13.2 That's my fuckn' first

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„Ich hasse Bowlen." nörgelte Leighton, als er quer über meinem Bett erstreckt lag und die Beine über meine Bettkante hängen ließ.
"Du hasst alles was du nicht kannst, oder was du nicht so gut kannst wie andere." murmelte ich und stand wenige Meter von ihm entfernt vor meinem Kleiderschrank, um mir etwas passendes für den heutigen Abend herauszusuchen.
"Aber Bowlen hasse ich besonders." behielt mein bester Freund seine unmotivierte Haltung bei.
Ich griff nach einem paar Socken und warf es ihm ins Gesicht.
Leighton mochte Bowlen. Als Kinder sind wir zu jedem Geburtstag in die Bowlinghalle am Stadtrand gefahren, doch über die Jahre hatte sich dies zwischen Schule und Bandproben verloren.
"Du weißt dass das eine gewaltige Lüge ist." erinnerte ich Leighton und angelte nach einem grauen gestrickten Cardigan auf einem meiner Kleiderbügel, den ich mir zu meinem schwarzen einfachen Top über die Schultern zog.
"Du weißt, dass ich keinen freien Abend freiwillig mit Dumm und Dümmer verbringen werde." äffte Leighton mich mit sinkender guter Laune nach und setzte sich auf meinem Bett wieder richtig hin.
Seufzend schloss ich meinen Schrank.
Seit neustem bestand seine Definition für Arthur und Caleb aus Dumm und Dümmer.
"Leighton Griffith! Du wirst nicht an dem achtzehnten Geburtstag deines besten Freundes kneifen, nur weil er zwei Leute eingeladen hat, die du nicht leiden kannst." mahnte ich ihn streng und verengte meine Augen.
Mittlerweile hatten wir es Mitte November und seit dem Homecoming Ball vor über einem Monat hatte sich seine Abneigung zu Arthur und Caleb keineswegs verändert.
Über ein paar Tage hinweg hatten wir uns sogar gestritten, da er nicht einsehen konnte, dass es Falsch von ihm war Celine von der miesen Wette von Caleb und Monty zu erzählen.
Leighton hatte damit für einen mächtigen Streit gesorgt, der jedoch zum Glück nach kurzer Zeit wieder in Vergessenheit geraten ist.
"Der eine Geburtstag. Ich war schon auf fünf anderen von ihm, das wird mir Monty schon nicht übel nehmen."
Mir klappte die Kinnlade auf den Boden.
Leighton lächelte frech und fuhr sich durch seine zerzausten blonden Haare.
Spitzbübisch funkelten mich seine klaren blauen Augen an.
Selbst wenn sich sein Umgang mit Arthur und Caleb nicht gebesser hatte, wendete sich sein Charakter einer unbeschreiblichen positiven Wendung zu.
"Das werde ich dir aber übel nehmen, junger Mann!" wies ich Leighton auflachend zurück und schüttelte schmunzelnd mit dem Kopf.
Auch wenn er nur mir gegenüber seine kleine Veränderungen zeigte, mochte ich es doch dass er langsam wieder zu dem kleinen frechen Jungen wurde, mit dem ich aufgewachsen bin.
Ich selber schloss diese Wandlung darauf, dass sein Vater die Beziehung zu ihm verstärkt hatte und sie fast wöchentlich immer etwas unter sich unternahmen.
Die Streitereien zwischen seinen Eltern hatten sich außerdem um ein mächtiges eingetrimmt. Leighton stand viel weniger in den letzten sechs Wochen vor meinem Fenster als sonst.
"Damit kann ich leben."
Leighton griff nach den Socken und warf sie wieder zu mir zurück.
"Solange ich Dumm und Dümmer nicht über den Weg laufen muss, würde ich sogar einen Abend alleine mit meiner Mutter verbringen."
Mit seinem Spruch hatte er sich zu hoch geschaukelt.
Schnaubend fiel er in sich zusammen und lehnte sich gegen meine Wand.
Ganz plötzlich mit seinen Gedanken ganz wo anders knabberte er an seinem Lippenring und sah auf seine Füße.
Um ihn in dieser Laune nicht weiter vegetieren zu lassen, klatschte ich in die Hände und erschreckte ihn somit.
"Heb deinen Hintern und verfrachte ihn auf meinen Stuhl. Ich mache dir die Haare, bevor wir los müssen." Beorderte ich und zeigte auf den Drehstuhl an meinem Schreibtisch.
Leighton rollte mit den Augen.
"Ich will aber nicht." jammerte er wie ein kleines Kind.
"Du musst aber, weil du aussiehst, als hättest du eben in die Steckdose gegriffen." verglich ich sein Vogelnest auf dem Kopf.
Seine Haare noch mehr verunstaltend griff er sich in seine blonde Mähne und feixte mich provozierend an.
"Mir gefällt meine Frisur aber so." trötete er wie ein rebellisches kleines Kind.
"Mir aber nicht und deshalb hebst du jetzt deinen Arsch." befahl ich ihm mit spielerischem Nachdruck.
Mein bester Freund zog schmollend seine Unterlippe vor, doch gehorchte und folge meiner Anweisung.
Gespielt eingetickscht senkte er den Kopf und schob die Hände in die Taschen seines grauen Hoddies.
Ich wuselte aus meinen vier Wänden und huschte ins Bad um eilig einen Kamm und das Haarspray hervorzuzaubern.
Leighton bevorzugte Haargel in seinen Haaren. Ich mochte das Zeug überhaupt nicht.
Das lässt die Haare immer so aussehen, als hätte er ein halbes Jahr keine Dusche gesehen.
Geübt und daran gewöhnt Leightons Haare unter kontrolle zu bekommen, kämmte ich sie so, wie sie mir passten und stellte dabei fest, dass sie ihm auch wirklich gut standen, wenn er sie sich nicht wie ein Igel hochkämmte.
"Kaileigh, das sieht schrecklich aus." blubberte Leighton, als er sein Ebenbild im Spiegel erblickte.
"Finde ich nicht. Du solltest deine Haare mal nach unten kämmen und nicht immer so Föhnfrisurmäßig nach oben." beratschlagte ich ihn im guten und schlug seine Hände weg, als diese meine Arbeit zu Nichte machen wollten.
"Hände weg!" wetterte ich ihn an.
Mit einer Hand wehrte ich seine Arme ab, die nun versuchten nach dem Haarspray zu langen, während ich seine Haare, nach unten frisiert, ordentlich zurechtlegte und grade so einsprühte, dass sie nicht zu klebrig, sondern genau richtig flauschig blieben.
Leighton, der sich mit Händen und Füßen gegen sein Umstyling gewehrt hatte, kam gar nicht in den Genuss sich zu bewundern, da es bereits unten an der Haustür klingelte.
"Ich seh total scheiße aus." meckerte Leighton und wollte sich an die Haare.
Ich bekam seine zu fassen und sah ihn anmaßend an.
"Du siehst wesentlich reifer aus und nicht mehr wie ein kleiner sechzehnjähiger Möchtegernrockstar, der es mit Green Day aufnehmen möchte." kommentierte ich ihn stolz betrachtend.
Auf seine schmalen Lippen schlich sich ein verlegenes Lächeln und er blickte zu Boden.
Nebenbei wurden seine Wangen rosa.
"Du solltest deine Haar wirklich öfter so tragen." flüsterte ich ihm zu und stellte mich auf Zehenspitzen, um ihn einen Kuss zwischen seine Augenbrauen zu geben.
"Ja... ja vielleicht sollte ich das." gestand er sich ein und fand für den Bruchteil einer Sekunde meine Augen.
"KAILEIGH! LEIGHTON BEWEGT EUCH, WIR SIND SPÄT DRAN!" schmetterte Celine aus dem Flur.
Leighton schreckte von mir zurück. Er griff sich eilig, etwas zu eilig, unser gemeinsames Geschenk für Monty und stürmte noch vor mir aus meinem Zimmer.
Ihm schmunzelnd nachsehend folgte ich ihm, verabschiedete mich aber vorher bei meinen Eltern, welche es sich mal wieder im der Stube bequem gemacht hatten und gemeinsam Karten spielten.
Sie wünschten Leighton und mir viel Spaß, an Monty ließen sie ausrichten, dass sie ihm ebenfalls alles gute zu seinem Geburtstag wünschten und wir es nicht übertreiben sollten.
Celine wartete ungeduldig in einem Outfit an der Tür, welches mir beim einsteigenden Winterwetter viel zu zugig gewesen wäre.
Sie trug einen für sie doch verhältnismäßig langen Rock mit einer Netzstrumpfhose und einfachen Sneakern dazu.
Ich hüllte mich in eine der dicksten Jacken ein, die die Garderobe im Flur zu bieten hatte und das obwohl wir den ganzen Abend in einer beheizten Bowlinghalle verbrachten.
Leighton, der von Natur aus Kaltblüter war, trug wie Celine über ihrem weinroten Pullover, eine schwarze Lederjacke unter der es unmöglich warm sein konnte.
Die wenigen Schritte bis zu dem alten Opel Astra von Celine legte ich in meinen gefütterten Schuhen in einem perfekten Sprint hin.
"Kaileigh, wir haben es erst mitte November und du frierst schon?" lachte Celine und richtete sich ihre Jacke, bevor sie den Opel aufschloss und ich mich in den aufgeheizten Innenraum ihres Autos verzog.
Ich hasste die plötzlichen Temperaturschwankungen im November.
Den einen Tag kann man noch in Halbschuhen und Strickjacke zur Schule gehen und auf dem Rückweg nach Hause fühlt es sich so an, als habe eben ein Schneesturm gewütet.
"Im Winter wird sie wieder aussehen wie ein kleines Michelinmännchen." stichelte Leighton, als er auf dem Rücksitz einstieg und seine gute Laune erheblich zurück gesteckt hatte.
"Wahrscheinlich." brummte Celine neben mir und schmiss ihre Tür grob zu.
"Übrigens coole Frisur, Leight." kommentierte meine beste Freundin mein Werk.
"Ist meiner Hand entsprungen. Er sah aus als hätte er in eine Steckdose gefasst, ich musste etwas machen." Entschuldigend lächelte ich Leighton auf dem Rücksitz zu, der bereits genervt die Augen verdrehte und aus dem Fenster blickte.
"Stimmt. Mit dem Piercing und den Haaren nach unten sieht er gleich viel erwachsener aus." Teilte Celine meine Ansicht.
Stolz darauf, dass nicht nur ich Leightons neuen Schliff gut fand, setzte ich mich gerade auf.
"Das hab ich ihm auch gesagt, aber er will seiner Föhnfrisur treu bleiben." seufzte ich melodramatisch und sank wieder zurück in den Sitz.
Celine lachte und bretterte die Straße entlang.
"Leighton, weißt du was dir richtig gut stehen würde, wenn du die Haare mal so lassen würdest?"
Durch den Rückspiegel versuchte sie seinen Blick zu erhaschen.
"Verschone mich mit deinen Modetipps." Murrte mein bester Freund und fuhr sich durch seine neue Frisur.
"Oh Gott, wäre ich nicht vergeben würde ich mich sofort auf dich schmeißen." schwärmte Celine und hummelte auf ihrem Sitz herum.
"Bitte nicht." bemerkte Leighton resigniert und stützte sich mit der Hand am Fenster ab.
"Kann ich mir denken. Eine Beziehung mit dir wäre wirklich anstrengend." kicherte meine Sitznachbarin und kehrte zu ihrer eigentlichen These zurück.
"Jedenfalls, solltest du vielleicht meine ausgezeichneten Modetipps mal wahrnehmen, und Kaileighs Geschmack für gute Frisuren, dann würde dir so ein kleiner Drei -Tage - Bart perfekt stehen."
Leighton prustete auf dem Rücksitz los und warf Celine einen Blick zu, bei dem ich dachte, dass er sie auseinander nehmen und aus ihren Knochen und Sehnen eine Gitarre basteln wollte.
So Leid es mir tat, aber Celine hatte recht.
Leighton konnte so viel mehr aus sich machen, als dieser kleine süße Schuljunge.
Er hatte das Zeug dazu auszusehen wie der rebellische Student an einer Uni, der zu jeder Vorlesung mit extravaganten Ausreden zu spät kam und die ganze Frauenwelt für sich allein besaß.
"Lieber würde ich Arthur den Arsch abwischen, als deinen Tipps nachzukommen." wertete Leighton wenig begeistert ab.
Ich grinste.
"Gut. Dein Problem. Aber wie gesagt, du würdest hammer aussehen, wenn du dir mal mehr trauen würdest." säuselte Celine beipflichtend und zuckte mit den Schultern, bevor sie begann mich nach dem Geschenk für Monty auszufragen.
Ich hielt den Mund.
Nur Leighton und ich wussten was sich in der eingepackten Box neben ihm auf dem Rücksitz befand.
Jedoch plauderte Celine aus, dass sie mit Caleb Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt habe um die Limited Deluxe Version von My Chemical Romance's The Black Parade Album auf Originalkassette zu bekommen.
"Ich hab ein verdammtes Vermögen für dieses Stück Plastik ausgegeben." regte sie sich auf und parkte vor der Bowlinghalle am Stadtrand.
"Sogar Caleb musste noch etwas dazu geben, aber für Montys leuchtende Hundeaugen ist mir das echt was wert." wurde Celine in ihrem Ton sanfter und zog den Schlüssel aus dem Opel.
Leighton und ich hatten uns um Karten für das Fall Out Boy Konzert nächsten Sommer. und kurz nach unserem Schulabschluss, in Baltimore für uns vier gekümmert. (Ursprünglich bestand unser Plan daraus Karten für MCR zu bekommen, aber die waren schneller ausverkauft, als man Konzert aussprechen konnte und da Monty FoB ebenfalls gern hörte, hofften wir nichts verkehrt zu machen.)
Billig waren die auch nicht und nun kam etwas drückend hinzu, dass wir die Karten zu einem Zeitpunkt geholt hatten, in dem Caleb und Arthur noch nicht auf unserem Plan standen.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt