10.Pure Despair

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Verzweifelt. Einfach grenzenlos verzweifelt.
So ungefähr beschrieb sich meine Lage nach einer Woche in Adrianos Fall.
Weder wusste ich wo sich hinten oder vorne befand, noch nach welchen mörderischen Hinweisen ich als Ausschau zu halten hatte, wenn es überhaupt welche gab!
Adriano hatte letzten Montag von getürkten Indizien gesprochen, doch ich weiter nachgefragt hatte ich nicht.
Seit dem Telefonat im Taxi hatte ich, bis gestern, nichts mehr von ihm gehört oder gesehen.
Eventuell hätte ich es in Erwähnung ziehen sollen, mich vorher besser mit seinen Kenntnissen zum Mord seines Vaters auseinander zu setzen, bevor ich wirr begann die Mordakte seines Vaters einzufordern -von der kein weiterer Pixel in die Staaten gelangen ist.
"Wenn du es auch nur wagst Giulani nach Hilfe zu fragen, ruiniere ich dein Leben." drohte mir der Lauf des Revolvers, der die Aufschrift meines falschen Stolzes trug.
Bestens bewusst, dass ich bei dieser Ermittlung alles falsch angefangen hatte, was man falsch anfangen konnte, stocherte ich in bodenlosen Gewässern.
Nach einer Woche in meine ersten Mordfall konnte ich keinen einzigen Erfolg verzeichnen, so wie eine schlaflose Nacht.
Der Gedanke daran, dass Adriano sich mit seiner Anklage getraut hatte einen Paparazzi anzufallen, verwehrte mir jegliche Ruhe.
Zu sehr nahm es mich mit, was passierte, wenn er noch vor dem nachweisen seiner Unschuld wegen einem solchen Mist im Knast landete.
Das ist nicht der Adriano, denn ich aus damaligen Zeiten kannte.
Der Adriano von damals hatte versucht alles mit Worten zu regeln. Gewalt spielte für ihn nie eine Rolle.
Die Faust hatte er höchstens als lockere Drohung walten lassen, doch nie hatte er zugeschlagen.
Nachdem ich mit Leighton mein Versprechen vom Morgen eingelöst hatte und ich mich mit halbem Verstand unseren Sinnlichkeiten hingab, schaffte mein Kopf es nicht , wider meinem ausgelaugten Körper, zu Ruhe zu kommen.
Vorsichtig habe ich mich aus Leightons Armen geschält und mir einen Pyjama übergezogen.
Von unserem gemeinsamen Schreibtisch im Schlafzimmer hatte ich mir mein Notebook genommen. Damit auf den Armen schlich ich in die Wohnstube und machte es mir auf einem Sessel bequem.
Meinem schlechten Gewissen etwas gutes tuend begann ich mich kurz mit dem Thema Schwangerschaften auseinander zu setzen, kam mir dabei blöd vor und suchte nach Informationen über Adrianos Paparazzi-Attacke.
Meinem Gewissen gefiel das wiederum nicht.
Es erschien wie das falscheste überhaupt nach Adriano zu googeln, nachdem ich mit Leighton geschlafen hatte.
Doch neben Adrianos Anschlag lagen mir Leightons drängender Wunsch nach Hochzeit und Kindern, der Mord an Jacopo Giulani, die Matheaufgaben in der Abschlussprüfung der Middle School schwer und unverdaulich in Magen und Kopf.
Sämtliche Tabs auf meinem Notebook hatte ich mit Klatschpressenmeldungen geöffnet, die andere Hälfte bestand aus ernsten Quellen, ab und an ein noch nicht geschlossener Schwangerschaftsbericht aus einem Mutterblog und im einen oder anderen tummelten sich aufgenommene Videos Adrianos Tat in schlechter Qualität.
Einen weiteren Tab hatte ich mit der seriösesten Quelle um Jacopo Giulanis Mord geöffnet und versuchte heraus zu finden, was mir die Akte noch nicht verraten hatte.
Bei letzterem kam ich zu keinem Ergebnis, jedoch konnte ich bei allen bisherigen Meldungen entnehmen, dass der, von der Faust getroffene Paparazzi keine Strafanzeige erhoben hatte.
Angeblich habe er nur gemeint, dass Adriano so miserabel in der Tinte sitze, dass seine Anzeige ihm nicht viel dabei half noch tiefer zu fallen.
Meine Recherche endete damit, dass ich mit meinem Notebook auf dem Schoß, welches sich in Energiesparmodus versetzt hatte, in der Wohnstube einschlief.
In der Zeit hatte Leighton mitbekommen, dass mich etwas nicht schlafen ließ.
Er tappelte zu mir in die Stube, entnahm mir mein Recherchemittel und schleppte mich mit sich zurück ins Bett.
Vorsichtig wickelte Leighton mich in meine Decke ein. Behutsam zog er mich an sich und küsste meine Wange, fragte mich was mich Nachts aus dem Bett und an die Technik trieb.

Über den Tag hatte ich ihn so oft angelogen und etwas vorgemacht - selbst zuvor im Bett noch - dass ich mich innerhalb von 24 Stunden daran gewöhnt hatte ihn sogar im Halbschlaf zu belügen.
"Ich habe nach Berichten von werdenden Müttern gesucht, wollte mich informieren." murmelte ich, sog den wohltuenden Leighton Geruch nach seinem Lieblingsparfüm ein, doch mein schlechtes Gewissen nahm mir dies nicht, meine Lüge machte es mir nicht leichter.
"Mitten in der Nacht?" schmunzelte Leighton und küsste meine Stirn schläfrig lachend.
"Konnte nicht schlafen." Gähnend drückte ich mich an ihn, tat als würde ich wieder im reden eingeschlafen sein, um einem nächtlichen Gespräch über eine baldige Schwangerschaft zu umgehen.
Leighton gab einen erfreuten Laut von sich.
Zärtlich strich er mir über die Wange, bevor er mich küsste und mir beteuerte, dass ich auch ohne irgendwelche blöden Berichte eine gute Mutter werden würde.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt