27.2 Lie To Me

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Mit Leighton am ersten Schultag nach den Ferien zu laufen nahm ich nicht als Selbstverständlichkeit hin. Er versuchte es so auszulegen, verhielt sich nach seinem Geständnis zu Sylvester ganz wie er. Aber ich merkte die kleinen Risse, die an seiner Fassade kratzten und die wir mit nächtelangem Reden nicht ausbügeln konnten.
Leighton hatte sich in mich verliebt. Wie ein Stein drückte die Tatsache auf meine Brust, veranlasste mich dazu besonders vorsichtig mit ihm umzugehen. Ich wollte ihm gegenüber nichts tun, was unbewusst etwas bei ihm in Bewegung setzte mit dem ich ihn verletzten könnte.
Seit ich Leightons Haustür nach Sylvester so lang blockiert hatte, bis seine Mutter mich hingelassen hat, überdachte ich jedes Wort, dass ich zu ihm sagte drei mal.
"Du musst nicht so tun, als müsstest du mir sagen, dass ich sterben werde Kaileigh. Rede ordentlich mit mir." Meinte er, als ich ihm erklärte, dass ich ihm seine Lage nicht noch schwerer machen wollte, wie sie war.
"Ich bin davor auch schon damit klar gekommen."
Leighton rollte mit den Augen.
Ihn nicht ernst nehmend schielte ich zu ihm. "Na klar. Das habe ich gemerkt, als Arthur und ich allein bei ihm waren." erinnerte ich Leighton an sein Joker Lächeln und wie unheimlich er sich an dem Abend verhalten hat.
Er seufzte und schob die Hände in die Jackentaschen.
"Ich... ich war erschrocken okay? Ich dachte nicht, dass ihr das so schell angeht." redete Leighton sich heraus.
Mit seinen Schuhen kickte er einen Stein vor sich hin. "Es war übrigens echt offensichtlich, dass ihr davor herumgeknutscht habt." murmelnd versank er in seiner Winterjacke und starrte auf den Boden.
Ich biss mir auf die Wange.
Ein seufzend verkneifend harkte ich mich bei Leighton unter, aber sagte nichts. Fieberhaft suchte ich nach den richtigen Worten, wollte nicht unüberlegt das herausplaudern, was mir durch den Kopf ging.
Wieder tat ich das, das Leighton nicht von mir wollte, ich behandelte ihn, als müsste ich ihm von seinem Tod berichten.
"Eigentlich..." ich hielt inne und drückte Leightons Arm.
"Kai, ich hab dir was gesagt. Ich sterbe nicht, du kannst mit mir ganz normal reden." erinnerte Leighton mich mit einem unterdrückten lachen.
"Ich weiß, aber... ich will dir nicht weh tun, Leighton. Ich stelle mir das nicht einfach für dich vor." packte ich meine Gedanken aus.
Er seufzte. "Das ist es auch nicht. Aber es bringt mich auch nicht um, in dich verliebt zu sein. Eigentlich reicht es mir schon, dass du mir nicht das Brett vor den Kopf geschlagen hast und mich nie wieder sehen willst." Leighton sprach, als redeten wir über das Wetter und nicht über seine Gefühle mir gegenüber.
Ich ging mit der ganzen Angelegenheit angespannter um.
"Ich... Leighton, das könnte ich nicht. Wir sind beste Freunde schon vergessen? Ich kann dich nicht einfach verlieren und ersetzen und das musste auch Arthur bitter zu spüren bekommen."
Leighton grinste hämisch und hob selbstsicher den Kopf. "Das war immerhin der Grund, wieso du ihm ne Abfuhr erteilt hat."
Lustig fand ich das nicht, aber Leighton nahm es mit einem bedrückten und einem humorvollen Auge.
"Das war mies." erkannte er.
Leighton drücke meinen Arm, zog ihn heraus und legte ihn mir um die Schultern.
"Es tut mir leid."
Ich nickte. "Schon gut. Ab heute regelt sich das wieder." tat ich ab.
Leighton verzog das Gesicht.
Das meinte ich. Ich vergaß darüber nachzudenken mich schmerzlos auszudrücken und dann zog er dieses Gesicht mit der runzligen Stirn, dem Piercing ziehen und den glasigen Augen.
"Ich hoffe das wirklich für dich. Du magst Arthur anscheinend wirklich sehr."
Ich schmunzelte. "Mehr als du auf jeden Fall." scherzte ich in die Situation herein.
Leighton sprang drauf an und druckste. "Ich hasse ihn auch nur, weil er dich haben kann und ich nicht. An sich ist er voll der feine Kerl." beschrieb er. "Und ich rede aus Erfahrung, immerhin haben wir gemeinsam gesoffen und Weihnachtslieder bei Mc Donalds gesungen." lachte Leighton mit munterer Laune.
Ich legte meinen Arm um seine Seiten und lehnte mich im gehen an ihn.
"Erinnere mich nicht daran zurück. Ich habe bis heut noch Alpträume davon, wie du kotzend auf dem Spielplatz gelegen hast."
Dieses Bild würde ich nie wieder aus den Augen bekommen. So verletzlich und gebrechlich hatte ich Leighton noch nie gesehen. Er hatte ausgesehen, als kippe er jeden Moment um und würde nie wieder aufstehen.
"Das war der dunkle Part an den ich mich nicht mehr erinnern kann, aber bis dahin war alles ganz cool. Ich kann langsam verstehen, wieso ihn alle toll finden. Aber ich kann diese Schwelle nicht übersteigen, tut mir leid Kai." rechtfertigte Leighton sich.
"Das musst du auch nicht. Ich erwarte nicht von euch, dass ihr beste Freunde bis in den Tod werdet, das ist immer noch meine Aufgabe." schob ich locker zur Seite und überquerte mit ihm die Straße, um über den Schulparkplatz zu schlendern.
"Und ich hoffe das ist für eine lange Zeit auch noch deine Aufgabe."
Ich sah zu Leighton und bedachte ihm mit einem schmerzlichen Lächeln.
Es musste sich schrecklich anfühlen zu wissen, dass ich nicht erwiderte, wie er mich sah.
Aber er ging erstaunlich gelassen damit um, wie ich feststellen musste. Das Thema ergriff er reifer und erwachsener, als ich erwartet hatte.
"Ich hoffe für... für immer." berichtigte ich Leighton, sah bei meinen Worten aber wieder diesen getroffenen Ausdruck in seinem Gesicht.
Ich nahm meinen Blick von ihm und blickte über den Hof.
Heute würde ich die Dinge in die Hand nehmen und in der Mittagspause mit Arthur reden. Ganz allein und in aller Ruhe. Dann würden wir das zwischen uns wieder zum laufen bringen und alles hatte sich geklärt. Wir wären wieder zusammen und fingen noch einmal an. Ohne dass er sich zu sehr über Leighton hob und dass wir uns zu sehr vor Leighton überhoben.
Aber das sollte sich am ende doch schwerer gestalten, als ich dachte.
Ich sah Celine bei ihm und Caleb stehen, so wie es üblich geworden ist. Auch bei den dreien standen Monty und Helena. Die beiden schienen über etwas zu diskutieren, aber sie verstummten, als sie Leighton und mich anlaufen sahen.
Plötzlich wurden alle Gesichter der fünf verschwiegen und finster. Helena verabschiedete sich mit einem eiligen Kuss von Monty und stürmte zu ihrer eigentlichen Clique.
An sich nichts ungewöhnliches. Jedoch wurde es seltsam, als Arthur mich sah, das finstere Gesicht nicht zu einem Lächeln umschlug und er auch nicht auf mich zuschritt.
Was ich nach unserem Streit von ihm erwarten sollte, wusste ich nicht. Ich wusste nicht mal wie ich mich selber verhalten sollte, jetzt wo er mir wenige Meter entfernt gegenüber stand.
Ganz sicherlich hatte ich aber nicht damit gerechnet, dass er Caleb am Arm packte und ihn mit sich weg zog, kaum dass Leighton und ich unsere kleine Gruppe erreichten.
Celines Blick lichtete sich nicht. Monty begrüßte Leighton abwesend, besah mich mit einem belegten Lächeln und entführte seinen besten Freund mit sich in eine andere Ecke.
"Ist irgendetwas passiert?" Fragend blickte ich Arthur und Caleb nach.
Der Blick, den Arthur mir zugeworfen hatte war ein ähnlicher, wie der den er mir an dem Abend zugeworfen hat, als ich mit Leighton aus dem Haus seiner Tante geflohen bin.
"Das fragst du noch?" Celine klang, als habe ich sie nicht mehr alle, sie so etwas zu fragen und als müsste ich doch wissen was Sache sei.
"Ist irgendetwas passiert? Ist das dein ernst? Muss ich dich daran erinnern?" scheuchte meine beste Freundin sich wie eine Furie hoch. Außer sich fuchtelte sie mit den Armen herum und sah mich an, als sei ich der Teufel in Person.
"Ich bitte darum!" verlangte ich. "Da ich absolut keinen Plan habe, wieso Arthur mir die kalte Schulter zeigt und du dich verhältst, als habe ich jemanden umgebracht."
Celine schnaufte, fuhr sich durch die Haare und schmierte sich ein beängstigendes Lächeln ins Gesicht.
"Wenn du wirklich so dumm bist, dann hier die Aufklärung:" Augenrollend verschränkte sie die Arme vor der Brust.
"Wir haben uns an Sylvester darüber unterhalten, wie sehr du Arthur zurück haben möchtest und das es dir ja so leid getan hat ihn stehen zu lassen und dann machst du am Abend mit Leighton in deiner Einfahrt herum? Sagt mal hast du sie noch alle?" stellte sie mich mit etwas zu Rede, dass sie gar nicht wissen konnte.
"Bitte was?" Stieß ich aus.
Außerdem hatte ich garantiert nicht mit Leighton herumgemacht. Er hat mich geküsst, überraschend und unerwartet, aber mehr war das nicht. Ich hatte nichts weltbewegendes dabei verspürt und das wusste er auch.
Aber woher wusse Celine davon?
"Ich habe nicht mit Leighton zu Sylvester rumgemacht. Wir sind beste Freunde, was zum Teufel denkst du eigentlich von mir?" stritt ich ab.
Celine glaubte mir nicht, sie lachte bitter auf.
"Ich weiß langsam selber nicht mehr, was ich von dir denken soll. Aber was ich von dir weiß, dass es dir nicht ähnlich sieht dir zwei Typen anzulachen, den einen zu angeln und fallen zu lassen und den nächsten gleich in der Schlange stehen zu haben." konfrontierte sie mich mit etwas, dass totaler quatsch war.
"Halt mal!" stoppte ich sie und hob die Hände.
"Wirfst du mir vor, dass ich was mit Leighton angefangen habe? Celine, da ist nichts. Er hat mir gesagt, dass er in mich verliebt ist, mehr ist nicht gewesen. Wo auch immer du diese Info her hast, das stimmt nicht!" führte ich ihr vor Augen.
Es konnte nur sein, dass irgendjemand aus unserem Jahrgang uns gesehen hatte, aber so weit ich wusste, wohnte bis auf Leighton niemand in meiner Straße.
"Ich denke doch, dass meine Quelle sehr vertrauenswürdig ist und dass sie genau weiß was sie da gesehen hat. Aber sollte das wirklich anders gewesen sein und darum bete ich für dich, Kaileigh, dann mach das Arthur gefälligst gestern schon klar." Celine beruhigte sich ein wenig.
"Und das mit Leighton, pass auf dass du ihn vor Arthur an der Leine behältst sonst endet das für keinen der beiden mit dem Leben, wenn sie sich auf dem Gang begegnen." gab sie mir auf und brauste dann an mir vorbei in die Richtung von Arthur und Caleb.
Komplett von der Rolle sah ich ihr nach und schüttelte den Kopf.
Hatte Leighton an Monty weiter getratscht, dass er mich geküsst hat und Monty hat es an Celine weiter gegeben und sie an Arthur?
Aber Leighton würde so etwas nicht einfach an Monty weiter geben. Er hatte in den letzte Tagen keine Gelegenheit dazu, da wir uns die ganze Zeit ausgesprochen hatten.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt