Kathalena fand gefallen daran mich in den kommenden Tagen vor Adrianos Anhörung zu foltern.
Mental und körperlich.
Andauernd kaute sie mir vor wie jämmerlich es Adriano ging, was für ein häufchen Elend er sei und wie gut Leighton und sie doch zusammenpassen würden und was sie alles mit ihm gemacht habe.
Tat sie dies nicht, dann ließ sie mich von ihrem Schoßhund Salice schlagen und wollte wissen ob ich Adriano eine Hintertür beschafft hatte, die ihm vor seinem und meinem Schicksal bewahren könnte.
War sie nicht da kämpfte ich mit meinen Schmerzen, sie sich über mein ganzes Gesicht erstreckten.
Meine Nase musste gebrochen sein, mein Kiefer ausgerenkt. Das reden schmerzte mir, das kauen, wenn ich mal einen Happen zu essen bekam, war beinahe unmöglich zu meistern. Es gab kaum eine Sekunde in der mir nicht so schwindelig war, dass ich mich hätte übergeben müssen. Kam es so weit, war Salice zur Stelle, der mir den Eimer vors Gesicht hielt.
Doch ich gab nicht auf.
Heute wäre Adrianos Anhörung, verbunden mit dem ersten Verhandlunstag.
Wider Kathalenas Worten hatte sich das Gericht dazu umentschieden Adrianos Fall wie einen normalen anzusehen und hatte die Härtefallklausel abgelegt.
Mir verschaffte das Zeit in den Momenten, in denen ich mit Salice allein war, auf ihn einzureden.
Wie vor wenigen Tagen, als ich in die Halle gebracht wurde, redete ich auf ihn ein, erzählte ihm von mir, hinterfragte seine Lebenseinstellung, dieses verpflichtende Tattoo das er hatte und wie sehr er auf seiner Position doch mit Füßen getreten wurde.
Er habe gemordet, doch für was? Um einer Frau die Chance zu geben eine Macht zu ergreifen, die ihm und seinem Bruder zusteht?
Ich jammerte ihm die Geschichte von Adriano und mir aus alten Tagen vor, wie ich von seinem Leben erfahren hatte, bis zu dem heutigen Punkt, dass ich schwanger mit Zwillingen war, dass ich ihnen ein gutes Leben ermöglichen will, keines wie dieses oder jenes das Kathalena sich für mich und meine Kinder ausmalte.
Salice hörte mir zu, verstand jedes einzelne meiner Worte und gab stumm seine Zeichen, dass er aufmerksam blieb.
Ab und an sah er zögernd auf, griff nach seiner Jackentasche, doch ließ die Hand dann wieder sinken, als würde er mit dem Gedanken spielen nachzugeben.
Doch er blieb hart, zumindest wenn Kathalena mit ihm Raum war.
Dann war mir, als würde ich den Salice, den er unter uns zwei zeigte, nicht mehr wieder erkennen.
Er hörte auf sie, folgte jedem Befehl, schlug zu ohne zu zögern, wenn Kathalena es so wollte, wenn ihr meine Antwort auf meine Rettungswege nicht passten.
Selbst wenn ich noch eine Perspektive für Adriano und mich schaffen konnte, sie wäre die letzte die von dieser erfuhr.
Salice sprach seit meinem ersten Tag in Gefangenschaft kein einziges Wort mehr mit mir.
Ich deutete daraus, dass ich den richtigen Punkt sofort getroffen hatte und er sich nun zurücknehmen musste etwas zu tun, dass meiner Seite gut tun würde, aber Kathalena verärgerte.
Für ein blau geschlagenes Entführungsopfer, dass alle Kraft darauf setzte auf den Mörder des Vaters von Adriano einzureden, entsprach ich nicht dem wimmernden und jammernden Klischee.
Im Gegenteil. Ich wusste man konnte mich nicht so leicht finden, wenn meine Freunde hier noch nicht mit einer Kavallarie einritten.
Ich war auf mich allein gestellt und durfte mir nicht erlauben zu weinen, nach Gnade zu flehen.
Von allem was ich über die letzten Tage zwischen Kathalena und Salice überhört hatte, musste heute die erste große Verhandlung um Adriano sein.
Seit vier Tagen hing ich hier fest, mein einziger Orientierungspunkt? Die Sonne die in den hohen Lagerhallenfenstern auf und unter ging und mir grob ein Zeitgefühl vermittelte.
Der Tag an dem ich Adriano das letzte mal gesehen habe war ein Freitag, also musste heute Dienstag sein.
Der Dienstag an dem ich hier raus müsste, an dem ich endlich Salice um den Finger wickelm musste.
"So ein Jurastudium...ist gar nicht einfach." redete ich sinnlos auf den mir gegenüber ein und ignorierte fortlaufend mein pochendes und geschwollenes Gesicht.
"Überall muss man glänzen. Latein, Rechte, Gesetze..."
Salice schnaufte und scrollte durch sein Handy.
"Aber es hat sich gelohnt. Ich bin eine der besten Anwälte der Stadt... für kleinere Fälle, aber ich habe eine gute Quote."
Mein Kiefer fühlte sich an, als hinge er auf dem Boden.
Über meinen Beruf so beiläufig zu reden, als wäre es das Wetter kostete mich pure Überwindung.
"Sie wäre natürlich noch besser gewesen, wenn ich Adriano wirklich aus der Tinte geholfen hätte. Aber das hier."
Meine Augen konnte ich grade noch so weit offen halten, dass ich durch die Halle schauen konnte.
"Ich meine, ich könnte dir Helfen Salice. Ich weiß was du getan hast, für was und wenn du mitspielst wird deine Strafe nicht übel ausfallen.
Ich könnte zehn statt zwanzig Jahre für dich holen."
Ich zitterte, mir war heiß und kalt gleichzeitig.
In der kühle der Halle musste ich mir irgendwas eingefangen haben, ich war müde, konnte kaum schlafen, wenn meine Arme über meinem Kopf festgebunden waren. Mittlerweile fühlten die sich an wie tot. Meine Finger konnte ich nicht bewegen, sie waren taub, blutleer.
Salice sah gelangweilt von meinen Parolen auf und atmete tief durch.
Wie immer blieb er stumm und konzentrierte sich wieder auf sein Handy.
Ich biss mir auf die Wange und wartete auf den nächsten Gedankenrausch, den ich loswerden könnte ohne ihm zu persönlich zu werden.
Das hatte ich schnell gemerkt. Wenn ich ihm zu privat wurde, hörte er tatsächlich auf mir zuzuhören, vermutlich weil es so war wie ich meinte. Salice fühlte sich verpflichtet seinem Bruder und Kathalena zu helfen und das für eine Anerkennung, die nie seine sein wird.
Ich ging einem anderen Gedanken nach, stellte mir die Frage ob Kathalena bereits im Gericht saß, gegen Adriano aussagte oder die scheinheilige mitleidige große Schwester spielte, die im Hintergrund alle Fäden zog.
Vielleicht war sie auch noch auf dem Weg, stand im Stau, wurde von Celine und Cole aufgehalten und zur rede gestellt, wo sie mich hinverfrachtet hatte.
Oder es war bereits zu spät. Adriano wurde nach Italien zurück geflogen, verurteilt und ich sah ihn nie wieder.
Der Pure Gedanke daran machte mich wahnsinnig.
"Hat sich deine bessere Hälfte schon gemeldet, ob sie fertig ist mir und ihrem Bruder das Leben zur Hölle zu machen?"
So aggresiv wie Salice sein Handy in der Hand hielt musste doch etwas passiert sein.
Wie üblich kein Tönchen.
"Kommt sie jeden Moment hier an, streichelt dir den Kopf und sagt fein gemacht, du hast gut gemordet und jetzt begeh das nächste große Verbrechen für Anerkennung, die nie dir gehören wird?"
Ich setzte alles auf die letzte Karte in meiner Hand.
Die letzten Tage hatte ich mich zurück gehalten.
"Du bist diesen Leuten verpflichtet, aber Kathalena hat doch nie zu deiner Familie gehört."
Ich hatte ebenfalls erfahren, wieso die Telarmos Kathalena damals verschont hatten.
Sie wusste von Geschäftsgeheimnissen ihres Vaters und da er nicht viel dazu beigetragen hatte sie vor 10 Jahren zu befreien, verkaufte sie sich.
Die Bedingung: Sie musste ihren Bruder in dem Glauben lassen sie sei tot.
Sie ging ein, befreite sich und Adriano und ordnete sich dann ihren Feinden unter.
Über all die Jahre wuchs ihre Verachtung gegenüber Jacopo, der es trotz dem angeblichen Tot nie für nötig gehalten hatte diesen aufzuklären, die verantwortlichen zu finden oder daran zu zweifeln.
Vor Monaten steigerte sich ihre Wut so sehr, dass sie Rache wollte, dafür dass keiner mehr an sie denken wollte.
Davor arbeitete sie sich im Telarmo Clan an Flavios und Salices Seite hoch und versprach dann das Territorium der Giulanis auseinander zu nehmen. Von innen heraus an ihrem jüngsten und schwächsten Punkt, Adriano.
Sie gab mir ein ganzes Geständis ab, vertraute mir jedes kleinste Detail ihrer Masche an.
Würde ich hier mit viel Glück heute noch raus kommen hatte ich Mittel und Worte sie zu überführen.
"Sie hat sich deinen Leuten aus Rache und Hass ihrem eigenen Vater gegenüber verschworen. Sie ist alles aber nicht Loyal, Treu und Gehorsam. Die Grundzüge der Mafia hat sie lange vergessen."
Salice tippte auf sein Handy ein, stand dann schwungvoll auf und raste aus dem großen Raum der Lagerhalle in das kleine Büro durch das Kathalena die Halle immer betrat.
Mein Magen knurrte. Zu essen hatte ich heute noch nichts bekommen und ich war mir sicher die wenige Nahrung in den letzten Wochen taten meinem Nachwuchs nicht gut, genauso wenig wie meine Ständige sorge und das unaufhaltsame Denken und Nervös sein.
Nachdem ich Adriano gerettet hatte würde mein erster Gang ins Krankenhaus gehen, um mich durchchecken zu lassen, meinen Kiefer und meine Nase wieder richten zu lassen.
Ich schloss meine schmerzenden und dicken Augen und versuchte meine Arme zu spüren, die leblos über meinem Kopf festgemacht waren.
Mein Kopf pochte im Einklang mit meinem Puls.
Ich schmeckte Blut in meinem Mund, der einzige Geschmack der mich noch daran erinnerte, dass ich in der Realität fest saß und nicht in einem schlechten Traum.
Träge drehte ich den Kopf zu Salice.
Er telefonierte, hielt sich nervös am Schreibtisch fest und sah immer wieder in meine Richtung, als versicherte er sich, dass ich noch genau an dem Fleck saß, an dem er mich festgemacht hatte.
Mehrmals fuhr er sich durch die Haare, sah sich suchend um, vergewisserte sich allein zu sein, vergewisserte sich, dass ihn niemand hören konnte.
Mit wem er auch telefonieren mochte, offensichtlich war diese Person jemand, der ihn einschüchterte, bei dem ihm nicht wohl war.
Wenige Minuten später eilte er mit schnellen Schritten zurück in meine Richtung und zückte im gehen ein Messer.
Er stiefelte zielstrebig auf mich zu und straffte den Rücken zu seinen vollen zwei Metern.
Trotzig, doch mit einer Spur Respekt sah ich zu ihm auf. Jetzt würde er mich abstechen, auf einen Befehl von Kathalena hin, jemandem vor dem er Angst haben musste, so wie er eben ausgesehen hatte.
"Wer hat dir denn so Angst eingejagt?" konnte ich mir nicht verkneifen über meine Lippen zu quälen.
Salice atmete tief durch und sah mich zum ersten Mal in den vergangenen Tagen richtig an.
Auf seiner Stirn sammelte sich schweiß, seine Haare hatten keinerlei Ordnung mehr.
"Die Cops." kalt, gefasst antwortete er mir.
Ich beherrschte meine Überraschung und zog nur eine Augenbraue hoch.
"Ich lass dich frei." brummte er in seinem schweren südländischen Akzent und griff nach den Fesseln an der Stange über meinem Kopf.
Mit dem Messer schnitt er die festen Seile durch und fing meine Hände achtsam auf.
"Mach es nicht fest auf dein Gequassel. Ich hatte das so oder so geplant." bemerkte er und führte meine Hände vorsichtig in meinen Schoß.
Mit jedem folgenden Herzschlag wurde wieder Blut in meien Arme gepumt. Sie fühlten sich schwer an, schmerzten, als hätte ich einen schweren Muskelkater, doch ich war in der Lage meine Finger vorsichtig zu bewegen.
"Kathalena hält meine Familie fest." gestand Salice mit einem todernsten Blick und ging auf die Knie um meine Beine und Knöchel von den Fesseln zu befreien.
"Ich habe über die letzten Tage versucht sie frei zu bekommen. Meine Frau, mein Kind.
Grade kam die bestätigung an, dass sie außer Reichweite sind."
Ich ertappte mich dabei Salice anzusehen, als wäre ich gegen eine Wand gerannt.
"Den Mord an Jacopo habe ich freiwillig begangen. Ich dachte ich hätte etwas davon."
Er blickte hoch zu mir und wies knapp, dass ich noch einen Moment sitzen bleiben sollte.
"Mein Vater hat nur Flavio und Kathalena geehrt. Ich bin zur Hälfte Teil der Familie, bin ein uneheliches Kind, hatte es nie leicht." beiläufig erzählte er mir seine Geschichte.
"Den Mord an Maroccionis Vater, an dem habe ich gezögert. Als Mein Vater und Kathalena herausgefunden haben, dass ich mir ein menschliches Zweitbein geschaffen habe, haben sie es gegriffen und mich damit erpresst. Als ich Maroccioni selber erschießen sollte und mich vertan habe, haben sie sie gefangen genommen und hätten sie erst freigelassen, wenn ich dich umgebracht hätte."
Ich schluckte, hörte Salice aber so zu, wie er mir in den letzten Tagen.
"Du hättest es nie nach Sizilien geschafft. Flavio oder ich hätten dich vorher umbringen müssen. Alles steckt schon in festen Tüten. Du hättest dich in den Tod gestürtzt weil du Adrianos Verhaftung nie hättest verarbeite können, das haben sie in einem Abschiedsbrief verfasst. Alles hätte so gewirkt, als wärst du durchgedreht."
Meine Augen drohten aus den Hüllen zu fallen.
Ich konnte nicht glauben wie plötzlich sein Bild änderte.
"Die letzten Tage tun mir leid. Aber wäre aufgefallen, dass ich meine eigenen Pläne für dich hatte, wären wir beide und deine ganze Familie tot."
Salice sah von mir weg, fuhr sich durch seine zerstörte Frisur und half mir dann auf die Beine.
"Ich habe mich den Cops gestellt. Sie sollten in der nächsten halben Stunde hier eintrudeln und ich werde ihnen alles gestehen, alles was ich weiß. Ich werde Adriano komplett entlasten. Kathalena und meinen Bruder werden sie dann ebenfalls fassen."
Ich blinzelte heftig, doch wartete auf seine nächsten Worte.
"Dir habe ich ein Taxi bestellt. Es fährt dich direkt zum Gericht.
Die Verhandlungen finden in dem großen Saal im Obergeschoss statt. Es wird viel Presse da sein, Kathalena wollte alles so groß wie möglich aufziehen."
Salice stützte mich bis hin zu dem Büro durch das man die Halle betreten und verlassen konnte.
Ich war noch gar nicht in der Lage das Geschehene zu verarbeiten.
"Du musst mich nicht verteidigen. Ich werde für das Büßen, was ich getan habe. Sieh dich nicht in meiner Schuld. Du und Adriano müsst mir nicht vergeben, das werdet ihr nie. Aber seid frei. Ich habt es verdient."
Salice öffnete die Tür in die Freiheit und stieß mich ins Tageslicht.
Ohne die Möglichkeit mich bei ihm zu bedanken, ihm klar zu machen, dass sein Plan riskant aber aufopferungsvoll war, dass er einsah was er getan hatte, gab er mir die Richtung in die ich gehen musste und meinte ich solle mich beeilen, bevor er die Tür schloss und ich planlos und mit schmerzendem Kopf und Gliedmaßen seiner Wegbeschreibung folgte.

DU LIEST GERADE
Deadend
Romantiek"Was soll ich denn bitte machen, dass über dein Erscheinen von meinen Kollegen als Notfall gesprochen wird. Habt ihr mit Menschen gehandelt und ich soll Spuren verwischen? Habt ihr Gelder hinterzogen? Jemanden ausversehentlich mit einem gezielten Ko...