11.2 Just say that I am handsome

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„Monty, nein! Das kannst du sowas von vergessen!" zeterte Celine wild im Probenraum umher. „Halte dich daraus, du bist kein vollwertiges Mitglied von Sunrise." schnippisch drehte Monty sich von allen weg.
Eingetickscht verschränkte er die Arme vor der Brust und wirkte einfach nur lächerlich in seinem kindischen Auftreten.
"Ich bin es aber, und ich bestimme für die verbleibenden drei Mitglieder, dass wir Welcome to the Black Parade nicht spielen werden." vertrat Arthur die selbe Meinung, wie der Rest der anwesenden im Raum.
Einstimmig mischte ich mich in das Murmeln von Celine und Caleb.
Leighton brummte nur Zustimmend und knabberte wegen Montys Zickenterror an seiner Unterlippe.
Seine Nummer hatte er drauf, Montys aufgezwungene neue Wahl würde er über Nacht lernen können. Dazu müssten wir diese aufgezwungene Nummer aber erstmal finden.
"Kaileigh, Leighton? Ihr fallt mir ernsthaft in den Rücken?" Monty blickte uns beide aus braunen Hundeaugen verständnislos an.
"Sorry, Monty aber das ist Homecoming und nicht Halloween. My Chemical Romance rockt, aber nicht zu festlichen Anlässen." stand ich hinter meiner Meinung.
Entschuldigend lächelte ich ihn an. Wenn es um seine absolute Lieblingsband ging, machte er ungern Abstriche.
"Schon klar. Das merke ich mir." murmelte Monty eingeschnappt, würde sich für meine Aussage aber nicht bei mir rächen.
"Es gibt doch sicherlich auch einen anderen Lieblingssong von dir, der geeigneter und nicht von MCR ist." brachte Arthur seinen Vorschlag ein.
Leighton kapselte sich von unserer Operation Monty von Welcome to the Black Parade abzubringen, ab.
In seinen Gedanken versunken klimperte er auf seiner hochwertigen Gitarre herum.
Arthur runzelte die Stirn. Mit neugierigem Blick horchte er Leightons Akkorden zu.
Monty grübelte über seine Notfallauswahl für die Setlist, in welcher alles stand, nur noch nicht der Song, den er beisteuern wollte.
Celine hockte neben mir auf dem Sofa auf Calebs Schoß und hatte sich an ihn angelehnt.
"Spielst du Feel Good inc.?" hatte Arthur Leightons Melodie mit einem aufgeregtem Fingerschnippsen erkannt. Mit ausgestreckter Hand in seine Richtung und einem freundlichen Lächeln wandte Arthur sich Leighton zu.
Gespannt beobachtete ich die Reaktion und stellte fest, dass Leighton mit einer bodenständigen Antwort kämpfte.
Er sagte nicht wirklich etwas. Jedoch deutete ich ein zustimmendes konzentriertes knurren besser, als eine zickige Bemerkung nach dem Motto sich um seinen eigenen Kram zu kümmern.
"Wieso spielst du nicht den Song, Monty?" sprach Caleb zu dem eingetickschten Jungen im lockeren Pyjama.
Ausladend und mich fast erschlagend schleuderte Celines Freund mir seine Hand entgegen.
Im letzten Moment konnte ich ausweichen und bekam eine eilig gemurmelte Entschuldigung von Caleb zu hören.
"Immerhin ist er genau so merkwürdig wie Welcome to the Black Parade, aber viel mehr Leute kennen ihn. Und er lässt sich auch gut mitsingen. Einfach zu spielen ist er auch." argumentierte Caleb sinnvoll. Keine dumme Bemerkung erschlich sich über seine Lippen. In wenigen Momenten am Tag schaffte Caleb es wirklich den Ernst einer Situation zu erkennen und keine schlechten Sprüche zu reißen.
"Vergisst es, den Song werde ich sicherlich nicht nehmen!" protestierte Monty ohne zu zögern.
Genervtes Raunen zog sich durch den Bandraum, doch Celine wusste wie sie ihren sturen besten Freund handhaben musste.
"Doch Monty, du wirst diesen Song nehmen. Muss ich dich daran erinnern, dass du Feel Good inc. geliebt hast?" Wie eine Mutter ihren bockigen Sohn ermahnte, so ermahnte Celine Monty.
Dieser vermachte seiner Liste, Celine eins auszuwischen, tausende zusätzliche Punkte, dafür dass sie ihn auf einen ganz wunden Punkt aufmerksam gemacht hatte
"Muss ich dich daran erinnern, dass er den Song auch genau deshalb so sehr hasst?" meldete sich Leichton überraschend und Monty verteidigend zu Wort.
"Leighton ich warne dich, fang du nicht auch noch damit an!" Monty hob drohend den Arm gegenüber seinem engsten Kumpel.
Über diese Zeit seines Lebens wollte er wirklich nicht reden, doch das machte es für Arthur und Caleb nur umso interessanter.
"Wie kann man ein Lied so sehr lieben, dass man es hasst?" konnte Caleb sich nicht erklären.
Arthur stellte für sich fest dass sich beides logischerweise gegenseitig ausschloss.
Monty raufte sich die Haare, wollte das Thema einfach nur hinter sich bringen und keine Details ans Licht schaufeln.
Celine jedoch genoss die missliche Lage, nachdem die beiden die ganze Woche über einen unausgesprochenen Krieg geführt hatten sich gegenseitig überall vorzuführen.
"Also..."
Als würde Celine sich vorbereiten die Odyssee nachzuerzählen, räusperte sie sich gestelzt.
"Als Gorillaz Feel Good inc. damals unter die Leute gebracht hat, war Monty wie besessen von dem Song." begann sie ihre große Geschichte ihren besten Freund vor den Neulingen bloßzustellen.
"Er hat wirklich nichts anderes mehr gehört und hat..."
Monty rauschte Celine ins Wort. „Ich schwöre dir, dass du den Homcoming Ball nicht erleben wirst, wenn du weiter redest!" drohte er ihr aufgewühlt an.
"Ich schwöre dir, dass ich dich vor jedem erdenklichen Mordanschlag deines besten Freundes beschützen werde, wenn du weiter erzählst." säuselte Caleb lieblich. Untermalend küsste er die Wange seiner Freundin.
Celine, die natürlich Feuer und Flamme mit Calebs Worten wurde, ignorierte Montys Bemerkung galant.
"Montgomery hatte zu dem Zeitpunkt sogar genau so blaue Haare wie die Figur aus dem Musikvideo und immer ähnliche Outfits."
Monty schnaufte beim nennen seines liebevoll verhassten Vornamens und der peinlichsten Zeit seines Lebens.
"Du bist tot, Starling." brummte er an Rache pfeilend.
"Wie süß." kommentierte Arthur mit begeisterter Miene.
"Wie kommt es, dass du den Song dann hassen kannst?" stellte er sofort an Monty nach.
"Dazu werde ich kein Wort mehr sagen und Leighton und Kaileigh auch nicht." wie in einem Gerichtssaal tat Monty so, als würde er mit einem Hammer in der Hand seinen Beschluss offiziell durchsetzen wollen.
"Jedenfalls..." Ich stieg wider Montys Willen da ein, wo Celine mit ihren Worten ein Ende gefunden hatte.
"...hat Monty dann aus voller Überzeugung zu seinem absoluten Lieblingssong am Talentewettbewerb teilgenommen und sich ziemlich blamiert..."
Monty griff mir Haare raufend in den Satz.
"Ich kann es nicht fassen! Habt ihr es denn alle auf mich abgesehen? Willst du vielleicht auch noch deinen Senf hinzufügen, Leight?"
Mein bester Freund hob den Kopf von seiner Gitarre.
"Reiß dich zusammen, wir müssen die Setlist heute noch durchproben, damit das morgen kein komplettes Chaos wird, bei den Generalproben." wies er Monty in kaltem Ton zurecht, verzog dabei keine Miene.
Monty seufzte. „Danach werde ich diesen Song nie wieder singen oder spielen oder hören, das sage ich euch." behauptete er von sich und warf dabei die Arme geschlagen in die Luft.
"Das hast du letztes Jahr zur Halloween Party auch schon gesagt und dennoch hast du den danach wieder ein halbes Jahr ohne Pausen gehört." zog Celine Monty ins Gedächtnis zurück.
Ich dagegen erinnerte mich an das Drama, welches es damals gab als die älteren Schüler, die damals mit Bestandteil von Sunrise waren, die aufgestellte Setlist vorstellten und Feel Good inc. fiel.
Noch nie hatte ich Monty so schnell laufen sehen, als nach der damaligen Verkündung.
Mit Ach und Krach hatten wir ihn dazu bewegt sich wieder an seinen alten Lieblingssong zu wagen, erfolgreich hatten wir diese Operation abgeschlossen, genauso wie heute.
Arthur klatschte begeistert in die Hände und richtete an Leighton die Frage, ob es denn jetzt angebracht wäre seinem Wunsch nachzukommen und einmal alle vier Songs durchzugehen, die Sunrise am Samstagabend zu spielen hatte.
Leighton knabberte an seinem Piercing, bedacht darauf Arthur kaum einen Blick zu schenken, bevor er sich mit zustimmenden Worten erhob.
Celine kletterte von Calebs Schoß schlabberte ihm einmal über sein Gesicht, um Gottes willen nicht im Übertragenen Sinn, und ließ ihren Freund zu seinen Bandkammeraden schlendern.
"Kaileigh, ich glaube ich liebe ihn wirklich." murmelte sie mir, nur für meine Ohren bestimmt.
Über beide Wangen lächelnd und mit vollem Herzen verknallt sah sie Caleb dabei zu, wie er seinen Bass aus der Tasche befreite und mit der Schultechnik verband.
"Das ist das allererste mal, dass ich dir diese Worte sogar glaube." bestätigte ich stolz darauf, dass sie es aushielt mehr als zwei Wochen Zeit mit ein und dem selben Kerl zu verbringen.
Sicher waren wir uns alle, dass dies Celines und Calebs erste längere Beziehung werden würde.
Monty, Leighton und ich konnten nach Jahrelangen hoffen auf den richtigen für sie, endlich aufatmen.
"Wisst ihr was? Teilt euch die Lyrics auf. Es reicht mir wenn ich spielen muss. Macht mit diesem beschissenen Song was ihr wollt." blockte Monty, kaum dass er einsatzbereit an seinem Fleck stand.
"Gut. Dann machen wir damit was wir wollen." übernahm Arthur sportlich und zog wie aus dem nichts ein Paar Drumsticks hervor, die er Locker in seinen Händen jonglierte.
"Leighton, wenn das für dich okay ist, dann teilen wir uns die Vocalparts und Caleb rappt." teilte er sofort mit ausladenden Gesten auf.
Untermalend, dass er Leight nichts böses wollte, lächelte er vorsichtig.
Leighton behielt einen kühlen Kopf, fühlte sich nicht direkt von Arthurs Worten angegriffen, sondern nickte völlig bei der Sache.
"Wegen mir." stimmte er zwar grimmig im Ton zu, doch wirkte erleichtert endlich den letzten Song auf die Liste gesetzt zu haben.
"Ich finde außerdem, dass wir den rockigen Part des Songs ausbauen sollten. Doch Beat und Rhythmus so bei behalten, dass er seinen eigenen Klang nicht an den Nagel hängt." erhob Leighton die Ansprüche an seine Kollegen, die einvernehmlich unter seinem Geschäftston nickten.
"Dann können wir den Müll ja endlich hinter uns bringen." nörgelte Monty genervt davon, dass er seinen Hasssong am Wochenende auf dem Homecoming Ball zum besten geben musste.
Immerhin hat er sich das Singen schon vom Hals geschoben.
"Halt! Stopp!"
Leighton klimperte die ersten Töne schon los, doch wurde durch die schrillen Worte unterbrochen.
Genervt von Calebs Ruf um nichts rollte er mit den Augen.
Seine blauen Augen hatten die Saiten seiner Gitarre fixiert, die Hände hatte er zu Fäusten geballt, um sich selber ruhig zu halten.
Jedoch sah Leighton, da er mit dem Rücken zu Arthur stand, nicht dass der Junge am Schlagzeug seine üblichen stummen Worte gen Himmel richtete und mit einem bestätigenden nicken zu seinem besten Freund blickte.
Monty runzelte die Stirn, als er dies mitbekam, Celine war so sehr damit beschäftigt Caleb anzuschmachten, dass sie nichts um sich checkte und dieses Glück gönnte ich ihr zum aller ersten mal ohne jegliche Sorgen, dass es zwei Tage später ein Ende fand.
Mich interessierte es mittlerweile immer und immer mehr wieso Arthur, bevor er anfing Schlagzeug zu spielen, anscheinend betete.
Ihm musste viel daran liegen sein kleines Ritual aufrecht zu erhalten, wenn sogar Caleb sich dafür einbrachte und Rücksicht auf Arthur nahm.
Nachdem das also geklärt war und Arthur sein stummes Gebet nach Oben abgesendet hatte, zählte Caleb runter.
Leighton schmeckte das anhand seines bitteren Blickes nicht, doch dem folgenden Zusammenspiel schadete dieser kleine Einwand nicht.
Der erste Versuch saß perfekt.
Leightons helle Stimme ergänzte sich in den gesungenen Stellen perfekt mit dem wilden und wachen Klang von Arthur. Caleb konnte erstaunlich gut rappen. Nicht einen Ton verpatzte er, dafür dass die Jungs den Song das erste mal durchgingen.
Offensichtlich waren Arthur und Caleb bereits mit dem Song vertraut, denn es bereitete ihnen keinerlei Probleme sich an Leightons Vorschriften zu halten.
So talentiert wie die beiden an ihren Instrumenten spielten, stellte ich mir nicht selten die Frage, ob sie in New York in der Band ihrer Schule Mitglieder gewesen sind.
Es würde erklären, weshalb sie ebenfalls einen rockigereren Musikgeschmack hatten und sich darin auskannten wie sie welchen Beat oder welche Bassline ändern mussten um eine Melodie eigen und original klingen zu lassen.
Einwerfend beschloss Leighton, dass er die Gelegenheit nutzen wollte, die anderen drei Songs ebenfalls durchzugehen.
Nach Montys Wahl setzte er also den gewählten Song von Arthur in die Warteschlange.
Für die Setlist hatte er sich, wie zum Casting, Dance Dance ausgepickt.
Mit vollem Einsatz haute Arthur auf sein Drumkit ein, Caleb am Bass folgte und Monty und Leighton setzten mit den Gitarren als letzte ein.
Den Text hatte Monty in seine Hände gerissen und haderte mit den anderen dreien im ständigen unterstützendem Wechsel hin und her.
Celine und mich riss es aus dem Zuschauen vom Sofa und eher passiv und ausgelaugt vom Schultag tippsten wir tänzelnd vom einen Fuß auf den anderen.
Leighton hatte, wie immer wenn er seinem Instrument mächtig war, alles um sich herum vergessen.
Keine Sorge merkte man ihm an.
Er sah aus wie ein süßer kleiner Rockstar, der es eines Tages auf die größten Bühnen der Welt schaffen wollte.
Monty sprang und klimperte herum, als hätte er dies bereits lange geschafft.
Arthurs Gesichtsausdrücke änderten sich im Sekundentakt, so wie die Lage seiner, von vor Anstrengung nassen Locken, so wie er hin und her huschte und wuselte und drummte.
Zwischendurch sang er, verlor dabei keinen Überblick in seinem Tun und schielte an Monty und Leighton vorbei zu mir.
Ich fasste seinen Blick, erhaschte sein strahlendes Lächeln, welches mich in meinem tänzelnden Schwanken zum innehalten brachte.
Monty und Leighton belagerten sich frech gegenseitig in einem eingeschobenem Gitarrensolo, so dass Arthur und Caleb für einen Moment aufatmen konnten.
Mit dem durchatmen schlich sich ein noch weiteres Lächeln auf Arthurs Lippen.
Seinen grünen Augen verfallend und mich nicht auf eine schlechte Art von ihm beobachtend fühlend erwiderte ich sein Lächeln.
Ich fuhr mir durch meine offenen Haare, verdeckte mit ihnen meine Wangen, die sich langsam rosa färbten.
Arthur hatte nichts gemacht, außer mich angelächelt und angesehen zu haben.
Daran war nichts falsch oder unbehaglich und dennoch wurde mir warm zu mute, sobald er mich für wenige Sekunden anblickte und dann einfach gewöhnlich in seinem Tun weitermachte.
Für ihn lag nicht viel daran, mich immer wieder anzusehen, wenn ich dabei war im Sport einen Ball zu fangen, oder ich in Chemie neben ihm von der Tafel abschrieb.
Ich dagegen spürte seinen Blick wie eine Berührung und wusste nicht wie ich reagieren sollte. Es war seltsam für mich und somit Mittel zum Zweck für mein Unterbewusstsein Verlegenheit auszusenden, die mich hübsch rosa einfärbte.
Leighton beobachtete mich auch sehr oft, seinen Blick konnte ich wie einen leichten Hauch oder wie einen Messerstich spüren, doch dennoch bin ich unter seinen Augen nie rot geworden.
Überfordert von meinem Gedanken und davon, dass Arthur seinen Blick wieder auf sein Schlagzeug konzentriert hatte und munter grimassen zog, setzte ich mich zurück aufs Sofa.
Ich wollte mein schwaches Lächeln wieder zusammenziehen, ertappte mich aber dabei, wie ich Arthur nun in seiner Beschäftigung beobachtete und behielt es auf meinen Lippen.
Die letzten Töne von Dance Dance klangen ab und bildeten einen ungewöhnlichen Übergang zu Toxic, Leightons Auswahl.
Mich angrinsend zupfte er die ersten rasanten Töne an seiner Gitarre, blickte mich aber verdutzt an, als er erkannte, dass ich nicht mehr neben Celine stand und um mich tanzte, als wäre ich allein.
Arthurs Blick hatte, anders als in den Wochen zuvor, irgendetwas bei mir veranlasst, dass ich mich nicht mehr hochziehen konnte.
Leightons Augen verdüsterten sich enttäuscht, dass ich zu seinem Lieblingslied nicht mehr munter mittanzte.
Stumm seufzte er, wand den Blick von mir ab und konzentrierte sich wieder auf seine Akkorde.
Kurz und Knapp konnte man den allerersten Durchlauf der stehenden Songliste für Samstag als gelungen betrachten.
Celine wurde Feuer und Flamme, als Caleb in höchsten Tönen Killer Queen anstimmte und säuselte.

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