38. And Then He Went Mad

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Hundert Hämmer schlugen gleichzeitig auf meinen Kopf ein.
Quälend langsam bekam ich die Beherrschung über meinen Körper wieder, was zu einem großen Teil daran lag, dass ich gefesselt irgendwo dran hing.
Meine Handgelenke wurden so fest zusammengebunden, dass ich dachte sie werden mir abgeschnürt. Mit meinen Fußgelenken sah es nicht anders aus.
Als Glück im Unglück konnte ich bezeichnen, dass ich saß und nicht stand.
Meine Lider fühlten sich zu schwer an, um sie zu öffnen und meine Umwelt in Blick zu nehmen, aber meine Ohren funktionierten.
Leider brachte mir das nichts.
Kathalena unterhielt sich mit ihrem treuen Wegbeleiter auf Italienisch.
Ihre Tonlage erahnte, dass sie mit dem Geschehenen zufrieden war und alles nach ihrem abartigen Plan verlief ihren Bruder einzubuchten.
Ruhe folgte, dann hallten ihre Schritte durch den Raum.
Da ich das echo deutlich nachhallen hörte musste ich mich in einem großen Raum mit hohen Wänden befinden.
Kathalenas klappernde Schritte wurden lauter, sie musste in meine Richtung laufen, da sie mir Sekunden später ihren Atem ins Gesicht pustete und durch meine Haare strich.
"Du hättest mit deiner Nase nicht so viel um meinen Bruder und mich schnüffeln sollen, Anwältin." säuselte Kathalena schadenfroh darüber, dass sie mich da hatte, wo sie wollte.
"Adriano konntest du damit gar nichts und dir erst recht nichts, meine Liebe."
Mich juckte es im Kiefer nach ihrer Hand zu schnappen, aber ich wollte mich nicht von ihr provozieren lassen. Genau das konnte sie damals schon gut.
So lang man sie ignorierte gab sie wieder auf, sprang man an, dann hörte sie erst wieder auf, wenn ich zerstört am Boden kauern würde.
"Es endet heute so, wie es damals geendet hat. Ihr zwei werdet euch höchstwahrscheinlich nie wieder sehen und ich komme ungeschoren und geschützt davon und keiner wird jemals damit rechnen."
Ich biss die Zähne zusammen, hoffte zum Wohle ihrer Hand und meinem Verstand, dass sie erstens auf Abstand ging und zweitens ich trotz kräftigen Schwangerschaftshormonen weiterhin meine Ruhe bewahrte.
"Vielleicht nehme ich dich sogar mit in meine Freiheit und deine nervigen Freunde. Ihr wisst leider alle zu viel und wir wollen ja nicht, dass ihnen oder dir und meiner Nichte etwas passiert, oder?"
Wider meinem Willen mich nicht auf ihr Geplänkel einzulassen, erklomm ich das Bewusstsein meines Körpers vollends wieder und öffnete die Augen.
"Der einzige Ort wo du hingehen wirst ist der Schäbigste Knast, den die Welt zu bieten hat."
Ich hatte Mühe zu reden.
Meine Stimmbänder waren ausgetrocknet und durch das Betäubungsmittel, dass ich eingeatmet hatte, gereizt.
"Dahin wird es Adriano verschlagen, aber nicht mich.
Du solltest dankbar sein, dass ich dich und deine Truppe nicht umbringe. Wer weiß? Vielleicht laden wir dein Langjährigen Adriano-Ersatz mit ein? Ich bin mir sicher ihm wird ein toller Italienurlaub mit mir gut tun."
Ich versuchte mit meinem Fuß nach ihrem Schienbein auszuholen, vergaß, dass ich gefesselt war und kippte mit dem Stuhl beinahe nach vorn. Dabei kugelte es mir fast die Schultern aus.
Kathalena schob den Stuhl zurück und nahm dabei endlich ihre Hand von mir.
Gnadenlos und kaltblütig stierten mich ihre braunen Augen an.
Wie immer sah sie perfekt und Markellos aus.
Keiner würde ihr die blanke boshaftigkeit zumuten mit welcher sie nicht nur mein Leben zerspaltete.
"Fass Leighton auch nur einmal an und ich..."
Kathalena verschränkte die Arme vor der Brust.
"Im Moment kannst du gar nichts und das wird auch erstmal so bleiben, bis ich offiziell den Bescheid habe, dass mein Bruder unschädlich gemacht wurde."
Ich ballte meine Hände zu Fäusten.
Ich musste hier raus, zu Adriano, Cole Bescheid geben, wenn er nicht schon lange gemerkt hat, dass etwas faul ist.
"Danach muss ich mir noch genauer überlegen, wie ich mit dir und deinen Wissenden verfahre. Sie können auch nicht mitkommen und ich lass Salice seine Runden ziehen."
Meine Nägel bohrten sich in die Handflächen, so tief, dass es weh tat, das bleibende Abdrücke mich immer an diesen Moment in gefangenschaft erinnerten.
"Sie wissen fast gar nichts."
Wenn ich es schon nicht mehr zurück schaffen würde, dann musste ich dafür sorgen, das Cole, Celine, Monty und Leighton in Sicherheit blieben.
Um Domenico machte ich mir bedingt sorgen, ich war mir sicher, dass er verrückt genug wäre um sich zu Retten.
"Sie haben absolut nichts hiermit zu tun, am allerwenigsten Leighton."
Ich stellte meine Stimme so kühl wie möglich, ließ mir meine innere Panik nicht anmerken und würde sie so lange verdecken, wie sie mir gegenüber stand und darauf wartete, dass ich zusammenbrach und sie nach Gnade anflehte.
Adriano hatte mir genug mentale Foltermethoden ausgerollt, die seine Branche anwandte um ihre Opfer zu brechen.
"Aber Cole. Und seine Freundin. Er sollte nicht umsonst im Club fallen."
Ich neigte den Kopf.
"Er wäre die Warnung gewesen. Ein Zeichen dafür, dass ich bereits zu viel mit Adriano herausgefunden habe."
Kathalena schmunzelte, der Wahnsinn verließ dabei nicht für einen Moment ihre Augen.
"Celine hat den Laser gesehen und somit auch Salice und sich vor ihn geworfen und somit deinen Warnschuss vereitelt."
Durch das Sonnenlicht, dass sich durch die hohen Fenster der weiten Lagerhalle kämpte, nahmen meine Kopfschmerzen nicht ab.
Im Gegenteil, sie wurden von Sekunde zu Sekunde schlimmer.
"Und so dumm wie du warst hast du natürlich nochmal tiefer gegraben."
Ich prustete über Kathalenas Bemerkung und straffte die Schultern.
Angesichts der Tatsache, dass meine Hände über mir an einer Metallstange festgebunden worden, fiel das nicht leicht.
"Sollte ich den Mordversuch eines Freundes ungeschorend davon kommen lassen? Es hat meine Vermutung nur bestätigt, dass du in dieser ganzen Intrige festhängst." konfrontierte ich sie.
Kathalena behielt ihre elegante und feminine kalte Schulter.
"Wie du weißt, habe ich sie angezettelt Kaileigh. Und ich werde sie zuende bringen."
Selbstzufrieden schritt sie um mich herum und besah mich abfällig.
"Adriano wird morgen dem Haftrichter vorgeführt. Da er dich gekündigt hat, muss er sich holpernd selber verteidigen.
Übermorgen findet die Härtefallverhandlung statt, für die gleiches gilt."
Bei dem Gedanken, wie Adriano vor dem Richter die Nerven verlieren würde, lief es mir kalt den Rücken herunter.
Die Mordwaffe wurde in seinem Hotelzimmer gefunden, die getürken Beweise führten auf ihn zurück, außerdem gab es diesen markanten Presseübergriff von ihm, der die Runden gemacht hatte.
Für die Jury sah alles danach aus, als habe er seinen Vater umgebracht, als hätte er sich hier hin geflüchtet, damit ich ihm den Arsch sauber halte.
"Ohne eine Verteidigung darf er gar nicht in die Verhandlung."
Kathalena legte hinter mir eine Hand auf meine Schulter.
"Oh doch. Du darfst nicht vergessen. Mein Bruder hat eine gefälschte amerikanische Staatsbürgerschaft. Auf italienischem Boden muss es nicht zwingend einen Verteidiger geben."
Ich ruckelte an meinen Handfesseln mit der verzweifelten Hoffnung, dass die Stange über mir auf Kathalenas Kopf fiel, doch sie bewegte sich kein Stück.
"Und weißt du was dann passiert?"
Ich wollte nicht dran denken, wollte nicht das Bild vor Augen haben, wie man den unschuldigen Adriano in Handschellen abführte und in das nächste Gefängnis brachte.
Ich wollte mir nicht vorstellen, wie Kathalena ihren Plan vollführte, ihren Willen bekam und mich und meine Freunde sonst wo hin in die Hölle brachte.
Erneut zog ich an dem Seil, dass meine Handgelenke zusammen und über meinem Kopf hielt.
"Adriano wird sich aufgrund eindeutiger Beweise nicht mehr rausreden können, er wird weggesperrt, ich bekomme das Erbe unseres Vaters und du wirst mich in meine Heimat zurück begleiten und meine Nichte austragen."
Langsam schlich sie um mich herum und kniete sich vor mich.
"Bis dahin wird es dir gut gehen. Immerhin will ich keinen Doppelmord begehen. Blut werde ich dann schon genug an meinen Fingern haben. Wie gesagt, deine Freunde wissen auch zu viel und ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie es ihnen ergehen wird."
Ich starrte hoch an die Decke, kämpfte gegen die Tränen an, die sich anbahnten, kämpfte gegen meine schiere hilflosigkeit an, die mir stechender und drückender bewusst wurde.
"Cole wird mich finden, bevor du deinen kranken Feldzug beenden kannst." spuckte ich ihr entgegen und blickte herab auf sie.
Kathalena richtete sich wieder auf.
"Das wird er bestimmt nicht. Meines Wissens nach hat er die Polizei schon eingeschaltet. Die wird nichts machen, weil das gesamte Revier einen guten Bonus von mir erhält, wenn sie jeglichen Meldungen mit deinem Namen nicht nachgehen."
Erneut schlich sie um mich herum und beugte sich ganz nah an mein Ohr heran.
"Sie es ein, Kaileigh Beaufort."
In ihrem südländischen, kantigem Akzent betonte sie jede einzelne Silbe genaustens und messerscharf, als würde sie mir mit ihren Worten die Kehle durchschneiden.
"Deine Tage sind gezählt, als Adrianos kleiner Betthase, als Leightons Herzensbrecher und als amibtionierte und leidenschaftliche Anwältin.
Wärst du nicht Schwanger, hätte Salice dich noch im Revier und vor Adrianos Augen erschossen."
Die aufsteigende Panik in mir stand kurz vorm überkochen.
Ich musste Kathalena los werden, bevor ich die nerven verlor, bevor ich meinen Verstand verabschiedete und meine gespielte Fassade ablegen konnte, die immer schwerer wurde mit jeder Drohung, jedem Schritt ihres Plans.
"Für mich bist du nicht mehr als die fast Tote Mutter deines Kindes."
Ihr langer eckelig roter Fingernagel fuhr über meine Kehle.
Ich sog die Luft ein und hielt sie an. Irgendwo hatte ich gelesen, dass es gegen aufsteigende Panikattacken helfen soll, die Sauerstoffzufuhr beim Atmen zu mindern.
"Aber keine Sorge, ich werde mich wie eine Mutter um sie kümmern und ihr über das verkommene, hurende, drogenlastige Leben ihrer zu neugierigen Mutter gute Nacht Geschichten erzählen."
Das reichte!
Kathalenas Bemerkung lenkte mich von meinem Drang durchzudrehen ab.
Wie ferngesteuert drehte ich schlagartig meinen Kopf in ihre Richtung und spuckte sie an.
Kathalena schrecke fluchend zurück und fuhr sich über die Wange.
Die andere Hand holte aus. Ihr Handrücken traf mich klatschend auf meiner Wange, schneller als ich realisieren konnte.
Stechender Schmerz jagte durch mein Gesicht, lenkte mich von den drückenden Kopfschmerzen ab.
Ich zuckte zusammen, der Schrei verstummte mit der nächsten Ohrfeige, die sie mir verpasste.
Die Befriedigung den Kopf zu senken und beschämt und geschlagen wegzuschauen, bat ich ihr nicht.
Ich fasste ihre dunklen Augen, erkannte den boshaften und düsteren, bedrohenden Wechsel in ihnen.
Innerlich machte sich neben meiner Angst ein triumphierendes Grinsen breit.
Sie hatte mir handgreiflich wehgetan, aber nur weil ich sie genau so zur verzweiflung gebracht habe, wie sie mich.
Psychologisch betrachtet wurden Menschen handgreiflich und ließen die Fäußte und Hände fliegen, wenn sie die Kontrolle über den Sachverhalt verloren oder sich überfordert fühlten.
Gefolgt wurde dies von einem gedemütigtem zurückziehen.
Da ich nicht gehen konnte, musste Kathalena den Schwanz einziehen und mich in Frieden lassen. Zumindest solange, wie sie es für richtig hielt mich nicht mehr mental zu foltern.
"Du wirst weder mich noch mein Kind in die Hände bekommen, Kathalena." krächzte ich.
"Eher als du denkst, sitzt du ab, was du verbrochen hast, genau so wie dein Boytoy und sein Bruder."
Kathalena setzte an mich noch einmal zu schlagen.
Als sie jedoch sah, dass sie mich nicht eingeschüchtert hatte, dass ich sogar noch ein dreckiges Lächeln auf meine Lippen pressen konnte, hielt sie inne.
"Salice!" schrie sie in den allerschrillsten Tönen durch die Halle.
Hinter einem Stapel Holzkisten, die sich quer durch die weitläufige Halle verteilten, trat der junge Mann hervor.
Fernab des schummrigen Lichtes unter der Polizeiwache und ohne die Verpixelungen auf den Bildern, sah er noch jünger aus, wie erwartet.
Aus Domenicos Recherchen wusste ich, dass er weitaus jünger war als ich, dass er super Abschlüsste hatte, aber durch das Business seiner Familie diese Qualitäten in der falschen Branche auslebte.
Dem dunkelblonden Mann stand die schwere Waffe nicht, die er in seiner Hand hielt.
Sie wollte nicht zu seinem verträumten, lieblichen, sanften Gesicht passen.
Eher passte sie in Kathalenas filigranen und schnellen Hände, in die Hände einer intriganten, manipulierenden Mörderin, die sich dabei selber keinen Finger schmutzig machte.
Salice trat neben Kathalena und besah mich undeutbar.
Hinter seinen Augen konnte er mich töten wollen, er konnte Mitleid haben oder aber diese ganze Situation war ihm schon bestens geläufig.
Kathelena verteilte ihre strickten Befehle an ihn, auf italienisch, dann wiederholte sie sie für mich.
"Stelle sicher, dass sie die Halle nicht zerlegt, sollte sie dich anspucken oder etwas sagen, dass dir nicht passt, schieß ihr in den Bauch oder nimm ihr den Stuhl weg."
Salice nickte folgsam und stumm und entsicherte die Pistole in seiner Hand.
"Ich würde mich gerne weiter reizend mit dir unterhalten, Kaileigh. Aber ich habe meinem Bruder Trost zu spenden. Das bin ich ihm schuldig.
Oh... und Leighton richte ich schöne grüße von dir und deinem Nachwuchs aus."
In aller ruhe und Gelassenheit stolzierte sie aus dem Lagerraum in eine Richtung, in die ich meinen Kopf nicht drehen konnte und wollte.
Salice steckte die Pistole in seinen Gürtel und lächelte Kathalena düster hinterher.
Mich besah er nun abfällig und zog eine Augenbraue hoch, als gäbe er mir ein Zeichen, dass er Kathalenas Worte mich zu erschießen jetzt schon in erwähnung ziehen würde.
Meine Kräfte verließen mich auf der Stelle.
So weit es ging, riss ich meinen Mund auf und schrie.
Schrie so sehr in Wut, Panik, Angst und Hilflosigkeit, wie meine Stimmbänder zuließen.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt