15.2 Please don't make her pregnant

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Ich zuppelte an meinem Outfit herum und betrachtete mich nervös im Spiegel.
Das violettes Wollkleid, welches ich trug, ging mir knapp bis über die Oberschenkel.
Dazu schmiegte sich eine schwarze Thermoleggins mit weißem Sternemuster an meine Beine. Meine dunklen Haare hatte ich mir in einem lockeren Dutt auf den Kopf gebunden.
Obwohl ich meine Kleidung für den bevorstehenden Abend sehr passend fand, hatte ich das Gefühl das etwas entscheidendes fehlte. Ich fühlte mich unvollkommen.
Aufgeregt schwenkte ich von einem schwarzen Stiefel auf den anderen und schlang meine Arme um mich. Einen ganzen Abend allein mit Arthur...
In den vergangenen Tagen hatte sich so einiges zwischen uns verändert und für bittere Blicke von Leighton gesorgt.
So hatte Arthur mich seit unserem Kuss vor meiner Haustür immer mit richtigen Wangenküssen begrüßt, die ich erwiderte obwohl Leighton am liebsten alle Bomben dieser Welt gezündet hätte.
Für mich fühlte es sich nicht falsch und verwerflich an. Ich mochte die Aufmerksamkeit die mir Arthur schenkte.
Ich bereute es weder seiner Einladung zugesagt , noch ihn von mir aus geküsst zu haben. 
Ich fühltemich schlecht dafür, Arthur nicht mit Worten sagen zu können, dass ich anfing ihn zu mögen.
Mir fehlte es an Ausdruckskraft.
Als ich Celine gestern Abend am Telefon mein Herz ausgeschüttet hatte, stand ihre Diagnose auf die Sekunde fest.
"Du hast dich verliebt Kaileigh. Und das ziemlich heftig. Auch wenn du das für dich noch nicht begreifen kannst, aber eben in der Phase in der man für diese eine Person keine Worte mehr findet, da wird es interessant." hatte sie mir beschrieben und klang aufgeregter auf mein heutiges Date als ich.
Verliebt sein. War das nicht etwas zu hoch gegriffen?
Ich meine ich mochte Arthur wirklich sehr, er sah gut aus, war nicht dumm, besaß Talent, wusste wie man sich gekonnt ausdrückt und sich richtig benimmt.
Aber reichte das nicht alles für eine kleine Schwärmerei?
Vielleicht hatte ich Arthur zu große Hoffnungen gemacht und meine Begeisterung für ihn klang ab, sobald ich ihn näher kennengelernt hatte.
Außerdem war da Leighton. Wie sollte ich ihm im Höchstfall beibringen, dass es mich mit dem erwischt hatte, den er mehr als alles andere hasste?
War ich wirklich bereit meine Freundschaft mit Leighton für Arthur zu riskieren? Für jemanden den ich nicht im Ansatz so lange kannte wie meinen besten Freund, den den ich beinahe schon meinen Bruder nennen konnte?
Unsicherheit überkam mich und ich klammerte mich an der Wolle meines Kleides fest.
Mittwochabend flog mir durch den Kopf, so wie das kribbeln und das Gefühl von Arthurs Lippen auf meinen, diese kurzen Sekunden in denen ich komplett unbesorgt war. Was wäre wenn ich so fühlte, weil es mir anders mit Arthur ging? Er war der erste Junge der mich so mit Aufmerksamkeit überschüttet hat, wie ich es kaum von Monty oder Leighton kannte. Von keinem anderen habe ich jemals so geduldige und gelassene Blicke bekommen, die meinen Puls in die Höhe trieben oder mich zum erröten brachten.
Ich hoffte dass mir dieser Abend Klarheit darüber verschaffen würde, was ich wirklich von Arthur hielt, ob ich mich nicht nur in seiner Aufmerksamkeit mir Gegenüber verrannt hatte, sondern ihn wirklich mochte.
Das Klingeln der Haustür holte mich aus meinen tiefen und verzweigten Gedanken.
Erschrocken schüttelte ich den Kopf und realisierte, dass ich gar keine Zeit mehr hatte fest zu stellen was meinem Outfit fehlte.
Prüfend besah ich meine Zusammenstellung ein letztes mal.
Meine braunen Augen wirkten größer und wacher als noch vor wenigen Minuten und meine Hände hatten Hand angelegt die letzten abstehenden Haarsträhnen wieder an Ort und Stelle zu pinnen.
"Kaileigh!" plärrte meine Mutter im aufgeregten Singsangton durch das Haus.
"Dein italienischer Gentleman ist hier." donnerte mein Vater gut gelaunt hinterher.
Ich wurde rot vor Verlegenheit und Scharm Arthur vor meinen Eltern gegenüber treten zu müssen.
Tief atmete ich durch und straffte meinen Rücken, bevor ich meine kleine Handtasche schnappte, so wie den Mantel von meinem Stuhl.
Aufgeregt trat ich aus meinem Zimmer und schritt den Flur entlang zur Haustür.
Meine Eltern hatten sich links und rechts im Türrahmen breit gemacht und unterhielten sich mit Arthur darüber, dass seine und meine Kinder eines Tages schön werden würden und dass Dad Arthurs Knochen in unserem Garten verstreuen würde, sollte Arthur mir etwas antun.
"Mom! Dad!" mahnte ich sie und hielt mir die Hand gegen die Stirn.
Das war absolut peinlich und so typisch für meine Eltern!
Arthur hörte ich durch das entsetzte und synchrone „WAS?!" meiner Eltern amüsiert lachen.
Zeitgleich, als würden sie von einem Hirn gesteuert werden, schritten sie für mich zur Seite und enthüllten mir die Sicht auf Arthur.
Es fühlte sich an, als würden mich alle Blitze dieser Welt treffen, als ich ihn in seinem schwarzen Mantel und mit den roten Rosen in den Händen in meiner Türschwelle stehen sah.
Arthur hatte versucht seine Locken mit einer dunkelblauen Beanie zu bändigen, doch sie kringelten sich hinter seinen Ohren und unter dem Stoff wieder hervor.
"Hi Kaileigh."
Auf seinen schmalen Lippen verzeichnete sich ein herzzerreißend Lächeln, dass mein Herz zum Beben brachte.
"Hi..." murmelte ich und wollte mir die Hände auf die Wange pressen.
Das musste ein Traum sein. Arthur stand mit einem Strauß roter Rosen vor meiner Haustür und lächelte mich an, als wäre ich alles auf was er in seinem Leben gewartet hatte.
Ich setzte Schritt für Schritt einen nervösen Fuß vor den anderen.
Auf mir ruhten die aufgeregten Blicke meiner Eltern und Arthurs geduldige grüne Augen
"Ich... ich hoffe dir gefallen Rosen." Arthur reichte mir etwas unbeholfen und mit verlegenem hin und her Schwenken den Strauß, als ich in seiner Reichweite stand.
Ich lächelte von Herzen und nahm ihm die Rosen behutsam ab.
"Ich liebe Rosen. Vielen dank." brachte ich komplett verdattert hervor und sah die Blumen in meinen Händen überrascht an. Ich hatte nie damit gerechnet, das er mir Blumen schenken würde. Bisher dachte ich immer, das dies nur in filmen passiert.
"Die stellen wir am besten gleich in eine Vase, wir wollen ja, dass sie noch etwas erhalten bleiben." Mom schaute völlig aus dem Häuschen zwischen Arthur und mir hin und her und nahm mir die Rosen schneller aus der Hand, als ich gucken konnte.
Dad schob sich auf der anderen Seite neben mich und legte mir einen Arm auf meine Schulter.
"Also Arnold..."
Ich versank im Boden und starrte auf das Holz der Türschwelle.
Arthur lachte.
"Arthur. Mr. Beaufort." berichtigte er belustigt.
"August, hab ich doch gesagt." jetzt schlich sich mir ein Lächeln über die Lippen.
"Dad!" Ich stieß ihn meinen Ellenbogen in die Seite und er schmunzelte. Er hatte diesen Blick in seinen grauen Augen, der mir sagte, dass er Arthur mochte, mich aber schwerfällig einem anderen jungen Mann überließ, den er nicht so lange kannte wie Leighton.
"Ich verlange von dir, Arthur, dass du Kaileigh nach 12 zurück bringst und sie mindestens eins acht im Kessel hat. Solltet ihr auf irgendwelche jugendlichen Dummheiten kommen, Kondome haben wir in ihrem Kleiderschrank versteckt."
Ich trat meinem Vater peinlich berührt auf den Fuß. Schmerzlich verzog er das Gesicht, während Arthur schallend lachte und Mom sich einreihte.
"So hübsch wie eure Kinder eines Tages vielleicht mal werden, wir wollen nicht zu zeitig Großeltern werden." murmelte sie an meiner anderen Seite vorbei zu Arthur.
"Schluss jetzt!" brachte ich mich gedemütigt ein, doch wurde sogar von meinem Date galant ignoriert.
"Ich habe verstanden Mr. Und Mrs. Beaufort. Kaileigh soll sturzbesoffen zum Tagesanbruch und entjungfert aber nicht schwanger wieder im Bett landen. Lässt sich einrichten." konterte Arthur charmant auf die Belehrung meiner Eltern und schien ihren Sinn für Humor ohne mit der Wimper zu zucken erfasst zu haben - Leighton wäre schon lange puderrot angelaufen.
Ich sog die Luft ein und hielt mir, wider meiner Entscheidung weniger Momente zuvor, meine Hände vors Gesicht.
"Der Junge versteht uns, Mira." lachte Dad an meine Mutter gerichtet und schob mich an meiner Schulter in Arthurs Richtung.
"Wir machen jetzt los." Ohne auf eine weitere Bemerkung meiner Eltern zu warten schnappte ich Arthur an seinem Handgelenk und zog ihn hinter mir her die Einfahrt entlang zu seinem Wagen.
"Habt einen schönen Abend Kinder!" riefen meine Eltern uns überschwänglich hinterher, bevor die Tür ins Schloss fiel.
"Was rast du denn so?" kicherte Arthur und blieb stehen.
"Was ich so rase? Ich versuche dich vor meinen Eltern in Sicherheit zu bringen!" machte ich ihm klar und deutete zurück zur Haustür.
Ich konnte förmlich vor mir sehen, wie sie sich jetzt in die Küche zurückzogen und Arthur und mich durch die Fenster beobachteten und Popcorn knabberten.
„Deine Eltern sind total cool Kaileigh." bemerkte Arthur hin und weg von den Leuten, die mir das Leben geschenkt hatten.
"Wirklich? Ich finde sie eher peinlich." murrte ich, konnte mir ein schmunzeln aber nicht verkneifen.
"Und jetzt schließe deinen Wagen auf. Es ist Kalt und ich will nicht, dass wir den Film verpass..." Eher als ich ausreden konnte, hatte Arthur mir seine warmen Lippen auf meine Wangen gelegt.
"Wir haben noch genügend Zeit Kaileigh. Und deine Eltern sind wirklich nicht peinlich, glaube mir." versicherte er mir mit einem Blick in seinen Augen, der mir sagte, dass ich für meine Familie Glücklich sein könnte.
Das Kribbeln was sein Kuss ausgelöst hat erfüllte mein inneres mit Wärme und das obwohl mein Mantel noch über meinem Arm hing und ich nur in einem kurzärmeligen Wollkleid in der Abendkälte stand.
Arthur zuckte mit den Mundwinkeln und küsste meine andere Wange behutsam, bevor er seinen Autoschlüssel zückte und seinen Audi aufschloss.
Wie von ihm zu erwarten war, nahm er mir meinen Mantel und meine Tasche ab und hielt mir die Beifahrer Tür auf.
Dankend lächelte ich ihm zu und stieg ein.
Er verstaute meine Sachen auf dem Rücksitz und lief dann herum um neben mir auf dem Fahrersitz einzusteigen.
"Ich wäre froh, wenn meine Eltern mit meinen potentiellen Dates so cool umgegangen wären, wirklich." Arthur startete den Wagen. Aufhorchend drehte ich den Kopf zu ihm.
"Meine Eltern, vor allem mein Vater hätte vorher alles über diese Mädchen zu erfahren versucht. Würde sie einen Fehler aufweisen oder ihre Eltern auch nur einen Cent weniger verdienen als meine, dann hatte sich das gegessen." erklärte er mir kopfschüttelnd und fuhr los.
"Hat er mich auch durchgecheckt?" fragte ich ein eingeschüchtert.
Arthur schüttelte mit dem Kopf. „Dazu hat er überhaupt keine Zeit mehr, seit die Scheidung mit meiner Mutter läuft." verneinte er. „Aber das hatte er in New York auch gar nicht nötig. Alle Mädchen auf meiner Schule waren so eingebildet und überheblich wie Blair Waldorf aus Gossip Girl." beschrieb er und mehr war auch nicht nötig. „Du bist das erste Mädchen, dass ich jemals auf ein Date gefragt habe." gestand er mir.
Verlegen sah ich aus dem Fenster.
"Du bist auch der erste Junge, der mich auf ein Date gefragt hat und der mit meinen Eltern nicht komplett überfordert ist." lockerte ich mich und lehnte mich zurück.
"Dann ist es mir eine Ehre dich heute abzufüllen und dir deine Unschuld zu nehmen."
Ich versank in meinem Sitz und schüttelte lachend meinen Kopf.
"Könntest du bitte aufhören davon zu reden? Das ist wirklich peinlich und unangenehm, wenn ich daran denke, dass meine Eltern dir die Worte in den Mund gelegt haben." bat ich ihn.
"Okay. Außerdem hatte ich das eh nicht vor. Wäre nicht meine feine italienische Art, die man mir erzogen hat." schob er die Forderungen meiner Eltern zur Seite.
Ich seufzte erleichtert aus, obwohl ich nicht damit gerechnet hatte, dass Arthur die Worte meiner Eltern in die Tat umsetzen würde.
"Wenn du willst kannst du gern das Radio anstellen." gab Arthur mir mit einem konzentrierten Blick auf die Straße frei und hielt an einer roten Ampel.
"Wie geht dein Radio an?" fragte ich, als ich einen flüchtigen Blick auf die zugebaute und moderne Technik in seinem Wagen warf.
"Da müsste ein Knopf sein." Arthur zuckte mit den Schultern.
Ich zog meine Brauen hoch und lachte auf.
"Wow. Da sind wirklich viele Knöpfe." merkte ich sarkastisch an und drückte auf irgendeinen von ihnen mit der Hoffnung dass es der richtige wäre.
"Naja es gibt doch immer diese An-Knöpfe mit dem Kreis und dem Strich drüber und so einer müsste da auch irgendwo sein." lachte Arthur und löste eine Hand vom Lenker um eilig das Radio anzuschalten.
Sofort donnerte aus den Boxen des Innenraums laut und ohrenbetäubend Last Resort von Papa Roach.
"Verdammt nochmal Caleb!" fluchte Arthur erschrocken und drehte die Musik leiser.
Hinter uns hupte jemand, um uns zu zeigen, dass die Ampel auf grün geschaltet hatte.
Aus schock hupte Arthur zurück und bretterte dann über die Straße.
"Ich hab ihm schon tausendmal gesagt, dass er seine Musik leiser drehen soll, wenn er genau weiß, dass ich nach ihm mit dem Auto fahre." fluchte er.
"Als würdest du deine Musik leise hören." lachte ich und drehte den Song wieder einen ticken lauter. „Das habe ich nie gesagt, aber ich drehe sie leise, bevor ich aussteige, damit nach mir niemand einen verdammten Herzinfarkt bekommt." redete er sich heraus und begann mitzusingen.
Ich schloss mich ihm an und drehte lauter, so dass sich die wenigen Leute auf den Straßen nach uns umdrehten.
"Du hast mich schon völlig überfordert, als du zu My Chemical Romance abgetanzt bist, aber jetzt das?" lachte Arthur amüsiert, als der Song vorbei war und er leiser drehte.
Ich zuckte mit den Schultern. „Leighton und Monty haben den Song mit den alten Jungs von Sunrise letztes Jahr zur Prom gecovert." tat ich ab und grinste in seine Richtung.
Arthur schmunzelte. „Ich habe echt angst vor dem was wir auf unserer Prom spielen werden." scherzte er. „Also ich glaube auf Montys to do list steht definitiv noch Given Up von Linkin Park." stieg ich ein und sah wie Arthur die Gesichtszüge entgleisten. „Das wird definitiv nicht passieren. Linkin Park sind super, nichts gegen die Band, aber der Song ist echt nichts was man auf einem Ball spielen sollte." schob er die Idee sofort an den Rand.
"Leighton wäre davon auch nicht so begeistert." murmelte ich und fühlte mich nicht wohl dabei über Leighton zu reden, während ich mit Arthur unterwegs war.
Der Song der jetzt durch den Wagen hallte, aber wesentlich leiser, ließ mir beinahe die Fußnägel hochrollen.
Es musste irgendetwas von Marilyn Manson sein so schief und grausam wie das klang und an Arthurs Gesicht konnte ich erkennen dass ihm die Musik auch nicht passte.
Ausschalten wollte ich das Radio nicht, weshalb ich versuchte von der CD auf einen Radiosender umzustellen, sogar mit erfolg.
"Ich wollte grade fragen, ob du das ausstellen kannst." lachte Arthur, doch erkannte mit mir dass das was nun im Radio lief auch nicht zwingend besser war.
Wir hatten heute den letzten Tag im November und laut sämtlichen Radiostationen war es eine gute Idee ab jetzt Last Christmas dudeln zu lassen.
Genervt lehnte ich mich im Sitz zurück und fasste nach meinem Dutt.
"Ich verstehe nicht wieso sie diesen Song jedes Jahr bringen." regte Arthur sich auf und seufzte.
"Der versaut einen die Vorweihnachtszeit total." beschwerte ich mich augenrollend.
"Die ganze Welt versteht George Michael dafür, dass seine Freundin ihn an Weihnachten sitzen gelassen hat und dass er sein Herz jetzt an jemanden besonderes geben will, aber doch nicht jedes Jahr von neuem." maulte ich weiter.
Arthur lachte. „Ich glaube welche Frau auch immer ihn zu Weihnachten das Herz gebrochen hat hat bewirkt, dass er ab da an Männer interessanter fand." stellte er seine Theorie auf.
Ich richtete mich auf. Von diesem Sichtpunkt aus betrachtet, konnte einem der Kerl leid tun.
"Irgendwie traurig wenn man sich als Mann vorstellt das Herz von einer Frau so krass gebrochen zu bekommen, dass man sich dem Geschlecht abwendet." kicherte ich und zog die Beine an.
Arthur druckste herum. „Psychologisch gesehen aber total logisch. Die Diskussion haben wir in der Woche erst in Psychologie geführt."
Unsicher blickte er sich auf einmal um. „Wo war das Kino nochmal?" fragte er mich und riss die Augen auf.
"Wir sind fast da." meinte ich und deutete ihm gerade aus zu fahren.
"Jedenfalls," lenkte Arthur zu dem modernen Weihnachtslied zurück, welches uns seit Jahren mit seiner dramatischen Geschichte beehrte, die allen zum Hals raushing, „ist es dann sowas wie eine Belastungsstörung, wenn man sich Aufgrund eines Schlimmen Ereignis dem anderen Geschlecht zuwendet." Arthur hielt einen Moment inne und schüttelte dann mit dem Kopf.
"Aber ich glaube für ein Date ist das das völlig falsche Thema zum reden." schob er vom Tisch und warf mir einen belustigten Blick zu.
Mit aufkommender Wärme auf den Wangen blickte ich von ihm weg.
Ich hatte bis eben ausgeblendet, dass wir nicht nur so am Abend unterwegs waren, sondern ausgingen, auf mein erstes wirkliches Date.
"Ich mag es wenn du rot wirst." kommentierte Arthur mit einem Lächeln auf den Lippen und sah erneut eilig zu mir.
"Ich werde nicht rot." log ich und hielt mir die Hände an die Wangen. „Das macht es nicht grade besser, eher offensichtlicher." ärgerte er mich.
"Da vorne ist das Kino, passe auf, dass du die Einfahrt nicht verpasst." grummelte ich ertappt und deutete auf das Gebäude rechts von uns.
Ich schob meine Beine wieder vom Sitz und lehnte mich auf die letzten Meter zurück.
"Was hast du eigentlich zu Weihnachten mit deiner Familie vor?" fragte Arthur mich.
Verdutzt runzelte ich die Stirn. „Ich weiß nicht... Ich glaube meine Familie kommt vorbei und wir genießen gemeinsam die Feiertage. Eigentlich ist Weihnachten bei uns nie etwas großes." beschrieb ich kurz und bescheiden.
"Was liegt bei dir über die Feiertage an?" fragte ich aus anstand zurück, doch bereute es, als Arthur den Wagen hielt und die Schultern fallen ließ.
"In New York haben wir immer das Krippenspiel in der St. Patrick's Kathedrale angeschaut und sind danach Essen gegangen mit der ganzen Familie und mit Calebs. Dieses Jahr wird es wohl das erste mal anders sein." sprach er mehr zu sich, als zu mir.
"Meine Mom wird nicht mit dabei sein können und meine Tante hält nicht viel von Weihnachten. Höchstwahrscheinlich wird es bei uns sogar aus Umständen ausfallen."
Ich biss die Zähne zusammen und fühlte mich schlecht ihn gefragt zu haben.
Seine Eltern ließen sich scheiden, da war es doch klar, dass sein Weihnachten dieses Jahr nicht das beste werden würde.
"Deine Tante? Was ist mit deinem Vater?" Meine Gedanken und mein Mund hatten sich anscheinend voneinander getrennt.
"Wir wohnen bei meiner Tante. Dad ist wegen seinem Job und irgendwelchen Scheidungspapieren andauernd unterwegs und kaum da." erklärte er und zog den Schlüssel aus dem Wagen.
"Aber egal. Daran werde ich mich gewöhnen müssen." redete er sich zuversichtlich ein.
Eigentlich wollte ich ihn noch fragen, wieso er denn nicht mit seiner Schwester einfach nach New York zu seiner Mutter flog, aber die Frage blieb mir im Hals stecken, als er ausstieg.
Wenige Sekunden später hielt Arthur mir die Tür auf und meinen Mantel zum überziehen hin, den er von der Rücksitzbank gefischt hatte.
Über Arthurs Schulter hing meine lila Tasche.
"Ich brauche den Mantel nicht für die wenigen Meter bis zum Eingang." wehrte ich seine fürsorgliche Geste ab und stieg aus.
"Es ist kalt, du hast vorhin bei dir schon gefroren und ich möchte nicht, dass du Krank wirst Kaileigh." legte er mir auf und hing mir meinen Mantel über die schultern, als ich keine Anstalten machte ihn anzuziehen.
"Außerdem meintest du doch vor ein paar Wochen zu mir, dass du es hasst zu frieren." erinnerte er mich und zuppelte sich seinen Mantel demonstrativ zurecht.
Ich schnaubte und kam seinen Worten nach, zog mir den Mantel an und machte ihn bis zum Hals zu.
Was Arthur mir nicht aushändigen wollte, war meine Handtasche die ihm über der Schulter baumelte und nicht zu ihm passte.
"Du wirst die Tasche eh nicht brauchen, Kaileigh. Ich werde bezahlen." meinte Arthur nur, als ich ihn auf dem Weg zum Kino versuchen wollte meine Tasche von der Schulter zu ziehen, doch er wich mir gekonnt aus und legte mir einen Arm um die Schulter.
Damit lenkte er mich so ab, dass ich meine Tasche komplett vergessen hatte und die Schmetterlinge in meinem Bauchs spürte, die sich auf den kommenden Abend mit ihm freuten.
Gemeinsam betraten wir das Kino und stellten uns an den Kassen an, um unsere Tickets und Knabberzeug zu kaufen.
Seine Hand hatte dabei den Platz auf meiner Schulter nur verlassen, als er bezahlen musste, was mir ein wenig missfiel.
Mein Popcorn hätte ich selber gern bezahlt, aber Arthur verwährte es mir meine Tasche in die Hand zu nehmen.
Er habe mich eingeladen, also zahle er auch für den Abend. Bei seinem Kontostand würde es den Zahlen dort recht wenig ausmachen lächelte er mir nur schön und zog mich an sich, als wir die Treppen hoch zu den Kinosälen liefen.
"Lass mich wenigstens später im Restaurant bezahlen. Ich hasse es, wenn andere Geld für mich ausgeben." versuchte ich mich dafür stark zu machen, dass er nicht alles auf sich tragen musste.
"Nein." lehnte Arthur sofort ab und hielt mir die Tür zum Kinosaal auf, in den wir mussten und in dem sich erstaunlich viele Kinder mit ihren Eltern befanden.
Mit achtjährigen Nightmare Before Christmas zu schauen konnte anstrengend werden. Es war zwar nicht verstörender als Coraline, aber auch nicht ohne wenn drei kleine gruselige Kinder den Weihnachtsmann entführen sollen und ihn dann auch noch mit dem Osterhasen verwechseln.
"Doch!" hielt ich gegen Arthur und hätte ihm zu gerne in die Seite gekniffen, hätte ich nicht meine Riesentüte Popcorn in den Händen.
"Kaileigh, nein! Ich habe dich eingeladen, wie oft denn noch. Sollten wir öfters ausgehen, dann solltest du dich daran gewöhnen, dass ich Geld für dich ausgebe." gab er mir bereits Bescheid.
Ich seufzte. „Und wenn ich dich einlade?" drehte ich den Spieß um.
"Das kannst du gern, aber selbst dann werde ich zahlen."
Ich rollte mit den Augen. „Wäre nicht so, dass ich auch Geld hätte. Bei mir musst du dir nichts erkaufen, ich mag dich auch so." säuselte ich und lehnte meinen Kopf im gehen an seine Schulter.
"Ich erkaufe mir nichts. Ich zeige nur, dass ich für eine Frau sorgen kann."
Er zuckte mit einer Augenbraue und deutete auf zwei Sitze am Ende der Reihe.
"Das sind unsere." teilte er mir mit und lief mir vorne weg auf sie zu.
Sofort setzte er sich auf den, der sich an der schwarz verhangenen Wand befand und legte seine Hand auf den einzig freien Platz neben sich, der nicht durch eine Armlehne zu ihm abgetrennt wurde.
Ich schluckte, ließ mir meine plötzliche befangenheit nicht anmerken.
Arthur hatte die ganze Zeit seinen Arm um meine Schultern ruhen gehabt, da sollte es mich doch nicht stören für die nächsten anderthalb Stunden ohne Armlehne neben ihm zu sitzen.
"Auf was wartest du denn, Kai?" lachte er und lehnte sich entspannt zurück.
Ich straffte die Schultern, ertappte mich, wie ich wieder rot wurde und setzte mich neben Arthur, der seine Hand von meinem Platz weg zog.
Die Zeit vor dem Film verbrachten wir damit uns gegenseitig Popcorn in den Mund zu werfen, wobei es eine echte Kunst war zu fangen.
Die Eltern die um uns mit ihren Kindern saßen, erschienen mir nicht zu begeistert davon, dass ihre Sprösslinge begannen uns nachzuahmen und teilweise ganze Tüten auf dem Boden landeten.
Doch das lief alles nur im Hintergrund ab.
Mir war es egal was die Eltern von dem Blödsinn dachten, den Arthur und ich veranstalteten. Das erste mal seit langem war es mir komplett egal was andere von mir oder meiner Begleitung dachten.
War ich mit Leighton im Kino, dann saßen wir nur nebeneinander und redeten miteinander, wenn wir überhaupt redeten.
In seiner Nähe war es mir immer wichtig, dass uns niemand zu lange ansah und wir nicht auffielen, da Leighton Aufmerksamkeit hasste und ich mich dadurch unwohl fühlte, sollte ich in seiner Nähe von Fremden zu viel davon bekommen.
Doch alleine mit Arthur ging das komplett an mir vorbei. Er schien es zu lieben Aufmerksamkeit zu bekommen und sie, vorallem an mich, weiter zu verschenken.
Ihn machte es nichts aus, dass wir betrachtet wurden wie zwei Irre.
"Entschuldigung, aber würden Sie beide damit bitte aufhören? Meine Kinder kleistern sich den Mist jetzt schon in die Haare."
Meckerte eine Frau hinter uns, die Arthur auf die Schulter tippte und so aussah, als wären die Wörter Spaß und Lachen fremd für sie.
Ich blickte ertappt durch den Saal und griff nach der Popcorntüte zwischen uns um mir eins normal in den Mund zu schieben und es nicht Arthur zuzuwerfen, damit er es mit seinem Mund fing.
"Nein." meinte Arthur nach kurzem Überlegen konsequent und schüttelte fest überzeugt mit dem Kopf.
"Kai, fang!" forderte er mich breit feixend auf.
Ich ließ mich lächelnd zu seiner Aufforderung hinreißen und diesmal traf er meinen Mund mit dem Popcorn.
"Ich verstehe nicht was Ihr Problem ist. Wir sind Kinder und Kinder brauchen ihren Blödsinn." Erklärte Arthur auf das entsetzte Gesicht der Mutter deren Zwillinge sich gegenseitig das Popcorn in die Haare flochten.
"Das geht außerdem ganz einfach wieder aus den Haaren raus, keine Sorge." Arthur zwinkerte der strengen Frau zu und drehte ihr dann ohne zu zögern den Rücken zu.
Etwas entgleist blickte ich ihn an.
Er zuckte mit den Schultern und ließ in seinem Lächeln tiefe Grübchen zeigen, bevor er sich gesittet eine Hand Popcorn in den Mund schob.
Die Mutter hinter uns wütete und meckerte darauf herum, was Arthur nur einfiel auf so einen Mist zu kommen, doch sie konnte ihm nichts anhaben.
Arthur war zu selbstsicher und beherrscht um sich auf eine solche Diskussion einzulassen.
Selbst als ich ansetzte um mich umzudrehen und der Frau meine Meinung klar zu machen, legte er mir nur sacht seine Hand auf meinen Arm und meint, dass sie vermutlich als Kind selber keinen Spaß gehabt habe und dies nun an ihren Kindern ausließe.
Ob es Arthurs Worte oder seine Warme Hand auf meinem Arm war, wusste ich nicht, aber ich schaffte es mich zu beruhigen und mich nicht umzudrehen.
Wenig später lief der Film los und Arthur rückte näher an mich heran und legte einen Arm um mich.
Kurz erstarrte ich und hielt inne, doch das Kribbeln in meinem Bauch sagte mir, dass es nichts schlimmes sei Arthurs Berührungen und diese Nähe zuzulassen, also legte ich meinen Kopf auf seine Schulter.
"Ich glaube die geht mit ihren Kindern in diesen Film, um ihnen Weihnachten auszutreiben." murmelte Arthur mir zu und lachte leise.
Ich schmunzelte. „Was ist da besser als ein starrsinniges Skelett was unbedingt Weihnachten feiern will." bemerkte ich sarkastisch und spürte wie Arthurs Hand behutsam über meine Schulter streichelte.
Mein Herz begann im dreifachen Takt zu schlagen und wider der Spannung in meinem Körper entspannte ich mich an seiner Seite. „Und kleine Kinder die den Weihnachtsmann wegsperren."
Arthurs Worte konnte ich förmlich an meiner Schläfe fühlen, so nahe saßen wir nebeneinander.
"Ich weiß zwischen uns ist noch nichts beschlossen, aber sollte das aus uns etwas werden und wir Gründen irgendwann eine Familie, dann werden wir diesen Film unseren Kindern erst zeigen, wenn sie Fähig sind ihn wirklich zu verstehen und wir werden ihnen Popcorn in den Mund werfen." plauderte Arthur locker und fand nun nicht mehr meine Schulter interessant sondern eine Strähne, die aus meinem Dutt gefallen ist.
Als wäre er entweder nervös oder komplett fasziniert von dieser, drehte er sie zwischen Daumen und Zeigefinger immer wieder hin und her.
Ich belächelte seine Geste, wusste aber nichts auf seine Worte zu erwidern irgendwann mit ihm zusammen Kinder in die Welt zu setzen.
Das er nur in losen Witzen sprach war mir bewusst, aber etwas Warmes waberte mir durch den Körper, als ich mir vorstellte vielleicht wirklich eines Tages mit Arthur eine Familie zu gründen.
Mom und Dad hätten wir definitiv auf unserer Seite.

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