mich an. In meinem Kopf ratterte es. Der Akzent, wenn sie sprachen. Die Sache mit dem linksfahrenden Auto. Die Entdeckungstour in London, als wären sie schon einmal dort gewesen ... Bingo!

"Mann, ihr seid von hier, oder?", rief ich.

"Sie hat's verstanden!" Niall warf erleichtert die Hände in die Höhe.

"Gar nicht so schwer, was Chris?"  Letzteres galt Niall, welcher genervt die Augen verdrehte.

"Toll kombiniert, Detective Ruby", witzelte Liam, dann wurde er ernst, "Wir kommen alle von der Insel. Chris aus Irland. Mit amerikanischem Pass ist es jedoch leichter, dort etwas zu finden, tja."

"Es klingt vielleicht verrückt, aber anfangs habe ich nicht darauf geachtet", gab ich zu. Liam und Niall erzählten mir noch mehr über ihre eigentliche Heimat, dann bestellten wir Pizza und beschlossen, morgen einen Einkaufstag einzulegen. Harry würde mich vormittags abholen, während die Jungs ein Möbelhaus unsicher machten. Liam erklärte mir, dass Harry und Louis Wohnungen in der Nähe hatten.

Mit vollem Bauch lagen wir auf zwei Matratzen, die wir im Schlafzimmer gefunden hatten, im Wintergarten und schauten in den dunklen Nachthimmel. Sterne konnte man keine entdecken, Wolken versperrten die Sicht.

"Meintest du das mit 'ins normale Leben zurückkehren'?", fragte ich beiläufig und drehte mich zu Niall.

"Naja, so ziemlich. Hier bleiben wir erst einmal. Wir alle haben Jobs, du kannst zur Schule."

Schule. Fast vergessen.  Früher, im Waisenhaus, wollte ich nach der Schule kellnern und so über die Runden kommen, doch das hatte ich nicht mehr nötig. Außerdem meinte Liam, eine Ausbildung wäre wichtig. Ich würde also einen höheren Schulabschluss machen und wer wusste, ob ich danach nicht sogar eine Uni besuchen würde?

"Bis du dieses Leben 'normal' nennen kannst, muss noch viel Zeit vergehen", warf Liam ein. Sehr, sehr viel Zeit.

"Also dann, gute Nacht!"

"Nacht!"

Meine Antwort war nur ein Gähnen. Zwischen den Jungs fühlte ich mich geborgen. Mehr brauchte ich nicht, um einzuschlafen.

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