14.2 I think it's the American 'I like you'

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Arthur bewegte beim Lesen seine Lippen tonlos mit, wie ein Kind das soeben das Lesen beigebracht bekam und noch Probleme hatte zwischen den Buchstaben einen wirklichen Zusammenhang zu finden.
Ich lächelte hinter hervor gehaltener Hand und blickte auf meine eigenen Notizen nieder.
Um uns herum saß keine Menschenseele mehr und wenn mich nicht alles täuschte waren Arthur und ich, neben der Bibliothekarin die einzigen Personen in der Schule.
Kaum hatte ich meinen ersten Stichpunkt zum Thema endotherme Reaktionen zum tausendsten mal überflogen, da konnte ich spüren, wie Arthur mich beim Lesen beobachtete.
Ich legte meine Hände auf meine Wangen und stützte meine Ellenbogen auf dem Tisch auf.
So wirkte ich konzentriert und versteckte wie meine Wangen rosa wurden.
Allein in der Bibliothek war ich seinen Blicken hilflos ausgeliefert, das war ich sonst auch immer, aber jetzt waren wir unter uns und ich konnte nicht beiläufig ein Gespräch mit Celine oder Leighton anfangen, um mich abzulenken.
"Ich versteh nicht, wieso du überhaupt lernen musst Kaileigh. In deinem Kopf muss doch schon alles drin sein." erinnerte er sich an den Fakt, dass ich ein viel zu gutes Gedächtnis besaß.
Ich nickte als Reaktion auf seine Worte und hob meinen Kopf, um in seine grünen und munteren Augen zu sehen.
Seine Lippen hatten sich zu einem misstrauischen Lächeln verzogen, als würde er nicht denken, dass ich je meinen Hefter oder meine Bücher anrührte, nachdem ich im Unterricht bereits alles gehört hatte, was ich mir merken musste.
"Das ich mir etwas merke, hat nicht zu bedeuten, dass ich es verstehe. Ich kann somit immer nur die trockene Theorie." versuchte ich zu erklären.
Wie mein Gedächtnis wirklich arbeitete, das wusste ich selbst nicht.
Zu meiner Geburt hatte man mir keine Anleitung für ein Superhirn mit gegeben.
"Wenn es danach geht solltest du uns in Französisch mit Vokabeln und Grammatik alle im Regen stehen lassen." schmunzelte Arthur amüsiert darüber, dass mein Gedächtnis nicht so klappte, wie er es angenommen hatte.
"Tja. Ich glaube bei Fremdsprachen hat es einfach einen Aussetzer.
Nach fünf Jahren Französisch ist Salut ca va das einzige was mir im Kopf hängen geblieben ist. Abgesehen von Je ne sais pas." fasste ich kurz zusammen und zuckte mit den Schultern.
Arthur lachte herzlich und klappte seinen Hefter, vollgeschrieben mit den selben Stichpunkten wie meiner, doch in einer völlig anderen Sprache, zu.
"Nach fünf Jahren auf einer Eliteschule kann ich fließend französisch, chinesisch und arabisch und davon ist alles noch da oben drin."
Arthur lehnte sich über den Tisch und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.
Ich rollte mit den Augen.
"Es gibt einen Unterschied zwischen Kleinstadt High School und Großstadt Eliteschule." kommentierte ich trocken, konnte meine Neugier dennoch nicht zurückhalten.
"Chinesisch und Arabisch?" harkte ich ungläubig nach. Französisch kann ich noch nachvollziehen, es gibt viele Länder, in denen die Sprache nützlich sein konnte, aber Chinesisch und Arabisch?
Komplett verschiedene Schriftsysteme und Aussprachen und das hatte er alles noch im Kopf?!
Arthur nickte. „Die Sprachen sind in unserer Zeit Gold wert, Kai. Ich habe übrigens noch gar nicht von den Sprachen angefangen, mit denen ich mich zumindest ganz anschaulich verständigen kann."
"Das solltest du wohl auch nicht." ich fasste mir an den Kopf und schnaubte. „Ich bin neidisch auf dein Französisch? Ich sollte eifersüchtig auf jede Sprache sein, die du sprichst." lachte ich fasziniert und klappte mit der anderen Hand meinen Hefter zu.
Sah wohl so aus, als hätten wir exo- und endotherme Reaktionen für heute Abgeschlossen.
Bis zur der Chemieklausur hatten wir noch ein paar Tage Zeit, außerdem dämmerte es draußen, was hieß dass es Abend sein musste und am Abend dachte es sich schlechter als am Tag.
"Sei das nicht. Ich bin manchmal wirklich verwirrt, wenn es um die einfachsten Worte geht.
Englisch Italienisch und Spanisch vor der Middle School waren noch okay, aber die ganzen Sprachen danach waren manchmal ein bisschen zu viel." erinnerte Arthur sich zurück.
"Noch okay?! Du konntest vor der Middle School neben deiner Muttersprache noch zwei andere Sprachen fließend sprechen." erinnerte ich ihn.
"Eine" berichtigte er mich und zog mir ins Gedächtnis zurück, dass sein Vater Italienier und seine Mutter Spanierin waren und er Englisch wie nebenbei im Kindergarten und zum Teil von seinen Eltern gelernt bekam.
Ausschweifend blickte Arthur sich um und druckste.
"Außer uns scheint keiner die Notwendigkeit zu besitzen noch für Chemie zu lernen." stellte er fest und deutete auf die leere Bibliothek.
"Liegt vielleicht auch daran, dass es bereits dunkel wird und wir  die einzigen sind, die hier sitzen." ich zog eine Augenbraue hoch und begegnete seinem verdutzten Blick lächelnd.
"Tatsächlich." murmelte er und drehte den Kopf.
"Wir sollten uns wirklich langsam auf die Socken machen und nach Hause zu kommen." gestand er sich ein und räumte mit einer lässigen Bewegung seinen Hefter vom Tisch, um diesen in seinen Rucksack zu stecken.
Ich hievte meine Tasche auf meinen Schoß und sortierte meinen Hefter vorsichtig ein.
„Danke übrigens dafür, dass du mir in den letzten vier Stunden diese verdammten Reaktionsverfahren und Reaktionsarten noch einmal erklärt hast. Ich glaube ich kann sie jetzt besser, als in den Jahren zuvor." bedankte Arthur sich mit einem wertschätzenden Lächeln.
Ich spürte wie ich rot wurde und wehrte ab.
"Da gibt es nichts zu danken. Es ist doch selbstverständlich, dass man Freunden in der Not hilft." machte ich ihm klar und schob mich auf dem Stuhl zurück, lehnte mich nach vorne und nahm meine Jacke, die ich mir anzog, als ich aufstand.
Arthur blinzelte mich verdattert an, als hätte ich etwas falsches gesagt, bekam dann aber Klarheit in seinen Augen, welche im gelben Licht der Bibo das Grün ihrer etwas bräunlicher wirken ließ.
"Ja. Das ist es." murmelte Arthur, als auch er sich aus seinem Stuhl erhob und er ihn mit lautem Kratzen wieder an den Tisch zurück schob, seine Jacke zog er sich eilig über und schulterte dann seinen Rucksack.
Ich blickte ihm verwundert nach, als er ohne mich den Raum durchquerte und am Ausgang stehen blieb.
Stumm seufzte ich und hing mir meine Tasche über die Schulter, bevor ich den Weg in seine Richtung einschlug und er mir die Tür aufhielt.
Arthur wartete, bis ich an ihm vorbei gezogen bin und kam mir nach.
"Ziemlich unheimlich nach dem Unterricht den leeren Parkplatz zu sehen." flüsterte ich.
Zuvor bin ich noch nie so lange in der Schule geblieben, nicht mal zu den Proben von Sunrise.
Heute waren Arthur und ich anscheinend die letzten noch anwesenden Schüler.
"Schlimmer wäre es jetzt noch durch die Schule gehen zu müssen." lachte Arthur.
"Auf meiner Schule in New York befand sich die Bibliothek im Gebäude, wenn wir nach dem Unterricht bis zum Abend noch gelernt haben, mussten wir erst durch die leeren Gänge, um auf den Parkplatz zu gelangen." erzählte er mir beiläufig, als wir über den Parkplatz liefen.
"Das war wie in einem Horrorfilm. Vor allem in den unteren Klassen, als wir uns nebenbei Gruselgeschichten erzählt haben." in Erinnerungen hängend lachte Arthur und steckte die Hände in seine Hosentaschen
"Magst du eigentlich Horrorfilme?" fiel Arthur plötzlich mit der Frage ins Haus.
Ich grinste und nickte. „Aber keine brutalen." schränkte ich ein.
"Also nicht die in denen sich wahllos und ohne Sinn und Story die Gliedmaßen abgetrennt werden, sondern die mit einer wirklichen Geschichte dahinter." beschrieb ich.
Arthur klatschte in die Hände.
"Dann sind wir schon zwei. Diese Folterpornos sind wirklich abartig. Caleb liebt sie, in dem Punkt kann ich ihn leider überhaupt nicht verstehen."
"Celine ist auch wie besessen von diesen Filmen."
Gruselig, manchmal kam es mir so vor, als wären Celine und Caleb ein und die selbe Person, nur in verschiedenen Geschlechtern und aus komplett anderer Abstammung.
"Gibt es eigentlich etwas, was die beiden nicht gemeinsam haben?" fragte Arthur munter, als wir an der Straße zum stehen kamen und ich erkannte, dass sein Auto gar nicht auf dem Parkplatz stand.
"Ich glaube nicht. Die müssen so etwas wie Seelenverwandte sein." seufzte ich schmunzelnd.
"Was ist den eigentlich dein Lieblings Horrorfilm?" kehrte Arthur ganz plötzlich wieder zu dem Roten Faden unserer Unterhaltung zurück und betrachtete mich von der Seite so, als würde er auf keine andere Antwort von mir mehr warten.
Einen Moment überlegte ich.
"Ich weiß nicht ob der Film wirklich zum Genre Horror zählt, aber ich liebe Sleepy Hollow." gestand ich schwärmend und schlang meine Arme um mich, als der abendliche Wind mir etwas zu kalt ins Gesicht peitschte.
"Oh! Das ist definitiv einer." bestätigte Arthur mir.
"Mein Lieblingshorrorstreifen ist mehr Komödie und Musical, als wirklicher Horror, aber laut Wikipedia zählt Sweeny Todd auch zu den Horrorfilmen." Arthur lachte und stellte sich mir gegenüber, als würde er mich vor dem beißenden Wind schützen wollen.
"Was Regisseure und Schauspieler betrifft scheinen wir auch unsere Gemeinsamkeiten zu haben." erkannte er und richtete sich die dunkelblaue Beanie auf seinem Kopf, die seine Locken nicht verstecken konnte.
"Stimmt." schloss ich mir  zusammen. Sweeny Todd stammte, so wie Sleepy Hollow ebenfalls aus den Händen von Tim Burton und Johnny Depp.
"Wir beide scheinen einen guten Geschmack für nicht zu brutale aber düstere Horrorfilme zu haben."
Ohne das ich es wollte meißelte sich mir ein unbeschreibliches Strahlen ins Gesicht, welches ich nicht mehr von meinen Lippen bekam.
Arthur erwiderte es und wollte etwas sagen, als er durch das Klingeln seines Handys unterbrochen wurde.
Seine bisher muntere Laune kippte so plötzlich wie die von Leighton.
Arthur gab einen entnervten Laut von sich und sammelte sein Handy aus seiner Jackentasche heraus.
Währenddessen erkannte ich für mich, dass es mich nicht mehr störte allein in Arthurs Nähe zu sein, während es nun langsam wirklich dunkel wurde und nicht mehr dämmerte.
Als wir das letzte mal gemeinsam allein aus der Schule liefen, hatte er mich nach Hause gefahren, vor meiner Haustür geärgert und mich zum Abschied auf die Wange geküsst.
Nicht dass so etwas nochmal genau so passieren würde, aber der Gedanke daran wärmte meinen kalten Körper noch ein bisschen mehr auf.
Arthur konfrontierte seinen Anrufer sofort mit einer Ladung nicht begeistertem Italienisch.
So grenzte ich für mich ein, dass es bestimmt seine Schwester oder Caleb sein mussten.
Im Telefonat wandte sich Arthur von mir ab und stampfte den Fußweg auf und ab, als würde er den Stein unter seinen Schuhen zerschmettern wollen.
Zwischendurch warf er seine freie Hand in die Luft oder fluchte ab und an im bitteren Spanisch oder Englisch.
"Ich glaub ich spinne!" spie Arthur aus und schmiss aus dem Affekt seiner plötzlichen Wut sein Handy auf den Boden.
Es zersprang und er kniete sich davor.
"Alles okay?" etwas entsetzt darüber ihn so außer sich zu sehen, ging ich langsam auf ihn zu.
Arthur schüttelte mit einem bitteren Klang den Kopf.
"Meine Schwester hat mir einen GPS Sender im Handy installiert." schnaubte er und schüttelte den Kopf.
Im schwachen weißen Licht der Laterne suchte er in den Trümmern seines Handys nach dem besagtem Bauteil.
Im stummen trauerte ich um sein Handy. Ich besaß selber eins, nahm es aber wirklich nur in einem seltenen Notfall mit mir mit, da es wirklich teuer gewesen ist.
"Wie alt bin ich?! Drei? Kann sie mich denn nicht mal in die Schule gehen lassen, ohne mir zu vertrauen? Muss ich mich dafür rechtfertigen, dass ich lernen muss?" regte er sich auf, sprang wieder auf die Beine und kickte die Überreste seines Handys auf die Straße.
"Nein, Kaileigh, grade eben ist nicht alles okay." antwortete er nun mir und stürmte auf mich zu.
"Komm ich begleite dich nach Hause." legte er fest und warf im gehen einen Arm um meine Schultern um mich mit sich zu ziehen.
"Als würde ich mich ungefragt in irgendwelchen Gossen herumtreiben." brütete Arthur immer noch ungläubig über die Tat seiner älteren Schwester.
"Wenn ich ihr nach der Schule geschrieben habe, dass ich noch mit dir in der Schule bin, um zu lernen, dann ist es doch nicht nötig mich zu orten!"
Ich zuckte unter der plötzlichen Laustärke seiner Stimme weg und vermisste die ungezwungene Unterhaltung über unsere Lieblingshorrofilme von eben.
Arthur bemerkte, dass er mich erschreckt hatte und blieb im Schein einer Straßenlaterne stehen, so dass ich sein trauriges Gesicht klar erkennen konnte.
Die kräftigen Augen hatten an Munterkeit verloren und seine Züge wirkten eingefallen und reuevoll.
"Tut mir leid, dass ich dich so erschreckt habe. Ich sollte Kimberly damit konfrontieren und nicht dich." entschuldigte er sich und blickte aus Hundaugen zu mir.
Ich schob seine Entschuldigung mit einer lockeren Handbewegung zur Seite und zuckte mit den Schultern.
"Schon gut." nahm ich es auf die leichte Schulter.
"Meine große Schwester baut mir auch andauernd GPS Sender in meine Handys, ich kann dich total verstehen." versuchte ich ihn mit einem Hauch sarkasmus wieder aufzubauen.
Ein niedergeschlagener Arthur wollte meinem Haupt nicht passen. Es war als würde eine völlig Fremde Person vor mir stehen.
"Haha. Ich verstehe, definitiv ein Einzelkind." erkannte er und änderte den Ausdruck in seinem Gesicht um hundertachtzig Grad. "Lass uns ganz einfach vergessen, dass du meinen kleinen Ausraster eben mitbekommen hast."
Er zog eine Grimasse und schloss mit schnellen Schritten wieder zu mir auf, um sich diesmal aus heiterem Himmel bei mir unter zu harken.
In den letzten Wochen hatte er diese eigentlich sehr intimen und vertrauten Gesten öfters an den Tag gelegt.
Für ihn, aufgrund der offenherzigen und herzlichen Kulturen seiner Abstammungsländer, machte es ihm rein gar nichts aus mir ohne Nebengedanken einen Arm um die Schultern zu legen, meine Hand zu nehmen, mir eine Strähne hinters Ohr zu schieben oder sich bei mir unter zu harken.
Doch jedes mal wenn Arthur dies mit einer solchen annehmbaren Selbstverständlichkeit bei mir machte, drehte mein Puls am Rad und mein Herz sprang Salto.
Ich war diese Gesten nicht gewohnt, so redete ich es mir ein, zumindest nicht von einem anderen Junge als Leighton, so dass ich mir nur so meine kleinen Überreaktionen erklären konnte, so wie mein ständiges Rot werden unter seinen Blicken oder Komplimenten.
Für ihn war dies nichts, mich brachte es scheinbar an die nervlichen Ende meiner Organe.
"Du magst also Tim Burton und Johnny Depp?" fing Arthur in die nicht störende Stille auf meinem Heimweg mit einem Gespräch an.
Ich nickte. „Definitiv. Ist alles mit einer wirklich verrückten Geschichte verbunden." dachte ich an meine Annahme zurück, dass Corpse Bride ein Horrorfilm war, in welchen ich mich unbedingt schummeln wollte.
"Auf die bin ich gespannt." forderte Arthur mich auf aus dem Nähkästchen zu plaudern.
Ich räusperte mich kurz und begann ihm dann genau davon zu erzählen, wie Corpse Bride zu meinem Lieblingsfilm wurde.
Amüsiert lachte Arthur und drückte meinen Arm.
"Das ist wirklich verrückt, wenn man bedenkt, dass es bis heute dein Lieblingsfilm ist und du eigentlich verstört davon sein solltest."
Ich zuckte mit den Schultern.
"Mich hat es mehr begeistert, wie sehr Emely unbedingt heiraten und ihre wahre liebe finden wollte, als die gruselige Atmosphäre auf mich wirken zu lassen." beschrieb ich.
"Kimberly hat die Kassette von Sweeny Todd im Schlafzimmer meiner Eltern gefunden und fand es eine gute Idee, den Film mit mir zu schauen.
Am Ende war ich auch mehr von der unglaublich leidenschaftlichen Rache von Sweeny begeistert, als dass mir das Verstörende am Film einleuchten wollte." erzählte er mir von seinem Weg in die düstere Welt der Tim Burton Filme.
"Ich finde es echt unglaublich, wie dieser Mann es schafft so verschiedene Figuren zu erstellen die alle einem so starken Willen folgen, dass man nicht anders kann als für sie mit zu fühlen." Arthur fuchtelte mit seiner Freien Hand begeistert in der Luft herum und schwärmte mit mir über die Macht des Willen, die Tim Burton in seinen Filmen demonstrierte.
"Apropos." kam es Arthur auf einmal in den Sinn, als mir nebenbei einfiel, dass wir schon lange hätten vor meiner Haustür stehen müssen. „In den nächsten Wochen bringen sie Nightmare Before Christmas im Kino im Stadtzentrum, also an jedem Samstag vor jedem Advent." haderte Arthur herum und wirkte neben mir auf einmal etwas nervös.
Er zog seinen Arm aus meinem und richtete sich mit beiden Händen seine Mütze, die perfekt auf seinem Kopf saß.
"Ja. Das hab ich in der Zeitung gelesen." entsinnte ich mich nickend und steckte meine Hände in die Taschen meiner Winterjacke. "Das machen sie hier jedes Jahr vor Weihnachten."
"Wenn du willst, könnten wir uns den ansehen gehen. Ich meine Weihnachten und Tim Burton. Es scheint keine bessere Zeit im Jahr dafür zu geben einem ehrgeizigen Skelett dabei zuzusehen, wie es Weihnachtsmann spielen möchte." schlug Arthur vor und blickte überall hin, nur nicht in meine Richtung.
"Zu gerne." stimmte ich mit einem Lächeln auf den Lippen zu.
"Leight, Monty, Celine und ich sind in den letzten Jahren auch immer zu den Vorstellungen gegangen. Die sind bestimmt dabei." war ich von Arthurs Idee begeistert, aber sorgte mich um die Zustimmung von meinem besten Freund.
"Ähm..." Arthur frimelte nun an dem Kragen seiner Jacke und blickte auf den Boden.
"Ich dachte eigentlich... dass vielleicht nur wir zwei gehen könnten." stammelte er beinahe so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.
"Oh..." machte ich und sah mich eilig und etwas unbehagen auf der Straße um.
Jetzt erkannte ich, wo wir während unserem Redens hingelaufen sind und konnte mein Haus auf der anderen Straßenseite erkennen.
"Wieso nicht? Wir können doch auch alle gemeinsam hingehen, Leighton liebt diesen Film."
Ich stand ein wenig auf dem Schlauch und erkannte nicht, dass ich Arthur mit meiner Reaktion ziemlich zu schaffen machte.
Er stieß die Luft aus und schlang die Arme um sich.
"Genau das ist auch der Punkt, Kaileigh." murmelte Arthur, als wir vor meiner Haustür standen.
"Was? Dass Leighton dich nicht mag, oder dass er den Film mag und wir alle hingehen sollten?"
Ich war dumm... einfach nur grenzenlos dumm... So dumm wie ich war trat ich natürlich weiter auf Arthur herum.
"Eher, dass ihr anscheinend immer alles gemeinsam macht." rückte er raus.
Mein Gesicht fror ein und ich zog meine Augenbrauen hoch.
"Das sollst du um Gotteswillen nicht falsch verstehen, Kaileigh. Deine Freundschaft zu Leighton ist unglaublich und beachtenswert und ich bin mir sicher Leight ist auch ein wirklich cooler Typ, wenn er sich mit jemandem gut versteht." redete er sich schnell wieder aus seinen Worten heraus und wagte es immer noch nicht mir in die Augen zu blicken.
"Aber... ich möchte auch mal etwas mit dir allein Unternehmen."
Jetzt fassten Arthurs Augen meine und ich drehte mich zu ihm, so dass wir uns gegenüber standen, nebenbei erhaschte ich einen Blick auf Leightons Haus und erkannte, das bei ihm alle Lichter aus waren.
Vermutlich hockte seine Mutter noch auf Arbeit und er war unterwegs mit seinem Vater.
"Mit mir allein?" Ich wiederholte Arthurs Worte als hätte ich ihn nicht richtig verstanden, hatte ihm aber bloß nicht wirklich zugehört, was wirklich mies war, wenn ich beachtete, wie verdammt Nervös er mir gegenüber war.
"Ja. Ich möchte etwas mit dir allein unternehmen, weil ich dich kennenlernen möchte und weil ich dich... wirklich sympathisch finde."
Ich lächelte den Knoten in meinem Magen weg, der mich dämlich fühlen ließ.
"Sympathisch im amerikanischen oder im italienischen Sinne?"
An diesem Abend machte ich wirklich alles falsch, was ich nur falsch machen konnte, anstatt mit einer rhetorischen Frage in seiner Wunde zu stochern, hätte es mir doch selber klar werden können.
Arthur ließ die Schultern hängen und blickte mich an, als hätte ich es doch schon lange von selbst wissen müssen.
"Ich meine das amerikanische Sympathisch, Kaileigh. Ich mag dich irgendwie, also wirklich, so richtig wirklich." gestand er mir und blickte über meine Schultern hinweg.
Ich setzte an um etwas zu sagen, aber hielt mich zurück, denn mir lagen keine Worte im Mund.
Das einzige was mit mir passierte, war dass meine Wangen wiedermal rot anliefen, als Arthur verlegen und ungewohnt schüchtern lächelte und mich er mich vorsichtig anschielte.
Arthurs Worte führten in meinem Innern dazu, das wie bei seinen einfachen Gesten oder wie bei seiner Form der Begrüßung mein Herzschlag und mein Puls außer Kontrolle gerieten.
Er hatte mich um ein Date gebeten, deshalb sollten Leighton und die anderen nicht mitkommen.
Arthur mochte mich!
Komischer weise war das erste woran ich nach seinem Geständnis dachte, die Tatsache, dass Celine in ihrer Vermutung recht hatte.
Seit Wochen pochte sie darauf, dass Arthur einen Crush auf mich hatte und nun hatte sich dies bestätigt.
Ich zeigte eine Reaktion, von der ich dachte dass sie nun für mich nichts mehr schlimmer machen konnte, und lächelte.
"Dann bittest du mich also um ein Date."
Ich ersah es als richtig an, nicht darin herumzustochern warum er mich mochte oder wieso.
Arthur hatte mir in den letzten Wochen oft genug gesagt und kommentiert, was er gut an mir fand, wieso er mich sympathisch fand.
"Ja. Ja das tu ich." gab Arthur nun geschlagen zu und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
Wider seinem sonst so selbstsicheren Auftreten wirkte er nun so unsicher wie eine Katze, die nicht wusste ob sie ins Wasser springen sollte.
"Also... also nur wenn du möchtest, es... es ist nicht schlimm wenn nicht, dann..."
Dann würde er sich für den Rest seines Lebens schrecklich fühlen von mir einen Korb bekommen zu haben und das wollte ich nicht, zumal ich ihn selber sehr sympathisch fand, auf die italienische Art und weise, verstand sich.
"Ich würde sehr gern mit dir ausgehen wollen Arthur."
Meine übereilte Entscheidung bereute ich keineswegs, denn seine Statur baute sich wieder auf und das grübchenumzogene Lächeln auf seinen Lippen sprach Bände darüber, wie erleichtert er sein musste.
Bei seinem breiten Lächeln wurde mir warm ums Herz.
"Gut, dann hole ich dich am Samstag um sieben ab, dann fahren wir zum Kino und danach gehen wir noch etwas essen?"
Arthur sprühte nur so vor Eifer und Erleichterung und blickte mich an wie ein kleines Kind, welches eben seinen größten Wunsch erfüllt bekommen hatte.
Die Wärme um mein Herz zog sich mit jedem Schlag bis in meine Gliedmaßen.
"Genau so machen wir das." erwiderte ich sein herzliches und kindliches Lächeln und verspürte den Willen jetzt schon Samstag zu haben.
"Dann, bis morgen." murmelte Arthur und wollte zum verabschieden ansetzten.
Ich machte einen Schritt zurück, nicht um ihn zu verunsichern, sondern weil mir etwas entscheidendes einfiel.
"Wie kommst du überhaupt nach Hause?" fragte ich ihn verwundert.
Er sah sich um und verzog nichtssagend das Gesicht.
" Da vorne an der Straße hab ich eine Telefonzelle gesehen."
Er deutete die dunkle Straße entlang. "Ich kann mir ein Taxi rufen oder sage Caleb bescheid. Er ist bei Celine, da dauert es nicht lange, bis er hier ist." zählte er seine Möglichkeiten gelassen auf.
Seine Augen glühten im Schein der Laternen grün und mir fiel auf, dass sich braune Sprenkel in ihnen versteckten.
Im Nachhinein fühlte ich mich ein wenig schlecht nichts zu seinem Geständnis gesagt zu haben, aber ich hatte Angst ihn zu verletzen oder ihn noch unbehagener fühlen zu lassen, als es ihm in diesem Moment eh schon ging.
"Ich könnte dich auch nach Hause fahren." bot ich ihm an, auch wenn ich ungern hinter dem Steuer saß, für Arthur würde ich eine Ausnahme machen.
"Du musst dir keine Umstände machen Kai, wirklich nicht. Du weißt wie weit weg wir von der Stadt wohnen und es ist dunkel." erinnerte er mich vorsichtig.
"Caleb und ich sollten eh langsam zu Hause eintrudeln, bevor meine Schwester noch eine Vermisstenanzeige aufgibt."
Arthur und ich lachten auf seine Worte, doch so wie ich Kimberly am Wochenende gesehen hatte, konnte ich es mir tatsächlich vorstellen, dass sie ganz Salisbury zu einer Massenpersonensuche Verleiten würde.
"Das wären keine Umstände für mich, wirklich nicht, aber mit Caleb mitzufahren wäre vielleicht praktischer."
Arthur nickte.
"Trotzdem Danke für dein Angebot." bedankte er sich mit einem scheuen Lächeln bei mir.
Ich schmunzelte. „Kein Problem." Ich setzte noch an zu sagen, dass Freunde das füreinander machen, aber nach seiner letzten Reaktion auf dieses Wort und mit seinem Geständnis von vor wenigen Momenten sollte ich damit ganz vorsichtig sein.
Zumal es mir bei dem Wort Freunde in der Bibo selber etwas im Herz stach, vermutlich so wie bei ihm.
"Ich weiß das wirklich zu schätzen, dass du mich an den Arsch der Welt fahren würdest. Celine hat mir verraten, dass du kaum selber fährst." plauderte er aus.
Meine Wangen glühten.
"Ich habe Angst Auto zu fahren." gab ich zu und zuckte mit den Schultern.
"Ich meine dabei kann so viel passieren" stellte ich hinter her und haderte mit meinen Worten herum.
Arthur lachte. „Ich fahre auch nicht gern, nur im Notfall und wenn es nicht anders geht. Sonst lasse ich mich immer fahren." verriet er mir.
Wieder eine Gemeinsamkeit, die wir teilten.
Unkontrolliert lächelte ich immer noch.
"Ich glaube... ich sollte mich bei Caleb melden. Es ist spät." standen wir am zweiten Versuch einer Verabschiedung.
Arthur machte einen Schritt auf mich zu und zog mich, wie immer, in eine Umarmung und beugte sich zu mir, um an meine Wange ran zu kommen.
Ich wusste nicht ob es das kribbelnde Flattern in meinem Herzen war, dass seit Arthur zugegeben hatte, dass er mich mochte, ununterbrochen für einen Zehnfachen Herzschlag sorgte, oder ob es mein Magen voll mit Schmetterlingen und Aufregung auf Samstag beorderte, dass ich meinen Kopf zu Arthur drehte, seinen Wangenkuss verwehrte aber dafür sorgte, dass sich unsere Lippen berührten.
Erschrocken von mir selber und dem plötzlichen Überschwang an Gefühlen schloss ich die Augen und hielt ganz still.
Vielleicht hatte ich zu unüberlegt und plötzlich gehandelt, aber so fühlte es sich für mich nicht an.
Arthur hielt ebenfalls still, so dass unsere Lippen nur regungslos aufeinander ruhten, sich nicht bewegten, doch allein diese kleine und unschuldige Berührung sorgte dafür, dass mir irgendetwas zuflüsterte, dass ich Arthur doch auf die amerikanische Art sympathisch finden musste.
Anders hätte ich sonst nie so reagiert.
Sanft schmiegte sich Arthurs warme und raue Hand an meine Wange, langsam nahm er seine weichen Lippen von meinen.
Flatternd öffnete ich meine Augen und sah direkt in seine.
"Kaileigh..." hauchte er, so dass ich durch die kalte Luft seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren konnte.
Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte zu lächeln.
"Scheint so, als würde ich dich auch auf die amerikanische Art sympathisch finden." mumelte ich etwas befangen und sah an ihm vorbei auf mein Haus.
Überall brannte Licht und ich hoffte, dass meine Eltern nicht mit Popcorn am Fenster standen und Arthur und mich beobachteten.
"Das... ich..." stammelte er los, doch bekam keinen Ton heraus.
In mir reagierte noch immer alles auf den eben herbeigeführten Kuss und auf seine Hand an meiner Wange.
"Dann wird das Samstag definitiv ein richtiges Date." rang Arthur sich heraus und lächelte Charmant, als er über meine Wange strich und mit seiner anderen Hand nach meiner griff.
Ich sog die Luft ein und nickte.
"Das wird es dann wohl wirklich." bestätigte ich und fühlte mich auf einmal so wohl in seiner Nähe, dass ich aus dem Überschwang an Gefühlen in mir in kichern ausbrach.
Arthur setzte mit ein und ich kam mir vor wie in einer Szene aus einem dieser Klischee-High-School-Filmen.
Arthur setzte an nach unserer Kicherattacke etwas zu sagen, doch über die Straße rollten langsam und in einem menschlichen Tempo zwei Wagen über die Straße.
Der eine fuhr in die Einfahrt von Leightons Haus, der andere hielt vor unserem Haus.
Ich hoffe innerlich, dass es Mrs. Griffith war, die die Einfahrt zu ihrer Heimat nun befuhr und nicht Leight mit seinem Vater, denn sonst würde hier die Welt untergehen..
Arthur zog seine Hände von meiner Wange und aus meiner Hand . Verwundert drehte er sich zu dem Auto an der Straße, aus dem nun jemand ausstieg.
"Kimberly terrorisiert meine Voicemails seit einer halben Stunde!" schimpfte Caleb und schmiss die Wagentür zu.
"Du musst wirklich Mist gebaut haben, wenn sie sogar mich anruft." lachte er und stapfte auf uns zu.
Verdutzt blickte er zwischen Arthur und mir hin und her, da wir uns ziemlich nahe standen.
"Sie hat mir einen GPS Sender eingebaut und als sie mir das vorhin verraten hat, hab ich mein Handy auf den Boden geworfen." teilte Arthur unangetan mit.
Ob es ihm bewusst war oder nicht, aber in seinen Worten suchte er mit seiner Hand nach meiner und verschränkte sie ineinander, als er sie gefunden hatte.
Ich sog die Luft ein und schielte zu ihm.
"Wie auch immer. Sie hat mir gedroht mir jeden Finger einzeln raus zu reißen, wenn wir uns nicht sofort in die Spur begeben." seufzte Caleb und fuhr sich durch seine dichten dunklen Haare.
"Tut mir wirklich leid Kailegh, ich muss dir deinen Freund leider wegnehmen."
Grinsend deutete er mit dem Kinn auf unsere Hände.
Ich wollte meine aus Arthurs ziehen, während er los stotterte, dass wir nicht zusammen seien und sein bester Freund ganz falsche Schlüsse gezogen hatte.
Doch Caleb wollte dies nicht glauben und zuckte nur mit den Augenbrauen.
Arthur und ich standen mit rot brennenden Wangen da und blickten überall hin nur nicht zu Caleb.
"Woher hast du eigentlich meine Adresse und woher wusstest du dass Arthur hier ist?" harkte ich nach, um das Thema zu wechseln.
"Celine hat sie mir verraten und da ihr noch zum lernen in der Bibo gesessen habt, konnten wir uns denken, dass er dich nach Hause bringt, sobald ihr fertig seid." grinste Caleb und machte einen weiteren Schritt auf Arthur zu, um ihn auf die Schulter zu klopfen.
"Jetzt müsst ihr euch aber wirklich verabschieden, denn meine Finger sind mir schon was wert. Bis zum Ende meines Lebens will ich nämlich nicht wie ein Tier essen." scherzte er.
Wir drei lachten und schließlich verabschiedeten Arthur und ich uns.
Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich daran ihn erneut zu küssen, doch Arthur war schneller und hatte seine Lippen auf meiner Wange ruhen.
Erst auf der rechten und dann auf der linken.
Ich tat es ihm gleich, hauchte ihm diesmal auch keine Wangenküsschen zu, sondern küsste seine Haut wirklich.
Dann verfielen wir einer Umarmung.
"Ich freue mich schon total auf Samstag. Ich glaube ich werde die ganze Woche an nichts anderes mehr denken können" flüsterte Arthur mir zu.
Ich lächelte breit.
"Ich glaube ich auch nicht." erwiderte ich.
Arthur und ich wollten die Umarmung eben auflösen, als Caleb sich dazwischen schob und ihn von mir entfernte.
"Ich will nur vermeiden, dass ihr gleich vor meinen Augen heiß herumknuscht und in den Büschen landet.
Sorgt erstens dafür, dass ich meine Finger behalte und zweitens dafür, dass ihr keine Nachbarn belästigt."
Arthur und ich schmunzelten über Calebs Kommentar, bevor er seinem besten Freund den Arm über die Schulter warf, ihm durch die Haare raufte und noch mal zu mir blickte.
"Bis morgen, Kai." rief Caleb mir zu.
Wie umgeworfen von Arthurs leuchtenden und vor Freude strahlenden Augen winkte ich den beiden nur zu und verschwand auf schnellen Füßen im Haus und dann meinem Zimmer, bevor meine Eltern mir irgendwelche Fragen zu meiner Lernverabredung in der Schulbibliothek stellen konnten, die ganz anders ausgegangen ist, als ich es mir zu Träumen wagte.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt