32.2 He Never Planned Like That

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Der Bandraum in der Schule ist einer Spontanrenovierung zum Opfer gefallen.
Die daraus tragende Folge war, dass die Sunrise Proben für den Abschlussball vorübergehend bei Arthur und Caleb stattfanden.
Auf Arthurs Grundstück störte weder Kimberly, noch seine Tante ob die Jungs Musik machten oder nicht.
Sie würde bei der Größe des Gebäudes nicht mal durch das Erdgeschoss hallen.
Als provisorischer Probenraum diente Arthurs Zimmer, da es unmöglich war sein komplettes Drumkit durch das Haus in Calebs Zimmer zu schleppen.
Nach dem Unterricht haben wir uns alle versammelt auf dem Parkplatz getroffen und untereinander aufgeteilt, wer wo mit zu Arthur und Caleb fuhr..
Arthur hatte sich bereit erklärt Leighton und mich zu chauffieren.
Monty beschlagnahmte Helena. Caleb fuhr gemeinsam mit Celine.
Helena, die bis Dato noch nie in die Nähe von Arthurs beeindruckendem Anwesen gekommen ist, fühlte sich wie erschlagen und konnte nicht glauben, dass hinter seiner und Calebs bodenstänidgen Art und Weise solch eine Herkunft herrührte.
"So haben Kaileigh und ich auch reagiert." plapperte Celine munter auf sie ein und harkte sich bei ihr unter.
Ich trottete zwischen Leighton und Arthur zum Eingang.
Monty und Caleb machten auf dem eisigen Weg ein Wettrennen, wer es schaffen würde ohne auszurutschen die Treppe hoch zu sprinten.
Keiner von den beiden suchte die Nähe zum Boden.
Mich hätte es beinahe erwischt. Doch zu meinem Glück und wie mit ihren Gehirnen verbunden reagierten Arthur und Leighton gleichzeitig. Sie griffen mir unter die Arme und stellten mich auf die Füße zurück, bevor mein Hintern Bekanntschaft mit dem Boden machte.
"Das ist ein verdammtes Schloss!"
Ausladend blickte Helena sich im Foyer des Anwesens um.
Für uns ist dieser Anblick normal geworden, für Arthur und Caleb war er Alltag.
"N Schloss ist das nicht, auch wenn es n bisschen was von Versailles hat und man sich leicht verläuft." schüttelte Caleb gelassen ab.
Arthur schloss sich ihm an. "In meiner ersten Woche hier, habe ich in vier verschiedenen Schlafzimmern geschlafen, weil ich nicht mehr wusste, wo mein Zimmer ist." witzelte er und legte einen Arm über meine Schultern.
"Ich glaube, wenn ich hier wohnen würde, ich bräuchte eine verdammte Karte, wenn ich kein gutes Gedächtnis hätte." murmelte ich neben Arthur, als wir durch die Hauptür im Foyer den Gang mit seinem Zimmer ansteuerten.
"Du kannst mir ja gerne eine Zeichnen, ich bin mir sicher, dass dir das einfach fallen sollte."
Er zwickte mir in die Schulter.
Ich legte meine Hand auf seine und zog eine Augenbraue hoch.
"Du wohnst hier und musst dich zurecht finden. Ich kenne nur die wichtigsten Wege." grinste ich.
Arthur druckste. "Ja den in mein Zimmer und den in die Küche. Mehr musst du auch nicht wissen."
Jetzt zwickte ich ihm in die Hand.
Er schrie auf und zog die Aufmerksamkeit der anderen zu uns.
"Was macht ihr da wieder?" Leighton legte den Kopf schief.
Seine blauen Augen sahen uns amüsiert an.
"Kaileigh ärgert mich." jammerte Arthur und ging auf Abstand zu mir.
Er verschränkte die Hände vor der Brust. Mit vorgeschobener Unterlippe blieb er schmollend im Gang stehen.
Leighton lachte. "Mich ärgert sie auch, daran solltest du dich gewöhnen."
Arthur seufzte, brummte etwas auf italienisch, küsste dann meine Wange und schloss mit mir und Leighton zu den anderen auf.
Monty und Caleb bauten bereits ihre Instrumente auf.
Helena sah sich beeindruckt in dem lichtdurchfluteten und geräumigen Zimmer um, dass trotz seiner größe für sieben Personen, Mikrofonständern und Kabellage einen Hauch zu klein wurde.
Leighton, Monty und Caleb hatten Mühe nicht über ihre Verkabelungen und Mikrofonständer zu stolpern.
Celine, Helena und ich hatten Arthurs Bett eingenommen und begutachteten, wie die Jungs, bis auf Arthur, ihre Instrumente stimmten.
Arthur saß an seinem Schlagzeug und jonglierte mit den Drumsticks, die ich ihm geschenkt hatte.
Dabei grinste er mich frech an.
Meine Wangen wurden rot, wie immer wenn er mich so anlächelte, aber ich sah nicht geschlagen weg. Ich erwiderte es.
"Gott... Kai, Arthur bitte. Könnt ihr aufhören euch blickzuficken?" spuckte Caleb aus und lehnte seinen Bass gegen Arthurs Schrank.
Mit dem selben entsetzten Blick starrten Arthur und ich zu ihm.
"Wir sollen mit was aufhören?"
Die anderen kicherten über Calebs Kommentar.
Ich glaubte mich deutlich verhört zu haben.
"Blickzuficken, damit sollt ihr aufhören." wiederholte Arthurs bester Freund todnüchtern.
Ich blinzelte und zog die Augenbrauen hoch.
"Wir haben uns nur angesehen. Du siehts Celine auch an und Monty sieht Helena an und umgekehrt." lachte ich bestüzrt.
Celine stupste meine Schultern an. "Aber so wie ihr euch angesehen habt, wären gleich Klamotten gefallen." sprang sie auf Calebs Worte an.
"Meine Fresse..." Leighton hielt sich die Stirn und schüttelte mit dem Kopf.
"Sie haben sich nur angelächelt. Wie kann man da so viel rein interpretieren." beendete Monty und ahmte mit Helena nach, wie Arthur und ich uns angeschaut haben.
"Also ich könnte in deinen Blick so einiges reininterpretieren, Monty." säuselte Helena und warf ihre Haare nach hinten.
"Pärchenkram, ihh..." Leighton schüttelte sich.
"Konzentrieren wir uns doch stattdessen auf das wirklich wichtige der Stunde nähmlich..."
Caleb brachte keinen sonderlich unterstützenden Beitrag und unterbrach Leighton ein weiteres Mal.
"Blickzuficken!" rief er wie ein Kind und zuckte mit einem eigenartigen Blick in Celines Richtung seine Augenbraue.
Leighton verzog das Gesicht. Unter Krampf versuchte er einen vernichtenden Kommentar zurück zu halten, den sein altes Ich vor einer Woche noch hätte blicken lassen. Aber er hielt sich zurück und atmete tief ein.
"Nein Caleb. Ich meinte damit, dass wir endlich anfangen sollten zu Proben. Keiner der neuen Songs sitzt wirklich, die hälfte ist uns Unbekannt und wir haben nur noch drei Monate um die Show zur Prom auf den Damm zu bekommen." zählte Leighton betonend an den Fingern auf.
"Ach Leight..." trällerte Celine und lächelte belegt.
"Du musst nicht traurig sein, dass du keinen Partner zum..."
Leighton raufte sich die Haare.
"Schluss jetzt!" warf er streng ein.
Die anderen drei Jungs wandten den Blick auf ihre Instrumte, als Leighton mit seiner Gitarre um den Hals auf seinen Rucksack zusteuerte und vier dicke Ordner heraussammelte.
Er verteilte sie unter den geschockten Blicken seiner Bandmitglieder und erklärte, dass dies die Noten oder für Arthur, die Beats seien, die sie zu jedem einzelnen der Songs spielen können müssten.
"Du verarscht mich!" Arthur fielen die Augen aus dem Kopf.
Er warf den Ornder über die Köpfe der Jungs hinweg genau hinter mir auf sein Bett.
"Ich bringe mir die Songs selber bei. Ich brauche keine Noten oder Beats oder habe ich mich jemals verspielt?" harkte er nach und wandte sich an uns auf dem Bett und an seine Bandmitglieder.
"Ich... Arthur, das weiß ich. Aber ich will dass alles perfekt wird. Das ist unsere Prom und vielleicht der letzte Auftritt der Schulband, da sich aktuell niemand findet, der uns ablöst."
Arthur zeigte Einsicht auf seine Reaktion und sah auf sein Schlagzeug.
"Das ist keineswegs angreifend gemeint aber..."
Arthur nahm ihm die Worte zum dritten mal an diesem Tag aus dem Mund.
"Du willst nicht, dass wir uns blamieren und mit einem perfekten Knall die Schule verlassen." nickte er ab und bat mich den Ordner wieder zurück zu schmeißen.
Er fing und schlug ihn auf einer Seite auf.
Ein Lächeln zierte seine Lippen, als er den aufgeschlagenen Song las.
Monty und Caleb blätterten die Seiten ebenfalls durch und musterten sie aufmerksam.
Leighton beobachtete die Reaktionen. Nervös zog er an seinem Lippenpiercing.
Die Setlist dürfte nun niemand mehr kritisieren.
Monty und ich hatten sie höchstpersönlich zusammen gestellt und berücksichtigten alle erdenklichen Faktoren.
Die Setlist war optimal. Es waren Lieder enthalten, die jeder kannte, einige die ein wenig unbekannter waren. Viele Genres wurden einbezogen, wie Balladen, Rock, Pop, Rap.
Niemand der anderen drei hatte das Recht sich aufzuregen.
"Gute Wahl." Caleb klappte den Ordner zufrieden zu und besah Monty und mich lobend.
Arthur nickte ab. "Hätte es nicht besser machen können." bestätigte er.
"Kaileigh, Monty, ihr habt gemeinsam einen wirklich guten Musikgeschmack."
Monty und ich zwinkerten uns zu und dankten für das Lob.
Celine und Helena waren kurz darauf ihren Freunden über die Schultern zu kriechen, um einen Blick auf die Setlist zu erhaschen.
Monty und Caleb blieben eisern und ließen nicht nach.
Arthur wusste, dass ich sie mit ausgesucht habe und da Leighton sich die Noten beschafft hat, war er auch schon eingeweihnt.
Für den Rest der Welt würde die Songauswahl bis zur Prom ein Geheimnis bleiben.
Die Jungs stellten die Instrumente zur Seite, die eigentlich für die Probe heute überflüssig waren.
Leighton bestand darauf die Songs im trockenen durchzugehen und nur einzelne Stellen anzuspielen, bei denen es Probleme mit der Notenzusammensetzung geben würde.
In ihrem Kreis versammelt hockten sie mit einer einfachen Akustikgitarre und unmengen an Stiften auf dem Boden vor dem Schlagzeug.
Celine, Helena und ich blieben auf dem Bett sitzen, wobei die beiden hin und wieder versuchten einen Hauch der Setlist aufzuschnappen.
Beeindruckender Weise unterhielten sich Arthur, Monty, Leighton und Caleb beinahe Tonlos und wussten anscheinend mit ihren Blicken welche Stellen im Ordner gemeint waren.
Celine und Helena fingen irgendwann an über irgend so eine große Skandalparty in LA zu reden und lästerten über Popstars und Schauspieler ab.
Ich kannte kaum einen der Namen, konnte deshalb auch nicht mitreden und entschied mich zwischen Tür und Angel in der drückenden Luft des Zimmers Getränke zu organisieren.
Arthur wollte nicht, dass die Fenster geöffnet werden. Mir hat er versucht weiß zu machen, dass das ganze Haus mit einer Klimaanlage versorgt werden würde.
Caleb hat mir hinterrücks verraten, dass er eine panische Angst vor Spinnen hatte und deshalb die Hausdamen die Fenster nur aufmachten, wenn er in der Schule sei.
Ihm redeten sie ein, dass das Haus neben der Klimaanlage ein eigenes Frischluftsystem besaß.
Ich sammelte mit einem lauten Aufruf die Getränkewünsche meiner Freunde im Zimmer ein, dabei schlich ich um die Jungs auf dem Boden herum und verabschiedete mich von Arthur mit einem Haarewuscheln und einem Wangenkuss.
Das Lächeln, dass er mir beim gehen zuwarf, spürte ich auf mir ruhen, bis ich den Gang entlang die Küche erreicht hatte.
Dahinter erwartete mich bereits eine der Hausangstellten und bat sich hilfsbereit an.
"Sie müssen sich die Mühe nicht machen. Arthur hat mir gezeigt wo alles steht. Ich kann das allein." lehnte ich sie freundlich ab und suchte ein großes Tablett und Gläser aus den Schränken zusammen.
Die Frau mischte sich zwischen mein Handeln und stellte sich mir amüsiert in den Weg.
"Oh nein Kindchen. Ich werde dafür bezahlt das zu machen. Ich habe kein Problem damit, wirklich nicht. Außerdem bist du zu Besuch hier, da musst du gar nichts machen."
Bevor ich Luft zum Reden holen konnte, plauderte sie gleich hinterher: "Also was kann ich der jungen Dame des Hausherrens mit geben?" scherzend machte sie einen Knick und wandte sich dem gigantischen Kühlschrank zu.
Ich seufzte. "Nichts. Ich möchte das allein machen. Sie haben sicherlich wo anders mehr zu tun, als mir Getränke auszuschenken."
Nie würde ich mich daran gewöhnen können, dass Arthur hier alles hinterher geräumt bekam, dass er nicht mal ein Glas anrühren musste, um sich etwas zu trinken zu machen.
Nie würde ich verstehen, wie er so bodenständtig und menschlich blieb, wenn er gut gesagt, alles in den Hintern geschoben bekam.
"Du bist Gast mein Kind. Fühle dich wie in einem Hotel. Da bringt man dir doch auch die Geträn..."
Die Frau vor mir hielt in ihrer Ansprache inne, als sie unterbrochen wurde.
"Hast du nicht gehört? Das Landei will ihre Arbeit selber verrichten. Sie ist es nicht anders gewohnt." Kimberlys schneidende akzentstarke Stimme ging durch die Küche.
Ich rollte die Augen und drehte mich zur Tür um.
Viel eher rechnete ich bei einem solchen Umfeld, dass Arthur sich so eingebildet wie seine ältere Schwester verhielt. Doch die beiden hatten bis auf ihre dunklen Haare und der sonnenbraunen Haut nichts miteinander gleich.
"Den Luxus wie hier, hat sie vermutlich nur in einem einfach Vier-Sterne-Ketten-Hotel und nicht mal da würde sie sich die Schuhe polieren lassen." spottete Kimberly.
Sie lehnte lässig im Holzrahmen der Tür, als würde ihr das Ganze Grundstück gehören.
Musternd besahen mich ihre dunkelbraunen Augen.
"Verschwinde Doria, in meinem Zimmer liegt noch ein Haufen Wäsche, den ich bis morgen gewaschen und gebügelt auf meinem Bett liegen haben will." beorderte Kimberly und machte eine scheuchende Handbewegung.
Doria sammelte ihre Nerven mit einem tiefen durchatmen.
Mit einem bitteren Blick zu Kimberly sagte sie ihrem Auftrag zu und huschte an mir vorbei aus der Küche.
"Endlich erwische ich dich mal allein."
Mit diesen Worten schmiss Arthurs ältere Schwester die schwere Holztür zu.
Sie stolzierte um mich herum, wie eine Löwin.
"Zu bescheiden um sich bedinen zu lassen, hm?" harkte sie provozierend nach.
Ich zog eine Augenbraue hoch. "Mir wurde noch beigebracht, wie ich mir etwas ins Glas fülle." bemerkte ich und fing an die Gläser auf dem Tablett zu ordnen.
"Mir auch, aber wieso es selber machen, wenn es Leute gibt, die dafür bezahlt werden." säuselte Kimberly hinter meinem Rücken.
Unbeirrt visierte ich den Kühlschrank an und suchte heraus, was ich für die anderen und mich brauchte.
"Du hast doch sicherlich nen Plan wo es nach dem Abschluss für dich hingeht oder?" wechselte Kimberly mit einem markanten Unterton das Thema.
"Jedenfalls hat mein kleiner Bruder da etwas verlauten lassen. Washington, wenn ich richtig bin."
Seufzend und mit Glasflaschen beladen kehrte ich zum Tablett zurück.
"Ja. Washington. " bestätigte ich kühl, wandte mich ihr nicht zu.
"Wirklich interessant." murmelte Kimberly.
"Haben er und du sich schonmal Gedanken über ne Fernbeziehung gemacht?"
Im Cola einschänken hielt ich inne und stellte die Flasche auf der Küchenfläche ab.
"Wieso sollten wir? Arthur will auch nach Washington." erinnerte ich sie.
Kimberly lachte laut und belustigt auf.
"Ganz bestimmt nicht. Er hat nach meinem Wissen ganz andere Pläne nach der Schule."
Ich biss die Zähne zusammen und drehte mich mit einem Schwung um.
"Was ist dein Problem mit mir? Mit Arthur und mir?" stellte ich sie zur Rede.
Sie hasste mich dafür, dass ich mit ihrem Bruder zusammen war, sie hasste die bloße Anwesenheit von allen seinen neugewonnen Freunden, als würde sie ihm sein gefundenes Umfeld nicht gönnen.
Kimberly machte den Mund auf, um wieder eine ihrer ach so geistreichen Bemerkungen abzufeuern.
Ich erhob mein Schild und redete auf sie ein, bevor sie schoss.
"Im Gegensatz zu dir, bereite ich ihm keine Sorgen!" Ich warf die Arme in die Luft.
"Hast du eigentlich eine Ahnung davon, wie viele Sorgen er sich um dich macht? Die ganze Woche kann er an nichts anderes mehr denken, als das was du am Montag angestellt hast.
Er schläft Nachts kaum! In dem Moment, wo er bei mir ist und auf meinem Bett sitzt, fallen seine Augen zu!
Arthur kann an nichts anderes mehr denken, als daran, dass du die Polizei am Hals hast. Ich versuche ihn abzulenken, mache dass es ihm gut geht und dafür trittst du mir so in den Arsch? Indem du mir so einen Scheiß erzählst?!" Ich sprach ohne zu denken, ihr gegenüber konnte man nicht denken. Jeden klaren Gedanken würde Kimberly direkt an mich zurück feuern.
"Was da passiert ist, hättest du gar nicht mitbekommen dürfen Idiota!" beschimpfte sie mich mit scharf geschnittenen Handgesten.
"Ich rede außerdem keinen Mist. Arthur hatte noch nie vor nach der Schule nach Washington zu gehen. Seine Pläne ziehen ihn in eine andere Richtung!" bauschte Kimberly sich vor mir auf und sah mich herablassend an.
Ihr war es egal, was Arthur von ihr dachte.
Es ging ihr am Rücken vorbei, dass ihr kleiner Bruder voller Kummer und Sorgen um die Lage seiner Schwester war.
Arthur hatte nichts direktes gesagt, aber wenn wir das Thema in der Woche angesprochen hatten, funkelten seine Augen so traurig und enttäuscht, dass ich dachte er würde mir eine Sekunde später weinend in den Armen liegen.
Ich konnte eigentlich gar nichts gegen seine Sorgen ausrichten, außer ihn in den Arm zu nehmen oder ihn mit dem ein oder anderen Kuss auf andere Gedanken zu bringen. Wirklich abschalten konnte er nur, wenn er in meinem Bett beim Kuscheln eingeschlafen ist.
"Mir hat er gesagt, dass er sich schon in Washington beworben hat." hielt ich Kimberly vor.
Die zuckte nur mit den Schultern. "Das kann er sagen, die Unterlagen, die ich auf seinem Schreibtisch gesehen haben, sagen etwas anderes." tat sie ab.
Ich ballte die Hände zu Fäusten.
Von Kimberly würde ich mich kein weiteres mal an diesem Tag aus der Ruhe bringen lassen.
"Er würde mich nie anlügen." Es sei denn... er hat das nur gesagt um meinen Eltern und mir keine Sorgen zu bereiten. Der Blick, den er beim Essen mit ihnen hatte, widersprach dem enthusiasmus in seiner Stimme.
"Das hat er schon längst." hämisch grinste Kimberly.
Ich atmete tief durch.
"Dann... dann zieht es ihn halt zurück nach New York, zu eurer Mutter. Das... das ist auch okay."
Das wäre der andere Plan, den ich ihm zutrauen würde, aber wieso hatte er mir das nicht anvertraut.
Ich wäre ihm nicht böse gewesen, New York und Washington DC. wäre ein menschlicher Abstand. Wir könnten uns sehen ohne die halbe Welt durchqueren zu müssen.
"Zu welcher Mutter?" gackerte Kimberly in höchsten Tönen los. "Und New York? Das ist nichtmal die Hälfe der Strecke, die zwischen euch..."
Arthur schob sich in die Küche und sah irritert von seiner Schwester herüber zu mir.
"Was zum Teufel suchst du hier? Ich dachte, du bist in der Stadt unterwegs." stellte Arthur sie überrascht zur Rede.
Kimberly hüpfte vom Tisch auf den Boden zurück und schlenderte auf ihren Bruder zu.
"Ich habe nur ein klärendes Gespräch mit meiner Schwägerin geführt. Nichts weiter, Riano." zischte sie ihm entgehen.
Arthur zuckte zusammen und schloss die Augen.
Leighton trottete durch die offene Tür und rollte mit den Augen, als er Kimberly bei Arthur stehen sah.
"Wo bleibst du so lange?" Hauchte er mir zu und begann die Cola in den Gläsern zu verteilen.
"Fühlst du dich nicht schon so wie das dritte Rad am Wagen?" hatte Kimberly es auf meinen besten Freund abgesehen.
"Verschwinde Kimberly!" donnerte Arthur außer sich und schob seine Schwester grob an den Schultern weg.
Die hatte nicht mehr als ein gehässiges Grinsen an uns drei übrig und kam den Worten nach.
"Was hat sie dir erzählt, Kai?" fragte Arthur und stürzte auf mich zu.
Ich biss mir auf die Wange.
Vor Leighton wollte ich das Thema nicht ansprechen.
Ich wollte mich auch nicht darüber streiten, dass er mich vermutlich um sein Studium anlog.
"Nichts... sie hat mich nur geärgert."
Arthur legte eine Hand an meine Wange und besah suchend mein Gesicht.
Wie ich bei ihn, erkannte er bei mir dass ich nicht die ganze Wahrheit sagte.
Er lehnte sich zu mir und küsste mich rasch. "Wir reden später darüber." flüsterte er mir zu und nahm das von Leighton fertig zubereitete Tablett.
"Die anderen verdursten da oben fast." lachte Leighton und hielt Arthur und mir die Tür aus der Küche auf.
Ich lächelte halbherzig und bekam die Worte Kimberlys nicht aus dem Kopf.
'zu welcher Mutter' und 'New York? Das ist nicht mal die häfte der Strecke...'
Sie hatte es geschafft mich aus meinem gleichgewicht zu bringen.
Kimberly war es gelungen, dass ich an Arthur zweifelte, dass ich den Gedanken hegte er würde mich wirklich anlügen.
Denn wenn nicht nach New York, wo wollte er dann hin, wenn es noch weiter weg sein sollte?
Den ganzen Nachmittag bekam ich die Bemerkung von Arthurs Schwester nicht aus dem Kopf.
Sie beschäftigte mich mehr, als sie sollte, mehr als ich wollte.
Ich sollte auf Kimberlys Worte nicht viel geben, aber sie hatte ihr Ziel erreicht, sie brachte mich dazu mir über ihre Worte den Kopf zu zerbasteln.
Arthur merkte, dass ich neben meiner besten Freundin und Helena in mir zusammen gesunken war.
Mit Blicken versuchte er mich vom Boden aus aufzumuntern und etwas aus mir heraus zu bekommen.
Ich drehte meinen Kopf von ihm weg, begann jedesmal an einem der Kissen herum zu ziehen, die sich über das ganze Bett verteilten.
Am frühen Abend beendeten die Jungs ihre leisen Absprachen um die Noten.
Groß spielen könnten sie heute nichts, nicht ohne dass Celine und Helena mitbekamen welche Songs auf der Prom gespielt wurden.
Obwohl indirekt wusste Montys Freundin zum Teil bescheid, da sie die vorherige entworfene Liste an die Tänzer gegeben hatte.
"Kai, Leight, packt zusammen, wir nehmen euch mit zurück nach Salisbury." Helena hüpfte vom Bett und wuselte um Monty herum.
"Wieso wollt ihr denn jetzt schon los?" Leighton deutete auf die Digitaluhr in Arthurs Zimmer, die anzeigte, dass es grade mal kurz vor sieben war.
"Abendessen mit unseren Eltern. Wir müssen pünktlich sein, sonst bekommt ihre Mom nen Nervenzusammenbruch." Monty rollte mit den Augen.
Helena sah ihn feindseelig an und verengte die Augen.
"Mir wurde immerhin beigebracht pünktlich zu sein und nicht am Tisch aus tiefster Seele zu rülpsen." konterte sie.
"Also wegen mir, wenn ich euch nicht störe, fahre ich mit euch zurück." lenkte Leighton um und zog seinen Gitarrenkoffer zu.
"Um Kais Verbleib müsst ihr euch keine Sorgen machen, sie bleibt bei mir."
Arthur setzte sich zu mir aufs Bett und legte einen Arm im meine Schultern.
Bestürzt drehte ich meinen Kopf zu Arthur.
"Ich hab nichts zum..." er unterbrach mich mit einem Kuss auf die Wange und erinnerte mich mit seinen Augen daran, dass er noch herausbekommen musste, was seine Schwester für Märchen verbreitete.
"Meine Schwester wird dir Klamotten leihen." flüsterte er mir zu.
Nach dem Gespräch, dass sie heute angezettelt hatte ganz bestimmt nicht.
"Zur Not können wir dich auch mit nehmen. Meine Mom verbringt das Wochenende sonst wo in der Stadt, Caleb und ich fahren mit zurück nach Salisbury und quatieren uns bei mir zu Hause ein."
Arthur beantwortete Celines Angebot, bevor ich den Mund öffnen konnte.
"Es gibt kein zu Not. Kaileigh übernachtet bei mir.
Damit hast du doch kein Problem oder?"
Bestürzt aus seiner Selbstverständlichkeit heraus, sah er aus großen Augen zu mir.
"Nein... nein das hab ich absolut nicht.
Keiner von euch muss mich mitnehmen. Ich bleibe hier."
Ich sah von Monty zu Caleb und wieder zurück.
Arthur zog mich an sich.
Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter.
Nacheinander verabschiedeten sich die anderen fünf von uns und verschwanden aus Arthurs Zimmer.
Eine ganze Zeit lang saßen wir beide so auf seinem Bett da.
Er mit seinem Arm behutsam um meine Schultern gelegt und ich mit meinem Kopf an seiner Schulter.
Es hatte etwas beruhigendes so mit ihm zusammen zu sitzen, unsere Gedanken walten zu lassen, auch wenn wir beide unausgesprochen wussen, in welche Richtung sie gingen.
Kimberlys Verhalten hing uns beidem im Kopf. Gleich ob das von eben oder das was ich über die Woche von Arthur mitbekommen hatte.
In die Stille hinein seuftze Arthur neben mir, strich über meine Schulter und stand dann von seinem Bett auf.
"Ich hab irgendwo noch Lasagne eingefroren. Lass uns was essen und danach machen wir es uns bequem." schlug er mit einem belegten Lächeln vor, dass mir andeutete das Thema um seine Schwester vorerst zu meiden, bis wir beide die nötige Laune dafür hatten.
Aktuell würde weder er noch ich allein mit dem großen Schlag anfangen, auf den sie mich ansprach.
"Hört sich nach nem guten Plan an."
Ich fuhr mir durch die Haare und nahm seine Hand an, die er mir zum aufstehen hin hielt.
Arthur lächelte.
Wir verschränkten unsere Finger miteinander, als ich stand und liefen durch die offene Tür auf den Gang hinaus.
"Das nächste mal, sollten wir hier Proben oder die Songs durchgehen, dann müssen wir euch Mädchen wohl ausschließen." scherzte Arthur im gehen.
"Wieso mich? Ich habe die Songs mit Monty ausgesucht. Mich müsst ihr nicht ausschließen." säuselte ich.
"Aber ich muss dich ausschließen. Celine und Helena hummeln nur auf der Setlist herum, aber du lenkst mich viel mehr ab, mit deiner blanken Anwesenheit." Arthur funkelte mich mit seinen wunderbaren grünen Augen an und hielt mir die Tür zur Küche auf.
Ich lachte.
"Was? Das ist kein Grund mich mit Helena und Celine über einen Kamm zu scheren."
"Doch. Ich konnte mich kaum konzentrieren und als du weg warst, hab ich mir sorgen gemacht, dass Kimberly dir den Hals umdreht, wenn sie auf dich trifft."
Dass ich seinem Blutsverwandten Monstrum begegnet bin, nahm er humorvoller als es für uns beide war.
Ich wusste, einer der beiden Geschwister log mich an, aber im Moment wollte ich um alles in der Welt hoffen, dass es Kimberly war und nicht Arthur.
Der murmelte etwas auf italienisch vor sich hin und ließ die Schultern hängen.
"Mach es dir an der Kücheninsel bequem. Ich taue das essen auf." Arthur wirbelte mich im Kreis, als würden wir tanzen und steuerte mit mir einen der Hocker an.
Ich hielt ihn auf, indem ich ihm meine Hände an die Seiten legte und ich ihn in einen Kuss zog.
Er lächelte und erwiderte in dem Moment, als ich die Schmetterlinge in mir aufsteigen spürte.
Für den Moment geriet in Vergessenheit, was er so unbedingt aus mir herauspressen wollte.
"Das hat mir den ganzen Tag schon gefehlt." flüsterte Arthur an meinen Lippen und küsste mich nochmal.
Er schlang seine Arme um mich und schwankte mit mir durch die Küche.
"Mir auch." gab ich zu und lächelte zu ihm hoch. "Aber ich will dich nicht so direkt vor den anderen Küssen, grade wegen Leighton." Arthur legte seinen Kopf auf meinem ab.
"Wir wissen alle, dass er in dich verliebt ist und mit uns kein Problem mehr hat, aber es ist trotzem mies." redete er sich von der Seele.
Ich lächelte und strich über seinen Rücken.
"Er kommt damit klar. Wirklich. Aber du hast recht, es ist bestimmt nicht leicht für ihn." stimmte ich zu.
Leighton mochte zwar seelisch und moralisch darauf eingestellt sein, dass Arthur und ich zusammen waren, aber ich war mir sicher, er ertrug das nicht so einfach, wie er mir die Woche gegenüber weiß machen wollte.
"Ich finde es außerdem eh besser dich zu küssen, wenn keiner in der Nähe ist." ich legte meinen Kopf schief.
"Da muss keiner von uns aufzupassen den anderen nicht zu lange zu küssen, um dumme Blicke zu vermeiden."
Arthur lachte und hob seinen Kopf, um mich anzusehen.
Seine Hand legte sich an meine Wange und sanft küsste er meine Stirn.
"Es ziemt sich außerdem nicht in der Öffentlichkeit übereinander herzufallen. Das könnte den Ruf einer Frau schädigen."
Ich schmunzelte.
"Wieder eine Verhaltensregel von deinem Vater?" vermutete ich.
Arthur küsste meine Wange und wandte sich dann dem Kühlschrank zu.
"Nein, eine aus eigener Erfahrung mit Caleb." bemerkte er und runzelte die Stirn.
Ich kletterte auf einen der Hocker und sah ihm dabei zu, wie er zum Ofen huschte und die Schale mit dem Essen auf ihm abstellte.
"Was ist passiert?" harkte ich nach.
Arthur machte eine lose Handbewegung.
"Nichts was ihn betroffen hat. Eher ein paar Freunde von uns, aber bei ihm ist es mir aufgefallen." schob er weg.
"Dir ist an ihm was aufgefallen?"
Jetzt machte ich das gleiche, was er zu gerne bei mir machte, so lange nach harken, bis er mir sagte was sich hinter seinen groben Beschreibungen verbarg.
Arthur drehte am Ofen herum, stellte die Lasagne rein und drehte sich zurück zu mir.
"Also..." er faltete die Hände vor der Brust zusammen, als würde er mir eine wichtige Lebensrede halten wollen.
"Wenn ein Mädchen mit einem Jungen in der öffentlichkeit herumknutscht, dann hat sie den Ruf als Schlampe weg, weil sie sich auf so etwas einlässt. Der Junge hingegen wird gefeiert, weil er sie so weit bringen kann, dass sie keine Hemmungen mehr hat." erklärte er mir.
"Caleb war in New York für kurze Zeit mit einer guten Freundin von ihm zusammen.
Als sie sich das erste mal in der Schule gezeigt haben, hat man über sie her gezogen und ihn dafür cool gefunden, dass sie sich in seiner Nähe so gezeigt hat."
Arthur sah auf den Boden und ließ die Schultern hängen.
"Den beiden hat es nichts ausgemacht. Sie hatte nen genau so großen Stolz wie Caleb. Aber mir tat es für die beiden Leid.
Nachdem ich das mitbekommen habe, ist es mir nicht mehr nur bei ihr aufgefallen.
Hier ist es nicht anders. Ich habe auch schon Leute über Helena und Celine reden gehört."
Er sah zu mir und baute sich auf.
Arthurs Lippen verzogen sich zu einem lieblichen und aufmerksamen Lächeln.
"Ich hab mir damals geschworen, meiner ersten Freundin nicht einen negativen Ruf zu geben."
Seine Wangen wurden rot und er biss sich auf die Unterlippe.
Ich erwiederte sein Lächeln.
"Du bist wirklich zu gut für diese Welt." murmelte ich und stützte meinen Kopf mit den Händen ab, als ich mich über die Kücheninse in seine Richtung lehnte.
"Celine und Helena haben übrigens auch einen Stolz aus stahl. Sie belächeln es, wie man über sie redet und Celine weiß, dass bei vielen mit ihren wechselnden Partnern für Gesprächsstoff sorgt. Aber ihr ist es egal." klärte ich Arthur auf.
"Ist es dir egal, wenn man so von dir denken würde?" projekzierte er auf mich.
"Du hast an der ganzen Schule einen ausgezeichneten Ruf, selbst mit mir an deiner Seite."
Arthur grinste mich an.
"Das hab ich aber nicht nur der Tatsache zu verdanken, dass wir uns nicht in aller Öffentlichkeit übers Gesicht schlabbern." lachte ich und legte meinen Kopf schief.
Arthur lehnte sich gegen die Kücheninsel und sah mir in die Augen.
"Das stimmt. Die meisten bewundern dich dafür, dass du es mit dem verrücktesten Haufen der ganzen Schule aushältst." scherzte Arthur feixend.
Ich rollte mit den Augen. Meine Freunde waren nicht ganz normal. Celine und Monty hatten es in der Vergangenheit fertiggebracht die Cafeteria in ein Essenskriegschlachtfeld zu verwandeln, Leight und Monty hatten schon Erbsen an die Decke geschnippst und wir waren versammelt mehrmals aus dem Unterricht geflogen.
Über unsere kleine Clique redete man viel.
Aber das kam nicht wirklich bis zu uns durch.
Wir ließen uns nicht von der Meinung anderer beeinflussen, wir blieben unter uns, seit der Middle School und wir hielten seit dem zusammen, egal was passierte.
Ohne weiteres konnte keiner durch unsere Mauern in unsere Reihen stolpern. Sie mussten schon das gewisse Etwas haben. Arthur und Caleb hatten es und Helena hatte es geschafft, dass Monty mal an etwas anderes dachte, außer an Videospiele, Animes und Musik, also zählte sie dazu.
"Wir haben eine Menge durchgemacht. Ich schäme mich vor nichts mehr bei meinen Freunden, außerdem halten wir zusammen. Wir können alle noch so durchgedreht sein..."
Arthur brachte meinen Satz zu Ende.
"Am Ende kann jeder auf jeden zählen, wie bei den Musketieren." verglich er.
Ich nickte und griff über die Insel hinweg nach seiner Hand.
"Und Cal, Helena und du ihr zählt mit zu unserem Bund." begriff ich ihn mit ein.
Arthur drückte meine Hand. "Du kannst gar nicht glauben, wie froh ich bin offiziel ein von allen Seiten zugelassenes Mitglied eurer Gemeinschaft zu sein." Er lächelte so breit, dass seine Grübchen sichtbar wurden.
Vom Ofen aus ging der Geruch der Lasagne durch die Küche, der unsere Blicke zu dem Essen lenkte.
Bis eben hatte ich keinen wirklichen Hunger, aber jetzt knurrte mein Magen durch den ganzen Raum.
Arthur und ich sahen uns verlegen an. Er spielte mit meiner Hand, lehnte sich über die Kücheninsel hinweg zu mir und küsste mich kurz und süß, so dass sich das Kribbeln in meinem Bauch loslöste.
"Zeit für die Raubtierfütterung." mumelte er mir zu.
Ich zog eine Augenbraue hoch. "Haha."
"Also so gefährlich, wie sich dein Magen grade angehört hast, hab ich Angst, dass du mich jeden Moment zerfleischen könntest." blödelte er herum.
Ich lachte und sah an ihm vorbei zum Ofen.
"Dann mach, dass die Lasagne auf den Teller kommt, sonst kann deine Tante deine Knochen beerdigen."
Mit meiner Hand machte ich eine Krallengeste und fauchte.
Arthur wackelte mit den Augenbrauen. "Na dann werde ich mich mal beeilen." versprach er und drehte sich von mir weg, um Teller und Besteck zusammen zu treiben.
Als er mir das Besteck aushändigte, achtete er darauf es mir entgegengesetzt in die Hände zu geben.
In wesentlich munterer Stimmung, als noch in seinem Zimmer aßen wir in der Küche. Nebenbei unterhielten wir uns über ganz normale Themen, wobei Arthur diese Fragen parat hatte, bei denen ich nie wusste wie ich Antworten sollte. Er schmunzelte über jede Antwort die ich gab, aber ging nicht darauf ein, sondern erzählte von seiner Ansicht, die mir dann verdeutlichte, dass ich wiedermal auf eine seiner kleinen Fallen reingefallen bin.
Nach dem Essen lieh ich mir Arthurs Handy, um zu Hause bei meinen Eltern anzurufen.
Meins hatte ich liegen gelassen, da ich nicht damit gerechnet hätte zu bleiben und bevor Mom und Dad sich unnötig um mich sorgen würden, wollte ich sie wissen lassen, dass ich die Nacht bei Arthur verbringen würde.
Typisch, wie es für meine Eltern war, flog eine peinliche Bemerkung nach der anderen, die ich kommentarlos hin nahm und über die Arthur neben mir nur schallend und amüsiert lachen konnte.
Ich glaubte langsam, er würde sich in meiner Familie wohler fühlen, als ich es tat.
Vorallem wenn es um meine durchgedrehte Tante ging.
Sie wäre vollends begeistert von Arthur und der Tatsache, dass er sämtliche Sprachen fließend beherrschte.
Den ganzen Abend über vermieden wir zwei es das Thema Kimberly ernst anzuschneiden, wenn wir auf sie zu sprechen kamen, dann schoben wir sie zur Seite.
Das ging einfach, da Arthur seinen Laptop auf dem Bett aufgebaut hatte und wir neben bei einen Film schauten.
Einer von uns brauchte nur etwas zu kommentieren und der Film hatte seine ganze Aufmerksamkeit wieder bekommen.
Arthur und ich redeten ohne weiteres miteinander, tauschten den anderen kleinen oder großen Kuss aus, aber unausgesprochen lag die Spannung zwischen uns, für die Kimberly gesorgt hatte, als sie mich in der Küche abfing.
Mein Kopf lehnte auf Arthurs Schulter und mit ihm das Gewicht, dass ich kaum noch bei mir behalten wollte, ihn darauf anzusprechen wo er wirklich nach der Schule hin wollte.
Vor meinen Eltern wirkte er allen Anschein mitgenommen von Washington, aber erreicht hatte die Motivation seine Augen nicht. Kimberlys Kommentar, er würde ziemlich weit weg wollen kam prompt. Sie überlegte nicht lange. Arthur zögerte in seiner Antwort, aber um unsere Zukunft würde er mich doch nicht belügen oder meine Eltern.
Mitten in Coraline richtete ich mich neben Arthur auf und klappte seinen Laptop zu.
Mir reichte es.
Ich hatte mir die letzten Stunden beim Filmschauen genug den Kopf zerbrochen und ich wollte wissen, ob an den Worten seiner Schwester wirklich etwas wahres dran war.
Arthur drückte meine Schulter und sah mich fragend an.
"Kaileigh komm, ich weiß dass der Film krank für sechsjährige ist, aber doch nicht für uns." witzelte er.
Doch der Schalk im Blick verebbte, als er mich ansah und die Ernsthaftigkeit in meinem Blick erkannte.
"Darum... darum geht es mir nicht. Ich... deine Schwester..." sprach ich stammelnd an und rückte ein Stück von ihm weg.
Arthur ging sich durch die Haare.
"Darauf wollte ich nach dem Film eigentlich zu sprechen kommen." seufzte er und setzte sich in den Scheidersitz.
"Was hat Kimberly dir gesagt? Kaileigh bitte... Ich muss das wissen." bat er mich mit der Sprache raus zu rücken.
Ich lachte auf. "Das hatte ich grade vor."
Luftholend legte ich mir die Worte in Gedanken zurecht.
"Kimberly... sie... sie hat mir erzählt dass..." ich brach ab.
Arthur sah mich erwartungsvoll und panisch zu gleich an, als habe seine Schwester mir verraten, dass er jemanden umgebracht hatte.
"Ich habe deiner Schwester gesagt, wie viele Sorgen du dir um sie machts, dazwischen kam sie mir damit, dass... das du nicht vorhast mit mir nach Washington zu gehen, also nach der Schule." ging ich das heikle Thema mit Umwegen an.
"Das... das ist auch total okay. Ich meine keiner zwingt dich, mit mir mit zu kommen. Aber wenn, dann hättest du mir sagen können, dass du nach New York willst. Darauf hab ich sie angesprochen, dass es für mich kein Ding wäre, wenn du bei deiner Mutter zur Uni gehen willst aber..."
Arthur hatte die Lippen aufeinander gepresst und sagte keinen Mucks.
"Kimberly meinte, zu was für einer Mutter und das New York nicht mal die Hälfte der Strecke wäre, die zwischen uns liegen würde." endete ich und hoffte er würde mit der Wahrheit herausrücken. Eine die bis in seinen Blick und für mich glaubwürdig war und keine, die er gerne für uns hätte.
Arthur nahm meine Hände in seine und drückte sie.
"Kim hat die Scheidung wirklich getroffen. Sie gibt Mama die Schuld an der Sache und hasst sie. Deshalb sträubt sie sich gegen alles, was mit New York und unserem Leben dort zu tun hat." vetraute er mir an.
"Und... und was das mit dem Studium betrifft..." Arthur suchte mit seinen Augen in meinem Gesicht herum, aber sah mir nicht direkt in die Augen.
"Ich... also..."
"Also was?" stellte ich ihn zu Rede.
"Heißt das also, dass du meine Eltern und mich angelogen hast? Das du dich nicht in Washington beworben hast und ich dir nach dem Abschluss Lebewohl sagen muss?" konfrontierte ich ihn kühl. "Ich meine ich bin mir sicher, wir würden ne Fernbeziehung geregelt bekommen, heute ist das nicht mehr unmöglich. Aber ich will mich wenigstens vorher drauf einstellen können."
Arthur stieß die Luft aus.
"Du musst dich auf keine Fernbeziehung einstellen Kaileigh." sprach er. Seine Augen bekamen einen ähnlich glasigen Schein, wie wenn er von seiner Mutter sprach.
"Ich... also bevor ich euch, dich kennengelernt habe, hatte ich den Plan nach der Schule in London zu studieren. Aber das hat sich geändert.
Ich will nicht mehr nach England. Ich will nicht mehr weg von dir." rasch blinzelte er, sah an die Decke, auf unsere Hände, doch nicht in meine Augen.
"Celine hat mir verraten an welchen Unis du dich beworben hast und dann hab auch versucht da noch rein zu kommen."
Er log mir eiskalt ins Gesicht und nutzte als Motiv auch noch meine beste Freundin.
Celine hatte ich nie erzählt an welchen Unis ich mich beworben habe. Sie wusste, dass ich nach Washington wollte, wir alle wollten nach der Schule dahin, um uns unser Leben aufzubauen. Aber weder ihr noch Monty hatte ich davon erzählt, dass ich mich an der Howard oder der George Washington Universität beworben hatte, da ich lange Zeit immer noch unschlüssig war.
Mom und Dad waren die einzigen, die von meinen beiden Möglichkeiten wussten und Arthur wusste es auch erst seit dem Abendessen mit meinen Eltern.
Ich biss die Zähne zusammen, entschloss mich mit zu spielen. Das letzte was ich wollte, wenn ich keine Möglichkeit hatte nach Hause zu kommen, war es mich mit Arthur zu verkrachen. Allgemein wollte ich mich nicht mit ihm streiten. Wir hatten nach Weihnachten schon genug Scheiße zu tragen und ich wollte die nicht schon wieder anzünden.
"Und so wie sich das beim Essen bei mir angehört hat, wartest du wohl noch auf eine Zusage." presste ich hervor und ertappte eine Träne dabei, wie sie aus seinen Augen entkam und über seine gebräunte Haut rann.
Ihm fiel es nicht leicht mich anzulügen. Was auch immer er mir zu verbergen hatte, es musste ihm eine Menge nerven kosten, wenn es ihn zu Tränen rührte.
"Ganz genau. Ich hoffe, dass die bald ankommt, eine von beiden." schmunzelte er.
Da war die nächste Lüge.
Die Bestätigungen waren schon lange raus. Ich hatte meine erhalten und konnte von beiden Universitäten wählen auf welche ich wollte.
"Dann können wir uns auf die Suche nach nem coolen Appartment machen."
Arthur grinste durch eine weitere unbemerkte Träne und sah auf den Punkt zwischen meinen Augen.
Wenn ich log oder unsicher war, dann machte ich genau das gleiche.
"Das... das können wir. Aber dann in der Nähe von Leight und den anderen."
Ich versuchte nicht allzu verletzt zu klingen, so dass er nicht merkte wie durchschaubar seine Lügen für mich waren.
"Auf jeden Fall. Wenn wir Glück haben, dann kriegen wir ne Wohnung, so groß, dass wir alle unter einem Dach leben können." Arthur lehnte sich zu mir und legte sanft eine Hand an mein Gesicht.
Ich schmunzelte.
Wir würden keine Wohnung finden, in der wir alle Leben könnten.
"Du willst wirklich mit Celine und Caleb in den gleichen vier Wänden leben" scherzte ich und hielt meine Tränen zurück. Es tat weh, dass er mir gegenüber nicht ehrlich war, dass er mir nichts von seinen wirklichen Plänen verraten wollte.
"Okay, wir suchen uns n Appartement in der Nähe. Nicht direkt im selben Haus, aber in dem daneben." berichtigte er, aber nichtmal dazu würde es kommen.
Arthur kam meinem Gesicht näher, sah mir nun direkt in die Augen.
Weitere Tränen liefen nicht mehr aus seinen Augen, er blickte mich an, mit einem fernen Funken Hoffnung an eine Zukunft, die wir uns beide erträumten, aber so wie er mich ansah, nicht haben würden.
Ich drehte mein Gesicht von Arthur weg, als er versuchte mich zu küssen, so dass er nur meine Wange traf.
"Ich... ich bin müde." stotterte ich und sah an ihm vorbei.
Arthur stutzte und nickte.
"Klar... ähm... ich such dir was zum Schlafen heraus. Ich... ich bin auch... müde." murmelte er und rollte sich neben mir vom Bett hoch.
Im aufstehen nahm er seinen Laptop und stellte ihn auf seinem Schreibtisch ab.
Mit hängenden Schultern und einem unsicheren Blick zu mir, steuerte er seinen Kleiderschrank an und kramte darin herum.
"Fang!" rief er mir mit einem Lächeln zu und warf mir einen haufen Sachen zu.
Ich reagierte zu langsam und sie landeten vor mir auf dem Bett.
"Panic! At The Disco" mit einem Schmunzeln betrachtete ich das T-Shirt, was er mir zu geworfen hatte.
Arthur nickte. "Das hat Caleb mir geschenkt. Ist mir aber zu klein und müsste genau deine Größe haben." beschrieb er und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich seufzte und sammelte das Oberteil und die kurze Sportshorts, die mir sicherlich zu groß sein würde, zusammen.
"Wo... wo ist...?" Wollte ich nach dem Bad fragen.
Arthur wehrte ab.
"Du kannst dich hier umziehen. Ich gehe raus." lächelte er mir zu und ließ mich allein in seinem Zimmer zurück.
Ich lief durch das Zimmer zur Tür, als ich mich umgezogen hatte und machte sie von innen auf.
Arthur betrachtete mich mit einem halbseitigen Lächeln.
"Sieht bequem aus." bemerkte er und küsste meine Wange ganz vorsichtig, als würde ich unter der hauchzarten Berührung kaputt gehen.
"Ist es auch."
Ich schlang die Arme um mich und quatierte mich auf dem Bett ein.
Arthur sah mir hinter her und drehte sich zu seinem Schrank, um sich ohne zu zögern seine Schlafsachen überzuziehen, die aus einem alten schwarzen T-Shrit und einer einfachen Jogginghose bestanden.
Er legte sich zu mir und schnippste, damit das Licht ausging.
Vorsichtig rückte er an mich heran und drehte sich auf die Seite.
Arthur legte einen Arm über meine Seite, als er merkte, dass ich nichts dagegen hatte mit ihm zu kuscheln.
Und das hatte ich auch wirklich nicht.
Mir war danach ihm die Augen auszukratzen und ihn auf den Mond zu schießen, dafür dass er mich angelogen hatte.
Aber wegen den Tränen und dem was wir schon hinter uns hatten, bekam ich mitleid und ließ zu, dass dies meine Wut übergriff.
"Gute Nacht Principessa." murmelte Arthur mir zu und küsste mich auf die Lippen ohne dass ich weg zuckte.
"Gute Nacht Arthur." Ich zwang mir ein Lächeln ins Gesicht und strich mit der Hand über seine Wange, bevor ich mich von ihm weg drehte, wir aber immernoch nahe beieinander lagen.
Ich schloss die Augen, versuchte meinen Kopf zur Ruhe zu zwingen, aber wider meinen Worten vor wenigen Minuten war ich nicht Müde.
Eigentlich wollte ich nicht mehr sehen, wie Arthur log ohne rot zu werden, aber doch mit diesem schmerzlichen Ausdruck in seinen Augen.
Ich lag neben ihm, spürte wie er langsam und gleichmäßig atmete und wälzte mich in seinen Armen hin und her.
Zu groß war die Neugier und die Angst vor dem, was Arthur mir vorenthielt, vor dem was ich ganz offensichtlich nicht wissen durfte.
Grausamerweise hatte seine Schwester wohl recht.
Er würde nicht nach New York gehen oder nach Washington und seine Reaktion hat das nur Bestätigt.
"Weißt du, was mir als Kind immer geholfen hat, wenn ich nicht schlafen konnte?"
Flüsterte Arthur plötzlich und strich durch meine Haare.
Ich dachte er schläft! So hatte es sich seinem Atem nach zu Urteilen angehört.
"Schafe zählen?" rief ich wirr und drehte mich zu ihm um.
Ich nahm im dunkeln wahr, wie er den Kopf schüttelte.
"Das hat mich nur noch mehr wachgehalten, weil ich wissen wollte wie weit ich schon zählen konnte." lachte er in Erinnerung.
"Wenn ich nicht einschlafen konnte, hat Mama mir einen Kakao aufs Zimmer gebracht. Dann hat sie mir vorgelesen oder vorgesungen und dann wurden meine Lider so schwer, dass ich einschlafen musste." erzählte er.
"Das hat sie immer gemacht. Selbst wenn es mitten in der Nacht war, selbst wenn sie ihre Augen kaum aufhalten konnte."
Ich stellte mir einen kleinen halbmüden Arthur vor, wie er nicht schlafen konnte, weil es Gewitterte oder er einen Alptraum hatte und wie er großäugig seinen Kakao trank und seiner Mutter zuhörte, bis die Augen zufielen.
Das Bild war zu niedlich.
"Meine Mutter hat mir die bösen Träume weg gezaubert, wenn ich Probleme mit dem Schlafen hatte
Das hatte wie einen Placebo-Effeckt auf mich, von dem ich als Kind aber nichts ahnen konnte.
Manchmal macht Mom das sogar noch Heute, wenn ich ihr und Dad gute Nach sagen komme." schmunzelte ich und suchte nach Arthurs Hand.
"Mama ist mit mir bis wir umgezogen sind auch noch mitten in der Nacht aufgestanden, um mir einen Kakao zu machen. Als ich älter geworden bin, hat sie dann nicht mehr gelesen oder gesungen, sondern wir haben darüber gerdet, was mir sorgen macht, weshalb ich nicht schlafen konnte."
Arthur sog die Luft ein und klang, als würde er schluchzen.
Ich drückte seine Hand. "Anscheinend wollen unsere Mütter und wir wohl nicht von alten Gewohnheiten loslassen." lachte ich.
"Wenn sie sich irgendwann treffen, würden sie sich darüber bestimmt ewig austauschen. Wie ihre Kinder und sie bis heute noch an kleinen Ritualen anhalten." stellte ich mir vor.
Arthurs und meine Mutter würden sich sicherlich gut verstehen.
Er lachte ebenfalls über meine Vorstellung, doch nicht belustigt oder mit der Hoffnung, dass es wirklich passieren könnte, sondern mit einem schmerzlichen Unterton, der einem das Herz in tausend traurige Scherben zerfallen ließ.
Es gab anscheinend eine Menge an Dingen, die er mir nicht verriet oder über die er mich belog und langsam musste ich für mich festsetzen ob ich darüber Klarheit haben wollte oder nicht.
Die Wahrheit hinter dem was Arthur mir nicht sagen wollte, musste doch einen Sinn haben geheim gehalten zu werden, wenn er sich dazu zwingen musste mich unter Tränen anzulügen.
Wenn sie so etwas mit ihm machte, beschlich mich Angst in seinem Leben tiefer zu graben.
Aber ich musste wissen, was sich hinter den Lügen verbarg, selbst wenn es nicht einfach werden würde dies zu verkraften.

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