20. He will die for that

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Ich musste tief und fest während des Fluges geschlafen haben, denn als ich meine Augen aufschlug saß ich nicht in Adrianos Privat Jet sondern mit dem Kopf an ihn gelehnt in einer Limousine.
Um uns herum war es nicht dunkel oder Dämmrig, sondern helllichter Tag.
Adriano hatte seine Hand um mich gelegt, so dass sie behutsam und sanft auf meiner Hüfte ruhte. Als ich es wagte zu ihm zu schauen, sahen seine klaren grünen Augen durch die abgedunkelten Fenster des Wagens.
Wie ein Film, an dem ich mäßig teil, huschten die letzten Stunden an mir vorbei.
An Board des Jets wurden wir von einer ganzen Horde angestellter empfangen und auf zwei gegenüberliegende Plätze geführt, die von einem Tisch getrennt wurden, auf dem sich, zwei gefüllte Gläser Champagner befanden.
Adriano hatte mir eins angeboten und ich hatte angenommen, bevor man uns Berge an Essen servierte, was viel zu kunstvoll angerichtet wurde um es zu essen und besser aussah als es schmeckte.
Wir hatten angefangen uns zu unterhalten und ich musste herunterschlucken wie ich von der protzigen Einrichtung des Jets überrannt war.
Adriano begann mir seine hinterhältigen Fragen zu stellen, über die ich zwei mal nachdenken musste, aber zu denen mir umso mehr zum Antworten einfiel.
Bis ich müde wurde hatte ich vergessen dass zwischen uns mehr als Zehn Jahre vergangen sind. Es hatte sich so angefühlt als wären wir wieder in der High School und verbrachten Zeit miteinander. Wir redeten bis uns die Augen zufielen.
Das war der springende Punkt, an dem mir bewusst wurde, dass ich mich nicht mit Adriano auf einem kitschigen Date befand, bei dem wir bis zum abwinken miteinander geredet hatten. Wir befanden uns in der Gegenwart, in der ich meinen Verlobungsring ablegte und hinter hervorgehaltener Hand nach Italien flog. Wir befanden uns in der Gegenwart in der Adriano einen Mord auf sich sitzen hatte, den es zu klären galt.
Müde und im Sitz einschlafend zog Adriano mich auf die Beine. Beschwippst von den zwei Gläsern Champagner die ich hatte, wankte ich auf meinen Beinen. Behutsam führte Adriano mich durch den Jet und hob mich hoch, als ich drohte umzuknicken.
Auf einem bequemen Bett setzte er mich ab.
Das letzte an das ich mich erinnerte, kurz bevor ich einschlief, war wie er mir über die Wange streichelte, sie küsste und auf italienisch flüsterte: „Mi piaci moltissimo." bei dem ich keinen Plan hatte was für eine Bedeutung sich hinter diesen Worten verbarg.
Jetzt saß ich hier. Ich hatte es wie durch Zauberhand im Tiefschlaf aus dem Jet neben Adriano in diesen Protzwagen geschafft und starrte ihn an.
Erstaunt stellte ich fest, dass ich in den letzten Wochen nie so fest geschlafen hatte wie in dieser einen Nacht.
Ich war, trotz eines Langstreckenflugs erholt, ein wenig ausgelaugt, aber erholt.
"Buongiorno Kaileigh." flüsterte Adriano mir zu, als er zu mir sah.
Mit einem sanften Lächeln erkannte er, dass ich aufgewacht bin.
"Dir auch einen guten Morgen." gähnte ich mit meinem Kopf auf seiner Brust.
Es saß sich bequem neben ihm und so vertraut. Ein wenig zu vertraut, wie mir bewusst wurde.
Mit dem Ablegen meines Rings wich die Pflicht von mir meine Gefühle für Adriano in den Griff zu bekommen. Ich ließ das unschuldige und kindliche Kribbeln zu, welches mich dazu verleitete Adrianos lächeln zu erwidern.
"So so. Du kannst also doch ein wenig Italienisch." lachte er und wie eine Feder strich seine Hand über meine Hüfte.
Mein Puls begann schneller zu schlagen, als das warme Prickeln seiner Berührung meine Nervenzellen erreichte.
"Das ist so ziemlich der einzige Brocken den ich mir damals von dir gemerkt habe." erinnerte ich mich an ihn zurück, an uns.
Damals war er auch immer vor mir wach und hatte er mich so in das Wachsein zurück begrüßt.
"Damit wirst du hier aber leider nicht weit kommen." säuselte Adriano und wanderte mit seiner Hand vorsichtig an meiner Taille hoch zu meiner Schulter. „Dafür hab ich ja immerhin dich." grinste ich schlafverhangen in seine Richtung.
Er lehnte seinen Kopf so weit vor, wie es ihm mit mir auf seinem Oberkörper möglich war und küsste meine Stirn.
Ich sog die Luft ein und sah ihm mit flatternden Herzen in die Augen.
"Ich sollte vielleicht ein gutes Dolmetschergehalt von dir für meine Dienste verlangen." flüsterte er gegen meine Haut und hob lächelnd den Kopf.
Ich richtete mich neben ihm auf.
"Das kann ich an Mr. Chester absetzen. Der wird nur nicht begeistert sein, wenn er einen meiner Klienten bezahlen muss, da das Geld eigentlich an uns geht und auch dort bleibt."
Adriano lachte und streichelte mir über die Schulter.
Dann nahm er seine Hand zu sich zurück und ich wandte meinen Kopf von ihm ab, um aus dem Fenster schauen zu können
Fassungslos atmete ich aus, als ich die Gegend wahrnahm, durch die wir gefahren wurden.
Auf meiner Seite sah ich eine kleine Strandpromenade mit unzähligen Touristenständen. Hinter diesen konnte ich den weißen Sand ausmachen, der sich im klaren und strahlenden türkisen Wasser verlief und einen Blick frei gab, bei dem mir der Atem ein weiteres Mal stockte.
Segelschiffe waren in der Ferne zwischen Wasser und wolkenlosem Himmel zu erkennen und unzählige Menschen tummelten sich dicht an dicht gedrängt auf den Liegen im Sand.
Mit glitzernden Augen drehte ich den Kopf und blickte auf Adrianos Seite in die Stadt. Ich konnte altertümliche aufwendig verzierte Gebäude ausmachen.
Kapelle reihte sich an Kapelle und Kirche an Kirche, dabei konnte ich nicht unterscheiden ob in einem von diesen Gemäuern Menschen lebten und hausierten.
"Willkommen in Catania." murmelte Adriano mir zu und nahm eine meiner Haarsträhnen zwischen seine Finger.
Ich blickte zu ihm und schüttelte den Kopf.
"Hier bist du aufgewachsen?" hauchte ich aus, konnte nicht glauben, dass er im Paradies aus wunderschönen Häusern und unendlich langen Strandlandschaften laufen gelernt hatte.
Adriano schmunzelte und nickte. „Nicht direkt hier, etwas abseits der eigentlichen Stadt, aber ja." bestätigte er stolz.
"Hier hat sich ein großer Teil meines Lebens abgespielt."
Ich sah zwischen beiden Seiten hin und her, wusste nicht ob ich vom Wasser oder von den majestätischen Bauten mehr eingenommen sein sollte.
Auf einer Geschäftsreise fühlte ich mich nicht, eher wie im Urlaub.
Für den Bruchteil einer Sekunde wollte ich mir Badesachen über ziehen und ins kühle Wasser springen, so verlockend sah es aus.
Ich hatte nicht daran gedacht mir etwas zum Schwimmen gehen einzupacken.
Das war das letzte an was ich überhaupt gedacht hatte.
"Wir fahren noch fünf Minuten und dann kommen wir zu einem Hafen und von dort aus segeln wir zu dem Ort, an dem ich wirklich aufgewachsen bin." erklärte Adriano mir und deutete an mir vorbei aus dem Fenster.
"Wenn du möchtest kannst du es herunter kurbeln." bat er mir an.
Ich rückte von Adriano weg, um an die Kurbel zu kommen.
Hawaii mit seinen Stränden war wundervoll, bisher hatte ich nichts schöneres gesehen, aber Catania verschlug mir so sehr die Sprache, dass mir der Kiefer zu Boden ging.
Vielleicht lag es auch daran, dass ich mich in mitten eines komplett anderen Kontinents befand, von dem ich gedacht hatte ihn nie bereisen zu können, weil er mir, bis vor wenigen Tagen, viel zu weit weg erschien.
Wie gefesselt steckte ich meinen Arm aus dem heruntergekurbelten Fenster und ließ die warme Fahrtluft auf meine Haut treffen.
"Wenn du es hier schon toll findest, wirst du die Insel von meinem Vater lieben." kommentierte Adriano. Ruckartig zog ich die Hand wieder rein und starrte zu ihm.
"Insel?"
Er lachte und nickte, amüsiert von meiner Reaktion.
„Was denkst du, wieso wir zum Hafen fahren und wir ein ganzes Stück auf dem Wasser unterwegs sein werden?" erinnerte er mich und deutete auf die auftauchenden Yachten und kleineren Segelschiffe.
Ich atmete tief durch.
Das sollte sich nicht anfühlen wie ein Urlaub, ich musste mich fühlen wie auf Arbeit. Aber das konnte ich nicht, wenn ich das alles hier um mich hatte, wusste dass ich mit Adriano alleine auf einer Insel verweilen würde und ich ihn in den nächsten Wochen in meiner Nähe hatte.
Adriano eilte zu mir herum um mir die Tür auf zumachen, als die Limousine auf einem kleinen Parkplatz hielt.
Freundlich bedankte er sich bei dem Fahrer auf Italienisch, der jedoch nur finster drein blickte und weg fuhr.
Adriano legte einen Arm um meine Schultern und schlenderte mit mir an den Piers des Hafens vorbei.
Bewusst und wie es nicht anders sein konnte, steuerte er auf den hintersten Abschnitt mit den Yachten zu. Von wegen segeln...
Als wäre der Jet nicht genug Protz in den letzten Stunden gewesen.
"Siehst du die schwarze dahinten?" Adriano zeigte Wage mit seiner Hand in eine Richtung.
Ich folgte seinem Zeigefinger und schluckte.
"Du...du meinst nicht die Mattschwarze o... oder?" stammelte ich und schlang die Arme um mich, als uns ein edel aussehendes Paar in teurer Golfkleidung entgegen schritt.
In meinem einfachen Sommerkleid von Macy's, welches ich letztes Jahr zum Schlussverkauf ergattern konnte, fühlte ich mich arm.
"Genau die." Adriano straffte die Schultern und zog mich näher an sich.
Ich hatte mühe im Gehen nicht zu stolpern und mich an die subtropisch Luft zu gewöhnen, die sich um uns ansammelte.
Wie Adriano es in seinem lockeren Oberteil und der langen schwarzen Hose aushielt, konnte ich nicht verstehen.
"Die Yacht hat mein Vater von einem Scheich aus Dubai geschenkt bekommen, nachdem dieser seiner Firma ein gutes Angebot für eine Unterbringung bei Colourfull gemacht hat." blickte Adriano auf seinen Vater zurück und sah gen Himmel.
Ich starrte die Yacht an, die weit Abseits stand und bedrohlicher und matter und größer über uns aufragte.
"Das ist eine Black Swan und in ihrem Wert unbezahlbar, da sie für jeden ihrer Käufer auf persönliche Wünsche angepasst wird." beschrieb Adriano und steigerte meinen Respekt für seinen Reichtum und sein Bodenständiges Auftreten.
"Hört sich... teuer an." säuselte ich dümmlich, als uns Schritt für Schritt weniger reiche Menschen entgegen kamen und ich mich immer ärmer fühlte.
In anderen Teilen der Welt hungerten Menschen und kamen auf Flüchtlingsdampfern um die Welt und hier standen Schiffe, die so viel Geld aufbringen würden, dass man diesen bedürftigen ein leben Lang aushelfen könnte.
"Teuer ist noch untertrieben, Kai." grinste Adriano und drückte meine Schulter.
"Erspare mir eine detaillierte Zahl, Adriano." bat ich ihn und musste das Schiff an starren, dass bedrohlich auf dem Wasser wog wie ein Meeresungeheuer kurz vor einem Angriff.
"Ich hatte auch nicht vor dir die Summe vorzurechnen. Selbst mein Vater und ich haben Jahre geschätzt. Er war sonst immer der Meinung einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, aber das Ding hat ihn stutzig gemacht." schmunzelte Adriano und gab dem Hafenmitarbeiter, der uns kritisch betrachtete ein Handzeichen.
Der nickte und steuerte auf das mattschwarze Monstrum zu.
"Wieso hat er sie nicht zurück gegeben, wenn es ihm zu viel war?" fragte ich Adriano verdutzt.
"Würdest du es ablehnen, wenn ich dir eine Yacht schenken würde?"
Ich nickte. „Ja würde ich." behauptete ich fest und schielte zu ihm.
Adriano zog die Augenbrauen hoch und rief dem Mann von eben, der jetzt an der Yacht werkelte auf Italienisch zu.
"Wieso bist du dir da so sicher es abzulehnen?" hinterfragte Adriano mich.
„Weil ich dem Wert eines solchen Geschenkes nie recht werden würde." begründete ich.
"Es wäre nicht ich, die es annehmen würde, das würde nicht zu mir passen."
Adriano lachte leise und blieb stehen, als die Yacht ein tiefes dröhnen von sich gab.
"Du wirst dem Wert einer Yacht mehr als nur gerecht Kaileigh."
Sanft griff er nach meiner Hand und stellte sich gegenüber von mir. „Ich würde sie dir außerdem nicht schenken, weil ich dich bestechen will, sondern weil du mir wichtig bist."
Meine Wangen wurden rot. Ich versuchte seinem aufmerksamen Blick zu entkommen, blieb aber an ihm hängen. „Man kauft sich keine Anerkennung." widerlegte ich und hob trotzig den Kopf.
Adriano stieß amüsiert die Luft aus. „Anwälte." betitelte er. „Ihr denkt viel zu Rational."
"Stimmt doch gar nicht." widersetzte ich mich und erwischte mich beim schmunzeln.
"Das ist meine wirkliche Meinung. Ich würde so etwas nie annehmen, selbst wenn es von Celine kommen würde, weil wir beste Freunde sind oder von... von..."
Ich hielt inne. Ich konnte Leightons Namen Adriano gegenüber nicht aussprechen.
"Von Leighton? Nicht mal von ihm?"
Stumm sah ich auf den Boden und nickte. "Nicht mal von ihm."
Adriano lebte in dem glauben Leighton und ich wären beste Freunde und das sollte sich in den nächsten Wochen nicht ändern.
"Das überrascht mich jetzt wirklich Kaileigh. Du konntest ihm damals wirklich nie etwas abschlagen." schmunzelte Adriano und lachte leise.
Ich lächelte mit Unbehagen und spürte wie das mangelnde Gewicht an meinem linken Ringfinger schwerer auf mir drückte, als der Verlobungsring, den ich Adriano gestern anvertraut hatte.
Dieser wurde nun von dem Hafenarbeiter gerufen und erneut wurde ihm zugeplärrt.
Adriano nickte und grinste mich breit an.
"Ich hoffe wirklich, dass du nicht seekrank bist, Kai." kommentierte er und drückte meine Hand.
Perplex sah ich ihn an, bekam mit, wie die Tür zur Yacht sich aufschob und eine Treppe ausfuhr, die am Pier anlegte.
Ich stolperte neben Adriano hinter her, der mir den Vortritt auf der wackeligen Treppe gewährte und mir hinter her eilte, um die Tür zuzuschieben und zu verriegeln.
Ich hatte gedacht, dass wir als erstes in einen engen und dunklen Gang einstiegen von dem es zu den räumlichkeiten dieses Monstrums ging, aber ich hatte mich um Meilen verfehlt.
Ich stand in einem lichtdurchfluteten Raum, der etwas Lobbyähnliches an sich hatte.
Die Fenster waren alle aufgeschoben und funktionierten wie eine Wand um die moderne und blankpolierte Einrichtung.
Von dem Punkt, an dem ich wie festgefroren stand, sah ich mitten im Raum eine große weiße Sofalandschaft mit Sesseln und einer Vielzahl von Kissen. Von der Decke hing ein leinwandgroßer Fernseher.
Ausgelegt war der Boden unter der Sofalandschaft mit einem schwarzen, weichen Teppich.
Der Bodenbelag abseits bestand aus dunkelbraunem Holz.
Links von der Sofalandschaft führte eine durchsichtige Tür auf die bepoolte Terrasse.
"Wow." entfuhr es mir.
Gelähmt von dem Luxus, den ich in der Luft knistern spürte blickte ich auf die Seite jenseits der Sitzgelegenheiten.
Rechts von mir konnte ich eine Bar aus machen, die vor einer dicken Trennwand stand. Hinter der Trennwand befand sich eine Treppe, die nach oben führte.
"Wenn du möchtest können wir unsere Arbeit auch gerne auf dieses Schmuckstück verlagern." bat Adriano mir an und marschierte an mir vorbei zu dem gigantischen Sofa.
Ich sah etwas verloren umher und erkannte den abgedunkelten Gang den ich erwartet hatte, zusammen mit dem Beginn der Treppe, die eine Etage nach oben führte.
"Da geht es zu der Kapitänskabine und zu der zweiten Terrasse hoch. Den Gang entlang sind ein paar Bäder, eine Küche und eine Stube. Am Ende geht eine Treppe nach unten, die in die Schlafzimmer führt und eine andere nach oben in die Zimmer mit Meerpanorama." beschrieb Adriano mir gestikulierend.
"Schau dich ruhig um, wenn du möchtest." grinste er und schmiss sich auf einen Sessel.
Ich schüttelte den Kopf.
"Das gehört sich nicht." murmelte ich und lief durch den weiten, hellen Raum zu ihm, um mich auf das Sofa zu setzen.
"Warum nicht?" löcherte Adriano mich. „Andere würden die Chance wahrnehmen und sich hier umsehen."
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin aber nicht Andere, ich bin Ich." machte ich klar.
Ich blickte hinaus auf die Terrasse und zu dem blau leuchtenden Pool.
"Hast du an Badesachen gedacht?" Adriano hatte meinen Blick wachsam verfolgt.
Ich schüttelte den Kopf.
"Hatte andere Sorgen beim Sachen packen, als an Badesachen zu denken." murmelte ich und kam zu einer plötzlichen Erkenntnis, nämlich dass ich weder meine Handtasche, noch mein Gepäck seit dem Jet gesehen hatte.
"Was ist eigentlich mit unserem Gepäck passiert?" fragte ich ihn entsetzt und sprang auf die Beine.
"Wieso hast du dir keine Badesachen eingepackt? Wir sind in Italien. Hier gibt es einige der schönsten Strände überhaupt."
Adriano ignorierte meine Frage und fasste sich melodramatisch an den Kopf.
"Hättest du echt erwartet, dass wir die nächsten Wochen strickt von acht bis neunzehn Uhr arbeiten? Das kannst du dir abschminken, Kai." redete er mir aus, weshalb wir nach Italien sind.
"Was ist mit unserem Gepäck, Adriano?" wiederholte ich meine Frage und ging auf seine Worte nicht ein.
Er seufzte und lehnte sich nach hinten.
"Steht bereits im Anwesen. Wurde per Helikopter auf die Insel gebracht und ins Haus geschafft."
Ich zog eine Augenbraue hoch.
"Hätten wir da nicht mitfliegen können?" hinterfragte ich.
Adriano sah sich um und schüttelte den Kopf. „Du willst nicht in einem Helikopter sitzen, glaube mir. Die Dinger sind die blanke Hölle.
Zu Wasser sind wir länger unterwegs, aber wesentlich bequemer." zufrieden verschränkte Adriano die Hände hinter seinem Kopf und lächelte mich an.
"Jetzt lehne dich zurück und entspanne, Kai. Wir sind im sonnigen Sizilien, solche Gewitterwolken wie du, die sind hier tabu."
Mir entwich ein lachen und als hätte ich mich verhört blickte ich zu Adriano, der mit seinem offenherzigen Lächeln heller strahlte als die Sonne.
"Hey!" rief er, nahm die Arme runter und klatschte in die Hände. „Das hat sich sogar gereimt."
Eine Locke löste sich aus seiner festgeföhnten Frisur. Der Adriano der auf dem Sessel saß und mich breit und schelmisch angrinste hatte viel mehr von dem Teenagerjungen, als von dem beherrschten und erwachsenen Mann, den ich in den letzten Wochen neu kennengelernt habe.
Adrianos Lächeln steckte mich an.
"Ich bin keine Gewitterwolke." stritt ich ab und schlug meine Beine übereinander.
"Ich mache mir nur Gedanken, wie wir in den nächsten Wochen vorgehen werden. Wir sind nicht zum Urlaub hier."
Adriano rollte mit den Augen und erhob sich aus dem Sessel.
"Das ist dein Fehler. Du denkst zu viel. Als du gestern bedingt durch den Champagner einen kleinen Hänger hattest, hast du gar nicht erst nachgedacht." beschuldigte er mich und grinste mich schief an. "Du hast einfach munter geplaudert."
"Ich war nicht betrunken." lehnte ich ab versank in den Kissen hinter mir.
"Nein? Dafür hast du verdächtig geschwankt, als ich dich ins Bett getragen habe." erinnerte er mich provozierend und stolzierte auf mich zu.
"Weißt du was? Das ist es!" erkannte Adriano. Er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn, während er zur Bar schlenderte.
"Wir sind beide für diese Uhrzeit einfach noch zu nüchtern." teilte er mir seine Erkenntnis mit und zog den Schrank bei der Bar auf.
"Was willst du trinken Kaileigh? Sag an."
Er stellte in einer fließenden Bewegung zwei riesige Cocktailgläser auf den Tresen. Erwartungsvoll beäugte er mich.
Ich stutzte.
"Okay, dann suche ich mir etwas für dich aus." Legte Adriano munter gestimmt fest und lächelte mir breit und mit Grübchen im Gesicht entgegen. „Und keine Sorge, ich will dich ganz sicherlich nicht abfüllen." Gelassen wandte er sich den Spirituosen zu, als er von mir keine Rückmeldung bekam.
So gut gelaunt und aufgeschlossen hatte ich ihn das letzte mal vor zehn Jahren erlebt und genau wie damals füllte sich mein Herz mit Wärme, wenn ich an sein breites grübchenreiches Lächeln dachte oder es an ihm sah.
Anderthalb Stunden später saßen Adriano und ich auf den Liegen am Pool und sahen miteinander redend in das weite verzaubernde Blau.
Um uns hatte es sich, aufgrund der salzigen Seeluft abgekühlt, doch schonungslos brannte die Sommersonne auf uns herunter.
"Laut meinem Zeitgefühl müssten wir gleich da sein." stellte Adriano fest, als er sich umsah. Den Ansatz einer Insel konnte ich noch nicht erkennen.
Adriano fuhr sich durch die Haare und stand schwungvoll auf, um unsere leeren Gläser aufzuheben.
"Ich sollte die rein bringen. Du kannst liegen bleiben. Bin gleich wieder da." teilte Adriano mir mit und verschwand mit langen und eleganten Schritten ins innere der Yacht.
Seufzend sah ich ihm nach und lächelte zaghaft.
Mein Blick wanderte an der Yacht herauf zu der oberen Terrasse, die Adriano und mir in der vergangenen Stunde Schatten spendete.
"In zehn Minuten sind wir da."
Adriano huschte auf die Terrasse zurück und trat an die Reling um ins Weite Blau zu schauen.
"Kaileigh, komm mal her." rief er mich auf .
Ich kam seinen Worten nach und schlich am Pool entlang zu ihm.
Adriano hob seine Hand und deutete in die Ferne auf Umrisse, die nach einer Steinküste aussahen.
"Das ist die Rückseite von meinem Zuhause. Gleich kannst du den Garten vom Haus erkennen."
Adriano stand überraschend nahe hinter mir. Mit seinen Händen stützte er sich links und rechts von mir an der Reling ab.
Ich zuckte bei dem Klang seiner harmonischen Stimme, die meinem Ohr nahe war.
"Pàpa hat seit dem Tod von Màma daran gearbeitet den Garten so auf die Beine zu stellen, wie sie es sich immer ausgemalt hat." murmelte Adriano und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab. „Aber er ist nie perfekt genug für meinen Vater gewesen. Er war kurz davor ihn so zu haben wie er ihn für Màma haben wollte." Adriano unterbrach sich und sprach mit zitternder Stimme weiter. "Mit etwas Glück wäre der Garten genau zu Weihnachten fertig geworden." Die Harmonie wich aus seiner Stimme. Er klang nur noch betrübt und trauernd.
Ruhig pustete Adriano mir seinen Atem genau in meine Halsbeuge.
Mein Atem wurde schneller. Ich versuchte mich ebenso ruhig zu verhalten, denn so eng aneinander mit Adriano an der Reling zu stehen fühlte sich geborgen und sicher an.
Aus der fernen Steinküste formte sich langsam eine hochgelegene Insel. Einzelne Palmen sah ich bereits, so wie hohe Hecken und Sträucher mit allen Farben an Blüten.
"Dann wirst du den Garten aber sicherlich fertigstellen." ermutigte ich Adriano und griff zögernd nach seiner Hand. Sanft drückte ich diese.
"Meine Eltern werden davon aber nicht mehr viel haben." brummte Adriano.
"Doch." entgegnete ich fest.
Ich kannte die Schmerzen nicht, die eigene Familie verloren zu haben und unmöglich konnte ich ihm nachempfinden.
"Doch das werden sie, weil sie in der Arbeit, die darin steckt weiterleben."
Ich spürte Adriano gegen meinen Hals lächeln und schauderte, als Lippen für einen raschen gehauchten Kuss auf meiner Haut befanden.
Gänsehaut huschte über meinen Rücken und es schüttelte mich wohlig.
"Ich hoffe so sehr, dass wir den Mistkerl finden, der meinem Vater die Kugel zwischen die Augen gejagt hat. Und wenn ich ihn vor mir stehen habe..." Adriano spannte sich an.
Wieder drückte ich seine Hand und drehte meinen Kopf zu ihm.
"...wird er im Gefängnis für das verrotten was er getan hat." murmelte ich Adriano nahe seinen schmalen geschwungenen Lippen zu.
"Wenn er bis zur seiner Verhaftung noch lebt." schmiedete er mit finsterer Stimme seine eigenen Pläne. Seine grünen Augen sahen verloren in das ferne Blau.
"Du wirst nicht viel besser sein als der Mörder, wenn du ihm das gleiche antust. Ich will dich nicht in Hinsicht auf einen Mord verteidigen." befürchtete ich und krallte mich an Adrianos Hand, als wäre sie alles was ich noch an Halt besaß.
"Ich werde versuchen mich zusammenzureißen. Aber dieses Schwein hat mir mein letztes Stück Familie genommen und einer ganzen Horde Menschen eine große Motivation nicht sinnlos um sich herum illegale Geschäfte zu schließen und Menschenleben über die Kante zu reichen." grollte Adriano mit vollster Verachtung für den Mörder seines Vaters und einem Vorbild vieler.
Ich biss mir auf die Unterlippe.
So menschlich wie Adriano über seinen Vater redete, konnte ich schnell vergessen, dass er sein Geld anderen, mafiaischen, Schienen zu verdanken hatte.
"Adriano..." hauchte ich seinen Namen und bekam seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
Ich zog meine Hand von seiner und legte sie an seine Wange. Behutsam zog ich sein Gesicht zu mir.
In seinen Augen ruhte Trauer gegenüber einem Verlust, den keine Yacht oder keine private Insel dieser Welt je besänftigen könnte.
Mit purer Überzeugung ihm etwas gutes zu tun, und ihn abzulenken, stellte ich mich auf Zehenspitzen und küsste ihn liebevoll.
Er hielt die Luft an und entspannte sich, als seine Arme sich sacht um mich legten und er den Kuss langsam und mit einem schwachen Lächeln endete.
"Verstehst du jetzt, wieso ich unbedingt wollte, dass du mitkommst?" hauchte er, so dass unsere Lippen sich beim reden streiften.
Ich nickte. Mitfühlend strich ich mit meinem Daumen seine Wange ab, über die sich eine Träne schummelte. „Ohne mich würdest du hier komplett den Verstand verlieren." erkannte ich und machte mich größer, um ihn aufbauend auf die Stirn zu küssen.
Sein Griff um mich verstärkte sich. Ich drehte mich in seinen armen um und zog ihn in eine feste Umarmung, die er stumm und dankbar annahm.
"Ich vermisse sie so sehr, Kaileigh. Alle drei. Meine Mutter, meinen Vater, Kathalena." zählte er zerstört auf und hielt mich haltsuchend in seinen Armen.
Fürsorglich strich ich ihm durch seine Haare, flüsterte ihm aber nichts aufbauendes zu.
Es würde nichts besser machen und es würde seine verlorene Familie nicht ins Leben zurück bringen.
Das müsste es als ein faires Urteil geben!
Der Mörder starb und das Opfer kommt wieder zurück ins Leben. Damit wäre den betroffenen Menschen mehr geholfen, als den Täter hinter Gittern zu wissen.
Über Adrianos Schulter hinweg konnte ich sehen, wie ein Mann auf der Terrasse auftauchte, der in seiner Uniform einem Kapitän sehr ähnlich sah.
Er sah wie Adriano und ich eng in unserer Umarmung versunken beieinander standen und wollte auf dem Absatz kehrt machen.
"Adriano."
Ich drückte vorsichtig seine Schulter. Er hob den Kopf und blinzelte mich verweint an.
"Da will jemand was von dir." flüsterte ich ihm zu und legte meine Hände an sein Gesicht, um die Spuren seiner Tränen ein weiteres Mal zu verwischen.
Er schniefte und nickte. Wieder der alte rief er dem Kapitän auf italienisch nach, welcher im gehen inne hiekt.
Er meldete sich zurück und deutete auf die Spitze des Bootes.
Adriano lachte voller neu gewonnener Energie und nickte.
"Kaileigh?"
Das Grinsen was sich nun auf seine Lippen schlich wollte mir mit seinen möglichen Hintergedanken nicht gefallen.
Genau so hatte er in alten Tagen gegrinst, wenn er mir unheilvolles mitteilte.
"Wenn es irgendwas blödsinniges ist, sei lieber ruhig." schmunzelte ich und legte meine Hände in seinen Nacken.
Er zuckte unangetan mit den Schultern und drückte neckisch meine Hüften.
"Ich wollte dich bloß fragen, ob du schon mal Jet Ski gefahren bist." tat er ab und grinste umso selbstzufriedener.
Mir schlief das Gesicht ein.
"Was?" stammelte ich.
"Anders kommen wir nicht zur Insel.
Die Yacht muss hier bleiben, sie ist viel zu groß um anzulegen." brachte Adriano mir bei und griff nach meinen Händen.
"Jet Ski fahren ist wirklich spaßig."
Wieder gut gestimmt und Fern seiner Trauer sprang er zu Spitze des Bootes und klappte am matten Lack der Yacht ein verstecktes Fach auf, welches einen grauen Knopf enthüllte.
"Naja. Eigentlich ist es nur so lange spaßig, wie du dich richtig festhältst." nahm Adriano mir die Hoffnung unversehrt in seinem Zuhause anzukommen "Du schenkst mir Glauben." murmelte ich und sandte ein stummes Gebet zu allen Gottheiten, die mich schützen, vor dem was mich erwartete.

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