8. You're a bad liar, Kailiegh

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Die Entschädigung, der High Heels die auf Adrianos Rechnung gingen, bekam ich am Dienstag nach unserem Wiedersehen.
Vor meiner Bürotür stand eine edel verzierte Holzkiste, die Haylee den ganzen Morgen bewundert haben musste, so wie sie vor meiner Tür hockte, als ich in den Vorraum trat.
"Was ist das?" fragte ich sie verwundert.
Meine Assistentin, die trotz meines Angebotes frei zu nehmen, erschien, schreckte hoch und stolperte zu ihrem Schreibtisch.
"Das weiß ich nicht, Ms. Beaufort. Die Kiste stand bereits dort, als ich angekommen bin." hielt sie mich auf dem laufenden.
Stumm nickte ich ihre Worte ab und schloss die Tür zum Gang hinter mir.
Verwunderten Schrittes stiefelte ich auf meinen schwarzen äußerst unbequemen Stiefeletten durch den Vorraum zu der Kiste.
"Sie sehen nicht so aus, als würden sie mit ihren Notfallschuhen zurecht kommen." erkannte Haylee mitleidig.
"Was ist denn eigentlich mit ihren anderen Schuhen gestern passiert?" harkte sie neugierig nach.
Die Verzierungen der Kiste musternd zuckte ich unangetan mit den Schultern. „Bin mit meinen High Heels in einem Schlagloch stecken geblieben."
Sie musste den wirklichen Grund meiner geschändeten Schuhe nicht wissen.
Haylee war so schon Hals über Kopf in diesem Fall verwickelt, bevor ich ihn offiziell für mich zugesagt hatte.
"Oh." Keine weiteren Fragen tauchten ihrer Seits auf.
"Kümmere dich doch bitte um die Akten aus Italien, Haylee. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit über dieser Kiste zu brüten." Ihre Augen waren noch immer wie verzaubert auf das Holz vor meiner Tür fixiert.
"Selbstverständlich, Kaileigh. Ich bin schon dabei." versicherte sie mir überschwänglich und huschte hinter ihren Schreibtisch zurück.
Haylee startete ihren PC. In dieser Zeit hob ich die schwarz lackierte Kiste auf und musterte sie selber aus der Nähe.
Mit goldenen Buchstaben war sie verziert und fühlte sich erstaunlich leicht in meinen Händen an.
Hoch wissenschaftlich schloss ich mein Büro mit dem Präsent auf meinen Armen auf.
Einer meiner Füße schob die Tür an, um mich in meine Arbeitswände zu lassen.
"Ms. Beaufort. Ich weiß nicht, ob es ihnen aufgefallen ist, aber die Muster auf der Kiste sehen dem Markenzeichen von Yves Saint Laurent sehr ähnlich." merkte Haylee aus dem Vorraum an, nachdem ich die Kiste auf meinem Tisch gestellt hatte.
Die Tür ließ ich auf, da ich nicht vorhatte lange in meinem Büro zu verharren.
Ich musste zu Mr. Chester und ihn darüber ausfragen, was ich zu tun hatte, sollte Italien mir ein weiteres mal die richtige Akte Giulanis Mord vorenthalten.
"Ich denke nicht, dass einfach so ein Paket von Yves Saint Laurent vor meiner Tür auftaucht. Das ist schon zu verrückt um wahr zu sein, findest du nicht Haylee?" wies ich ihre Vorstellung ab.
Bestimmt befand sich in der Kiste das Büromaterial, welches ich vor unzähligen Wochen bestellt hatte.
Aufgrund von Streiks konnte die Firma nicht liefern, jetzt hatte sie ihre Arbeiterschaft anscheinend wieder zum werkeln gebracht.
"Sie haben den Mord von Jacopo Giulani aufzuklären, als Anwältin. Für mich ist nichts mehr verrückt, Kaileigh." schmunzelte sie.
Womit sie recht hatte.
Eigentlich sollte mich gar nichts mehr wundern.
Dennoch pustete es mir die Luft aus den Lungen, als sich in der Kiste tatsächlich waschechte schwarze Yves Saint Laurent High Heels befanden.
Ein kleiner Brief war ihnen beigepackt.
'Cole und Celine haben sie als Ersatz für deine kaputten Schuhe ausgesucht.
Ich hätte dir einfache schwarze geschickt wie die zuvor, aber die beiden haben mich dazu gedrängt.
Dennoch hoffe ich sehr, dass sie dir gefallen und du sie annimmst, selbst wenn du genau weißt, auf wessen Kappe sie gehen.
- A'

Genau diese Schuhe und diesen Brief hatte ich bis zum Wochenende unangerührt in meinem Büroschrank verstaut.
Haylee beließ ich in dem glauben, es sei mein langerwartetes neues Laminiergerät, welches mir als Entschädigung in einer hochwertigen Verpackung geschickt wurde.
Meine unbequemen Stiefeletten, für die ich dringend einen wirklichen Ersatz brauchte, hatten meine Füße die letzten Tage über nicht verlassen.
Celine durfte sich für ihre Nummer mit Cole und den überteuerten Schuhen einen langen und wütenden Vortrag meiner Seite anhören.
"Ich bin mit Leighton verlobt!" hatte ich sie am Mittwochmorgen im Stardust zischend erinnert.
Monty befand sich keine zwei Meter von uns entfernt. Er wusste noch nichts von der grandiosen Wiederkehr seiner alten Freunde.
"Sollte er irgendetwas darüber mitbekommen, darf ich mich um Adrianos Tod mit kümmern!"
Celine sah mein Problem nicht, ganz und gar nicht.
"Nur weil du verlobt bist, heißt das nicht, dass du keine Geschenke annehmen kannst." unbekümmert hatte sie dabei die Becher hinter der Theke gestapelt.
"Es geht darum, dass die Schuhe von Adriano kommen." zeterte ich weiter und hätte meiner besten Freundin an den Kragen gehen können.
"Eigentlich hat er Cole und mich nach ihnen losgeschickt, weil er nicht mehr wusste, ob du den selben Geschmack von damals hattest. Also hast du dein teures Präsent eigentlich mir und nicht ihm zu verdanken." säuselte Celine und erwartete doch tatsächlich ein 'Danke' dafür, dass sie mit ihrer alten neuen Flamme in Adrianos Namen neue Schuhe für mich geholt hatte.
Yves Saint Laurent stand dabei noch nie in meinem Geschmack!
"Das kann nicht dein ernst sein." Ich fasste mir an die Stirn und stand nicht weit davon entfernt meinen Verstand zu verlieren.
Monty kam jedoch um die Theke gelaufen.
Er brachte mir meinen üblichen Cappuccino mit extra Sahne und Kakao.
Celine den Rücken zugewand führte ich mit ihm ein kurzes Gespräch darüber, ob es feststand, dass er mit Celine am Wochenende zu uns kam.
Dabei solle ich, ganz wichtig, daran denken meine Cappuccino-Schulden abzubezahlen.
Ich versicherte Monty, dass ich das Geld bereits zu Hause hatte und es nur darauf wartete in seinen Händen zu landen.
Bevor ich an diesem Morgen zur Straßenbahn lief, mahnte ich Celine, dass sie tot sei, sollte sie sich mit Cole nochmal so ein Ding erlauben.
Genauso tot wäre sie übrigens auch, sollte ihr irgendetwas in die Richtung Cole oder Adriano am Samstag vor Leighton heraus rutschen.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt