35. We Are All Brutally Fucked

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"Wir sind gefickt." schimpfte Domenico am hörer. "Wir sind alle so verdammt gefickt, dass wir aus allen Löchern bluten werden."er konnte sich nicht beruhigen.
Mir ging es nicht anders, als immer mehr Bilder von Kathelena und den Telarmo Brüdern meinen Computer im Büro schmückten.
"Ich bin mir sicher, dass du dich auch gewählter ausdrücken kannst." seufte ich und hielt mir den Kopf.
Domenico verstummte einen Moment in der Leitung. Er räusperte sich und machte den Mund erneut auf. "Verzeihung Milady." säuselte er in seinem besten britischen Akzent, der so gar nicht zu seiner groben und rauen Stimme passen wollte.
"Ich meine natürlich, dass uns allen so lange ein männliches Genital in den Arsch geramm wird, bis wir alle nicht mehr gehen und stehen können..." Das hämische Grinsen dass ich vor Augen hatte verhieß nichts gutes.
"Sprichst du jeglichen Gedanken um Adriano und mich aus, springe ich durch mein Handy und drehe dir eigenhändig den Hals um." drohte ich ihm grimmig.
Beiläufig klickte ich mich durch die Bilder, die Haylee mir nach und nach aus dem Vorraum schickte.
Auf allen war Adrianos Schwester zu sehen, wie sie gänzlich den jüngeren der Telarmo Brüder um ihren Finger gewickelt hatte. Einige der Schnapschüsse würden mich bis in meine düstersten Alpträume verfolgen.
"Morddrohungen, das passt nicht nicht zu deinem hübschen Gesicht." dusselte Domenico locker herum. "Muss wohl nur so ne schwangerschaftslaune sein. Also hat sich das bald wieder."
Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf.
"Cole hätte dir davon nie erzählen sollen." seufzte ich und rief ein weiteres der Bilder auf.
Kathanlena und Salice wurden von einer Verkehrskamera aufgenommen, wie sie Seite an Seite und in Begleitung eines Bodyguard durch Catania schlichen.
Es war der selbe Tag, an dem Adriano auf der Yacht verhaftet wurde und Flavio Telarmo die helfende Hand gespielt hat, uns wieder gehen zu lassen.
Allmälich reimte sich mir das Puzzle zusammen, nachdem die drei gehandelt haben mussten, doch mir blieb offen wieso sie dafür gesorgt hatten, dass Adriano hinter Gittern sitzen musste. Vermuten konnte ich nur, dass sie ihn mächtig um seinen Standpunkt einschüchtern wollten. So wie Adriano mir die Zerstörungstechniken sämtlicher Mafia-Clans herunter gebrochen hat, war das auch das wahrscheinlichste Szenario. Sie wollten Adriano und mich damit daran hindern weiter zu schnüffeln. Aber wir hatten denen galant den Stinkefinger in Gesicht gehalten.
"Sie wollen Colourful haben, um Catania und der Welt ihre Macht zu demonstrieren." blubberte ich vor mich hin.
Adrianos ältere Schwester wirkte in der Tat mächtig, elegant und vor allem mit hoch erhobener Nase, arrogant.
Salice, wesentlich jünger und mit einem etwas zu jungenhaften Gesicht, wirkte wie ihr kleiner Schoßhund, den sie an die Hand nehmen musste, damit er zubiss.
"Naja. Wäre der Mist in den Staaten damals nicht gewesen, dann wäre Kathalena die offizielle Erbin." bemerkte Domenico.
"Und würden sie nicht irgendwie hinter dem Mord an Jacopo stecken, würde sie es nie bekommen."
Sie bekam die Arbeit ihres Vaters so oder so nie in die Hände, insofern sich Adriano nicht von ihr einlullen ließ.
Er war er offiziell eingetragene Erbe. Gleich nachem Kathalena damals angeblich erschossen wurde, wurde ihm das Unternehmen übertragen.
Das Testament hatten Adriano und ich wenige Wochen, nachdem er Domenico eingeschalten hatte, vollständig auf dem Tisch liegen. Adriano wusste auch schon vorher von den Plänen seines Vaters.
"Ich glaube, dass sie es sich jetzt so oder so abschminken kann, Kai." Domenico kaute auf irgendetwas herum und schmatzte.
"Wir müssen aus ihr nur indirekt heraus bekommen, dass sie an den Morden von Jacopo und von Coles Vater wusste, wenn sie die nicht sogar veranlasst hat. Somit ist der Auftragskiller auch der, der Celine angeschossen haben muss." grübelte ich über weitere zugeschickte bilder.
Domenico rülpste wider seiner britischen Art und tippte auf etwas herum. Keine Sekunde später tauchte auf meinem Bildschirm ein Foto auf.
"Das wollte ich deiner Assistentin nicht schicken. Sie hätte es an Adriano weiter geplappert und dann wäre bei ihm die Kacke am dampfen."
Ich starrte die Aufnahme an und wusste nicht ob ich umfallen sollte, oder durch die Leitung Domenico zur Schnecke machen sollte, weil er sich auf meinen Arbeits-PC gehackt hatte.
"Wie zum Teufel hast du das..."
"Die Firewall von dem Gebäudeserver ist n Witz. Total veraltet und 2000 Windows Grundlaufwerk. Mit der richtigen Technik sind das zwei Mausklicks bis in dein CD-Laufwerk."
Wie auf Komando öffnete sich auch genau das.
"Kannst du nicht Dinge treiben, die normale Teenager in deinem Alter machen?"
"Meinst du holde Jungfrauen vögeln und Party machen bis zum abwinken? Ja das mache ich. Catanias Underground ist der italienische Ballermann."
Der Laut der mir über die Lippen huschte war eine Mischung aus purem staunen und einem fassungslosen auflachen, doch mehr bezogen auf Domenicos qualitäten als Hacker, nicht auf seine Freizeitbeschäftigungen.
Nicht so ganz begeistert sah ich mir eine weitere Kameraaufnahme an.
Diesmal eine aus dem Magix, an genau dem Tag an dem Celine angeschossen wurde.
Wieder zeigte sie Kathalena und Salice.
Salices Erscheinung wurde überwiegend von schwarzer Kleidung eingenommen. Einem weiten Hoddie, dessen Kapuze sein halbes Gesicht verdeckte.
Kathalena stand vor ihm, hatte eine Hand an seine Wange gelegt und schien ihm etwas zuzuflüstern.
In seiner Hand hielt der junge Mann ein ziemlich beachtliches Scharfschützengewehr.
"Sieht so aus als würde unser Milchbubi nicht nur brav an Mamis Brust saugen."
Für einen kurzen Moment schwörte ich zu glauben, das ein Teil des alten Coles in Domenico lebte. Logischer wäre, dass er sein gutes Talent für schlechte Sprüche bei ihm spezifiziert hat.
"Dom." mahnte ich ihn. Das war ein ganz schlechter Moment um Witze zu reißen.
"Ja. Ich weiß. Nicht angebracht." maulte er. "Aber ich hab als Entschuldigung meine Hausaufgaben gemacht." liebsäuselte er in süßesten Tönen hinter her und ratterte dann in einem unaufhaltsamen Wortschwall los.
"Das Biest was er in seiner Hand hält ist genau das, dass wir suchen. Diese Schönheit ist eines der präzisesten und perfektesten Scharfschützengewehre der Welt, wenn nicht sogar genau das was man benötigt um Trump umzulegen, außerdem ist es 100% schallgeschützt, somit konnte es keiner im Club hören."
Ich rollte mit den Augen, aber verkniff mir Domenico zu unterbrechen.
"Ich glaube es ist unschwer zu erkennen, was danach passiert sein muss, weil du hast es ja selber miterlebt."
Mit einem schaudern erinnerte ich mich an Coles verzweifelte Schreie zurück und wie Celine in seinen Armen zusammen gesackt ist, als sie sich für ihre bessere Hälfte wissentlich geopfert hat.
"Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs." pries er an, hielt inne und plauderte weiter.
"Kannst du dich noch an das Video vom Parkhaus aus Catania erinnern? Das in dem Jacopo von diesen beiden Gestalten bedroht wurde?"
Eine rhetorische Frage, wir beide wussten welches er meinte und ich konnte mir denken auf was er hinaus wollte.
"Ich konnte die Gesichter zwar nicht identifizieren, aber ich hab ihre Gangart und Figuren einmal um den Globus gejagt und heraus kam, dass diese Telarmo Bastarde meinem und Adrianos Pa nen ziemlichen Schrecken eingejagt haben."
Tief durchatmend lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und versuchte mich Mental auf weitere Erkenntnisse von Domenico einzustellen, doch schlimmer ging es anscheinend immer.
"Und jetzt kommts, die Kugeln die in den Körpern von Pa und Coles Pa gefunden wurden, passen zu der, die mir Adriano von Celine durchgegeben hat."
Die Sekunde schweigen, die dann herrschte, zog sich in eine unendlich klebrige Länge.
"Salice Telarmo hat Jacopo Giulani umgebracht." hauchte ich aus.
Ich blinzelte, hatte es geschafft. Zwar mit viel, sehr viel digitaler und anwesender Hilfe von Domenico und Adriano, aber ich hatte einen Doppelmord und einen versuchten Mord aufgeklärt.
"Jup. Und der Drahtzieher war Kathalena, die sich den Pups in die Ohren gesetzt hat ihrem Vater seinen größten Schatz zu rauben, weil sie bei den Telarmos unaufhaltsam an Macht gewann und sie demonstrieren musste. Deshalb hat sie dem Boss die beiden Jungs geklaut, der eine genauso versessen auf Macht, der andere auf ihre Brüste und dann hat sie in ihrem Stübchen geplant."
Den Rest reimte ich mir zusammen, ohne dass ich darüber überhaupt nachdenken musste.
"Sie hat Salice den Code für die Eingänge gegeben, der hat sich reingeschlichen und Jacopo umgebracht. Davor ist sie dann sicher gegangen, dass Adriano noch bei ihm lebt, damit sie ihm schön die Schuld in die Schuhe schieben und sich Colourful Investments hinterrücks aneignen kann."
Domenico machte einen zustimmenden Laut.
"Das wollte ich dir grade noch schicken, ich hab die Kameras und Daten von dem Tag aus der Polizei hacken können und kurz bevor der Schuss gefallen ist, hat sich durch den Eingang jemand geschummelt. Die Kamera zeigt die selben Züge und Bewegungen, wie die von Salice." bestätigte er mir in einem Rutsch.
Kaum zu glauben, dass wir des Rätsels Lösung in Catania vor uns sitzen hatten. Dieser Mann, bei dem wir waren, er wusste es. Coles Vater wusste es, deshalb musste sein Kopf rollen.
"Aber wieso wollten sie dann Cole umlegen? Er hat damit gar nichts..."
Domenico griff mir ins Wort. "Doch das hat er. Caleb ist eingetragener Co-CEO an Adrianos Seite. Jacopo hatte seine Zweifel so gehandelt zu haben, das hat er in einem seiner Briefe an Kathalena geschrieben, aber im  nächsten Satz stand, dass er ihm fast genauso traut wie seinem Sohn."
Ich biss die Zähne zusammen. "Also wenn ihr Plan aufgegangen wäre und Adriano im Knast sitzen würde, dann hätte sie immer noch Cole auszuschalten und weil sie sich die Hände selber nicht schmutzig machen will, hat sie sich Salice und Flavio an die Seite gezogen."
Mein ganzer Körper begann zu zittern, für wenige Sekunden sah ich schwarz, dann raste mein Herz.
"Ich weiß warum Kathalena hier ist." stauchelte ich. "Sie will alles beenden. Ihre Gedult reißt, jetzt da wir nach Catania näher an ihrem Plan sind und wir beide sie jetzt endgültig auf dem Silvertablett haben."
Domenico fluchte in sauberem britischen Englisch und wesentlich eleganter als allemale zuvor.
"Du musst Eier machen, dass ihr sie entschärft. Die is ne verdammte Bombe, Kai. Nur haben wir keinen Plan, wann sie das nächste mal explodiert und Salice für sie durch die Gegend ballert."
Das wäre nicht das einzige Problem, dem wir uns zu stellen hätten.
"Einfach wird das nicht. Sie hat Adriano um den Finger gewickelt. Sobald ich ihm erklären will, dass sie nicht ganz koscher ist, haben wir jedes Mal mühe uns nicht zu streiten." verzweifelte ich an meinem Schreibtisch und tauchte in meinem Stuhl unter, so weit es nur ging.
Ganz weit entfernt in meinem Hinterstübchen war es vielleicht doch gar nicht so verkehrt, dass Adriano noch nichts von meiner Schwangerschaft wusste. So blauäugig wie er Kathalena gegenüber war, hätte er ihr das sofort erzählz und ihr somit unter Garantie den nächsten großen Angreifspunkt geboten.
Domenico schluckte und wir beide gestanden uns ein, dass wir in einer Sackgasse steckten.
Ich konnte unmöglich einfach zu Mr. Chester rennen und ihm meine Ergebnisse präsentieren, damit er sich um den Haftbefehl und alles danach kümmern konnte.
Domenicos und meine Schlussfolgerunge waren gut durchdachte Vermutungen, die Beweise nur bedingt legal und nichts oder nur wenig konnte schwarz auf Weiß bewiesen werden. Somit würde ich Kathalena und ihre Schoßhunde nicht in den Knast befördern können.
Danach drehte ich in meinem Büro Kreise.
Adriano ließ sich nicht blicken.
Ich wusste nicht wo er war.
Nachdem ich gestern aus dem Hotel bin, habe ich ihn nicht mehr gesehen und er hat mir auch nicht erzählt, dass er sich mit Kathalena treffen wollte. Weder gestern, noch heute morgen, als wir kurz miteinander telefoniert hatten.
Wie eine Furie raste ich an meinen Tisch und nahm mit zitternden Fingern mein Handy in die Hände.
Sofort wählte ich Adrianos Nummer, textete ihn zu, versuchte ihn auf alle Möglichen Arten zu erriechen.
Vielleicht war es schon zu spät und Kathalena hatte zugeschlagen, hatte sich ihren Bruder auf dem Silbertablett serviert.
Mir wurde schlecht. Wegen meiner Schwangerschaft und wegen meiner Sorge um Adriano.
Mit aller Kraft versuchte ich meinen Atem ruhig zu halten, nicht in Panik auszubrechen.
So wie ich jetzt reagierte, das war nicht ich, das waren die Hormone in mir die überdrehten und die ich nicht kontrollieren konnte.
Ich dürfte ihnen nicht erliegen und musste mich aus diesem Schwall viel zu vieler Emotionen wieder hoch ziehen.
Eine Panikattacke hatte ich noch nie, doch so wie ich mich im Moment fühlte, musste ich kurz davor stehen meine Nerven endgültig zu verlieren.
Tief holte ich Luft und hielt den Atem an.
Angeblich sollte das während und vor einer Panikattacke helfen und meinen Körper wieder dazu bringen herunter zu fahren.
Ganze drei mal sammelte ich Luft in mir an, und hielt sie so lange an, dass ich nicht blau anlief.
Es klappte, mein Zittern ebbte nach weiteren Minuten ab und ich war wieder in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen, ohne dass mir mein Hormonspiegel einen Strich durch die Rechnung machte.
Adriano würde sicherlich mit Cole unterwegs sein, wenn die beiden nicht sogar bei Celine im Krankenhaus hockten und er mit ihm darauf wartete, dass sie die Augen wieder aufmachte.
Mittlerweile war dies nur noch eine Frage von wenigen Stunden oder Minuten.
Seit zwei Tagen lief ihr Aufwachprozess und bis auf den Atemaussetzer verlief alles nach Plan.
Mich hielten Adriano, Cole und Monty um meine beste Freundin auf dem neuesten Stand, wenn ich im Büro saß.
Viel hatte ich tatsächlich nicht mehr zu tun. Nach dem Fall mit den Minsterst würde ich mir nichts neues mehr angeln, sondern Adriano endgültig aus seinem Mist helfen und Kathalena hinter Gittern schießen.
Wesentlich beruhigter, nun da ich im Sinn hatte, dass Celine bald wieder ihr wandelndes Chaos ins Leben bringen würde, wagte ich einen weiteren Griff nach meinem Handy.
Ich entsperrte es mit meinem Passwort, scrollte durch meine Kontaktliste.
Grade als ich auf Adrianos Namen tippen wollte, erschien er als Anruf auf meinem Display.
Tiefenerleichtert nahm ich seinen Anruf an und setzte an ihm eine Rede darüber zu halten, dass er mich informieren musste, wenn er nicht im Sinn hatte bei mir auf Arbeit vorbei zu kommen.
Es gab mal eine Zeit, da war ich dankbar, wenn er mich nicht mit seiner Erscheinung aus der Fassung brachte, jetzt drehte ich durch, wenn er nicht über längere Zeit in meiner Nähe war.
Aber mein Anschiss verfiel mir noch in der Sekunde als ich das gekreische in seinem Hintergrund hörte und die Augen aufriss, als ich das ganz klar als Celines Stimme identifizieren konnte.
Was sie schrie, hörte ich nicht, aber es war so laut, dass sie Adrianos Stimme übertönte, der hastig auf mich einredete, aber ohne dass ich ihn verstehen konnte.
"Was um Herrgottesnamen?" fluchte ich in den Hörer.
Adriano murmelte erneut etwas über das gewetter meiner besten Freundin, die klang als würde man sie in einen Vulkan werfen wollte.
"Du musst sofort herkommen. Irgendetwas ist total falsch gelaufen bei Celine."
Ihre Stimme war verstummt, jetzt konnte ich ihn klar und deutlich hören.
"Sieht sie euch als Dämonen der Hölle?"
Ich konnte mir den Kommentar nicht verkneifen. Adriano lachte nicht, also musste es sich um etwas wirklich ernstes handeln.
"Schlimmer Kaileigh." murmelte er.
"Ich hab dir Monty vorbei geschickt. Er müsste jeden Moment bei dir sein. Er nimmt dich mit ins Krankenhaus. Ihr müsst Celine irgendwie beruhigen. Cole und ich können das definitiv nicht und die Ärzte haben so viel Angst vor ihr, das ist nicht mehr lustig mit anzuschauen." beschrieb er mir die Aktuelle Lage bei ihm im Krankenhaus.
Ich schluckte und versuchte innerlich nicht durchzudrehen.
"Was. Ist. Passiert?" presste ich zwischen meinen Lippen hervor und hielt mir die Stirn.
"Du hast doch Cole erzählt, dass Celine ihr Gedächtnis verlieren kann, wenn auch nur kurzzeitig..."
Stur starrte ich auf meine Tür und pustete ganz langsam den Atem aus.
"Sie denkt, dass sie in Salisbury im Krankenhaus liegt und grade die Wahrheit über uns herausgefunden hat. Sie sieht uns nicht als Adriano und Cole sondern als Arthur und Caleb."
Und ich hatte Cole eingeredet, dass es unwahrscheinlich sei, dass genau so etwas eintreten würde.
Das musste ein Witz sein, ein ganz schlechter und mieser...
"Kai, setz dich in Bewegung, aber plötzlich, mir müssen ins Krankenhaus."
Monty wirbelte in mein Büro und sah mich mit einem blitzen in seinen Augen an, dass halb genau so am Rad drehte wie ich, und dass versuchte die ganze Situation lockerer zu sehen, als sie war.
"Monty ist grade angekommen. Wir sehen uns gleich. Versucht sie nicht komplett zum ausrasten zu bringen." stellte ich Adriano durch, bevor wir uns knapp voneinander verabschiedeten.
"Du weißt es schon?" erkannte Monty und lehnte sich gegen die Tür.
Ich nickte. "Adriano hat es mir grade erzählt."
Monty ging sich durch die zerzausten Haare und seufzte. "Irgendwie habe ich es mir friedlicher vorgestellt, wenn sie wieder zu Sinnen kommt."
Ich schmunzelte halbherzig, schnappte mir meine Tasche und meine Jacke und eilte ihm hinter her durch die Kanzlei.
Astrid gab ich zur Kenntnis, dass ich einen Notfall in meinem Umfeld hatte und nicht wusste, ob ich heute noch mal hier aufkreuzen würde.
Sie notierte sich dies und hoffte für mich nichts zu schlimmes habe sich ereignet.
Ich lächelte sie belegt an und hastete mit Monty dann aus dem Gebäude und zu seinem Wagen.
Ohne Umwege rasten wir durch die Stadt ins Krankenhaus und sprinteten auf die Station, auf der Celine untergebracht war.
Adriano und Cole marschierten unruhig den Gang auf und ab.
Als sie uns sahen rannten sie auf uns zu und führten uns zu der Tür, hinter der sich die komplett verstörte Celine befand.
Coles Blick war zum Heulen.
Die Angst um Celine stand ihm ins Gesicht geschrieben, mehr noch als vor wenigen Tagen ihr Körper nicht mehr atmen wollte. Das hatte sie nicht mitbekommen. Den Aufruhr und Coles Sorge, das war für sie ganz fern, doch jetzt saß sie mitten in einer Zeit, in der sie nicht mehr lebte.
Ihr turbolenter Gedächtnisverlust betraf uns alle in gewissen Maßen.
"Mach irgendetwas, dass sie mich nicht mehr so anschreibt." bat Cole mich, sein Gesicht leichenblass, die Augen trüb und von jeglicher Lebensfreude befreit.
"Wir werden unser bestes versuchen und wenn nicht, dann wird sie in ein paar Tagen oder ein paar Stunden wieder ganz normal sein."
Ich legte meine Hände auf Coles Schultern und verdeckte die Panik um alles in der letzten Stunde, damit ich ihn für wenige Minuten beruhigen konnte.
"Ich habe dir gesagt, so etwas kann passieren."
Nur konnte keiner absehen, wie viel sie vergessen würde, oder dass sie so reagierte.
Adriano besah mich, seine Augen hatten ihr strahlendes Grün ebenfalls verloren. In ihnen lag genau so viel sorge, wie in Montys und meinen.
"Wir werden die Lage mal unter die Lupe nehmen." Monty wandte sich der geschlossenen Tür zu.
Ich nickte Cole aufbauend zu, bevor Adriano mich in seine Arme nahm.
"Monty und ich bekommen das wieder hin." versicherte ich in die Ruhe hinein, aber an niemanden bestimmten.
"Du hattest recht." flüsterte Adriano mir ganz leise zu.
Seine Hände krallten sich an meiner Jacke fest und ich hoffte, das Bild würde nicht aus der Tasche segeln.
"Mit was?" irritiert verzog ich das Gesicht.
"Wir hätten Kathalenas Einladung nicht annehmen dürfen, dann wäre das alles hier nicht passiert." gestand er mir und hob den Kopf um auf mich herab zu sehen.
Monty räusperte sich genervt, doch bekam einen mahnenden Blick von Adriano.
Er zuckte zusammen und ließ die Schultern hängen.
"Lass uns darüber später reden." Ich küsste Adrianos Stirn und löste die Umarmung auf.
Ich schmunzelte zaghaft und versuchte die Schuld aus seinen Augen zu lösen.
"Monty und ich müssen erstmal Celine wieder auf den Dampfer bringen."
Er nickte, erwiderte mein schwaches Lächeln und ließ mich dann gehen.
Vorsichtig klopfte ich an die Tür und wartete mit Monty auf eine Rückmeldung von Celine.
"Verpisst euch! Ich will euch nie nie nie wieder sehen. Weder in diesem noch in meinem nächsten Leben und dem danach!" schimpfte sie herzzerreißend schluchzend udn voller Wut in ihrer schrillen Stimme.
Cole hinter mir zog die Luft ein.
Monty und ich sahen uns entschlossen an.
"Wir sinds, Celine." meldete sich Monty in seiner ruhigen Stimme.
"Monty und Kaileigh." setzte ich hinter her.
Für wenige Sekunden ertönte nichts aus ihrem Zimmer.
"Seit ihr allein?"
Monty warf Cole und Adriano einen Blick zu und die beiden traten aus der Sichtweite der Tür, so dass Celine sie nicht erkennen könnte, wenn wir die Tür aufmachten.
"Ja sind wir." bestätigten Monty und ich gleichzeitig.
"Ihr habt also diese verlogenen und hinterlistigen betrügerischen Mafiaarschlöcher nicht bei euch stehen?" Ihre Stime zitterte so sehr, wie ich sie selbst damals nicht gehört hatte.
"Denen haben wir mächtig in den Arsch getreten." presste Monty sich mit einem Lachen hervor.
"Also Leighton und ich. Die beiden können weder stehen und gehen und Kai hat Arth... Adriano den Gnadenstoß bis zurück nach Italien verpasst."
Ich biss die Zähne zusammen, dachte an den Tag zurück als ich die ganze Wahrheit über Adriano erfahren hatte und daran, wie sehr er mich damit verletzt und zerstört hatte.
Ich hatte ihm vertraut. Er wusste alles über mich, aber mich hatte er Monate lang angelogen, um seinen Namen, seine Familie, sein ganzes Leben.
Der Schmerz war, nun da wir uns wieder gefunden haben, endgültig abgeklungen, aber nichts würde die Gefühle und die bodenlose Scham und Verzweiflung und Wut in mir ausradieren können, die ich damals verspürte.
"Das ist das richtige Passwort, ihr könnt rein."
Erleichtert und mit schwerem Herzen atmeten Monty und ich auf.
Er drückte zögernd die Klinke und öffnete die Tür.
An Cole warf ich ein letztes aufmunterndes Lächeln zurück.
Celine würde sich wieder daran erinnern, dass sie mit ihm wieder fest im Leben stand, dass sie ihm verziehen hatte und das nach nur einem schlechten Anmachspruch.
Monty und ich traten durch die Tür in das abgedunkelte Krankenzimmer.
Celine saß ängstlich zusammengekauert und mit angezogenen Knien auf dem Bett und besah ihren besten Freund und mich skeptisch.
Verwundert blinzelte sie und presste sich noch mehr an das Bettgelände auf der Kopfseite.
"Monty, was hast du mit deinen Haaren gemacht?" fragte sie neben der Spur.
Celine runzelte die Augenbrauen.
Ich schloss die Tür leise hinter mir und betete zu allen Göttern, dass sich das in wenigen Stunden wieder gelöst hatte.
Neben dem aufgeklärten Mord und den Bedrohungen die sich mir damit noch stellen würden, wollte ich mich nicht zwingend um einen großen Gedächtnisschwund sorgen.
"Ich dachte, ich behalte sie in meiner Naturharfarbe, war n spontaner Entschluss."
Monty nahm die Lage lässig. Als wäre er der selbe, wie vor zehn Jahren, schmiss er sich auf einen der Krankenhausstühle und zuckte mit den Schultern.
Die Verwirrung stand Celine noch immer ins Gesicht geschrieben und sie wurde nicht besser, als sie mich in Augenschein nahm.
"Du hast dir deine Haare abgeschnitten Kaileigh und... du siehst irgendwie anders aus. Nicht so als... als..."
Sie schauderte und schüttelte den Kopf.
"Du siehst nicht so aus, als hättest du eben mit Arthur... ähm... Adriano schluss gemacht."
Ich biss die Zähne zusammen und sah flehend zu Monty.
"Das hat sie nicht so sehr getroffen, sie hat ja Leight."
Ich liebte und hasste ihn für diese Bemerkung, aber um sie nicht weiter aus der Fassung zu bringen, war das erstmal genug.
Celine schüttelte sich wieder, sah sich jetzt ein wenig im Raum um.
Ihre Augen waren noch ganz trüb, nahmen die Welt um sie herum in einem anderen Licht war, als dass es die Realität widerspiegeln könnte.
Sie müsste sich ausruhen, nur so würde sich auch ihr Hirn weiter erholen. Der Schock Cole gesehen zu haben und sich nur an seine alte Variante erinnert zu haben, hat den Heilungsprozess unterbrochen.
"Aber... wieso bin ich dann hier? Im Krankenhaus und wieso tut mir mein Bauch so weh?" hauchte sie, beruhigt davon zwei vertraute Gesichter um sich zu haben, die sie nicht anschreien musste.
"Das... das ist eine Geschichte, die wir dir erzählen, wenn du dich nochmal hinlegst."
Ich riss mich aus meiner Starre und machte einen Schritt auf sie zu.
Es brachte mich nicht weit, Celine anzustarren, als wäre sie ein Alien, vermutlich dachte sie das selbe von meinem Blick.
"Ich... ich bin doch gar nicht Müde. Nur traurig. Dieses miese blöde Schwein hat mich angelogen und wollte mir... er wollte mir klar machen, dass er mich wirklich liebt." krächzte sie vollkommen erschöpft.
Cole liebte sie. Cole liebte Celine mit jeder Faser seines daseins und das, seit sie sich wieder begegnet sind.
Ich wollte ihr genau das entgegen wüten, ihr klar machen, dass wir in Salisbury, sondern in Washington waren und dass sie in Cole wieder die Liebe ihres Lebens gefunden hatte.
"Tja, scheint wohl genau so viel Scharade gewesen zu sein, wie seine Identität." säuselte Monty und schwang sich aus seinem Stuhl hoch, um zu Celine zu huschen.
Ganz vorsichtig redete er irgendwelche alten Geschichten auf sie ein und bekam es nebenbei hin, dass er sie ordentlich in die Kissen legte, die ihren Rücken stützten.
Sie war viel zu sehr damit beschäftigt ihm zuzuhören und über seine Worte zu lachen, als das sie mitbekam, dass er sie wieder richtete.
"Monty...?" sie gähnte und hielt sich die Hände vor den Mund.
"Wie kommt es... dass du deine Haare so schnell von Schwarz auf Blond färben kannst?" murmelte sie, kurz davor wieder den schlaf zu finden, den sie nach ihrem schlimmen Erwachen wieder brauchte.
"Und Kai...?"
Ich sog die Luft ein und sah in ihre Richtung. "Wieso bin ich im Krankenhaus?"
Monty nahm die Decke in die Hände und bettete Celine vorsichtig ein.
"Weißt du was?" er klang, als würde er mit einem kleinen Kind reden. "Wir erklären dir alles und beantworten dir jede Frage, wenn du geschlafen hast. Vielleicht weißt du dann vieles schon wieder selber."
Monty stellte sich gefasster an als ich, merkte dass ich mit jedem Wort, dass ich reden müsste zu kämpfen hatte. Er hielt sich unter kontrolle, versuchte sich seine Sorge kaum anmerken zu lassen.
"Gut...Denn ich würde..." Wieder gähnte sie und streckte sich, verzog dann schmerzend das Gesicht und schnaufte. "Ich würde gern wissen, wieso mich meine beste Freundin ansieht, als würde ich jeden Moment sterben."
Ich äugte in die Richtung der Tür und stand kurz davon entfernt einfach aus ihrem Zimmer zu rennen.
Sie wusste nichts mehr. Celine hatte keine Ahnung, dass sie mit dem Tod auf Augenhöhe gestanden hatte.
Auf der einen Seite mochte das gut sein. Doch es war die blanke Folter zu sehen, wie sie nicht bis ins Heute durchschauen konnte, wie sie in den alten Zeiten hing, als wäre es ein zeitweiliges Gefängnis.
"So schaut sie, seit sie hier angekommen ist." witzelte Monty, lächelte Celine trüb an und hatte sie dann an dem Punkt, dass ihre Augen einfach schweigend zufielen.
Wenige Momente sagten wir keinen Ton, dann fing Celine ganz leise an zu Schnarchen und Monty und ich waren uns sicher, dass sie nun definitiv eingeschlafen sein muss.
"Bitte sag mir, dass sie sich wieder erinnern wird." bat Monty mich flehend.
Ich nickte. "Das wird sie. Ihr Kopf muss sich nur erholen. Sobald sie aufwacht, kann es sein, dass sie wieder alles weiß." Hoffnung machte ich ihm keine. Ich war alles andere als eine Ärztin. Es könnte auch sein, dass sie erst in wenigen Tagen zu ihrem alten Ich zurück gelang und wir bis dahin so tun müssten, als hätten wir den größten Plottwist unseres Lebens eben erst erlebt.
Montys Sorge brach nun komplett durch seine aufgelegte tapfere Fassade. Er fuhr sich durch die Haare und schmunzelte dann plötzlich. Seine Augen leuchteten nicht mehr.
"Ich glaube ich sollte mir die Haare mal wieder färben." notierte er für sich selbst und richtete nocheinmal knapp Celines Decke, bevor er auf Abstand zu ihr ging.
"Wir sollten sie schlafen lassen. Nicht das sie aufwacht und uns das nächste mal nicht wiedererkennt."
Schnell schmierte er sich den Mut wieder ins Gesicht, packte mich vorsichtig am Handgelenk und zog mich mit sich aus dem Krankenhauszimmer.
Adriano und Cole warteten auf dem Gang, bei ihnen standen zwei Ärzte.
Adriano redete ruhig auf sie ein, Cole starrte auf den Boden, als würde er gleich sterben.
Eigentlich wollte ich ihm heute noch irgendwann durchgeben, dass Domenico und ich Kathalena und Salice überführen könnten, doch der Plan hatte sich nach dieser Eskapade verabschiedet.
"Sie leben ja noch." einer der Ärzte bei Adriano sah uns überrascht an.
Er hatte diesen typischen Kittel an, wirkte wie grade frisch vom Studium. Sein rechtes Auge wurde von einem Bilderbuch blauem Auge verziert.
Ich musste nicht mal nachfragen, sah es dem jungen Mann schon an der schützenden Haltung an, Celine hatte ihn in ihrem wüten ebenfalls erwischt.
"Mit der da drinnen haben wir täglich zu tun." tat Monty schulterzuckend ab.
"Es bekommt übrigens jeder so n hübsches Veilchen wie Sie, wenn sie als Kerl versuchen ihr zu nahe zu kommen." konnte ich mir den Kommentar nicht verkneifen.
"Rechtlich belangt kann sie dafür auch nicht werden. Sie gilt aktuell als unzurechnungsfähig. Man könnte ihr nicht mal nen Mord anrechnen."
Die junge Ärztin neben dem blauen Auge schluckte heftig. Ihr Gesicht wurde von keinen blauen Flecken geziert.
"Ihr macht dem Personal angst." lachte Adriano und rollte mit den Augen.
"Aber ich hab Ihnen ja versichert, dass die beiden mit ihr klarkommen werden. Celine ist... naja... sie ist..."
"Gestört." ploppte es ohne zu Zögern aus Monty, als würde Celine neben ihm stehen und ihm für diese Bemerkung eine Schelle verpassen, sah er sich zügig um und tappste von dem einen Fuß auf den anderen.
"Sie ist speziell. Hatte es nie wirklich einfach." umschrieb ich Montys Wortwahl wesentlich freundlicher.
Die beiden Neu-Ärzte sahen sich mit einem urteilenden Blick an und wandten sich Adriano zu. Der versicherte ihnen, dass er niemanden sagen würde, gegen wie viele Krankenhausauflagen sie verstoßen hatten, dafür dass sie Celine nicht zurück in ihr friedliches Delirium befördern konnten, nachdem sie ihre Faust ausgeteilt hatte.
"Wie geht es ihr?" Cole löste sich aus seiner Starre, als die Ärzte verschwunden waren.
Monty und ich warfen uns einen stummen Blick zu, der entschied, dass ich das Wort übernehmen sollte.
"Sie schläft. Wir haben es geschafft sie zu beruhigen, oder wohl eher Monty." erstattete ich Bericht und hielt mir die Stirn. "Von ihrem herumtoben muss sie ziemlich Müde gewesen sein, aber trotzdem noch zu aufgewühlt um schlafen zu können." fuhr ich fort und sah Cole tröstlich an.
Er straffte die Schultern, schmunzelte dann ohne jeglichen Glanz in seinen Augen. "Wenigstens eine gute Sache, dass sie wieder ruhig ist."
Adriano tätschelte ihm lächelnd die Schulter.
"Deine zweite Hirnhälfte wird wieder. Sie ist genau so zäh wie du und wird sich in die Gegenwart zurück kämpfen." formulierte er ein paar aufbauende Worte für seinen besten Freund uns sah dann zu mir.
"Wäre Jura nicht dein Ding gewesen, dann bestimmt Ärztin oder Psychologin." schlug er mir vor.
"Ich überlege noch umzuschulen, danke für die Tipps." lachte ich und legte den Kopf schief.
Leighton wollte einfach nicht lockerlassen, mich nach dem Übergriff in einem ruhigeren Job zu sehen, nur weil einmal etwas passiert ist, was auch noch mein Verschulden war, da ich nicht schnell genug von der Tür verschwunden bin.
Auf der anderen Seite hörte sich 'verletzt bei einer Geiselnahme' am Hörer auch ziemlich kontrovers an.
Das änderte aber nichts an meiner Meinung Anwältin zu bleiben. Das könnte höchstens dann knifflig werden, wenn ich Kathalena und die Telarmos mit ihren Machenschaften an die Wand genagelt hatte. Dann müsste ich über Zeugenschutz und einen möglichen neuen Job nachdenken.
"Alternativ kannst du auch im Stardust anfangen, wir brauchen Leute, jetzt da Celine ausgefallen ist." beratschlagte Monty mich munter und zog eine Augenbraue hoch.
Ich verzog das Gesicht.
Adriano schien meinen Gedanken zu lesen. "Ich glaube Kaileigh bevorzugt waghalsige Vergehen im Recht und die rasante Jagt die zu bestrafen."
Ich lachte leise und gab einen zustimmenden Laut von mir.
Ich liebte meinen Job als Anwältin und konnte mich glücklich schätzen in diesem eine gute Stelle bekommen zu haben, in der ich meine Möglichkeiten ohne weiteres ausleben konnte.
"Ja... ich bevorzuge auch nur eine meiner engeren Kontakte an meinem Arbeitsplatz. Ich glaube Kaileigh und Celine in einem Team würden sich aufs Stardust Kontraproduktiv auswirken." witzelte Monty und zuckte locker mit den Schultern.
Dann zuckte er zusammen, als sein Handy irgendeinen deprimierenden und schrillen Song losplärrte.
So schnell er konnte nahm Monty den Anruf an und rollte mit den Augen.
"Ich muss zurück ins Stardust. Meine Abwesenheit ist aufgefallen." bemerkte er und steckte sein Handy wieder weg.
"Der Boss kann Celine und mich gut leiden, aber sieht es nicht gern, wenn wir einfach verschwinden."
Er verabschiedete sich kurz und knapp von uns dreien und hauchte Cole noch etwas Mut zu bevor er aus der Etage eilte und sich zurück auf seinen Arbeitsplatz machte.
"Ich denke wir sollten uns auch verduften." leitete Adriano an und sah hinweisend zu Cole.
Der starrte Celines Zimmertür an, als würde dahinter der Tod auf ihn warten.
Dabei ging es ihr gut, den Umständen entsprechend. In wenigen Stunden würde sie Aufwachen und wieder alles wissen und in spätestens drei oder vier Tagen wäre sie so stabil, dass sie wieder zu Cole könnte.
"Kann... kann ich nochmal ganz kurz..."
"Nein." redeten Adriano und ich ihm zeitgleich aus und bekamen von Cole einen verdutzten Blick.
"Alter, ich wollte nicht zu Celine, ich wollte nur anmerken, dass ich nochmal pissen muss." Er warf die Hände in die Luft und lachte über unsere überraschten Blicke.
"Ich bin nicht blöd, ich weiß dass es nicht richtig ist, sie jetzt zubelagern. Dann hab ich das nächste blaue Auge." erklärte er in aller ruhe, stand auf und schlich den Gang entlang zu den Besuchertoiletten.
Adriano schmunzelte ihm hinterher und steckte die Hände in die Taschen.
"Wie wärs, wir setzen Cole bei seiner Wohnung ab und dann gehen wir etwas essen?" lud er mich ein und blinzelte mir mit seinen grünen Augen zu.
"Die Büroarbeit für heute habe ich fertig, also geht das klar." nahm ich die Einladung an.
Er lächelte und machte einen Schritt auf mich zu, die Hände verschwanden aus seiner Tasche.
Die eine legte sich an meine Wange, die andere schmiegte sich an meine Hüfte.
"Ich glaube ich würde meinen Kopf verlieren, wenn du plötzlich nicht mehr wissen würdest, wer ich bin." murmelte er besorgt. Sein Daumen strich behutsam und sanft über meine Wange.
"In den ersten Wochen, als wir uns wiedergesehen haben, habe ich tatsächlich oft hinterfragt, ob noch etwas von deinem alten Ich existiert." gab ich zu.
"Du warst mir Fremd. So furcheinflößend und machtvoll hast du damals nie gewirkt und doch versteckt sich hinter dieser Fassade immer noch der unsichere und selbstsichere Adriano von damals." 
Adrianos Lippen verzogen sich zu einem seichten lächeln.
Dann küsste er mich kurz und federleicht, so dass ich für einen Augenblick vom Boden abhob und wieder landete.
"So fremd kann ich dir nicht gewesen sein, wenn du meine Nummer zu beginn unter Arthur eingespeichert hast. Damals hast du mir auf die Sekunde vertraut, Kaileigh."
Mir entwichen die Gesichtszüge.
Ich hatte ihm nie gesagt, dass ich ihn in der ersten Zeit so eingespeichert hatte.
"Woher...?"
Die Anwort lag zwischen uns und nachdem Domenico meinen PC gehackt und mein CD-Laufwerk geknackt hat, musste mein Handy nur ein Fingerschnipp gewesen sein.
"Du hast mich von ihm überwachen lassen?"
Panik mischte sich in meine Stimme.
Wenn er Domenico durch mein Handy hat schauen lassen, könnte er von Leighton wissen. Aber würde er von ihm wissen, dann hätte er mich mit sicherheit von sich gestoßen.
Adriano lebte in dem glauben, dass zwischen Leighton und mir keine negativen Faktoren sein dürften, würde er von der Verlobung erfahren, wäre er in allen Lagen der negative Faktor, der das Fass zum überlaufen bringen könnte.
"Nicht direkt. Nur wenn es darum ging, wann du im Büro bist, oder ob du meine Nummer auch wirklich eingespeichert hast."
Als wäre es nichts zuckte Adriano mit den Schultern und grinste wie ein frecher kleiner Schuljunge.
Ich setzte an um ihn eine Standpauke zu halten, gegen wie viele Datenschutzrechtsverodnungen er verstoßen hatte, aber angesichts der Tatsache, dass wir genau so an bestimmte Daten gekommen sind, würde mir das nicht viel bringen.
Deshalb ließ ich es über mich ergehen, dass er mich mit einem zweiten, stürmischen Kuss unterbrach, ohne dass ich vorhatte etwas zu sagen.
"Könnt ihr damit nicht warten, bis ihr mich wieder los seid?" Cole tauchte von der Toilette auf und besah uns stirnrunzelnd und mit seinem schelmischen Grinsen, das ein wenig bis zu seinen Augen durchdrang.
Adriano schmunzelte und nahm meine Hand in seine.
Zu dritt verließen wir das Krankenhaus.
Adriano setzte Cole vor dem luxuriösen Altbau ab, in dem er von nun an wohnen wollte.
Wir beide fuhren durch das teure Viertel zu dem Italiener, in dem Adriano mich vor Monaten gezwungen hatte, ihn zu küssen.
Ich verkniff mir ein lachen, als er auf den Parkplatz parkte und mich mit dem hinweisenden Grinsen besah, dass ich mir verkniff.
"Ich weiß genau woran du denkst." erkannte er auf die Sekunde, als er mir die Tür aufhielt.
"Und ich weiß, dass dir danach war, mich zu schlagen, aber die Liebe hat gesiegt." säuselte er und tanzte an der Tür herum.
Ich lachte und rollte mit den Augen, als ich ausstieg und mich bei ihm unterharkte.
Auf dem Weg zum Eingang verschwand seine muntere Stimmung.
Adriano spannte sich neben mir an und atmete ein paar mal zu laut und tief durch.
Besser wurde es nicht, als wir am Empfang darauf warteten einen Tisch zugewiesen zu bekommen.
Einer der Kellner bemerkte uns und fragte, ob wir bestellt hatten, denn sonst müssten wir mit Wartezeiten rechnen.
Adriano machte mit seiner freien Hand eine gestellte lockere Geste, während ich spürte, dass etwas nicht stimmen konnte.
"Wir haben reserviert. Auf Giulani. Einen der Privattische." zählte Adriano dem Kellner knapp auf und straffte den Rücken.
Ich sah verwundert zu ihm und wartete auf eine Erklärung, die nicht kam, sondern folgen sollte.
Denn offensichtlich schien er geplant zu haben mich zum essen auszuführen.
Das wäre an sich nichts besonderes, aber sonst war es nur der Chinese um die Ecke oder eine Pizza im Hotel.
Da er sich genau diese Kulisse ausgesucht hatte, musste es sich um etwas besonderes und großes handeln.
Der Kellner nickte wissend und bat uns ihm zu folgen.
Ich stemmte die Füße in den Boden.
"Du hast das geplant?" fragte ich ihn verwundert.
Adriano verzog seine Lippen zu einem wehleidigen Lächeln. "Kann... kann man so sagen."
Er stotterte. Ein weiteres Zeichen, dass gleich irgendetwas passieren würde, dass mich auf alle erdenklichen Weisen aus den Latschen kippen lassen könnte.
Skeptisch ließ ich mich von Adriano mit ziehen, durch das große und moderne unitalienisch typische Restaurant und zu einem Gang.
Links und rechts gingen einige Türen ab, wenige von diesen waren offen und enthüllten hübsch dekorierte und rustikal eingeräumte Esszimmer.
Das bedeutete Privattisch also. In einer Atmosphäre zu essen, die dem italienischen Flair wesentlich angenehmer war, als das kühle Restaurant, dem ich den Rücken zugewendet hatte.
"Kaileigh..." Adriano drückte meinen Arm und küsste im gehen meine Wange. "Ich liebe dich und ich glaube das weißt du auch..."
Jetzt machte er mir wirklich sorgen.
"Ich liebe dich auch, aber was zum Teufel hast du wieder..."
Er unterbrach mich mit einem schweren Blick, der mich nicht bis in seine Gedanken vordringen ließ.
"Ich will auch, dass du weißt, dass es mir Leid tut, dass..."
Der Kellner hielt vor einer der Türen und machte sie mit einer eleganten Geste auf.
In dem kleinen Esszimmer dahinter verbarg sich Kathalena.
Sie hatte es sich auf einem der Stühle bequem gemacht und schwenkte mit einem seeligen Lächeln auf den roten vollen Lippen ein Glas Wein.
Ich spannte mich an, Adriano entspannte sich, als seine Schwester aufstand, um uns zu begrüßen.
Der Kellner verschwand wieder, mit der Bemerkung, dass das Essen noch etwas dauern würde, da viele Gäste im Restaurant seien.
"Kaileigh, wie immer eine Freude, dich wieder zu sehen."
Kathalena lud mich mit ihrem scharfen Akzent in den kleinen Raum ein.
Ich sah vernichtend zu Adriano und folgte seiner älteren Schwester an den Tisch.
Schuldbewusst schloss er die Tür und zog mir den Stuhl vor, den ich mir ausgesucht hatte.
Viel Auswahl hatte ich nicht. Es gab nur drei Stühle.
Auf meiner Seite des Tisches saß ich allein, Adriano musste sich neben Kathalena platzieren.
Würde ich dieses Essen überleben, könnte er seine Eier anschließend von seinem verdammten Jaguar kratzen.
"Die Freude ist ganz meinerseits." brummte ich und setzte mich.
Adriano sah mich verzweifelt an, als würde er zu allen Göttern hoffen und beten, dass ich dieses Essen nicht in den Ruin treiben würde.
"Und ganz meiner Seits ist es Gastgeberin zu spielen." trällerte Kathalena scheinheilig und klimperte mit ihren Augen.
So würde sie vielleicht den kleinen Gangster auf der Straße herum bekommen, aber nicht mich.
Ich behielt meine Fassade grade so, dass ich nicht zeigte, wie sehr mir danach war Adriano und seine Schwester das Messer auf meinem Tisch in die Hälse zu rammen.
Überraschend stellte ich dabei fest, dass Adriano meine Besteckgewohnheiten weitergegeben haben musste.
"Eine kleine Aufmerksamkeit, die mir Adriano mitgeteilt hat."
Kathalena deutete auf mein Besteck, als sie meinen Blick mitbekam.
"Möchtest du etwas trinken?" bat sie mir an.
"Wein oder Alkohol scheint wohl nicht dein Fall zu sein."
Sie drehte ihr Glas.
Adriano beobachtete die Situation, als hätte er eben ein kleinen süßen Welpen mit einem großen bedrohlichen Bären zusammen gesperrt.
Nur war seine Ansicht der Rollen eine andere, als meine.
"Das Restaurant ist bekannt für seinen wirklich würzigen Tomatensaft. Den kann ich dir empfehlen. Alternativ natürlich auch Apfel-, Orangen-, oder Kirschsaft."
Ich zuckte innerlich zusammen, bei dem Wort Tomate.
Meine Ablehnung gegenüber diesem Geruch oder Geschmack wurde nicht grade besser. Mir war immernoch nach Kotzen, sobald ich auch nur eine Tomate im Fernsehr saß.
"Ein Orangensaft wäre reizend. Vielen Dank." rang ich mich dazu so freundlich wie nur möglich zu klingen.
Kathalena nickte, stand auf und eilte aus dem Raum. Davor fragte sie Adriano, ob er noch etwas zu trinken haben wollte.
"Ich glaube ich könnte von Glück reden, wenn ich nach diesem Essen noch lebendig einen Fuß aus diesem Raum setzen kann." murmelte Adriano hinter hervorgehaltener Hand und sah mich entschuldigend an.
Ich konnte es ihm nicht verübeln, dass er daran dachte, es in einem Leichensack aus dem Restaurant zu kommen.
"Hast du eigentlich eine Ahnung..." zischte ich los, doch unterbrach mich selbst.
Jetzt wäre der absolut schlechteste Zeitpunkt, um Adriano davon zu berichten wie Domenico und ich die Spirale um Kathalena einigermaßen nachvollziehbar aufgetrieselt hatten.
Im besten Fall würde seine wahnsinnige große Schwester die Pistole zücken und uns beide kalt machen.
Beinahe aus Reflex zuckte meine Hand und legte sich von selbst auf meinen Bauch.
Nicht nur Adriano und ich würden von Kugeln getötet werden...
"Du weißt genau, was ich von ihr halte." berichtigte ich mich und sah Adriano eindringlich an. "Ich denke, sie ist Gefährlich."
Adriano zuckte mit den Schultern, als gäbe es nichts einfacheres.
"Ich denke, dass sie das Gegenteil ist, Kaileigh." säuselte er und griff über den Tisch, um seine Hand an meine Wange zu legen.
Ich lehnte mich zurück.
So gut wie er aussah, so charmant, wie er sich geben konnte. Im Moment standen meine Sensoren nicht darauf, mich von ihn um den Finger wickeln zu lassen.
"Sie hat etwas mit..."
Kathalena schneite mit zwei Gläsern herein.
Den Orangensaft stellte sie bei mir ab, das andere Glas bei Adriano.
"Also, Kaileigh." Kathalena legte die beste Unschuldsmiene auf, die sie aus ihrem Stapel ziehen konnte.
Gelassen nahm sie sich ihren Wein und neigte den Kopf.
"Wie steht es denn aktuell um meinen Bruder? Ich habe gehört, du hast einen ziemlichen Aufstand gemacht, als er es in Catania fast nicht mehr aus dem Bau geschafft hat."
Ich blickte zu Adriano, für den Bruchteil einer Sekunde, dann zu ihr zurück.
Sein Blick verriet mir, dass er ihr genauso wenig von diesem Vorfall erzählt hatte, wie ich und spätestens jetzt sollte er schnallen, dass Salice mit ihr unter einem Hut steckte. Denn genau er hatte uns gehen gelassen.
"Es tut mir wirklich Leid, Kathalena, aber ich darf mit Außenstehenden nicht über laufende Ermittlungen reden. Erst wenn der Fall abgeschlossen ist."
Ich zog die selbe Karte wie sie, spielte die Unschuldige, die Unwissende.
"Und das verstehe ich, aber ich gehöre zur Familie und wie du siehst, habe ich meine Quellen um mein Brüderchen im Auge zu behalten. Das habe ich die letzten zehn Jahre."
Und deshalb wusste sie auch genau, dass Adriano in der Mordnacht seines Vaters nicht zu Hause war, um irgendetwas verhindern zu können.
"Du wurdest für zehn Jahre totgeglaubt." erinnerte ich sie und drehte mein Glas.
"Kaileigh, bitte." mischte sich Adriano ein und sah mich mahnend an.
Kathalena gab ihm zu verstehen, dass meine Bemerkung sie nicht störte.
"Und ich hatte meine Gründe. Hätten die Telarmos gemerkt, dass ich noch am Leben bin, dann hätten sie mich wirklich dem Erdboden gleich gemacht.
Ich war auf Rache aus Kaileigh. All die Jahre habe ich geplant, wie ich sie niederschlagen kann, dafür dass sie meine Familie zerstört haben."
Ich kämpfte regelrecht nicht über den Tisch zu kotzen, so sehr hingen mir ihre falschen Rachegedanken zum Hals raus.
Mit Mühe schaffte ich es mir eine makarbere Bemerkung zu verkneifen.
Sie machte mit ihren angeblichen Widersachern gemeisname Sache und besaß nun auch noch die dreistigkeit uns das Gegenteil ins Gesicht zu schmieren.
Bei Adriano zog ihre Masche, ich behielt einen kühlen Blick, ließ maximal einen kleinen Funken Mitleid übersprudeln.
Das Restmitleid, dass ich damals für Adriano hatte, nachdem er realisiert hatte, was seine Schwester für ihm getan hat, dass sie für ihn gestorben ist. Kurz davor hatte er mir die Wahrheit über sich erzählt.
Ich schüttelte alle alten Tränen von mir ab und konzentrierte mich wieder auf die Zukunft.
Kathalena lebte und saß mir gegenüber. Jetzt wollte sie ihrem eigenen Bruder an den Kragen, für den sie sich damals geopfert hatte.
"Ich bin mir sicher Papa wäre stolz auf dich, so ein Organisationstalent geworden zu sein." murmelte Adriano und nippte mit einem leeren Blick an seinem Glas.
"Er hätte mir ohne zu zögern eine Ohrfeige verpasst. So wie damals, als ich für dich in die Schule bin, um diesem Raccio grün und blau zu schlagen."
In alten Erinnerungen hängend, sah Kathalena zu ihrem Bruder und hielt sich die Wange.
"Ich hätte meinen Scheiß allein klären sollen, das hat er mir damals gesagt. Ich erinnere mich." seufzte Adriano und stellte das Glas wieder ab.
Kathalena schmunzelte. Sie säuselte etwas auf Italienisch und die beiden Geschwister brachen in munteres Gelächter und weiter alte Erinnerungen aus.
In ihren Worten wechselten sie im laufenden ihre Sprachen. Mal redeten sie auf spanisch, dann auf italienisch, nur wenig , so dass ich sie verstehen konnte.
Über all die Jahre hatte ich total vergessen, dass Courazon Giulani, die Mutter der beiden, Spanierin war und Adriano genau so fließend die Sprache seiner Mutter beherrschte, wie meine und die seines Vaters.
Ich dagegen war froh ein paar brocken Französisch zu können.
Die nützen mir gegen mein übles Gefühl an diesem Tisch aber nur wenig und besser wurde es auch nicht, als das Essen auf sich warten ließ und Adriano sich auf die Toilette verabschiedete.
Eisige Luft herrschte, als Kathalena und ich allein in dem kleinen Esszimmer zurückblieben.
Mit purer Gefasstheit drehte sie ihr Weinglas.
Ich besah die in die Jahre gekommene Einrichtung und mied es in ihre Richtung zu schauen.
"Wann hast du vor es ihm zu sagen?"
Hob Kathalena ihre Stimme und deutete mit dem Kinn auf die Hand mit dem Verlobungsring.
"Adriano weiß, dass ich verlobt bin." entgegnete ich ihr kalt.
Sie lachte gestellt und warf den Kopf zurück. "Das ist mir bewusst. Er regt sich immer darüber auf, wenn wir unter uns sind." Die Worte schob sie schnell mit einer Handgeste zur Seite.
"Ich muss mich entschuldigen, Kaileigh."
Ihre Mine verhärtete sich. Jegliche gespielte Trauer und nostalgie verschwand gänzlich aus ihrem Erscheinen.
Jetzt war sie die italienische Businessdame, die mir mit Leichtigkeit das Messer neben ihrem Teller in die Hand stecken könnte, ohne zu zögern.
Mir wurde speiübel. Ohne dass mein Nachwuchs sich rührte.
"Du musst meine Frage falsch verstanden haben. Ich meinte eigentlich, wann du meinem Bruder sagen willst, dass du mit seinem damaligen besten Freund verlobt bist."
Jegliche Prozesse in meinem Körper setzten aus.
"Leighton richtig?" das Lächeln einer falschen und hinterlistigen Schlange nistete sich auf ihren vollen und roten Lippen ein.
"Ihr zwei seid süß zusammen, wirklich. Wenn man nicht weiß, dass mein Bruder dich hinter seinem Rücken fickt."
Als würde sie über das Wetter reden, betrachtete sie ihre Fingernägel.
"Es würde mir das Herz brechen Tränen in diesen treuen blauen Augen zu sehen. Kaileigh, er liebt dich. Das hat er mir selber gesagt, als ich ihn neulich auf seinem Arbeitsplatz besucht habe."
Der Kloß in meinem Hals schwoll an.
Ich war unfähig mich zu bewegen oder etwas zu sagen, mir ging nur eines durch den Kopf: Dieses hinterlistige Mafiamiststück musste umgehend in den Knast und das in den schäbigsten und abartigsten, den es auf dieser Welt gab.
"Leighton findet außerdem, dass du ein bisschen merkwürdig in letzter Zeit geworden bist. Immer kommst du so entspannt nach Hause, hast Geheimnisse vor ihm, lässt dich nicht mehr zärtlich von ihm berühren. Dazu kommen deine Kotzanfälle, fast täglich. Er macht sich sorgen Kaileigh."
Wie die Unschuld in Person flunkerte sie mich aus ihren dunkelbraunen gehässigen Augen an, die binnen Sekunden auf lieb und artig umschalten konnten.
"Kommst du noch einmal in seine Nähe, dann..."
Ich ballte die Hände zu Fäusten, aber hatte nichts, dass ich ihr als Drohung entgegen schleudern konnte.
"Dann was? Steckst du mich hinter Gittern? Wir beide wissen doch, dass du seit meinem Auftauchen weißt, dass ich etwas an dem Tod von Jacopo zu drehen hatte." enttarnte sie das offensichtlichste, das was Adriano nicht sehen wollte oder konnte.
"Solltest du das machen, stutze ich deinem Engel die Flügel. Ich weiß von deinem anderen Geheimnis. Meine Leute haben dich im Blick.
Du bist schwanger Kaileigh. Mit meiner Nichte oder meinem Neffen. Nicht um sonst geht man zwei mal auf die Ultraschallstation in einer Frauenklinik."
Das musste ein Alptraum sein, ein ganz ganz übler.
"Machst du meinem Bruder gegenüber den Mund auf, erfahren er und Leighton von allem. Zusätzlich muss ich den Vater deines Kindes eher in den Bau befördern, als ich angedacht hatte. Und das wollen wir beide doch nicht. Ich habe meinen Bruder lieb, wirklich. Nur du bist mir ein Dorn im Auge. Und diese kleine britische Ratte, die jeden über den Mund fahren muss."
Domenico.
"Ihn wird es auch treffen. Der Junge hat sich genug erlaubt und die Russen zahlen einen guten Preis auf seinen Kopf.
Er hat Talent. Doch ob es ein Fluch oder ein Segen für ihn ist, liegt in deiner Hand, denn ohne ihn wärst du nie soweit gekommen. Ohne seine Dummheit, hätte ich nicht herausgefunden, dass ihr nach Spuren sucht."
Der abgestürtzte Computer war keine Sicherung, sondern eine Falle.
Kathelena wusste, dass wir nach Catania kommen würden, sie wusste, dass wir den Computer durschauen würden, die Briefe, alles. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen.
"Ich wusste, dass es kein Zufall sein konnte, dass die Daten einfach so weg sind." murmelte ich, ließ den Schreck, dass sie mich bewachte, dass sie Leighton vor die Augen getreten war, stumm sacken.
Ich stand in einer Sackgasse. Umdrehen würde mich genau so weit bringen, wie weiter zu gehen.
"Das Anschalten hat einen Tracker ausgelöst und euch direkt in meine Arme gespielt. Nur wollte ich den Spaß noch nicht so schnell zu ende gehen lassen. Flavio hat ganze Arbeit geleistet, Adriano einzubuchten und wieder raus zu holen. Aber eingeschüchtert hat euch das nicht. Nichtmal jetzt siehst du ein, dass du aufhören solltest, wenn deine beste Freundin im Koma liegt.
Deshalb dachte ich mir, früher oder später müssen andere Geschütze her."
Ich lehnte mich zurück, tat so, als würde mir im inneren nicht alles hochgehen, als würde ich nicht jeden Moment über den Tisch spucken.
"Und da du gemerkt hast, dass Cole und Adriano nicht kaputt zu kriegen sind, muss ich her." leitete ich ab.
Kathalena zuckte mit den Schultern.
Ich blickte flüchtig zur Tür und betete, dass Adriano jeden Moment wieder zurück kam.
Dann könnte ich ihn zwar nicht anbetteln, mit mir auf die Sekunde zu verschwinden, aber Kathalena würde es ihm gegenüber nicht Wagen mich zu falsch anzusehen.
"Deine beziehungstechnische Lage und deine Bindungen zu meinem Bruder und Leighton, so wie was ich damit in die Brüche jagen könnte, kamen mir wie gerufen." gab dieses Miststück es auch noch zu, mich zum Spielball in ihrem Plan gemacht zu haben.
"Du verstößt gegen einen Gesetzeskatalog, der Höher ist als deine Absätze, Kathalena." brummte ich und legte die Hände beschützend auf meinen Bauch.
Sie hatte es damals so oft versucht mich in die Enge zu drängen, mir die Zeit mit Adriano zur Hölle zu machen, aber es war ihr nie gelungen. Heute hatte sie es geschafft, mich genau dort zu haben, wo sie mich früher hinschubsen wollte.
"Und was willst du dagegen machen? Vergiss nicht. Ich habe die drei Männer in deiner Hand, die dein Leben aktuell bereichern. Und außerdem Cole. Er lebenslänglich ein Häufchen Elend, wenn die nächste Kugel nicht nur Celines Bauch trifft."
Ich verengte die Augen, versuchte einschüchternde Worte zu finden, aber da gab es nichts. Nichts außer sinnlose beleidigungen, die in dieser Situation mehr als unangemessen wären. Das allererste mal hatte ich das Gefühl nicht unpassend in einem ersten Moment zu reagieren.
Im Gegenteil, dafür dass ich um meine Liebe, meinen besten Freund und um eine gute Seele erpresst wurde, schlug ich mich bestimmt fantastisch, Kathalena nicht gleich auf der Stelle umzubringen.
"Du hast nichts mehr gegen mich in der Hand, wenn ich Adriano und Leighton die Wahrheit von selbst sage."
Das wäre mein eigener Schuss ins Genick, aber die beiden würden von mir die Wahrheit erfahren und Domenico und Adriano blieben auf sicherem und freiem Fuß.
Kathalena setzte an auf meinen Schachzug etwas zu erwiedern, doch im rettenden Moment stieß Adriano wieder zu uns, der fluchen die Tür zu stieß und sich darüber aufregte, dass dieses Restaurant keine Stehtoiletten für Männer hätten und er jetzt versteht, wieso Frauen manchmal Stunden bräuchten, eh sie wieder aus öffentlichen Toiletten auftauchten.
Kathalena lachte beherzt, als hätte sie mir nicht die Pistole auf die Brust gesetzt. Als hätte sie nicht dafür gesorgt, dass entweder sie mich oder ich mich selbst zerstören müsste, so wie Adriano und Leighton, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Über Adrianos gewüte schmunzelte ich, doch ab da an ging dieses fürchterliche Essen in einer unendlichen Länge an mir vorbei. Das einzige was ich noch mitbekam, und das mir einen weiteren Wink gab, wie viel Kathalena über meinen Zustand wusste, war dass es Tomatenrisotto gab.
Es kam beinahe einer Olympiadisziplin gleich, aufrecht sitzen zu bleiben und bei dem widerlichen Geruch in meiner Nase, nicht über sieben Beete zu brechen.
Ich erinnerte mich außerdem noch daran, wie ich Adriano immer wieder hinweisend und flehend ansah, ihm zu verstehen gab, dass seine Schwester nicht so rund lief, wie er dachte.
Aber er war blind, wollte nicht sehen, was sich hinter seinem Rücken abspielte, dass Kathalena und ich alles andere als die besten Freundinnen werden würden, als die er uns sehen wollte.
Dabei hatte er damals alles getan, um mich von diesem Biest fernzuhalten.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt