Der Geruch nach Kirschen und Schokolade lockte mich am Samstagmorgen aus meinem unruhigen Schlaf.
Leighton hatte mich in der Nacht mit allen Mitteln daran gehindert aus dem Bett zu fliehen, als meine Gedanken um unsere Zukunftspläne und Adrianos Fall mich umzubringen drohten.
Ohne etwas von mir zu geben brach ich in Leightons Armen in Tränen aus.
Er hatte keine Ahnung was mich plagte, doch murmelte mir zu, dass wir das überleben würden, was auch immer mich in den letzten Wochen so aus den Wänden riss.
Es tat gut mich an Leightons Schulter auszuweinen, doch zu wissen, dass er einer der Gründe meiner Tränen war, stach mir in den Rücken.
Nun lag ich also mit, vom in den Schlaf geweinten brennenden Augen am Morgen im Schlafzimmer und kuschelte mit Leightons Kissen.
Ich würde lieber mit ihm kuscheln, doch er hatte es nötiger sich aus dem Bett zu schummeln, bevor ich überhaupt die Augen geöffnet hatte.
Leighton hörte ich in der Küche herum wuseln und summen.
Seine Musik dudelte im Hintergrund und das so leise, dass ich nur Bruchteile davon hörte.
Eigentlich sollte ich aufstehen und ihm in der Küche guten Morgen sagen.
Aber ich blieb mit seinem Kissen in meinen Armen liegen.
Mein Körper fühlte sich von meiner nächtlichen emotionalen Attacke ausgelaugt.
Seufzend kugelte ich mich in die Decken ein und sog den Geruch aus der Küche auf.
Was auch immer Leighton in der Küche erschuf, es roch verdammt gut und ich hoffte, nichts davon brannte an.
Backen konnte er leider nicht in seinem Stärkenkatalog verzeichnen, dennoch liebte ich seine verzweifelten niedlichen Versuche zu besonderen Anlässen den Kochlöffel zu schwingen und sich mit Mehl zu bepudern.
Besondere Anlässe.
Jetzt als mir dies durch den Kopf flog überkam mich der Gedanke, dass ich mir etwas wichtiges entging.
Mein Hirn schaltete sich ein.
Grübelnd näselte ich an der Kissenecke herum.
Heute musste etwas sein, wenn aus der Küche so ein guter Geruch zu mir drang und mich aus dem Schlaf kitzelte.
Leighton backte noch seltener, als er sich mit dem Kochen probierte - obwohl er im Kochen mehr Erfolge verzeichnete.
Seufzend setzte ich mich wieder auf.
Das Kissen in meinen Händen, welches nach Leightons Parfüm duftete, legte ich auf meinen Schoß.
Verdattert blickte ich mich in unserem Schlafzimmer um, als würde mir der rettende Einfall durch die Schränke zurufen.
Man sollte meinen, dass ich durch mein immenses Gedächtnis zum ewigen Erinnern verdammt sei, doch der Schein trügt.
Mein Kurzzeitgedächtnis konnte man als äußerst bemerkenswert bezeichnen.
An meinen Langzeitgedächtnis mangelte es in kleinen Punkten.
Unnötige Fakten merkte ich mir eher als Jahres- oder Geburtstage.
Jahrestage.
Beeren, Schokolade.
Scheiße.
Es gab zwei Tage im Jahr an denen Leighton versuchte sein Backen aufzubessern, ohne dass ihm meine Mutter dabei half. Das waren der Valentinstag und unser Jahrestag.
Da wir es mitten im Juli hatten, grenzte ich den Valentinstag hundertprozentig aus.
Murmelnd fluchte ich und fiel nach hinten in die Kissen zurück.
Ich hatte Leightons und meinen neunten Jahrestag vergessen.
Verzweifelt raufte ich mir die Haare und trat Leightons unschuldiges Kissen von mir weg.
An keiner Silbe hatte ich in dieser Woche an unseren Tag gedacht, an dem Tag an dem wir auf dem College zusammengekommen sind, bevor wir uns bewusst wurden durch was für bestehende Probleme wir uns schlagen mussten, um nun heute gemeinsam und verlobt zusammen zu leben.
Wieso musste auch alles auf einen Haufen fallen?
Leightons und meine Verlobung und seine Hochzeitspläne, sein Plötzliches verlangen Kinder in die Welt zu setzen, Adrianos zu beweisende Unschuld und nun auch noch dieser verdammte Jahrestag!
Ich schloss meine Augen und rieb mir die Stirn.
Ob es mir an einem Samstagmorgen gelingen könnte noch kurzer Hand etwas aus dem Hut zu zaubern? Doch meine Kreativität hielt sich in grenzen.
Leighton verkörperte den Teil unserer Beziehung, der immer einen coolen Plan parat hatte unseren Tag gebührend zu feiern.
Ich überlegte Wochen vorher, was ich ihm als Überraschung geben konnte, nur um jedes Jahr auf den selben Nenner zu kommen: Seinem Lieblingsparfüm. Nur hatte er davon schon genügend. Die grünen Flaschen reihten sich in seinem Badschrank in die Höhe.
Vielleicht sollte ich auf die Schnelle eine von ihnen verpacken und diese als Neu ausgeben.
Auffallen würde es nicht und Leighton freute sich wie ein Kind über jedes kleine Präsent, dass ich ihm machte.
Nein. Das konnte ich nicht bringen. So verzweifelt konnte ich nicht sein.
Mit einem aufgebrachten Laut riss ich meine Augen wieder auf und schob ich mich mit schweren Beinen aus dem Bett. Zeit schindend sammelte ich Leightons und meine Kleidung vom Boden auf.
Dabei zog ich mir sein Shirt über, welches er gestern getragen hatte, bevor wir uns schlafen legten.
Den Haufen in meinen Händen warf ich auf einen der beiden Drehstühle an unserem gemeinsamen Schreibtisch.
Aus meiner Seite des Kleiderschranks suchte ich mir eine bequeme Unterhose heraus.
"Kaileigh?" Leighton unterbrach sein munteres Summen in der Küche, als er mich durch den Flur am Schrank erblickte. "Bist du schon wach?" Als wäre das nicht offensichtlich...
Mit dem Haargummi, den ich auf meinem Nachttisch fand, band ich meine Haare zu einem Dutt zusammen.
"Ne." bläkte ich. „Eigentlich schlafe ich noch tief und fest und du bildest dir nur ein, mich jetzt zu hören." teilte ich meinem Verlobten schmunzelnd mit, dass ich es geschafft hatte mich aus dem Bett zu bequemen. "Ich liebe dich auch Kai." flötete Leighton lachend durch den Flur zurück.
Ich musste Leighton nicht sehen, um zu wissen dass er halblächelte.
"Ich dich auch Leight." murmelte ich mehr an mich gerichtet und in Gedanken verloren.
Mein rettender Einfall Leighton auf die Schnelle eine kleine Anerkennung zu basteln verlief erfolglos im Sand.
"Willst du im Schlafzimmer frühstücken oder im Wohnzimmer?" fragte er beiläufig aus dem innersten unserer Küche.
"Am besten in der Küche, aber ich weiß, dass du mir diesen Wunsch heute nicht erfüllen wirst." machte ich kenntlich, dass ich unseren Jahrestag nicht vergessen hatte, da er mir diese Frage nur zwei mal im Jahr stellte.
"Ich habe dir doch bereits genug Wünsche erfüllt, Kaileigh, Hawaii, der Traum von dem Corpse Bride Hochzeitsschwur zur Verlobung." gut gelaunt hallte Leightons Stimme durch unsere Wohnung. Ich seufzte wehleidig und blickte auf meinen Ring.
"Und zu gerne würde ich dir weitere erfüllen, aber ich hab nen Braten in der Röhre und den will ich nicht anbrennen lassen." erinnerte er sich.
"Mach es dir in der Wohnstube bequem. Ich komme jeden Moment nach, Kai." schickte er mich vor.
"Ach übrigens: Alles gute zum neunjährigen." ließ ich verlauten, malte mir ein Lächeln ins Gesicht und marschierte zu ihm in die Küche und nicht in die Stube.
Überraschend hielt ich ihm in seinem werkeln an feinen Schokoladenmustern auf unseren Tellern ab und küsste ihn kurz und süß.
"Alles Gute zum neunjährigen, Kaileigh." flüsterte Leighton mir entgegen und hob mich an den Hüften hoch um mit mir überschwänglich und zu seiner Musik durch die Küche zu tanzen.
Mir kribbelte es in den Lippen ihn erneut in einen Kuss zu ziehen, um all die Schmetterlinge in meinen Bauch mit ihm zu teilen, die mir beim tanzen über meine Organe huschten.
Ich nutzte meine Chance ihm erneut die Lippen aufzulegen.
Die Flügel in meinem Bauch schlugen auf ihn über, doch ohne in dieser Berührung etwas ausreizen zu wollen, verharrten wir für wenige Sekunden als Abschluss unseres Tanzes in diesem Kuss.
In einer fließenden Bewegung, fasste Leighton meine linke Hand und führte sie an seine Lippen, um erst meinen Handrücken und dann den rosefarbenen Ring zu küssen, der mich daran erinnerte, dass ich ihm gehörte.
"Wartest du in der Wohnstube auf mich? Die Croissants müssten gleich fertig sein." murmelte er gegen die Haut meiner Hand und ließ sie langsam wieder sinken.
Immer wieder aus der Bahn geworfen über seine so feine Geste nickte ich.
Liebevoll lächelnd erhaschte Leighton sich einen schnellen und einfachen, aber dennoch zärtlichen Kuss von mir, bevor er mich sanft an meinen Hüften aus der Küche schob.
"Bis gleich." flüsterte ich ihm verliebt lächeln zu und küsste seine Wange.
"Bis gleich." erwiderte er mit seinem Halblächeln und trommelte auf meiner Hüfte herum, bevor er mir vorsichtig einen Schubs in die Richtung der Wohnstube gab.
Leichtfüßig tippste ich durch den Flur und wartete gehorsam und bequem sitzend auf dem Sofa auf Leighton.
Den hörte ich aus der Küche irgendeinen kitschigen Boy-Band Song singen, der aus dem Radio in der Küche dudelte.
Leightons Backversuch entpuppte sich als äußerst gelungen und absolut lecker.
Sein Stammrezept, dass er dem Stardust geklaut hatte, war ihm in keinem Jahr zuvor besser gelungen.
Seine selbst geformten Croissants, so wie die aufgetauten Kirschen mit Sahne und Schokoladensauce harmonierten perfekt miteinander.
Ich genoss das entspannte Frühstück mit Leighton und den Luxus, dass wir seit einer Woche endlich wieder Zeit dafür fanden nicht zwischen Tür und Angel miteinander zu reden.
Unsere vergangenen Tage bestanden daraus, dass wir früh gemeinsam essen gingen, doch durch Celine und Monty im Stardust immer im Reden unterbrochen wurden.
Am Tag holte Leighton mich zwischendurch aus der Kanzlei und brachte mich mit meinen Gedanken ganz wo anders hin, dazwischen diskutierte er mit mir Hochzeitslocations und Kinderzimmerpläne.
Das setzte aus.
Wir redeten über alles und nichts, breiteten unsere Gedankengänge in alle Richtungen aus, doch nicht in die von Babies bekommen und Hochzeitsplaner organisieren.

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Deadend
Romance"Was soll ich denn bitte machen, dass über dein Erscheinen von meinen Kollegen als Notfall gesprochen wird. Habt ihr mit Menschen gehandelt und ich soll Spuren verwischen? Habt ihr Gelder hinterzogen? Jemanden ausversehentlich mit einem gezielten Ko...