13. As if it never changed

14 1 0
                                    

Mein Gehirn stand vor der Kante des Wahnsinns. Meine Google-Suchen nach italienischen Mafiosos, die etwas mit Adrianos Familie zu tun haben könnten, ergaben nichts, bis auf unnötige und verschwende Arbeitszeit und weitere fehlende Nerven.
"Wieso fragen Sie denn nicht Adriano nach Hilfe? Angeboten hat er es Ihnen doch Kaileigh." Hatte Haylee mich gefragt. 
Ihr zu erklären, dass ich ein gestelltes Ego zu verteidigen hatte, würde sich unreif und unprofessionell anhören, weshalb ich ihr antwortete, dass ich von meinen Klienten keine Hilfe annahm.
Doch leider hatten ihre aufmerksamen Ohren zu viel aufgeschnappt.
An der Art, dass wir keinen Wert auf die Pronomen legten mit denen wir uns ansprachen, konnte sie sich zusammen reimen, dass Adriano Giulani und ich bereits aneinander geraten sind, dass wir uns einander kannten.
"Können Sie ihn eigentlich als Klienten bezeichnen, wenn Sie sich kennen? Ist das denn nicht verboten?" Löcherte meine Assistentin mich mit ihrer Erkenntnis.
Normalerweise wäre dass der Punkt an dem ich sie gescheucht hätte irgendetwas zu tun, doch für und gab es nichts mehr. Wir waren durch, hatten alles gegoogelt was es zu googeln gab und standen am Anfang eines sehr suspekt wirkenden Mordes, dem ich nicht gewachsen war. Mochte es daran liegen, dass mir ausgerechnet Adriano auf die Nase gedrückt wurde und ich mein davon geschlichenes Ego behalten wollte oder daran, dass ich noch nie zuvor einen Mord aufzudecken hatte und alles falsch anging was es falsch in einem Mord anzugehen gab.
Aber um auf Haylees Frage zurück zu kommen: "Adriano traut keinem anderen Anwalt über den weg und Mr. Chester weiß dies." Erklärte ich ihr wage, so dass sie mit ihrem schlauen Kopf selber das Puzzle ergänzen konnte.
Natürlich wusste Mr. Chester bescheid, dass Adriano und ich uns nicht unbekannt waren. Er war nicht blöd und konnte sich seit dem ersten Anruf von Cole und der folgenden Belagerung seinerseits denken, dass ich eine persönliche Bindung zu meinem Klienten besaß. Anders hätte niemand sonst darauf bestanden meine Dienste in Anspruch zu nehmen, die zur Zeit leider nichts produktives mit sich brachten.
"Wie haben Sie Adriano Giulani überhaupt kennengelernt? Sind Sie sich durch Zufall über den Weg gelaufen und ins Gespräch gekommen oder kennen sie ihn schon länger?" Haylees Neugierde, die sich über die letzten Wochen gestaut hatte brach aus ihr heraus. Ich lehnte mich in meinem Schreibtischstuhl und seufzte angestrengt, suchte fieberhaft nach Arbeit, die ich meiner Assistentin aufdrücken konnte.
Ich wollte ihr diese Frage nicht beantworten, da sie zu tief in mein Privatleben eindrang.
"Es tut mir leid, Haylee, aber diese Frage werde ich dir nicht beantworten. Das ist eine sehr private Geschichte, die dich nichts angeht"
Ich klang in meinem Ton genervter, als ich es beabsichtigt hatte.
Haylee zuckte bei meinen Worten und nickte.
"Selbstverständlich. Es tut mir leid, dass ich gefragt habe." entschuldigte sie sich und sah beschämt auf ihre Füße.
"Vielleicht erzähle ich dir die Geschichte, wenn wir mit dem Fall durch sind." besänftigte ich sie.
Doch höchstwahrscheinlich werde ich das nicht machen.
In den letzten Jahren hatte ich niemandem von Adrianos und meiner Geschichte erzählt.
Alle die von ihr wussten hatten sie miterlebt und ich fand bis heute keine Worte für das, was Adriano damals mit mir gemacht hatte, wie er mich um den Finger gewickelt und mir das Herz mit einer fatalen Lüge brach.
"Mache Feierabend für heute, Haylee." Legte ich ihr ans Herz.
Meine Assistentin verzog verwundert ihr Gesicht.
"Ms. Beaufort, es ist erst kurz vor zwei, sind Sie sich sicher, dass ich jetzt schon gehen soll?" fragte sie nach.
Ich nickte und richtete meinen Zopf zurecht. „Ja das bin ich. Für dich gibt es im Moment nichts zu tun. Mach dir einen tollen Nachmittag, triff dich mit Freunden, geh shoppen, genieß das leben." lächelt ich Haylee müde zu und machte eine scheuchende Geste mit meinen Händen.
Sie bedankte sich, wartete jedoch noch einen Moment bevor sie aus meinem Büro huschte. Sie hegte den Gedanken dass ich es mir anders überlegen könnte, doch ich ließ sie gehen.
Erleichtert, dass ich mich dem Verhör meiner Assistentin entwunden hatte versank ich in meinem Lederdrehstuhl und sah zu meiner Aktenwand.
Ich hatte nichts zu tun und da die Akten über meine abgeschlossenen Verhandlungen alle unsortiert in ihren Ordnen lagen, störte mich dies im Moment am meisten.
Ohne einen Sinn dahinter zu finden zog ich meinen allerersten Fall hervor und begann die Dokumente von diesem zu sortieren, dass sie in ihrer zeitlichen Abfolge nach drei Jahren endlich chronologisch wäre.
Etwas in meinem Büro zu tun zu haben, war besser als an Adriano zu denken und daran, dass ich keine Ahnung davon hatte wie ich mit seinem Mordproblem umgehen sollte.
Im Fernseher sah es einfach aus einem Mord auf die schliche zu kommen.
Nie gab es Probleme und jeder wusste wo er hin musste und was es zu tun gab, als hätten sie alle die perfekte Anleitung geschrieben bekommen.
Aber im wirklichen Leben sah das anders aus.
Ich hatte keine Anleitung bekommen, wie ich in einem Mord vorgehen musste und nach was ich als erstes ermitteln sollte.
Offensichtlich musste ich die bezeichneten falschen Beweise ausfindig machen, aber daran scheiterte es, da ich dafür Adriano brauchte und ich es nicht schaffte mich für mein Verhalten zu entschuldigen, geschweige denn seinem Angebot nachzukommen.
Im Nachhinein schloss ich für mich einen erwachseneren Umgang mit Adriano zu pflegen, in dem ich ihn nicht mit Taktlosen Beleidigungen an die Wand nagelte und ihm auch nicht die Tür in mein Büro sperrte.
Die Ablenkung meine Akte zu sortieren, hatte ihre Wirkung verfeht.
Adriano beschäftigte mich, selbst wenn ich nicht an ihn dachte, was mir am Wochenende auf die Füße fiel.
Den Shoppingtag mit Leighton konnte ich nicht in vollen Zügen genießen, da mich entweder etwas an Leightons Zukunftspläne erinnerte oder an meinen Klienten.
Sonntag sah für mich genau so aus.
Celine und ich hatten uns zum Frühstück verabredet.
Sie hatte verpeilt mir mitzuteilen, dass sie Cole mitschleppte, der mich als Adrianos bester Freund selbstverständlich ebenfalls daran erinnerte, dass er bereits einen zu großen Teil meiner Gedanken einnahm.
Frustriert klatschte ich meinen sortierten Order auf meinen Schreibtisch und legte fest, dass ich Nervennahrung brauchte, sehr viel Nervennahrung.
In einer fließenden Bewegung schnappte ich mir im Laufen meine Tasche vom Kleiderständer und verließ mein Büro um durch den Flur zum Empfang der Kanzlei zu laufen.
Mit einem freundlichen winken verabschiedete ich mich von Astrid, meinte beiläufig dass ich in einer geschlagenen Stunde wieder aufkreuzen würde.
Ohne weiter nachzudenken verließ ich die Kanzlei, lief die unzähligen Gänge des Bürogebäudes zu einem der Fahrstühle und begab mich nach unten.
Der Fahrstuhl sprang auf und entließ mich ins Foyer des Erdgeschosses, zumindest hatte er dies vor.
Meine Pläne gerieten in Vergessenheit, als Adriano vor dem Fahrstuhl wartete, aus dem ich stürmen wollte.
Ich fluchte still und heimlich, hoffte, dass er mich nicht sah, aber in Anbetracht der Tatsache, dass wir die einzigen am Aufzug waren, konnte ich mir dies in den Arsch schieben.
"Kaileigh."
Seine grünen Augen fanden meine und seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem begrüßenden Lächeln, dass keinen Spielraum übrig ließ ob dies eine anstrengende oder einfache Begegnung werden würde.
"Adriano." murmelte ich abweisend und schmierte mir ein aufgesetztes Lächeln ins Gesicht.
Allein der Gedanke, dass mir seine bloße Existenz in diesem Moment großflächig gegen den Strich ging, schenkte ihm ein noch breiteres Lächeln, welches ihn Jahre jünger machte.
"Was zum Teufel suchst du hier?" zischte ich und trat aus dem Fahrstuhl, doch so dass ich Abstand zu ihm wahren konnte.
Er vergaß, dass in den Fahrstuhl wollte und reihte sich neben mir ein.
"Einer der Geschäftspartner meines Vaters hat seinen Sitz hier. Ich wollte noch etwas regeln, eh das FBI morgen bei mir im Hotel steht und mich wegen Mord mit sich nimmt." hielt er mir bittersüß vor die Nase. Definitiv würde dies eine anstrengende Begegnung unser beider Personen werden.
"Das ist ein juristisches Bürogebäude."
Ausladend deutete ich auf das Foyer mit seinen aufgetürmten unzähligen Stockwerken.
"Hier sitzen keine Unternehmen, sondern Notare, Anwälte aller Art und Steuerberater." klärte ich Adriano auf.
"Stimmt." theatralisch erkennend griff er sich ans Kinn und murmelte: „Eigentlich wollte ich zu dir, aber das hat sich offensichtlich erledigt."
Er zuckte gelassen mit den Schultern und steckte die Hände in die Taschen seiner italienischen Designerhose.
"Was hast du hier unten eigentlich vor,? Solltest du nicht an deinem Computer sitzen und deine Google-Recherchen weiter betreiben?" zog er mich schelmisch auf.
Ich presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
"Ich bin ein Mensch und keine Maschine. Ab und an muss ich etwas essen, damit mein Hirn wieder ins Schwung kommt." ich zog an ihm vorbei zum Ausgang des Gebäudes.
Trotz meines eiligen Schrittes konnte Adriano problemlos zu mir aufholen.
"Wo willst du was essen? Ich bring dich hin." bat er mir an, so als hätten wir uns nicht kindisch angepampt.
"Mein Tag bestand aus Geschäftsterminen in DC. Gegessen habe ich dazwischen keinen Happen.
Ursprünglich wollte ich deiner süßen Assistentin und dir auf die Nerven gehen, aber jetzt..."
Ich unterbrach Adriano in seinem munteren plaudern.
"Haylee ist nicht mehr da und ich fahre mit der Straßenbahn. Mein Standard an Essen spielt außerdem in einer ganz anderen Liga, als deiner." säuselte ich und bahnte mich an meinem Anhängsel vorbei, doch Adriano schnellte mir nach und fasste mich am Ellenbogen.
"Lass mich los!" fauchte ich einen Ton zu laut und bekam kritische Blicke von den Anzugträgern um uns herum.
Adriano ignorierte meinen Aufschrei und zog mich unbeirrt hinter sich aus dem Gebäude.
"Adriano, lass mich los!" zeterte ich und blieb auf dem Fußweg stehen.
Er hielt, doch ließ nicht von mir ab.
"Was wenn nicht?" grinste er mich spitzbübisch an und legte frech den Kopf schief.
"Dann, dann..." stammelte ich, doch als seine Augen meine fassten und ich das muntere glitzern in seinen Augen sah, da vergaß ich meine Worte.
Für einen Moment sehnte ich mich nach dem jungen und aufgeweckten Adriano. Den sarkastischen Mafioso von heute würde ich am liebsten in die Hölle schicken, obwohl sich an seinem aufmerksamen und beobachtenden Blick nichts geändert hatte.
Ich schluckte und fasste einen klaren Kopf.
"Das ist Freiheitsberaubung unterster Stufe und kann mit einem ziemlich guten Schmerzensgeld verzeichnet werden." schmiss ich Adriano einen Paragraphen entgegen.
Herzlich lachte er und warf dabei den Kopf in den Nacken.
"Meine Hilfe verneinst du, aber mein Geld willst du haben? Hast du es denn als Anwältin so nötig?"
Dahin war der Schuljungenblick und das neumoderne Arschloch schob sich in meinen Blick.
"Ich werde dich nicht mit der Straßenbahn fahren lassen." Adriano zog mich hinter sich her, wie einen Hund der sich weigerte Gassi zu gehen.
Verzweifelt versuchte ich mich in den Boden zu stemmen, doch meine hohen Schuhe brachten nicht den nötigen Widerstand auf, um mich gegen Adrianos stämmige Figur behauten zu können.
"Straßenbahnen sind gefährlich. Hast du nicht von dem einen Vorfall gehört bei dem eine Frau auf die Gleise geschoben wurde und elendig verendet ist?" rollte er auf.
Halt mal!
Machte er sich tatsächlich sorgen darum, dass mir etwas in der Straßenbahn passieren könnte?
"Jedes Jahr sterben mehr Menschen an Verkehrsunfällen, als in der Straßenbahn." kramte ich mein Faktenwissen hervor.
Adriano zuckte mit den Schultern.
"Ich fahre ordentlich. Bei mir ist noch keiner in einem Unfall gestorben."
Ich schnaubte empört auf.
"Das ist Freiheitsberaubung zweiter Stufe. Geahndet mit Freiheitsstrafe und Geldstrafe." steigerte ich juristisch und mit hohem piepsendem Ton.
Adriano interessierte dies nicht.
"Es ist keine Entführung, wenn ich dich zu deinem Ziel bringe und jetzt hör auf zu nörgeln. Du bist schlimmer, als Kathalena es war." verglich er mich mit seiner verstorbenen Schwester, die um einiges schrecklicher sein durfte, als ich.
"Ach soll ich dir in aller öffentlichkeit auch eine Ohrfeige verpassen?" zwitscherte ich angriffslustig.
Adriano blieb ein zweites mal stehen, diesmal auf einem kleinen Parkplatz abseits der bemengten Straßen.
"Du würdest mir nicht weh tun können, Kaileigh. Deine Worte treffen mich nicht und mir eine Ohrfeige zu gebe  wirst du dir nie trauen." ging er mit einer selbstverständlichkeit von mir aus und ließ von meinem Arm ab, dabei hatten ihn meine Worte schon einmal getroffen.
An der stelle, an der er mich berührt hatte zogen sich warme strahlen ihren Weg durch meinen Körper.
Um diese los zu werden verschränkte ich meine Arme vor der Brust.
"Was macht dich da so sicher?"
Wollte ich trotzig wissen und straffte meinen Rücken, als er in der Tasche seines dunkelblauen Jacketts herumsuchte.
"Du hattest die Chance mich zu ohrfeigen und das vor Jahren. Aber du hast es nicht getan, weil du mich geliebt hast."
Was sollte das denn bitte heißen?
Bitter lachte ich auf.
"Davon ist heute ganz sicherlich nichts mehr übrig." zischte ich verabscheuend und hob demonstrierend meine linke Hand mit Leightons Verlobungsring, der mich auf die Idee brachte vor Adriano weg zu rennen.
Ich sollte nicht hier mit ihm stehen und auch nicht mit ihm etwas essen fahren, ich sollte jetzt in der Straßenbahn sitzen.
"Dann schlag doch zu."
Adriano hielt einen Autoschlüssel in der Hand und machte sich kleiner, so dass ich ohne Probleme an seine Wange langen konnte, den Ring ignorierte er.
"Zeig mir wie sehr du mich dafür hasst, dass ich so plötzlich wieder in deinem Leben aufgetaucht bin, wie ich damals verschwand."
In seinem Ton lag purer Ernst.
Mir krampfte der Magen, meine Faust ballte sich, doch ich konnte nicht ausholen, konnte Adriano nicht verletzen, dass wäre nicht ich.
Dann ich mich wirklich mit seiner toten Schwester messen.
"Gut. Dann hätten wir den Punkt auch geklärt." schob Adriano zur Seite und brachte mit dem Schlüssel in seiner Hand den weißen Jaguar F-Type zum aufleuchten.
"Bleibt nur noch zu klären, wann wir anfangen uns wie Erwachsene zu unterhalten." stellte er für uns auf und lief zu seinem teuren Wagen.
Ich sollte stehen bleiben, wieder umdrehen und meinen Weg einschlagen, doch ich trottete Adriano kleinlaut zu seinem Auto hinter her.
"Weißt du Kaileigh, es nervt mich, dass wir seit unserer ersten Begegnung keinen Ton Klartext miteinander geredet haben." rollte er vor mir aus und hielt mir mit bestehender Manier die Tür zum Beifahrersitz auf.
Ich zögerte einen Moment, überlegte ob es tatsächlich ein guter Plan sei mit Adriano auf so engem Raum nebeneinander zu sitzen.
Es war grundsätzlich nicht gut ihm den Weg zum Stardust einzuschlagen.
"Steig ein. Ich hab nicht vor dich zu entführen. Ich will nur mit dir reden und etwas zu essen abfassen in einem Lokal deiner Wahl." versicherte er mir mit Nachdruck in der Stimme und deutete auf seinen Sportwagen.
Unsicher blickte ich mich um.
Was wäre wenn Leighton jetzt auf den Sprung kommt mich abzuholen und etwas mit mir zu unternehmen?
Leighton hatte sich die ganze bisherige Woche mehr damit auseinander gesetzt über dem neuen Lehrplan zu brüten und seinen Unterricht zu gestalten, als mich periodisch abzuholen und sicher zu gehen, dass Adrianos und meine Wege sich nicht kreuzten. Das bezeichnete ich als pure Ironie.
Mit einem lauten seufzen gab ich nach und stieg in das hochwertige Auto ein.
Selbstzufrieden schlug Adriano die Tür zu und marschierte zur Fahrerseite.
Ich spannte mich an, als er sich neben mich setzte und kein halber Meter zwischen unseren Sitzen lag.
Der Jaguar schaltete automatisch, bedeutete dass es keinen Schalthebel gab und die Handbremse moderner und kleiner aussah, wie in Leightons und meinem mittelklassigem Ford Escape.
Wie ein schnurrendes Kätzchen rollte Adrianos Wagen vom Parkplatz.
"Wie gesagt. Mich stört es, dass wir nicht ordentlich miteinander reden können." begann er ernst, als führe er ein wichtiges Meeting.
An der Einfahrt zur Hauptstraße, blickte ich unbeteiligt aus dem Fenster und konnte seinen beißenden Blick auf meiner Wange spüren.
"Unsere bisherigen Begegnungen endeten entweder in unangenehmen schweigen oder dass du mir überhaupt verweigerst mich zu dir zu lassen. Bestehen tun sie aus unnötigen Sticheleien, die uns beide aus der Haut fahren lassen." fasste Adriano sehr treffend und ohne Verzierungen auf.
"Das ist kindisch und das wissen wir beide." ging es ihm nicht anders als mir, doch mein Problem bestand darin, dass ich mit Adriano nicht ordentlich reden konnte.
Ich wollte es, doch ich wusste nicht wie. Immer wenn er auftauchte überrannte er mich so sehr, dass ich mein Vorhaben in den Wind schoss, oder gar nicht mehr daran dachte.
"Kindisch kann ich mir im Moment nicht mehr leisten, weshalb ich jetzt reinen Tisch mit dir mache, Kaileigh." sprach er mich direkt bei meinem Namen an.
Bei seinem Akzent, der in meinem Namen lag, zuckte ich auf und blickte zu ihm.
"Ich habe kein schlechtes Gewissen damals gegangen zu sein. Ich musste und das war dir bewusst. Wäre ich in Amerika geblieben hätte ich dich und deine Familie gefährdet und das konnte ich nicht, weil du mir sehr viel bedeutet hast und dein Leben für mich über allem stand." enthüllte er.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten und sog die Luft ein.
"Weißt du eigentlich, was ich damals durchmachen musste?" presste ich hervor und verengte meine Augen.
Ih stand kurz davor meine Selbstbeherrschung zu verlieren und auszurasten.
Er stellte es sich einfach vor unsere Komplikationen auf den Tisch zu legen und dann zu vergessen.
"Willst du wissen, wie es sich angefühlt hat, den toten Körper meiner Schwester im selben Jet zu wissen, in dem ich wieder nach Catania geflogen bin?" entgegnete er kühl.
"Wir beide haben sehr viel verloren, unter anderem den Kontakt zueinander und den Respekt voreinander."
Meine Nägel bohrten sich in meine Handflächen. Ich sah von seinem perfekten Seitenprofil weg und aus dem Fenster.
"Ich habe gedacht, dass ich nie wieder richtig Lieben oder Leben kann, nachdem du weg bist, Adriano. Für mich gab es nie etwas schlimmeres, etwas schmerzhafteres als bis heute im Kopf zu haben, wie du damals mit deinem Vater im Flieger verschwunden bist. Diese Ungewissheit dich jemals wieder zu sehen, die hat mich innerlich zerfressen und kaputt gemacht. Ich hab mich ein halbes Jahr nicht mehr aus dem Haus getraut, nur weil mich jeder Stein in Salisbury an dich erinnert hat.
Das geplante Sommersemester mit Leighton musste ich aufs nächste Jahr verschieben. Meinen Eltern habe ich bis heute noch nicht erzählt wer du eigentlich wirklich warst und Gott im Himmel ich hoffe, dass sie dich aus deinen Bildern in den Medien nicht wiedererkennen."
Wie ein Wasserfall, der aus dem Nichts in mir aufquoll redete ich mir das von der Seele, was ich ihm seit dem ersten Tag an den Kopf schmeißen wollte.
Ich hasste es, dass er meine Pläne damals durcheinander gebracht hatte, dass ich nicht dazu in der Lage war, nach dem Abschluss, nach Washington zu ziehen, wie wir es alle wollten.
"Ich wurde nach Kathalenas Beerdigung sofort in die Geschäfte meines Vaters gebunden. Meine Pläne hatte ich mir auch anders ausgemalt. Ursprünglich wollte ich meinem Vater und seinem Business den Rücken zukehren und mit Cole nach London ziehen.
Du siehst also, dass wir beide Pläne hatten, von denen wir uns mehr oder weniger verabschieden mussten.
Doch anders als ich, konntest du dir deinen Traum erfüllen wieder zu lieben und zu leben.
Du hast dir den Traum erfüllt Anwältin zu werden. Ich konnte meinen Traum unabhängig von meinem Vater zu leben nicht verfolgen." entgegnete er mir und rollte in den Hauptverkehr der Innenstadt.
Nach seiner Passage darüber, dass ich wieder gelernt hatte zu Lieben und zu Leben zuckte ich zusammen und schielte schuldbewusst zu dem Ring an meinem Finger.
"Ich kann verstehen, dass du mich dafür hasst, dass es dir nach meinem Gehen so schrecklich ging, aber ich hatte dich nie als nachtragend in Erinnerung. Du konntest schon immer gut verzeihen und ich hoffe, dass du mir auch eines Tages verzeihen wirst, dafür dass ich dich damals angelogen hab, dass ich dir nie die Wahrheit erzählt hatte, bis es zu spät war und du sie wissen musstest." entschuldigte er sich zehn Jahre zu spät für seine perfekt einstudierte Scharade.
"Wo muss ich lang?" unterbrach Adriano seinen Prozess zwischen uns wieder alles zum Laufen zu bringen.
"Da vorn links, dann die nächste rechts und dann nur noch grade aus." schilderte ich ihmden Weg zum Stardust ohne mich zu widersetzen.
"Übrigens bringt es nichts ewig sauer auf mich zu sein, denn ob es dir passt oder nicht, Kaileigh wir müssen zusammen arbeiten und das wie zwei erwachsene Menschen." Verlangte er von mir, oder zumindest erhoffte er sich dies.
"Versuche wenigstens mit mir auszukommen, wir müssen nicht beste Freunde werden, aber sollten mit einander reden, ohne uns gegenseitig anzuschreien und zu beleidigen. Ich hoffe, dass jetzt, wo wir uns einen Teil der Dinge gesagt haben, die wir aneinander sagen wollten, wir immerhin auf unsere aufziehende Ironie verzichten können." präsentierte er mir seine Erwartungen nach unserem eben getätigtem Gespräch.
Wortlos nickte ich.
"Dann hoffe ich auch, dass wir uns einig sind." äußerte er sich mit einem erleichterten Lächeln auf den Lippen.
Einig könnte ich mir mit Adriano nie sein, bis auf das dieses Gespräch dazu beigetragen hatte, dass wir uns nicht mehr angingen, wie zwei verfeindete Katzen mit aufgestellten Ohren und ausgefahrenen Krallen.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt