37. Don't Come Back Ever Again

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Noch nie in den letzten Sechs Jahren bin ich so schnell über den Gang zur Wohnung gehastet wie heute.
Mein Herz flatterte, klopfte so laut und ängstlich, dass es drohte mir aus der Brust zu springen.
Ich wusste dieser Stress wäre nicht gut für meinen Nachwuchs, aber eben ging es nicht mich von hundert auf null zu beruhigen.
Erleichtert stellte ich an der Wohnungstür fest, dass sie nicht aufgebrochen wurde. Auch hatte ich in den letzten Minuten keine bedenkenden Nachrichten von Leighton bekommen.
Kathalena hatte ihn mit hoher wahrscheinlichkeit also nicht gepackt und ihn mit einer Knarre an der Schläfe in ein Auto ins Nirgendwo geführt. Ob dies oder die Auflösung meiner Affäre mit Adriano und meiner Schwangerschaft schlimmer war, konnte ich mir gar nicht ausmalen. Beides würde mir auf tiefster emotionaler Ebene den Boden unter den Füßen wegziehen. In die Hölle würde ich dann fallen, wenn Adriano wirklich wegen dem Mord hinter Gittern musste, den er nie begangen hatte.
Zittrig griff ich nach dem Wohnungsschlüssel in meiner Jackentasche und brauchte ein paar Versuche, eh ich die Tür aufbekam.
Mein kleiner Schwung Erleichterung brach in schiere Panik aus, als ich die Unordnung im Flur sah, das undurchschaubare Chaos wahrnahm.
Die Spiegelscheibe des Garderobenschranks war zerschlagen, wenn mich nicht alles täuschte hing an den verbliebenen Scherben am Schrank Blut.
Ich hielt mir die Hände vor den Mund, um ein schreien zu unterdrücken.
Auf dem Boden sammelten sich die gefallenen Scherben. Die Bilder an den Wänden hingen schief, in der Tür zum Schlafzimmer hatte eine Faust deutlich ihre Kraftspuren hinterlassen.
Für wenige Augenblicke lauschte ich, doch hörte nichts.
Ganz langsam schlich ich durch den Flur, schielte ins Bad, in die Küche, dort herrschte keine Unordnung. Nur den Flur hatte es erwischt.
"Leighton?" flüsterte ich durch die Wohnung, als ich mir sicher war, dass er hier irgendwo sein musste, wenn auch nur in der Stube, dem einzigen Raum, in den ich noch nicht gesehen hatte.
Keine Antwort.
Ich straffte den Rücken.
"Leight...? Bist du da...?" Die Angst in meiner Stimme zog sich durch die Luft in der Küche und trug sie durch die mir so vertrauten Wände.
Endlose Sekunden vergingen, bis ich eine Antwort bekam und mir das Herz in die Hose rutschte.
"Ich bin im Wohnzimmer, Kaileigh." ertönte Leightons Stimme hinter der verschlossenen Tür am Ende des Ganges.
Doch anders als sonst, hatte sie ihren munteren, melodischen Klang verloren. Da war nicht dieses kleine aufgeregte Trällern in ihr, wenn ich sonst nach Hause kam.
Ich krampfte, nahm mich bei der Hand und verließ die Küche.
Leise, ohne einen Mucks zu machen und aus Angst das Wohnzimmer könnte dem Flur ähneln, schob ich die Tür auf.
Hier war nichts unordentlich, alles war wie immer.
Leightons Flügel stand aufgeklappt am Fenster, der Fernseher lief auf minimaler Lautstärke und links und rechts von ihm in den Regalen tummelten sich Bücher und Auszeichnungen aus den vergangenen Jahren.
Mein Blick schweifte in die andere Richtung.
Leighton saß nach vorne übergebeugt auf dem Sofa und hatte seine Hände in den goldenen widerspenstigen Locken versenkt.
Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber an seiner Geste erkennen, dass ihm alles andere als wohl in diesem Moment war.
"Leight... was...was ist im Flur passiert...?"
Seine Hände ballten sich zu Fäusten, doch ließen nicht von seinen Haaren ab.
Bei genauerem hinsehen, erkannte ich dass seine Fingerknochen blutig aufgeschlagen waren.
Mir lief es kalt den Rücken herunter.
Leighton wurde angegriffen und alles war meine Schuld.
Zu meiner überraschung lachte er kalt auf und blieb zusammengesunken auf dem Sofa sitzen.
Langsam drehte Leighton den Kopf zu mir.
Aus frostigen blauen Augen sah er mir direkt ins Gesicht.
Ich inspizierte mit einem eiligen Blick seines. Die Unterlippe war aufgeschlagen und angeschwollen, seinen rechten Wangenknochen hatte es erwischt, aber soweit ich sehen konnte war seine Stirn heil.
"Ach du scheiße. Leighton..."
Ich trat geschockt, besorgt, ängstlich auf ihn zu.
"Was ist passiert?"
Seine Augen verengten sich und gaben mir ohne Worte zu verstehen, dass ich ihm keinen Schritt näher kommen sollte.
"Hast du mir nicht erstmal etwas zu sagen, Kaileigh?"
Er fasste meine besorgte Miene und seine Gesichtszüge verhärteten sich, so dass er mir erschien wie ein Fremder.
Ich biss mir auf die Wange, zwang mich seinem Blick nicht zu entkommen und schüttelte den Kopf.
"Nein Leighton, habe ich nicht."
Meine Lüge war zwecklos.
Ich wusste bereits an dem herzlosen Lächeln seiner schmalen Lippen, dass er meine Worte nicht abkaufte.
Nichts destotrotz rüstete er sich auf und nickte knapp.
"Wirklich nicht? Ich dachte da gäbe es ein paar Kleinigkeiten, die mich mal Interessieren sollten."
Diesen Blick, dieses mörderische und enttäuschte hatte ich nur einmal vor zehn Jahren gesehen, als er Adriano und meiner Beziehung auf die Schliche gekommen ist.
Ich würde Kathalena eigenhändig jedes Organ einzelnd aus dem Körper ziehen.
"Ich finde mich sollte es eher Interessieren, wieso unser Flur aussieht, als wäre eingebrochen worden und wieso du dich geprügelt hast?" entgegnete ich ausweichend mit einer Gegenfrage.
Wir könnten dieses Spiel ewig so weiter führen. Gegenfrage gegen Gegenfrage, bis der erste nachgab oder die Fassung verlor.
So sahen unsere Streiereien auf dem College aus.
"Dann wolltest du mir nicht mitteilen, dass du schwanger bist, Kaileigh?"
Seine Hand deutete auf den Couchtisch. Zu einer Ultraschallaufnahme und einem eingewickelten Schwangerschaftstest.
Das war nicht meine Aufnahme, den Test hatte ich am selben Tag noch außerhalb der Wohnung entsorgt.
Kathalena hatte innerhalb kürzester Zeit für ziemliche Arbeit gesorgt...
"Du wolltest mir nicht von deinem leidenschaftlichen italienischen Liebhaber Adriano erzählen, der hier grade aufgetaucht ist und mir alles gebeichtet hat?"
Sollten Herz und Verstand nicht im Stardust gebrochen sein, dann jetzt definitiv.
"Nur komisch, dass er von dem Kind genauso wenig wusste, wie ich bis vor gut einer halben Stunde." schmetterte er mir mit bitterer Stimme entgegen und presste die Lippen aufeinander.
"Leighton... ich..." Tränen sammelten sich in meinen Augen.
Was ich vor Adriano noch lange verbergen konnte, wollte bei Leighton sofort raus.
"Du... was, Kaileigh?" fauchte er und schoss auf die Beine.
Adriano war hier. Hier ist er hingerast, nachdem er von Leighton erfahren hat.
Er hat Leighton das ausgerollt, was ich hätte von beginn an machen sollen.
"Du hast geglaubt ich könnte weniger sauer sein, wenn mir dieser verruchte Mafiaarsch selber sagt, dass er dich gefickt hat, während ich mir sorgen um dich gemacht habe?" Leighton wurde lauter. "Ich habe mir den Arsch aufgerissen herauszufinden, was los mit dir ist. Ich bin auf glühenden Kohlen gekrochen, um dir alles recht zu machen, habe deinen Abstand respektiert, deine Geheimnisse, nur um dann gesagt zu bekommen, dass du es mit einem anderen treibst?!"
Alles engelsgleiche wich aus Leightons sonst so sanften Zügen. Er blickte mich an, als wäre er der Rachegott in Person.
"Leighton... ich...es..." stammelte ich unter Tränen, aber verlor meine Worte, als er sofort weiter tobte.
"Es tut dir Leid? Du liebst mich? Nein!" Er stampfte in rasender Wut auf den Boden.
"Ich glaue dir nicht. Wenn es wirklich so wäre, hättest du von Anfang an mit offenen Karten gespielt, dann hättest du mir von anfang an gesagt, dass Giulani wieder aufgetaucht ist."
Ich schluchzte. In seinen Augen befand sich keine Spur einer Träne.
"Und wie hättest du reagiert?" kam ich ihm zuvor. "Wenn ich dir gesagt hätte, dass Adriano mich für einen Fall braucht, was hättest du gemacht?" konfrontierte ich.
"Du hättest es mir verboten mit ihm zu Arbeiten, du hättest dir die Haare ausgerissen und mich gezwungen irgendwo anders zu arbeiten. Du hättest nicht anders reagiert als jetzt!"
"Das kannst du doch nicht wissen!" plärrte Leighton.
"Kann ich nicht? Du hast ihn doch all die Jahre immer zu gehasst. Du hast all die Jahre immer umgangen wie Toll die Zeit mit ihm war, mich davon abgehalten irgendetwas über ihn und seinen Verbleib zu erfahren!" schimpfte ich an ihn zurück und ballte die Hände in meiner Jackentasche.
"Weil er dir weh getan hat! Weil er dich mir damals weggenommen hat! Weil das das einzige war was er je konnte!" Leighton sah aufgebracht durch den Raum und versuchte sich so weit von mir zu entfernen, wie nur möglich.
"Nur dass er mir dich diesmal nicht nur weg nehmen musste, nein, er musste dich auch noch schwängern und mich jetzt mal wieder als den ganz Blöden da stehen lassen!" Leighton warf die Arme in die Luft und sah überall hin nur nicht auf den Couchtisch und zu mir.
Im Hintergrund lief ganz leise irgendeine Sitcom auf Netflix, in der alle glücklich und zufrieden aussahen und den Tag genossen.
"Und für ganz besonders Blöd müsst ihr mich ja gehalten haben, als ich dachte, dass du diese drei Wochen auf Geschäftsreise in Norwegen wars. Eigentlich saßt du genüsslich in der Sonne von Italien und hast wohl nicht nur die Aussicht aufs Meer zu sehr genossen." konfrontierte Leighton mich mit dem nächsten Fakt, um den Adriano ihn aufgeklärt haben musste.
Ich sog die Luft ein, wollte etwas sagen, aber anders als vor Gericht gab es nun nichts mehr mit dem ich mich oder meinen Mandanten verteidigen konnte.
Wie sonst, wenn ich nichts nachvollziehbares hatte, um meine Haut zu retten, wurde ich beleidigend, griff Leightons so schon zerrissenen Stolz an.
"Ich kann es mir nicht mal verübeln etwas mit ihm angefangen zu haben, Leighton. Und weißt du warum? Weil er mich nie als selbstverständlich betrachtet hat. Egal ob damals in Salisbury oder heute, Adriano hat mich immer verstanden, ihm war es immer wichtig, dass ich an erster stelle stehe, dass es mir gut geht und ich ihm in nichts nachstehe." erhob ich das Wort und straffte die Schultern.
"Für ihn war es keine Selbstverständlichkeit mich um sich zu haben, für ihn war es alles andere als normal, dass ich mich dazu gerungen habe für ihn und mit ihm zu arbeiten. Für ihn ist es nie selbstverständlich gewesen, jemanden an seiner Seite zu haben."
Leighton fielen die Augen aus den Höhlen.
"Dann hab ich dich also zu selbstverständlich angesehen? Dann hab ich dich also nicht genug wertgeschätzt und dich somit in die Arme eines anderen Mannes gedrängt?"
Er verstand mich nicht, er würde mich nicht verstehen, könnte meine Motive mich wieder in Adriano verliebt zu haben nie nachvollziehen.
"Dann war es dir zu selbstverständlich, dass ich anscheinend um sonst zu viel Geld in einen Traumurlaub und in einen Verlobungsring investiert habe? Sag mal tickst du eigentlich noch?" Leightons Stimme schraubte sich weiter hoch.
Sein Gesicht lief vor rasendem Zorn rot an.
"Es war mir zu selbstverständlich, wie du einfach angefangen hast diese beschissene Hochzeit zu planen. Wie du alles nur noch danach ausgelegt hast! Du hast es für selbstverständlich genommen, dass all das passiert, dass du nicht mal gemerkt hast, dass ich weder das noch ein blödes Kind will!" fuhr ich aus der Haut und spürte meinen Puls bis in die Stirn.
Leightons kalte Hülle flickerte, brach für einen Moment, bevor er sich wieder wappnete.
Doch ich schoss schneller, als er den Mund aufmachen konnte.
"Du hast es erst gerallt, als ich dich darauf angesprochen habe, als ich dir klar gemacht habe, dass ich zu nichts gedrängt werden will und das hätte Adriano nie gemacht!
Er hat mich immer so sein lassen, wie ich wollte! Du wolltest mich Watte packen."
Die ersten Tränen strömten mir über die Wangen.
Mir fiel es nicht einfach Leighton anzuschreien, innerlich zerbrachen tausende Herzen in diesem Streit, in diesem Raum in dem wir so viel gelacht und so viel Zeit miteinander verbracht haben.
Es war nie leicht meinem besten Freund gegenüber laut zu werden.
"Er hätte sich auch nie bei dir gemeldet, wenn er nicht so dringend deine Hilfe gebraucht hätte. Sobald dieser scheiß vorrüber wäre, dann wärst du ihm wieder egal, dann würde er sich bis zum nächsten angehangenen Mord nicht mehr melden" stellte Leighton auf und fuchtelte mit seinen Händen wild in der Luft herum, als wäre ich zu blöd ihn zu verstehen.
Aber das war ich nicht. Er wollte mich nicht verstehen.
"Und in Watte packen wollte ich dich auch nicht! Ich habe nur an unsere Zukunft gedacht, daran irgendwann mal mit dir einen Plan zu haben, nachdem wir neun Jahre von Tag zu Tag lebten und alles auf uns zugekommen ist!" Bezog er sich auf meine Behauptung.
"Ich wollte an keine Zukunft denken, Leighton, nie! Mir hat es so gefallen, wie alles vor dieser verdammten Verlobung war. Nur wir zwei ohne irgendwelche Zwänge, einfach nur unser Leben und nichts weiter!"
Ich versuchte in seinem Blick wieder irgendetwas zu erkennen, dass ihn einen Hauch aus seiner Wut abbrachte.
Aber wenn man bedachte dass er in einem Schlag erfahren hatte, dass ich schwanger war und das auch noch von einem anderen, dann wollte man sich nicht beruhigen, dann wollte man brüllen und darum beten, dass dies nur ein schlechter Scherz sei.
"Und deshalb bist du jetzt schwanger und lässt mich für nen anderen sitzen? Waren das deine Pläne für die Zukunft? Hast du dir so den Rest deines Lebens vorgestellt?" keifte er und hob den Kopf herausfordernd.
Ich raufte mir die Haare und atmete tief durch, überlegte diesmal drei mal was ich überhaupt noch sagen sollte.
"Garantiert nicht. So habe ich mir meine Zukunft nicht vorgestellt. Aber ich kann es nicht mehr ändern, ich hätte dich auch nie sitzen gelassen. Irgendwann hätte ich dir alles erzählt, aber ich konnte es einfach nicht." Verzweiflung brach über mich ein, ich wollte nicht mehr laut schreien und Leighton die letzten Monate vorhalten. Ich wollte normal mit ihm reden, die Wut aus dem Raum schaffen.
"Irgendwann? Wenn du mit diesem Kind in der Tür gestanden hättest, mir den Ring vor die Füße wirfst und meinst, du hast dir nen reichen Schnösel geangelt, der sich damals für meinen allerbesten Freund gehalten hat? Sicherlich wäre ich dann weniger wütend und sauer und enttäuscht als heute Kaileigh. Das macht viel sinn, sehr viel!" Die Ruhe, die eben kurz in seiner Stimme wankte spielte sich wieder hoch und hallte durch das Wohnzimmer, durch die gesamte Wohnung, in die wir uns damas auf den ersten Blick verliebt hatten.
"Er hält immernoch sehr viel von dir, Leighton." flüsterte ich.
"Adriano hat einen gigantischen Respekt vor dir und den hat er nicht verloren. Wenn ich ihm von dir erzählt habe, dann..."
Leighton verlor sich vollkommen.
"Du hast es auch noch gewagt meinen Namen in seiner Nähe zu erwähnen? So gut ging es dir? So leicht fiel es dir mich zu hintergehen? Mich auf die Folter um dein Wohlergehen zu spannen, während du dich mit ihm vergnügt und über mich gelacht hast?"
Ich kniff die Augen zu, wünschte mir ich wäre überall, nur nicht hier, nur nicht in diesem Raum mit Leighton und einer zerbrochenen und kaputten Beziehung, die nun nach Monaten ihr Ende finden würde.
"Es war nicht einfach für mich!" Ich schluchzte und riss die Augen wieder auf, sah Leighton direkt in seine Augen.
"Ich fand es garantiert nicht leicht, dass ich angefangen habe wieder etwas für Adriano zu fühlen. Ich dachte es sei alles tot, weg. Aber weißt du was? Leighton, das war es nie.
Ich habe nur geschafft es verdrängen zu lernen, es umzuwandeln, auf dich ablegen zu können." vielleicht würde er jetzt endlich ruhiger werden, vielleicht musste ich dieses letzte große Argument nun auf den Tisch legen.
"Was?" Leighton beruhigte sich auf die Sekunde, doch das Feuer in seinen Augen hatte nicht abgenommen.
Seine Schultern fielen ein, seine Mundwinkel hingen noch weiter herunter und in seinen Augen schwammen erste Tränen, als er in Gedanken durchkaute, was ich eben gesagt habe.
"Ich habe angefangen die Gefühle, die ich damals für Adriano aufgeben musste irgendwie auf dich zu wälzen, dass du mir wichtig wurdest. Ihr wart nie gleich und werdet es nie sein, aber für mein Unterbewusstsein war es ein großer Trost alles gute was mit ihm war und hätte sein können auf dich zu reflektieren."
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und zwang mich auf den Beinen zu bleiben, auch wenn die danach schrien weg zuknicken, so wie sie es im Cafe mit mir gemacht hatten.
"Du hast mich nie wirklich geliebt? Nur die Illusion, dass ich..." Leighton schüttelte ungläubig den Kopf und fasste sich in die Haare.
"Das kann doch nicht wahr sein, Kaileigh, sag mir das es nicht so ist..."
Verzweifelt blickte er mich an, die Wut in seinen Augen geriet durch mein Geständnis in Vergessenheit.
"Das kann ich nicht, Leighton. Weil es so ist und es tut mir Leid, dass ich es erst bemerkt habe, als es zu spät war."
Ich biss mir auf die Wange, als er begann zu weinen, als seine ersten Tränen in strömen über sein sonst so lachendes und Glückliches Gesicht liefen.
Ich war die Schuldige dafür, dass diese Lebensfreude aus ihm gewichen war und alles, dass ihn vervollständigt hat.
"Wann?" presste Leighton hervor und hielt sich die Augen zu.
"Wann hast du das alles gemerkt? Dass ich nur deine Ablage war, dein Ersatz für ein Leben, dass du mit ihm haben wolltest?"
Es kostete ihn alles an nerven nicht den Schrank neben sich zu zerlegen, nicht die Wohnstube oder die Wohnung in Schutt und Asche zurück zu lassen.
"Ich weiß es nicht genau, aber es fiel mir nicht leicht, mir das einzugestehen, Leighton. Irgendwann war da dieser Punkt, an dem ich dich nicht mehr als meinen Partner, meinen Verlobten gesehen habe, sondern wieder als meinen besten Freund." Mich kostete es genau so Kraft meine Worte beherrscht und ohne Schluchzen und Schaufen über die Lippen zu bekommen.
"Eigentlich hätte ich es mir doch denken können." sprach Leighton mehr zu sich, als zu mir.
"Du hast angefangen dein Handy zu verschlüsseln, mehr zu Arbeiten als sonst, wurdest immer Abweisender bis zu dem Punkt, dass ich dich nicht mal mehr berühren durfte. Die Hochzeit hast du abgesagt, eine Familie wären wir nie geworden.
Mia meinte es noch, du hast bestimmt nen anderen, du willst mich nicht mehr, aber ich hatte noch Hoffnung, dass es nicht so wäre, dass es nur eine Phase sei, die bald vorrüber wäre."
Mia. Der Name unter dem sich Kathalena gegenüber Leighton vorgestellt hatte. Unter dem sie Leighton über mich aushorchen und ausspionieren konnte. "Dabei war ich die Phase, die dir nur dabei geholfen hat halbwegs über ihn hinweg zu kommen. "
Mein Herz brach in tausend Scherben, aber treffender hätte er es tatsächlich nicht erfassen können.
"Ich weiß, das sind die letzten Worte, die du hören willst Leighton, aber es tut mir Leid, dass es so kommen musste."
Sein Blick fiel genau auf mich und da war dieses Glänzen, dass er nur mir geschenkt hatte, dass mir zu anderen Zeiten das Herz zum schlagen gebracht hat, aber nun war da nichts mehr das sich bei mir regte.
"Geh..." stieß Leighton aus und taumelte zum Sofa zurück.
Er fiel auf der Sitzfläche zusammen und brach fürchterlich in Tränen aus.
Sein ganzer Körper zitterte und unaufhaltsam schüttelte er mit dem Kopf, als könne er aus diesem Alptraum erwachen.
"Leighton..." Ich machte ein paar Schritte in seine Richtung, streckte meine Hand aus, um sie auf seine Schulter zu legen, doch hielt mich zurück.
"Ich habe dich geliebt Leighton, wirklich, auch für den der du immer in meinen Augen warst und bist. Du bist einzigartig, wunderbar, unglaublich talentiert..."
"Geh!" fuhr Leighton mir entegegen.
Seine geröteten Augen starrten mich nun emotionslos und leer an.
"Geh! Verschwinde einfach, Kaileigh!" spie er mich an.
Ich widersetze mich, machte noch einen Schritt auf ihn zu, fasste den Mut diesen zu riskieren.
"Jedes 'Ich liebe dich' das habe ich so gemeint, selbst als mir bewusst wurde, dass ich dich nicht mehr so lieben konnte, wie du mich. Du hast mir so viel geschenkt und gegeben, Leighton und das nicht nur als mein bester Freund, sondern auch als mein..."
"Du sollst gehen! Pack deine Sachen und verschwinde!"
Ich biss die Zähne zusammen und nickte.
Rückwärts stolperte ich aus der Stube und schlich mit tränenverhangenen Augen zum letzten mal ins Schlafzimmer.
Mit zitternden Händen zog ich meinen Reisekoffer unter dem Bett hervor und zog meinen Teil des Schrankes auf.
Doch ich stoppte, hielt inne und setzte mich auf die Bettkannte.
Ein letztes Mal sah ich mich hier um.
Da, rechts von mir am Fenster, standen Leightons und mein Schreibtisch, unsere Technik, unzählige Ordner und Akten.
Neben der Tür, vor mir, stand der große und geräumige Schiebeschrank, aus dem ich meine Sachen räumen musste.
Viel Deko besaß dieses Zimmer nicht, aber bis zu einem bestimmten Punkt, hatte es sich immer angefühlt wie ein kleines Refugium, in dem Leighton und ich uns vor der ganzen Welt verstecken konnten.
Ich schluchzte, fuhr mir durch die Haare und kickte mit einem aufgebrachten Laut den Koffer vor mir weg.
Ich würde Kathalena umbringen! Ich würde ihr den Tod so qualvoll und langsam wie nur möglich gestalten, dafür, dass sie Leighton auf krankeste und mieseste Art mitteilen musste, dass ich schwanger war. Leighton musste sich da schon eins und eins zusammengereimt haben und Adriano musste diese These nur noch bestätigt haben.
Adriano konnte ich schlecht verübeln, dass er seine Schuld sofort bereinigen musste. Ich konnte ihn sogar verstehen und vermutlich brach für ihn eine Welt zusammen, Leighton unter diesen Umständen zu begegnen. Wenn ich Leightons Wunden und den Flur richtig deutete, waren die beiden aufeinander losgegangen.
Dabei waren Adriano und Leighton die friedlebensten Menschen, die ich kannte. Dass sie ausgerechnet gegenüber einander handgreiflich wurden, verdeutlichte mir, wie viel ich bei beiden Männern verbockt haben musste.
Aus letzter Kraft hiefte ich mich auf die Beine und stapelte meine Sachen in meinen Koffer, ohne überhaupt darauf zu achten ob noch irgendetwas von Leighton in meiner Seite des Schrankes lag.
Zwischendurch musste ich aufhören, nach Luft schnappen, Tränen vergießen und diesen ganzen Tag verfluchen.
Ich hatte nicht einmal die Gelegenheit Leighton wirklich alles zu erzählen, wer seine tolle Mia überhaupt war und was sie sich hat einfallen lassen, um mich auf dem Boden zu behalten.
So wie es aussieht würde ich in Naher Zeit diese Möglichkeit nicht mehr bekommen und das nagte zusätzlich an mir.
Schleppend trottete ich mit meiner vollgestopften Tasche aus dem Schlafzimmer.
Leighton kauerte noch immer in der Wohnstube und hatte sich nicht vom Sofa gerührt.
"Lass den Schlüssel und den Ring im Flur!" beorderte er mich mit einem tief enttäuschten Brechen in seiner Stimme.
Ich kramte den Schlüssel aus meiner Handtasche im Flur und nahm zum allerletzten Mal den rosefarbenen Ring von meinem Finger.
Beides legte ich auf die Kommode und warf dann einen Blick durch den Flur, in die Küche, ins Schlafzimmer, zu Leighton in die Stube.
Mit gestrafften Schultern ließ ich den Rollkoffer im Flur und ging in die Wohnstube zu Leighton.
Stumm betrachtete ich seine gebrochene Erscheinung.
Er erinnerte mich in diesem Moment so sehr an den unsicheren und verschüchterten Teenager, der er mal war.
Doch schlimmer noch als damals, waren diesmal nicht seine Eltern der Grund dafür dass er so niedergeschlagen war, sondern ich. Ich und meine gnadenlose Haltung, dass mit ihm alles wieder gut werden würde, dabei war mir doch schon alles aus den Fingern geglitten, als ich Adriano im Hotel zum ersten mal in die Augen gesehen hatte.
"Beantworte mir eine Frage, Kaileigh."
Bemkerte Leighton, dass ich in der Tür stand.
"Wussten Monty und Celine das alles?"
Ganz langsam drehte sich sein Kopf zu mir.
Ich presste die Zähne zusammen und nickte als Antwort.
Nichts regte sich in seinem Gesicht.
"Ich habe übrigens angefangen." brummte er und tastete nach seinen aufgeschlagenen Fingerknochen.
Ich verstand was er sagen wollte und versuchte so leise wie möglich auszuatmen.
"Auf wiedersehen, Kaileigh." Machte Leighton deutlich, dass es nun Zeit zum gehen für mich war.
Er sah zurück auf den leise gestellten Fernseher und ließ die Schultern tief hängen.
"Auf wiedersehen Leighton." erwiderte ich und schritt in den Flur zurück.
Die schiefhängenden Bilder von Leighton und mir, beobachteten mich. Mir war, als würden sie mich anbrüllen, dass ich nie Leighton seiner Würdig war, dass wir nie hätten sein sollen.
Aber unser Lächeln widersprach diesem auf jedem einzelnen Schnappschuss.
Die Jahre mit Leighton waren wunderbar. Für jede einzelne Sekunde war ich ihm dankbar, selbst wenn er das definitiv anders sehen würde. Das war mir bewusst, aber ich wusste auch dass Leighton zivilisiert genug war, dass wir uns beide noch mal in Ruhe hinsetzen und das alles ausdiskutieren würden, sobald er sich beruhigt hatte, sobald er mit diesem Ende fertig werden würde.
Wie lange es dauern würde, ich hatte keine Ahnung. Vielleicht würde er mich nach diesem Tag nie wieder sehen wollen, auch das konnte ich verstehen, selbst wenn wir aneinander eine lange und vertraute Freundschaft aufgaben. Das vertrauen war so oder so hin und das Leighton mich je wieder als eine Freundin sehen würde, wäre mehr als nur schwer für ihn.
Entschlossen Leighton mit seinen Eindrücken allein zu lassen, ihn über alles einmal schlafen zu lassen, schulterte ich mir meine Handtasche und zog meinen Koffer hinter mir aus den Wänden, die ich einst Zuhause genannt habe.
Ohne einen Plan, wo ich nun hingehen würde, suchte ich den Fahrstuhl auf und fuhr nach unten.
Kaum stand ich im Foyer des Wohnungsblocks, raste Cole hinein.
Komplett von Panik überschüttet brauchte er einen Moment um meinen Zustand und den Koffer zu verarbeiten.
Er setzte an zu reden, wollte etwas sagen, aber riss mir den Koffer nur aus der Hand und trieb mich mit sich aus dem Gebäude zu seinem Wagen.
"Ich... scheiße... Kaileigh du musst sofort mit mir mitkommen!" machte er mir klar und schloss den Kofferraum auf.
"Du hattest so recht, verdammt..." fluchte Cole und raufte sich die Haare.
"Du bist vermutlich grade durch die Hölle gegangen, so wie du aussiehst, aber du bist noch lange fern vom Himmel..."
Coles ernter Spruch und die unruhe in seinen Augen jagte mir Angst ein.
"Kathalena... sie... Sie hat ihre Drohung wahrgemacht und Adriano eingebuchtet."
Mir wich der Boden unter den Füßen, doch Cole fing mich mit einer Umarmung auf, bevor ich fallen konnte.
"Nein..." winselte ich und krallte mich an ihm fest.
Nein! Schrie ich innerlich und wollte, konnte nicht mehr.
Sie hatte die Spur um die Razzia ganz klar verstanden. Das hätte mir doch so klar sein sollen, aber ich musste meinen Ass ausspielen und hoffen sie ausstechen zu können.
"Scheiße doch... Sie haben ihn festgenommen. Im Hotel. Ich bin zu spät gewesen. Ich konnte nur noch sehen, wie sie ihn angeführt haben und dann bin ich sofort zu dir, Kaileigh." verriet er mir und schob mich auf Armlänge von sich weg.
"Das mag wirklich weh tun, aber du musst dir jetzt deinen kühlen Anwaltskopf aufsetzen und dein bestes versuchen und dich bloß nicht unterkriegen lassen. Wir schaffen das. Domenico geht es gut und er hat mir die Beweise, die du brauchst um ihn rauszuhauen, zugeschickt."
Wenigstens ein kleiner guter Funken in dieser Apokalypse.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt