19. You still are stunning

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„Bist du dir sicher, dass du alles hast?" Leighton warf einen prüfenden Blick über meine zwei Reisetaschen, von denen ich eine schon aufbruchsbereit auf meiner Schulter schleppte.
"Hast du genügend lange Pullover? Jacken? Winterstiefel?" besorgt blitzen seine blauen Augen mich an. Mir zerriss es dabei beinahe das Herz.
Er hatte mir ohne weitere Zweifel abgekauft, dass ich mit meiner 'Klientin' die nächsten drei Wochen nach Norwegen flog.
"Ja." gab ich knapp zurück und ließ zu, dass die schwere Tasche auf meiner Schulter langsam auf den Boden rutschte.
"Sicher? Bist du dir wirklich wirklich sicher?" wollte mein Verlobter wissen und riss die Augen weit auf.
Ich verkniff mir zu seufzen, ignorierte das rebellieren in meinen Körperzellen und strackste auf ihn zu, um ihn in einen Kuss zu ziehen, der schmerzte.
"Ich bin mir sehr sicher, Leighton." versicherte ich und fuhr mit meiner Hand seine Wange entlang.
Viel mehr sollte es mir weh tun daran zu denken, was ich am Donnerstag bei Adriano zugelassen hatte, dass ich mich verwundbar zeigte und alles weitere danach ein wenig nach hinten losging.
Wobei ein wenig noch untertrieben war.
Ich schämte mich nicht komplett entblößt mit ihm im Büro herumgeknutscht zu haben, während Astrid vor der Tür stand, mit einem Anruf von Leighton in der Leitung. Zum Glück hatte er Adriano jedoch nicht hören können.
Ich biss die Zähne zusammen, als ich an diesen Morgen dachte und blickte auf mein Handy
"Seit wann hast du einen Pin drin?" fragte Leighton, als er auf mein Display schielte. Verwundert sah er mich an.
"Vertraust du mir nicht mehr?"
Er scherzte, doch nach Lachen war mir nicht zu mute, eher danach über sieben Beete zu kotzen und doch nicht nach Italien zu fliegen.
"Doch... es ist nur..."
Es ist nur, dass ich mir in den letzten Tagen immer wieder mit Adriano geschrieben und seinen Namen von Arthur zu seinem richtigen geändert hatte.
Ich vertraute mir selber was ihn betraf nicht mal mehr.
"Ich will nicht, dass jemand in meinen Nachrichten lesen kann, sollte man mir in Norwegen mein Handy klauen." redete ich banalen Mist.
Leighton beugte sich zu mir und küsste meine Wange. „Du bist süß. Wirklich, aber ich glaube nicht, dass dir das passieren wird." redete er mir aus und nahm mich in die Arme.
Ich wollte um mich treten und schlagen, dass er mich auf der Stelle loslassen sollte, doch ich blendete diesen Drang aus und versuchte mich in seiner Umarmung zu entspannen.
Doch mit Entspannung sah es in den letzten drei Tagen mies aus.
"Ich vermisse dich jetzt schon und du sitzt nicht mal im Flieger." murmelte er mir gegen den Scheitel und legte seinen Kopf auf meinem ab.
Verzweifelt schlang ich meine Arme um ihn und drückte ihn so, wie schon lange nicht mehr.
Unterbewusst versuchte ich mich bei ihm für das passierende zu entschuldigen, von dem er nicht mal eine Ahnung hatte, was es für uns bedeuten könnte.
"Du musst mich nicht vermissen Leight." flüsterte ich und spürte Schuld aufbrodeln.
Wenn es zwischen Adriano und mir in so kurzer Zeit so schnell eskalieren konnte, wollte ich mir nicht ausmalen, was passierte wenn ich mit ihm die nächsten drei Wochen alleine auskommen musste.
"Leighton?"
Ich hob meinen Kopf und traf mit meinem Blick seine blauen und unschuldigen, unbewussten Augen, die keine Ahnung von den Bildern hatten, die durch meinen Kopf liefen wie ein verdammter Fluch.
"Ich liebe dich." flüsterte ich und spürte den Stich der letzten Tage tiefer in meinem Herzen.
Bevor er meine Worte erwidern konnte, stellte ich mich auf Zehenspizen und küsste ihn mit so viel Gefühl, wie es mir möglich war und ohne dass ich an meinem beißenden Gewissen zu grunde ging.
Besser machte ich damit nichts. Keine Schmetterlinge wirbelten um uns und es knisterte und kribbelte nichts so wie bei Adriano und mir gestern.
Da war nichts gegenüber Leighton, außer die aufgedrückte Gewohnheit ihm das sagen zu müssen und ihn zu küssen.
"Ich dich auch Kaileigh." gab Leighton an mich zurück und küsste meine Stirn mit weichen und warmen Lippen, die keine Wärme durch meinen Körper schickten und mich auch nicht heimisch fühlen ließen.
Ich fühlte mich in den letzten Tagen in meinen eigenen vier Wänden unwohl war nicht in der Lage ruhe zu finden.
Nachts irrte ich in der Wohnstube umher und am Tage versuchte ich mich von den Gedanken und Bildern der anstehenden Reise  abzulenken, in dem ich so viel Zeit mit Leighton verbrachte, wie möglich.
Das wollte mir nicht helfen das alte Kribbeln wieder zu erwecken, was verschwunden war, seit Adriano mich das erste mal geküsst hatte.
"Wir müssen los." stellte ich fest.
Ich schälte mich langsam aus Leightons Armen, versuchte meinen Kopf zum schweigen zu bringen und eine meiner beiden Taschen zu tragen.
"Leider ja. Aber die nehme ich." eilig hatte Leighton mir meine Reisetasche von der Schulter genommen und griff nach der anderen.
Ich zuppelte an meinem Sommerkleid herum und eilte an ihm vorbei zur Wohnungstür.
"Hast du etwas zum umziehen im Handgepäck? In Norwegen soll es jetzt wirklich kalt sein." vergewisserte sich Leighton, als ich nochmal in die Wohnung sprang und meine Tasche von der Garderobe nahm. Es war süß und traurig wie sehr überzeugt er davon war, wo es mich hinverschlug und wie viel er daran legte, dass ich mir dort keinen Eisbrand holte.
"Ja. Ja hab ich."
Nein. Nein hatte ich nicht. Ich würde nichts längeres zum umziehen brauchen, da ich nicht in einem einfachen Personenflieger nach Norwegen flog, sondern in einem verdammten Privat Jet nach Sizilien.
"Willst du schon mal runter zum Wagen gehen? Ich glaube ich brauche eine Weile bis ich mit den Taschen unten bin." witzelte Leighton und trug sie aus der Wohnung auf den Hausflur.
Nichts lieber als auf Abstand zu Leighton zu kommen, nachdem ich ihn umarmt und geküsst hatte.
"Alles klar, bis gleich."
Leighton warf mir die Autoschlüssel zu und stolperte zu mir, um mir einen Kuss zu geben, bevor ich kehrt machte und zum Fahrstuhl schritt.
Ich versuchte ruhig zu bleiben, als ich das erste mal seit Tagen ohne Leighton in einem Umkreis von fünf Metern und allein für mich war.
Die vergangenen drei Tage sind wie ein Alptraum für mich verlaufen, aus dem ich nicht aufwachte.
Alles was ich für Leighton gefühlt hatte, alles was ich mir in den letzten Wochen mit ihm erarbeitet hatte, das war auf Eis gelegt.
Natürlich liebte ich Leighton, das hatte ich in den letzten neun Jahren und das würde ich in den nächsten noch. Aber der übersprudelnde Funke zwischen uns, zumindest der von meiner Seite, der ist verloren gegangen und das nicht erst als Adriano mich geküsst hatte, sondern schon lange vor diesem Vorfall im Park. 
Als Celine mir mitgeteilt hatte, dass Adriano sich in der selben Stadt befand, wie ich.
Tief durchatmend drückte ich die Taste, die mich ins Erdgeschoss brachte.
Während der Fahrt nach unten harkte ich für mich ab, dass Pille wegschmeißen und sich kurz darauf die Klamotten von Adriano vom Leib reißen zu lassen nicht die besten Entscheidungen meines bisherigen Lebens waren. Mir graute mit einem kalten Schauer vor den nächsten Wochen, in denen es keine Astrid gab, die mit einem Telefon vor der Tür stand und es schaffte mit einem Satz alles so hinzudrehen, dass ich klar denken musste.
Celine hatte recht, ich sollte bei dem Gedanken so lange allein mit Adriano zu sein Bauchschmerzen bekommen. Obwohl ich angst hatte auf da, blieben die Bauchschmerzen aus.
Um genau zu sein, ich war aufgeregt, wenn auch mit bitterem Beigeschmack.
Ich trat aus dem Fahrstuhl und marschierte durch das Foyer zum Ausgang und auf den Parkplatz.
Mittlerweile war es August und langsam wurden die Nächte wieder länger, so dass es fast
dunkel war, als ich ungefähr gegen Zehn am Wagen stand und auf Leighton wartete.
Kalt war es noch nicht, eher angenehm warm, doch in den nächsten Wochen würde sich die Temperatur in Washington ändern, so dass ich längere Kleidung für den Rückflug hätte einpacken sollen.
Seufzend sah ich mich um.
In den letzten sechs Jahren hatte sich in diesem einfachen Wohnviertel nichts verändert.
Alles war noch immer weiß und spröde angestrichen und der Spielplatz wenige Meter von mir entfernt sah noch so aus, als würde er jeden Moment rostig in sich zusammenfallen.
Wenn ich drüber nachdachte, hatte ich eigentlich keine Ahnung mehr, wieso wir diese Wohnung genommen hatten.
Ich glaubte mich zu erinnern, dass es daran liegen mochte, dass Celine und Monty nicht weit weg von uns wohnten und wir uns seit der Schule vorgenommen hatten zumindest in der gleichen Straße zu leben, wenn schon nicht in einer WG.
Seufzend lehnte ich mich gegen den roten Ford von Leighton und mir.
Mit Celine hatte ich in den letzten Tagen kaum zu tun gehabt, zum einen weil sie Rundumsorge für ihren trauernden Freund spielte und zum anderen, wegen unserer lauten Auseinandersetzung.
Ich hatte ihr noch am selben Tag mitten in der Nacht eine Entschuldigung für mein Verhalten geschrieben, ihr aber übelgenommen, dass sie Adriano verraten hatte, was er nicht wissen sollte.
Sie sah ihren Fehler an der Sache nicht ein ihm gegenüber ehrlich gewesen zu sein und entschuldigte sich nicht. Ihr Argument war, dass sie weiteren Katastrophen vorbeugen wollte.
Wenn sie wüsste, dass sie mit ihrer Aktion nichts bewirkt hatte, würde sie Adriano und mich nebeneinander stellen und mit ihrem kleinen pinken Zickenrevolver erschießen.
"Verdammt Kai, wieso hast du den Kofferraum noch nicht aufgemacht!" mühte sich Leighton mit meinen Taschen auf seinen Schultern ab, als ich angelehnt am Wagen stand.
Ich riss mich aus meinen Gedanken los und reagierte auf seine Worte.
Ich lief um das Auto herum und öffnete für ihn den Kofferraum, damit er die Taschen sofort darin ablegen konnte.
Adriano hätte das nie von mir verlangt, er hatte mich nicht mal alleine zum Auto gehen lassen, oder mich meine Handtasche tragen lassen.
Ich verwarf das Gedachte.
In den Anfängen von Leightons und meiner Beziehung hatten genau diese mistigen Vergleiche dafür gesorgt, dass wir aneinander geraten sind.
Adriano war nicht Leighton, das war schmerzhaft, aber wahr.
Das Recht die beiden zu vergleichen sollte ich mir nicht herausnehmen dürfen, niemals!
Ich ging wieder um den Ford um einzusteigen.
Leighton legte ich den Schlüssel auf den Platz, so dass er ihn nehmen konnte, bevor er den Wagen startete.
"Wieso hast du den Schlüssel noch nicht in die Zündung gesteckt?" fragte Leighton mich, als er neben mir einstieg und die ihn nahm.
Ich seufzte, doch er redete weiter.
"Bist du sehr aufgeregt auf deinen großen Flug? Hast du das Flugticket?" harkte Leighton nach.
Nickend zog ich meine Handtasche auf und zog das gefälschte Ticket, zu dem Adriano mir einen Link geschickt hatte, aus dem Buch hervor, welches ich mir für den Flug eingepackt hatte.
Erleichtert nickte Leighton und startete das Auto.
"Und ja ich bin wirklich aufgeregt." murmelte ich und spielte an den Ecken des Tickets herum, dass nicht wirklich gefälscht war.
Es hatte den Barcode, den man zum Scannen brauchte, bevor man ins Gate kam, jedoch würde hinter dem Eingang zu diesem ein Mitarbeiter auf mich warten, der mich unverzüglich ans andere Ende zum Flughafen in die Ecke brachte, in dem die Prominenz mit ihren eigenen Fliegern kam und ging.
"Das glaube ich dir. Ich meine du fliegst nach Europa. Und das ohne mich." Leighton lachte locker, doch auch ihm konnte ich die Aufregung anmerken, dass er mich die nächsten drei Wochen nur hören oder auf einem Bildschirm sehen würde.
"Wir holen das nach, spätestens... spätestens zu unseren Flitterwochen." quälte ich hervor, lächelte schmerzhaft breit.
Leighton strahlte und konzentrierte sich auf die Straße.
"Oder spätestens wenn unsere Kinder alt genug zum fliegen sind." grinste Leighton und sah für den Bruchteil einer Sekunde aufgeregt zu mir.
Ich ließ das gemeißelte Lächeln auf meinen Lippen ruhen und sah aus dem Fenster.
"Wie lange dauert das eigentlich, bis die Pille ihre Wirkung verliert?" fragte Leighton beiläufig, als er auf die Autobahn zusteuerte.
Ich presste die Lippen aufeinander.
Von seinem Kinderwunsch gab es kein Zurück mehr.
"Ich weiß nicht. Vielleicht einen oder zwei Monate." zog ich mir an der Nase herbei und verschränkte die Arme, als ich mich angespannt zurücklehnte.
"Dann haben wir ja noch etwas Zeit uns mental auf unseren nächsten großen Zug vorzubereiten." strahlte Leighton. Im fahren stellte er das Radio an.
Unbehagen lachte ich leise und nickte gehorsam.
Für mich würde es nie genügend Zeit geben, mich Mental darauf einzustellen schwanger zu werden, wenn ich es nicht wollte.
Das würde sich das ändern, wenn ich das erste mal schwarz auf weiß sehen würde, dass da irgendetwas in mir heranwachsen würde.
"Denkst du, dass wir vielleicht in die Vorstadt ziehen könnten, wenn es soweit ist?"
Ich wollte Washington aber nicht hinter mir lassen und mir eine andere Kanzlei suchen. Ich war mit Haylee als meine helfende Hand, Taylor als meinem Büronachbar und Mr. Chester als meinem Chef zufrieden.
"Und was ist mit unseren Jobs?" konterte ich und versuchte nicht zu genervt von seiner Zukunftsutopie zu klingen.
"Wir müssen nicht in die äußersten Winkel ziehen, wo es keine Straßenbahnen oder Autobahnen gibt. Aber in der Innenstadt würde ich mit einem Kind ungern wohnen bleiben."
Ich hatte drei Tage keine Pille genommen und Leighton stand komplett in der Zukunftsplanung. Langsam dachte ich, dass er ein wenig beschränkt sein musste, wenn er nicht merkte wie sehr mich dieses Thema tangierte.
"Wieso? Es wäre alles in der Nähe. Wir hätten es weder weit zur Arbeit noch zur Kita oder unseren Freunden. Vielleicht gibt es in dem Komplex in dem wir wohnen noch eine größere Wohnung." ließ ich mich auf sein Gespräch ein und spürte mein Handy in der Tasche meiner Strickjacke vibrieren.
Ich zog es hervor und stieß die Luft aus, als ich las, dass Celine mir geschrieben hatte.
"Ja aber hier ist es gefährlich." widerlegte mein verlobter.
"Wir wohnen in einem Viertel in dem es fast nur Familien gibt. Keine zwei Straßen weiter ist eine Polizeistation und ein Krankenhaus und du sagst, dass es hier nicht sicher ist?" ironisierte ich und öffnete die Nachricht.
Ich hatte mit einer Entschuldigung gehofft, dass sie an Adriano meine unfreiwillige Familienplanung getragen hatte, doch nichts der gleichen.
Laut ihr war anscheinend nach meinem 'Sorry' alles okay. Sie hatte es sogar ignoriert, als ich sie auf die Sache mit Adriano angeschrieben hatte.
Jetzt kam von ihr nur eine Warnung, dass sie mich umbringen würde, würde ich in Italien unüberlegtes schweiniges Zeug mit Adriano tun.
"Celine?" erkannte Leighton als er die Auffahrt zur Stadtautobahn anvisierte.
"Wer sonst?" säuselte ich und steckte mein Handy weg.
"Was wollte sie?" fragte er mich aus und summte den Song mit, der durch das Auto lief. „Mir eine schöne Reise wünschen." zog ich mir an den Haaren herbei.
"Sie hätte dich auch mit wegbringen können." brummte Leighton.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Der Onkel von ihrem Freund ist gestorben, sie hat alle Hände voll mit ihm zu tun."
Leighton verzog das Gesicht mitleidig. „Okay das kann ich verstehen." pflichtete er bei und trommelte mit seinen Fingern den Beat zu dem Blink-182 Song mit, der anlief.
Wieder kehrte eine Nachricht auf meinem Handy ein und ich zog es hervor, nur um zu sehen, dass Celine mir eine weitere Nachricht geschrieben hatte und meinte, dass sie für mich hoffte, dass ich dennoch etwas Spaß in Italien haben und Adriano einen möglichst geringen Teil dazu beitragen würde.
Ich ignorierte ihre Nachricht und stopfte mein Handy nun in meine Handtasche.
Vielleicht sollte ich mich bei ihr melden, immerhin waren wir beste Freundinnen, aber der Verrat den sie begangen hatte,  lauerte mir im Kopf.
Ich würde Adrianos schmerzlichen Blick nie wieder losbekommen, als er mir sagte, dass Celine an ihn getragen hatte, dass wir uns doch bitte wieder voneinander fernhalten sollten.
Eine Dreiviertelstunde später parkte Leighton auf einem der unzähligen Parkplätze vor dem Washington-Dulles-International Airport.
Den Rest der Fahrt hatte ich damit verbracht nicht an Adriano denken zu müssen und darum zu bangen, dass der Schwindel mit meinem Ticket noch vor Leighton aufgelöst werden würde.
Nebenbei staute sich das schlechte Gewissen an, Leightons bedingungsloses Vertrauen in mich schamlos ausgenutzt zu haben.
Für einen kurzen Moment wünschte ich mir neben Leighton nichts sehnlicheres als einfach aus dem nichts eine Zigarette hervor zu zaubern und zu rauchen.
In den letzten Tagen hatte ich diesen Drang anderweitig abgearbeitet, in dem ich meinen Verlobten immer einen Kuss aufzwang, sobald mir der Willen zu groß wurde.
Häufig wurde aus dem einen kleinen Kuss immer mehr. Meinem Körper tat diese Alternative nicht zu rauchen gut und Leighton erst recht. An meinen Gefühlen raste das alles aber vorbei. Ich nahm sein Tun und seine sanften Berührungen war, Reagierte, doch es war, wie alles andere in den letzten Wochen zwischen uns eine Routine geworden, die mich nicht mehr mit riss und nicht mehr befriedigte wie zuvor.
Überraschenderweise machte mir Leighton die Tür auf, als wir zum stehen kamen.
Er griff nach meiner Hand und half mir aus dem Wagen, um mich in einen überschwänglichen Kuss zu ziehen.
Ich ließ mich auf ihn ein und spürte, je länger wir uns küssten und je intensiver er wurde, einen kleinen Funken Leidenschaft für ihn.
"Ich kann nicht glauben, dass ich dich die nächsten Wochen nur über meinen Bildschirm sehen werde." murmelte Leighton und küsste mich so stürmisch wie eben.
Seine Hände schmiegten sich an meine Hüften, ich hatte meine auf seinen Schultern liegen.
"Du bringst mir aber was aus Norwegen mit oder?" bat er mich dann mit Augen, wie sie die eines kleinen Kindes hätten sein können. "Ein Bild wie du an einem Fjord stehst oder ein kleines Souvenir."
Jegliches gehegtes Gefühl für Leighton ersetzte sich  durch den beengenden Messerhieb seiner naiven Stimme.
Ich wusste mir mit Worten nicht weiter, weshalb ich nur stumm nickte und noch einmal dieses zarte kleine Kribbeln spüren wollte, welches ich bei unseren Küssen verspürte.
Diesmal legte ich ihm meine Lippen auf und zog ihn mit ganzer Kraft an mich.
Da war es wirklich wieder, so süß und klein und unschuldig und beinahe nicht mehr vorhanden, aber doch mehr anwesend, als in der letzten Zeit.
"Kai...wir sind auf einem Flughafen." flüsterte Leighton mir kichernd zu, als ich mich an ihn drückte und wollte dass dieses aufflammen genau so stark wurde wie das, was ich bei Adriano verspürt hatte.
"Na und. Es ist dunkel uns sieht keiner und wir haben noch Zeit." gurrte ich und presste Leighton meine Lippen auf.
Er lachte in meine Berührung und strich zärtlich über meine Hüften.
Das Kribbeln in mir wurde nicht stärker und je länger wir uns küssten um so mehr kam mein Gewissensbiss daher.
Aber ich wollte nicht von ihm ablassen, nicht wenn ich wusste, dass ich ihm gegenüber noch nicht zu Eis erfroren war, dass ich ihn noch immer so liebte, wie ich es wollte.
Es hupte in die Dunkelheit des Parkplatz hinein und Leighton und ich wurden von zwei pink leuchtenden Scheinwerfern angestrahlt.
"Wie war das, sie hat mit ihrem Freund zu tun?" grinste Leighton und streichelte mir über den Rücken.
Ich erkannte zu wem die pinken Scheinwerfer gehörten und lehnte meinen Kopf gegen Leightons Brust.
Das musste ein ganz schlimmer Traum sein, denn auf dem Parkplatz neben uns parkte Celine.
"Das ist der letzte Stand, den sie mir vermittelt hat." brummte ich gegen den Stoff seines Oberteils und schüttelte den Kopf.
"Hei ihr Knutschkugeln!" plärrte sie munter und in aller bester Laune, als habe sie sich nicht den ganzen Tag um Cole gesorgt.
"Du hast geschrieben während du hinter dem Steuer gesessen hast?" erinnerte sich Leighton daran, dass ich eine Nachricht von Celine bekommen hatte.
"Ja. Ist das ein Verbrechen?"
"In Washington kann dir dafür die Fahrerlaubnis genommen werden. Außerdem kannst du dafür eine saftige Geldstafe bekommen." murmelte ich gegen Leighton und wollte mich nicht zu ihr umdrehen, denn dann verschwand der letzte Rest der Wärme, die ich für Leighton in meinem Herzen spürte.
Ich hatte das Gefühl, dass es das letzte mal sein würde, dass ich so für ihn fühlte.
"So lange ich nicht hinter Gitter muss, ist es auch kein Verbrechen." schüttelte Celine gut gelaunt ab.
Ich lachte auf und Leighton löste sich langsam aus meiner Umklammerung.
Flehend wollte ich ihn wieder an mich ziehen, aber ich glaubte es wäre zu verdächtig. Ich ließ zu, dass er Celine begrüßte und sie anschließend mich, wenn auch ein bisschen distanzierter als sonst.
Ich merkte, dass sie sich vor Leighton nicht anmerken lassen wollte, dass wir uns gestritten hatten und sie noch mächtig Mist bei mir stecken hatte.
"Was suchst du hier?" schmierte ich mir ein erstauntes Lächeln auf die Lippen, bei dem sie sofort erkannte, dass es nicht echt sein konnte.
Meinem verlobten zu Liebe spielte sie mit.
"Ich kann dich doch nicht einfach ohne große peinliche Verabschiedung nach Norwegen fliegen lassen." wobei sie Norwegen so übertrieben betonte, dass ich kurz davor stand ihr an Ort und stelle so eine Ohrfeige zu verpassen, wie sie mir am Donnerstag, als sie mich beim Rauchen erwischt hat.
"Außerdem hab ich mir sorgen gemacht und die wären nicht besser geworden, wenn ich dich vor deinem Abflug nicht nochmal sehen würde. Denn wer weiß, was auf so einem Flug passieren kann." Sponn sie ihren provokanten Ton weiter.
Ich lächelte sie bitterlich an. „Du musst dir doch keine Sorgen machen. Es wird sicherlich alles gut gehen." fuhr ich meine Krallen aus und signalisierte ihr, dass sie die klappe zu halten hatte.
"Alter du hast mir meinen Plan geklaut!" polterte wie aus dem Nichts nun Monty bei uns an und fuchtelte aufgebracht mit seinen Händen herum.
"Monty?!" kam es von uns dreien Unisono und überrascht.
"Ja! Ich." grinste er. „Was willst du denn auch noch hier?" lachte ich und lief auf ihn zu, um ihn zur Begrüßung zu umarmen.
"Ich dachte mir, wenn Celine schon ein peinliches Abschiedstamtam veranstalten will, dann bin ich im vollen Einsatz dabei. Hab nur leider Luftballons und Taschentücher zu Hause vergessen." witzelte er und verwuschelte mit einem frechen glitzern in den dunklen Augen meine Haare, bevor er zu Leighton ging und sie ihren uralten Bestefreundehandschlag ausführten, der über die Jahre immer komplizierter und länger wurde.
"Das ist ein Argument." murmelte Celine wenig begeistert über das Erscheinen ihres Mitbewohners.
"Um die könnt ihr euch kümmern, wenn ihr Leighton für die nächsten drei Wochen umsorgen müsst." stieg ich in die gute Laune Montys mit ein.
"Genau. Mit den Luftballons lenken wir ihn ab und mit den Taschetüchern trocknen wir seine Tränen, wenn er dich vermisst." mischte Celine mit dazu, hatte ihren provokanten Unterton noch immer nicht abgelegt.
"Leute, hört auf von mir zu sprechen, als wäre ich ein kleines Kind." stellte Leighton sich dazwischen und hob abwehrend die Hände.
"Wenn ich darüber reden kann meine eigene Familie in einiger Zeit zu gründen, bin ich doch sicherlich mehr als erwachsen." argumentierte er.
Celine blickte mich Forsch an. Monty verschluckte sich.
"Ich... ich glaube wir müssten langsam rein." murmelte ich in die Stille hinein und spielte an dem Schulterband meiner Handtasche herum.
Leighton nickte fest und machte sich daran die noch immer offene Beifahrertür zu schließen und dann meine Taschen aus dem Kofferraum zu nehmen.
Er schulterte sie sich beide auf und ich steuerte an Celine und Monty vorbei auf das Flughafengebäude zu.
Groß und kräftig über Leightons Kinderpläne zu plaudern würde mir den Abschied noch schwerer machen, weshalb ich den schmerzhaftesten Teil des Abends so schnell wie möglich hinter mich bringen wollte.
"Sag mal du bist doch wirklich nicht mehr ganz dicht!" zischte Celine mich an, als sie mich von Leightons Seite zu sich gezogen hatte und wartete bis er mit Monty nicht mehr in unserer Hörweite lief.
"Warum? Weil ich mich dazu entschlossen habe eine Familie mit Leighton zu gründen?" säuselte ich unschuldig und steckte die Hände in die Taschen meiner leichten Jacke.
"Ja!" bestätigte Celine. „Stell dir vor du überlebst die Reise, ohne dass Adriano dir noch im Flieger die Klamotten vom Leib reißen wird. Bist du dir danach sicher, dass du wirklich ein Kind auf die Welt bringen willst, bei dessen Entstehung du gegenüber Leighton vielleicht nicht mal geistig anwesend bist?"
Mir fiel das Kinn zu Boden.
"Ich werde für Adriano die Beine im Flieger geschweige denn in Italien ganz bestimmt nicht breit machen. Außerdem bin ich bei Leighton im Bett geistig immer voll dabei." Lügen, beides waren große Lügen, wie ich in den letzten Tagen selber erfahren durfte.
Indirekt hatte ich für Adriano die Beine breit gemacht und hatte Leighton gegenüber im Bett so einiges vorgeheuchelt, was man nicht vorheucheln sollte, aber ich wäre die letzte, die das vor jemandem zugeben würde, der mein größtest Geheimnis einfach weiter geträllert hatte.
"Außerdem hat dich mein Liebesleben gar nichts anzugehen." fügte ich hinzu und wollte an ihr vorbei zu Leighton flüchten, mich bei ihm unterharken, seine Nähe spüren, bevor ich ihn drei Wochen nicht sehen würde.
"Das hat es, sobald sich ein anderer Mann einmischt und dir deine neunjährige Beziehung mit Leighton zerfrisst." mahnte Celine mich und zog mich wieder zu sich zurück.
Ich raufte mir meine Haare. „Adrianon zerfrisst rein gar nichts!" wütete ich so laut, dass ich beinahe befürchtete Leighton und Monty hatten uns gehört, doch die lachten laut und unbeschwert und konnten uns nicht hören.
"Nur zu, rede noch einen Ton lauter und Leighton weiß Bescheid. Du hast es dir ja nicht mal gewagt ihm zu sagen, wo du wirklich hinfliegst." hielt sie mir vor.
"Denkst du wirklich er würde mich fliegen lassen, wenn er wüsste wo es für mich mit wem hingeht?"
Sie zuckte kalt mit den Schultern und das weggeschobene unserer Steiterein in den letzte Tagen war vollkommen vergangen.
Celine sah mich an, wie am Donnerstag. „Genau das wäre der Sinn an der Sache, du dürftest gar nicht mitfliegen, Kaileigh. Du kannst doch nicht ernsthaft ohne schlechtes Gewissen in den Flieger steigen und denken, dass Adriano das nur eingefädelt hat, um den Mord an seinen und Coles Vater zu klären." versuchte sie mir in den Kopf zu schleusen.
"Ich weiß nicht ob du grenzenlos bescheuert bist, oder nur so tust um vor Leighton unschuldig und unverändert zu wirken, aber du und Adriano, ihr seit auf dem besten Weg euch wieder eineinander zu verlieben und genau das wird er in Italien ausnutzen." malte sie sich aus und fuchtelte mit ihren Armen herum.
"Nur weil er mich geküsst hat heißt das nicht gleich, dass..."
"Es geht doch nicht nur darum, dass ihr euch geküsst habt, Kaileigh. Es geht um die Art wie er dich ansieht, wie du ihn ansiehst. Das macht mir gewaltig Angst." Ihr Ton wurde wieder ruhiger, beinahe flehend.
Ich atmete tief durch. „Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich mir irgendetwas erlauben werde was Leighton oder mich auseinander bringen könnte. Ich fühle rein gar nichts für Adriano, wirklich nichts." Wow. Ich wurde tatsächlich immer besser in Lügen und das innerhalb weniger Monate.
Ich sollte mir dafür langsam mal einen Orden verleihen.
"Das will ich wirklich für dich hoffen Kai. Du weißt, wie lange du mit Leighton damals zu kämpfen hattest."
Ich sah zu Boden und nickte.
Ich wollte nur noch weg von meiner besten Freundin und meinem Verlobten wenige Meter weiter.
"Du bist mir außerdem noch eine Entschuldigung fällig."
Spielte ich das Gespräch weg, als wir auf Leight und Monty zu liefen und ich mitbekam, dass wir schon mitten in der Haupthalle des Flughafens standen.
"Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich Adriano die Wahrheit über deine und Leightons Zukunftsplanung enthüllt habe, wenn du das meinst." wehrte sie sofort ab.
Ich biss die Zähne zusammen. „Ich werde mich niemals für eine Wahrheit entschuldigen, die dich schützt. Jetzt weiß er, dass er deine Hände von dir zu nehmen hat, als zukünftige Mutter." singsangte sie in den falschen Glauben eingehüllt, dass ich nichts emotional zu starkes für Adriano übrig hatte.
Ich stieß die Luft aus und eilte die letzten Meter zu Leighton um mich in seine Arme zu werfen und mich dabei nach dem Gate umzusehen, zu dem ich musste und an dem der Mitarbeiter auf mich wartete, der mich zu Adriano brachte.
"Da drüben musst du gleich hin." murmelte Leighton mir zu, als er meinen suchenden Blick bemerkte, mich aber nicht aus unserer Umarmung gehen ließ.
Es war ein Fehler mich in seine Arme zu begeben, da sich alles geschehene mit Adriano in den letzten Tagen anstaute und Leighton gegenüber durch dicke Krokodilsschuldtränen raus wollte.
Auf einmal lastete alles auf mir. Die Scharade die ich in den letzten Woche mitspielen musste, meine aufkochenden und nicht ungefährlichen Gefühle für Adriano und dass ich Leighton eingewilligt hatte es mit dem Kinder bekommen zu versuchen, sobald sich zeigen sollte, dass meine Pille die Wirkung verlor.
Ich zwang mich mich zusammen zu reißen und nicht dem Druck vor meinen Freunden und meinem Verlobten dampf zu machen.
Spätestens wenn ich den dreien den Rücken zugewandt hatte würde die erste Träne aus Druck, schlechtem Gewissen und Erleichterung aus meinen Augen kullern.
Ich löste mich schwerfällig aus Leightons Armen, um ihn einen Abschiedskuss zu geben, oder zumindest einen von fielen. Gehen lassen wollte er mich nicht und ich nicht das Gefühl der Geborgenheit, des Vertrauens und der Sicherheit, die er mir immer gegeben hat.
Ich wollte die vielleicht letzten ehrlichen Gefühle für Leighton, die ich verspürte nicht verlieren und unsere Beziehung noch mehr in einen Abgrund jagen, der allein auf mir lastete.
Ich verdiente ihn nicht mehr, hielt aber daran fest, dass wieder alles zwischen uns, vor allem von meiner Seite, wieder gut werden würde, dass sich dieses Kribbeln für Adriano in Luft auflöste.
Dabei wusste ich, dass es für das alles schon zu spät war, seit Adriano den ersten Fuß zurück in mein Leben setzte.
"Ich muss jetzt gehen." flüsterte ich Leighton zu und lehnte meine Stirn gegen seine.
Meine Augen brannten, kurz davor rotz und Wasser zu weinen, doch ich hielt meine beherrschte Fassade aufrecht.
"Ich will aber nicht, dass du gehst." widersetzte Leighton und küsste mich wieder.
Ich drehte mein Gesicht weg, so dass er meine Wange erhaschte.
"Ich muss jetzt wirklich los, sonst lassen sie mich nicht mehr durch die Kontrollen, Leighton." Ich spürte meine Stimme brechen, aber schaffte es wie durch ein Wunder nicht zu weinen.
Erneut umarmten wir uns und ich ließ die Wärme in mein Herz, die von dieser Geste ausging, die immer von einer Umarmung zwischen uns ausging.
Beinahe war mir so, als würde ich wirklich auf eine ganz normale Geschäftsreise fliegen und nicht auf eine die eine Menge schlechter Nebenspiele mit sich brachte.
Als Leighton von mir abließ wandte ich mich sofort Monty zu, der mir so leise wie es ging zuflüsterte, dass ich die drei Wochen dafür nutzen sollte, um wieder vom Rauchen los zu kommen.
Ich war mir sicher, dass Adriano dafür schon sorgen würde, der sich in diesem Konstrukt befinden musste.
Celine mahnte mich, als ich sie zum Abschied umarmte, ja nichts unüberlegtes anzustellen, was ich im Anschluss bitter bereuen würde.
Ich bat sie darum keine Geheimnisse an Adriano mehr weiter zu plaudern, worauf sie kalt auf Distanz zu mir ging.
"Ich bringe dir das Gepäck noch bis zum Durchgang." bat Leighton mir an und setzte sich die Reisetaschen wieder auf die Schultern.
"Nein." sagte ich schnell. „Nein. Das musst du nicht. Die haben doch rollen, ich kann sie einfach hinter mir her ziehen." schwächte ich ab und kniete mich zu den Taschen um sie anzuheben und sie mit Leichtigkeit eine Runde um Leighton zu ziehen.
Ein letztes mal nährte ich mich ihm und ließ zu, dass er mich küsste und wir noch eilig ein „Ich liebe dich" austauschen konnten, bevor ich mich von ihnen weg drehte und zu dem Gate lief, welches mich scheinbar nach Norwegen verschlagen sollte.
Ich kramte mein Ticket hervor und es wurde gescannt.
Der Mitarbeiter nickte wissend.
"Mr. Giulani wartet bereits auf Sie. Ich werde Ihr Gepäck auf das normale Band legen, es wird dann für Sie umgeladen, sobald Sie im Jet sitzen. Sie brauchen sich um gar nichts Gedanken machen." erklärte mir der Mann.
"Was ist mit den Sicherheitscheks?" ich sah zu den anderen Passagieren.
Im Rücken spürte ich den fragenden Blick von Leighton und ich spürte, dass er kurz davor war zu mir zu eilen und zu fragen, ob etwas mit meinem Ticket verkehrt sei.
"Die entfallen für Sie." wurde mir beantwortet.
"Könnten Sie mich eventuell normal durchgehen lassen, bis ich außer Sichtweite der Leute da drüben bin?" bat ich vorsichtig.
Der Mitarbeiter betrachtete mich, musste aber gesehen haben, wie ich mich von Leighton verabschiedet hatte und nickte mit Verständnis.
"Es wird Sie gleich jemand abholen und zu Mr. Giulani bringen." ging er ein und ließ mich am Absperrband durch zu dem weitläufigen und glasigen Gang, der mich von Leighton, Celine und Monty, so wie dem Areal trennte, auf dem unzählige Flugzeuge leuchteten und blinkten.
Meine Taschen wurden mir abgenommen und wie erwähnt auf das Paketband abgelegt, mit dem Versprechen, dass sie später im Jet von Adriano landeten.
Ich lehnte mich gegen eine Wand und sackte zusammen.
Jetzt konnten mich weder Leighton noch Celine sehen und jetzt konnte ich dem Druck auf meiner Lunge nachgeben.
Eine Träne nach der anderen bahnte sich ihren Weg über meine Wange und mit jeder wollte ich nicht entscheiden ob ich mich leichter oder schwerer fühlen sollte.
Es war Qual und Erleichterung zugleich frei zu sein, mich nicht vor meinem Verlobten und meiner besten Freundin so zu stellen, wie sie es erwarteten.
Eine Qual war es für mich, weil ich Leighton nach diesen Wochen nie wieder so gegenüber treten könnte wie bisher.
"Ms. Beaufort?"
Eine Stewardess in einem schwarzen Kostüm tauchte vor mir auf und lächelte mich mitleidig an.
"Mr. Giulani schickt mich." teilte sie mir mit und reichte mir eine Hand, damit ich mich vom Boden hochziehen konnte.
Ein wenig verdattert sah ich mich um und nahm die Hand der Frau an, um mich auf die Beine zu ziehen.
"Geht es Ihnen gut? Soll ich Ihnen etwas bringen lassen?" sorgte die Frau, die wenige Jahre jünger sein musste als ich, sich um mich.
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und schüttelte den Kopf.
"Vielen Dank, aber mir geht es gut."
Sie wusste dass ich log, nahm sich nicht das Recht heraus mich weiter auszufragen.
Würde Adriano sehen, dass ich geweint hatte, dann würde er sich schon noch genug um mich sorgen.
Schweigend lief ich der blonden Frau in die entgegengesetzte Richtung und durch eine Extraabsperrung zu einem wesentlich häuslicher eingerichteten und gekühlten Bereich.
Erstaunt sah ich mich um. Die Einrichtung erinnerte mich ein wenig an den Gang im Hotel, in dem Adriano hauste und welches in seinem unmenschlichen Preis seinem Konto bestimmt nichts anhaben würde.
Aus versteckten Boxen dudelte auf dem langen und orangenen Gang vor uns leise klassische Musik.
An den Wänden standen zahlreiche Sitzecken mit kleinen Tischen auf welchen Champagnerflaschen standen dessen Inhalt bestimmt mehr kostete als ich denken wollte.
Ab und an reihte sich eine Tür an die Wandseite.
Die andere Seite des Ganges war geglast und zeigte einen ruhigeren Flugzeugparkplatz auf dem nur ein einziges stand von dem ich wusste wem es gehörte.
"Hier hinten, Estella!" ertönte Adrianos Stimme in einem munteren Klang.
Die Stewardess vor mir fühlte sich angesprochen und zuckte zusammen.
Ich blickte von den Fenstern weg, den Gang entlang und erkannte Adriano, wie er lässig in einem weißen lockerem T-Shirt am Türrahmen lehnte und gelassen in meine Richtung blickte.
"Du kannst schon mal zum Jet gehen. Ms. Beaufort und ich kommen gleich nach." wies er Estella, die dunkel gekleidete Stewardess an, die nickte und mir den Weg frei machte, damit ich zu Adriano gehen konnte.
Die Tränen in meinen Augen waren versiegt, der Druck auf meinem Herz verschwunden.
Aufeinmal fühlte ich nur noch die Freiheit ich selber sein zu dürfen und machen zu können was ich wollte.
"Guten Abend, Kaileigh." Adriano reichte mir elegant eine Hand.
Mit einem verlegenen Lächeln nahm ich sie an und er beugte sich zu mir, um mir zur Begrüßung die Wangen zu küssen, so wie damals immer in der Schule.
"Ich hoffe du hast dich auf den langen Flug vorbereitet." flüsterte er mir zu und legte seine andere Hand an meine Wange.
Ich nahm seinen gelassenen und aufmerksamen Blick wahr und versuchte ihn so ruhig es ging zu erwidern, während mein Herz angefangen hatte im dreifachen Tempo zu schlagen.
"Ich denke schon." Meine Stimme glich nicht mehr als einem hohen flüstern.
Adriano so gut gelaunt und aufgeschlossen zu erleben, das war mir lange nicht mehr passiert. „Der Flieger tankt noch, deshalb muss ich dich bitten noch ein wenig zu warten." lächelte Adriano mir zu und öffnete mir die Tür zu dem Raum, an dem er auf mich gewartet hatte.
Die Einrichtung, war wie der Gang in einem schlichten und beruhigenden Pastellorange gehalten.
In der Mitte des Raumes befand sich eine kleine Sitzecke, wie die auf dem Gang.
Doch der Tisch war ein wenig größer und beherbergte mehr als nur eine Flasche Champagner und zwei Gläser. Auf diesem standen noch einige kleine Naschereien, wie Makarons oder Schokopralinen.
"Mache es dir bequem, Kaileigh." lud Adriano mich ein und betrat den kleinen bequemen Raum nach mir.
Er zog die Tür zu und beobachtete mich dabei, wie ich mich umsah und langsam meine Finger über das weiße Leder der Sitzmöbel streichen ließ.
"Du bist wohl noch nie in der First-Class geflogen." scherzte Adriano.
Ich lachte leise und schüttelte den Kopf.
"Champagnerflaschen und Extrawartebereiche überschreiten mein Budget leider." murmelte ich und blickte zu ihm.
Komischerweise wirkte die Stimmung zwischen uns keineswegs so angespannt, wie ich nach Donnerstag befürchtet hatte, sie wirkte natürlich, ungezwungen.
Adriano schien einen sterilen Abstand zu mir zu wahren, aber ich wusste er würde diesen in jedem Moment überwinden können. Diese Distanz zeugte nur von seiner guten Erziehung und der Tatsache, dass er mir meine Zeit ließ mich an diesen luxuriösen Umstand zu gewöhnen.
"Möchtest du ein Glas Trinken?" strahlte Adriano mich an und schritt in eleganten und bewussten Zügen zu dem Tisch in mitten der Sitzecke.
Ich zog die Augenbrauen hoch, als er den Korken aus der Flasche zog und mich auffordernd ansah.
"Du musst den Champagner nicht bezahlen. Der und das Knabberzeug ist in der Lande- und Fluggebühr für Privat-Jets inklusive." erläuterte Adriano mir gelassen und schenkte lächelnd in die zwei Gläser auf dem weiß lackierten Tisch ein.
Ich friemelte an meiner Tasche herum und brachte nur mit Mühe die Ruhe zustande mich auf einen der Sitze nieder zu lassen und Adriano eines der hochwertigen Gläser aus der Hand zu nehmen.
"Ich kann mich nicht daran erinnern dich jemals in einem wirklichen Kleid gesehen zu haben, außer zum Homecoming oder zur Prom." bemerkte Adriano und betrachtete mich ausführlich.
Ich verschränkte meine Beine übereinander und warf einen flüchtigen Blick über mein geblümtes Kleid.
"Dir stehen Kleider, du solltest öfters welche tragen, Kaileigh."
Meine Wangen liefen tiefrot an.
Leighton mochte es nicht, wenn ich Kleider trug, er hatte Angst irgendein anderer Mann könnte über mich herfallen.
Nur wage bekam ich ein schüchternes Danke hervor und hielt neugierig meine Nase über das goldene Getränk in dem Glas.
"Du hast noch nie Champagner getrunken oder?" erkannte Adriano schumzelnd und setzte sich auf den Sitz neben mich.
"Nein. Noch nie." gab ich sofort zu und beobachtete die Bläschen im Glas.
"Dann lass uns anstoßen." Beschloss Adriano und hob sein Glas.
"Auf die nächsten drei Wochen in Italien, und das wir in diesen so viel wie nur möglich herausfinden werden und auf deinen ersten Versuch Champagner zu trinken."
Adriano grinste breit und suchte mit festem Blick meine Augen, als er zum anstoßen ansetzte und unsere Gläser klirrten.
"Auf die nächsten drei Wochen." sprach ich unsicher nach und zögerte dann mein Glas anzusetzen, anders als Adriano, der das Zeug wohl trank, wie normalsterbliche Wasser aus der Leitung.
Ich zögerte einen Augenblick und nahm Adrianos geduldiges und ausdauerndes Lächeln war.
"Das beste an richtigem Champagner ist, dass du davon viel zu schnell betrunken wirst, aber durch die hochwertigkeit des Alkohols am nächsten Tag keine Kopfschmerzen bekommst." teilte er am Rande mit und nippte erneut an seinem Glas, die grünen Augen dabei keine Sekunde von mir abgewandt.
"Dann werde ich davon wohl in den nächsten Tagen eine Menge brauchen." brachte ich mich zu einem amüsierten Kommentar bevor ich mich entschloss einen Schluck zu nehmen.
Adriano lachte und stützte seinen Kopf auf seiner freien Hand.
"Erst fängst du an zu Rauchen und jetzt wirst du zur Alkoholikerin?" kommentierte er meine Aussage. „Bin ich denn wirklich so unerträglich, dass du deine Sorgen in Rauch und Alkohol ersticken musst?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich... ich habe dir gesagt, dass es nicht an dir liegt." erinnerte ich ihn an Donnerstag und legte meinen Arm auf der Sitzlehne ab.
"Das war nur ein Witz, Kaileigh. Kein guter, das weiß ich, aber ein Witz." rechtfertigte er sich in seelenruhe und fasste meinen umschauenden Blick.
"Du hast geweint." erkannte er keine Sekunde später.
"Was ist passiert?" wollte er wissen.
Ich wich Adrianos durchdringenden Blicken aus und starrte auf den Tisch, bevor ich noch einen prickligen Schluck Champagner nahm, er hatte einen eigenen süßen Geschmack, der mit Wein aber nicht zu vergleichen war.
"Eigentlich nichts. Ich weiß es selber nicht." blieb ich zur hälfte ehrlich.
"Ich möchte dich in den nächsten drei Wochen nicht so sehen, Kaileigh." verlangte Adriano von mir.
"Bei mir kannst du sein wer du willst. Ich werde dich für nichts verurteilen und dir nichts aufzwingen. Sei wer du sein möchtest und lache wann du möchtest, schrei mich an, schlage mich oder küsse mich, so lange es bewirkt dass es dir gut geht und du nicht traurig wirst."
Unweigerlich liefen die Bilder vom Donnerstag in meinen inneren Augen vorbei und ich schauderte angenehm bei der Erinnerung danach, wie einfach und wie schnell ich bei ihm alles um mich vergessen konnte und mich frei fühlte.
"Ich werde es versuchen, Adriano." versprach ich ihn und nippte erneut an meinem Glas.
"Dann brauche ich dafür aber den." Er griff bewusst mit seiner Hand nach meiner linken und drückte den Ringfinger mit dem Verlobungsring von Leighton.
"Dein Verlobter sperrt dich ein. Das hast du selber gesagt. Ich möchte nicht, dass dich jemand einsperrt. Das passt nicht zu dir und damit verbunden auch nicht dieser Ring."
Ich stutze.
Adriano forderte mich auf meinen Verlobungsring abzunehmen.
"Du bekommst ihn wieder, sobald wir wieder hier landen, versprochen." versicherte er mir und zog sachte an dem Ring, den ich seit Leightons und meinem Urlaub auf Hawaii kein einziges mal abgenommen hatte.
Ich nickte. „Nur unter einer Bedingung." stellte ich auf und blickte von meiner Hand direkt in seine leuchtend grünen Augen.
"Du wirst mir nicht verraten wo du ihn hin räumst oder versteckst. Ich will von diesem Ring und alles was mit ihm zu tun hat in den nächsten Wochen nichts zu hören bekommen." verlangte ich von Adriano. Im Hinterkopf war mir bewusst, dass ich mit Leighton telefonieren musste, aber dazwischen wollte ich nichts von ihm wissen oder hören.
Für einen kurzen Moment besah Adriano mich überrascht, als hätte er absolut nicht mit meiner Bedingung gerechnet.
"Dann mache die Augen zu, ich werde ihn verstecken." flüsterte er geheimnisvoll.
Ich war mir der Schwere meiner Entscheidung bewusst, aber es musste sein, ich wollte mich noch einmal unbeschwert fühlen, bevor ich mich den Rest meines Lebens an Leighton band.
Flattern schloss ich meine Augen und spürte wie Adriano meine Hand hob und den rosefarbenen Ring sanft von meinem Finger zog.
Ich spürte wie leicht sich meine Hand aufeinmal in seiner anfühlte und wie beflügelnd und leicht seine Lippen meinen Handrücken küssten.
Meine Augen blieben zu, er hatte mir noch keine Entwarnung gegeben sie wieder zu öffnen, selbst nicht, als ich seinen sommerlichen Duft unmittelbar vor mir wahrnehmen konnte und seinen ruhigen Atem in meinem Gesicht spürte.
"Du kannst die Augen wieder aufmachen, Kai." hauchte er meinen Lippen nahe und berührte sie zaghaft, als er das erneute flattern meiner Lider wahrnahm.
Ich behielt meine Augen geschlossen, bekam sie gar nicht richtig auf, als ich seine Lippen auf meinen spürte und die zärtlichkeit und Vorsicht die mit dieser kurzen und knappen Berührung einherging.
Mit kribbelndem Bauch öffnete ich meine Augen und fand mich in denen von Adriano versunken.
"Wie kann es sein, dass du immer noch genauso atemberaubend aussiehst, wie damals." flüsterte er mir zu und küsste meine Wange. „Ich kann nicht glauben wie viel Zeit vergangen ist, Kaileigh."
Jedes seiner Worte striff meine Wange, so nahe hatte er sich zu mir gelehnt und jedes seiner Worte verdreifachte meinen Herzschlag um ein weiteres, so wie das tiefe prickeln in meinem Bauch, ähnlich wie das des Champagners in unseren Gläsern.
Langsam lehnte Adriano sich zurück und erhob das Glas, bevor wir beide gemeinsam einen Schluck tranken und ihm kurz danach ausgerichtet wurde, dass der Jet nun geladen, getankt und bereit zum starten sei.
Mit kribbelnden Knien nahm ich seine Hand hin, die er mir zum aufstehen hinhielt und miteinander verschränkte, als ich fest und sicher stand.
An seiner Seite verließ ich den luxuriösen Trakt auf dem Flughafen und trat in die angenehme warme Nacht hinaus, eine Nacht in der die Sterne über uns klar zu erkennen waren und keine Wolke die Sicht versperrte. Wir traten in eine Nacht, die für einen Flug einmal um den halben Globus nicht hätte perfekter sein können, die für mich zum Ablegen meiner wochenlangen Gefangenschaft nie hätte erleichternder sein können.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt