"Ich weiß nicht ob ich mich in einer Kirche voller Mafiosis wohlfühlen kann." Celine blickte mich aus unsicheren und nervösen braunen Augen an. An ihrer Unterlippe nagend besah sie die beiden Visagistinnen um sich.
"Cole hat wirklich jeden eingeladen, der mit ihm und Adriano und deren Vätern zu tun hatte und das sind nicht wenig." Sie schluckte und gab den zwei jungen Damen das deutliche Zeichen zu warten, bevor sie Hand an ihrem Gesicht anlegten.
"Von meiner Familie kommt grade so ein Bruchteil. Mein Cousin mit seinem Hund und meine Mom. Den Rest der Leute kenne ich nicht."
Celine schloss die Augen, zwang sich ruhig durchzuatmen und sah dann durch das Hotelfenster auf die türkisen Wellen, die sich am weißen Strand brachen.
"Du hast Monty und Helena und Domenico und Leighton und mich." zählte ich zuversichtlich auf und versuchte mich irgendwie gemütlich auf den Sessel in Celines Hotelzimmer zu setzen.
Mit einem riesen Bauch und damit verbundenen Rückenproblemen konnte dies in meinem Status als eigene Kunstart eingetragen werden.
"Helena zählt offiziell nicht, weil nur wir beide von ihr wissen und Domenico kenne ich nur flüchtig.
Leighton sollte seit gestern hier sein, aber ich habe ihn weder gestern beim Essen gesehen, noch heute morgen beim Frühstück." redete Celine sich selber runter und sackte in ihrem pompösen Hochzeitskleid zusammen. Das stimmt allerdings. Ob er es überhaupt vom Flughafen ins Hotel geschafft hat? Insgeheim habe ich gestern Abend und heute Morgen darauf gewartet Leighton seit fünf Monaten wieder zu sehen. Bis auf das, was Celine und Monty mir über ihn berichtet hatten, haben wir nur wenige aber freundschaftliche Worte gewechselt.
"Wie hast du das letzte Woche ausgehalten? So ganz allein als Frau unter einer Horde gefährlicher Männer und dann auch noch als Schwangere und als Partnerin deren Anführer."
hilfesuchend seufzte Celine.
Die beiden Visagistinnen links und rechts von ihr sahen fragend zu mir.
Mit dem doch beachtlichen Happen Italienisch, den Adriano mir in den vergangenen Monaten beigebracht hat, erklärte ich den beiden, dass meine beste Freundin noch einen Moment bräuchte, bevor sie ihre große Verwandlung durchmachen könnte.
Die zwei nickten verständnisvoll und meinten, sie würden vor dem Zimmer warten, bis wir soweit wären.
"Keiner von diesen Männern ist gefährlich und ich war auch nicht die einzige Frau.
Sie haben alle in den letzten anderthalb Jahren viel verloren. Die Soirée letzte Woche und die Hochzeit heute gibt allen einen gigantischen Hoffnungsschimmer."
Celine rollte lachend mit den Augen und ließ sich nach hinten auf das Hotelbett fallen.
In ihrem Hochzeitskleid, den ungemachten zerzausten Haaren und ihrer reinen ungeschminkten Haut wirkte sie weniger wie die Braut, die sich in weniger als drei Stunden traut.
"Du klingst schon wie eine von denen." sie schmiss ihre Arme über den Kopf.
"Und du bald auch." zog ich sie auf.
Celine lachte. "Das bezweifle ich. Cole und ich haben da so unsere Probleme uns gewählt und gebildet auszudrücken. Deshalb wollte Adriano uns wohl auch nicht dabei haben."
Ich legte den Kopf schief.
"Das stimmt sowas von gar nicht." widerlegte ich.
"Ihr zwei wolltet Adriano und mir den Abend in frieden lassen. Damit ich mich in aller Ruhe an seine Reihen gewöhne, nachdem wir einmal quer durch die Welt gesegelt sind. Das waren deine Worte." Ich erhielt einen zustimmenden Tritt von meinen Zwillingen.
"Jaco und Coura haben das genau gehört!"
Celine setzte sich auf, was ein aussah, wie ein Vampir, der aus seinem Grab empor stieg.
"Ich kann es nicht fassen, dass du deine Kinder mit reinziehst!" mit gestellter Verständnislosigkeit riss sie die Augen auf. Ihre Lippen formten sich nun zu einem ehrlichen, munteren Lächeln, dass sogar Licht in ihre blauen Auge brachte.
"Wann ist es überhaupt soweit? Du siehts aus, als würdest du jeden Moment platzen."
Wir beide lachten.
"Wenn ich den Berechnungen vom Arzt trauen darf, dann nächste Woche genau um diese Zeit."
Celines lächeln wurde nachdenklicher, ihre Gedanken schweiften noch weiter ab.
"Cole hat mir erzählt Adriano und du bestehen darauf nicht ins Krankenhaus zu gehen?"
Ich nickte. "Wir wollen keinen Stress. Davon hatten wir im vergangenen Jahr genug. Adriano hat das alte Zimmer seiner Schwester sozusagen zu einem Kreissaal umbauen lassen und die Hebamme hat ihren Zweitwohnsitz direkt daneben."
Der Gedanke meine Kinder in dem Zimmer der Person zur Welt zu bringen, die beinahe für deren Tod gesorgt hätte erfüllte mich mit einem gewissen Unwohlsein. Doch auch war es eine bizarre Sorte von Ironie. Mir war es dennoch wohler, als in einem kalten Krankenhaus zu gebären.
Laut Adriano soll das Krankenhaus von Catania zwar wunderbar sein, aber wir beide waren uns einig ich würde keine Nacht von ihm getrennt sein wollen.
"Das ist echt...echt..." Celine fand kein passendes Wort.
"Ich weiß. Wir zwei haben darüber schon unzählige Male geredet und seine Leute haben uns auch für blöd erklärt." druckste ich und zuckte mit den Schultern.
"Die gleichen Leute, die dir bei dieser Soriee nicht von der Seite weichen wollten, weil sie ihre Hand auf deinen Bauch legen wollten, falls einer der beiden zutritt?"
Die Story hatte Cole ihr auch erzählt?
Die Story hatte Adriano Cole erzählt...
"Adriano ist fast im Dreizack gesprungen. Kaum war er weg, um uns etwas zu trinken zu holen, stand eine neue Scharr um mich herum." erzählte ich ihr kopfschüttelnd und lachend.
"Das glaube ich ihm gern. Ich meine du warst die einzige Frau in diesem Saal."
"Gar nicht wahr. Nach Adrianos Rede und nachdem die Veranstaltung offiziell eröffnet wurde, sind die Frauen von ein paar anderen auch noch aufgetaucht, einige sogar samt Familie."
Celine sah an sich herab, als realisiere sie jetzt erst wer sie war und wieso sie in diesem rustikalen und luxuriösem Hotelzimmer saß.
Ich richtete mein violettes Kleid und rutschte erneut auf dem Sessel herum, bis ich das Gefühl hatte bequem zu sitzen.
"Dann sind wir zwei wohl nicht die einzig Bescheuerten, die uns dieses Leben antun." seufzte sie und besah dann ihren funkelnden Verlobungsring.
Den, den ich damals von Leighton in unserem letzten gemeinsamen Urlaub bekommen hatte, sah da um längen dezenter aus.
Ich trug ihn heute auch. Es verging kein Tag, an dem ich ihn nicht trug und keiner an dem ich nicht an ihn dachte. Ich konnte es kaum erwarten ihn heute wieder zu sehen, mit ihm zu reden.
"Definitiv nicht." bestätigte ich Celines Worte.
Sie stand in einem Schwung von Tüll vom Bett auf.
Erstaunt sah ich ihr nach, als sie zur Tür trat und die beiden Visagistinnen selbstständig herein bat.
Eine von ihnen fragte mich vorsichtig, ob sie mich für den Tag hermachen könnte.
Ich verneinte unter einem erschrockenen Blick meiner besten Freundin.
"Alle sagen, dass mir meine Schwangerschaft super steht, wenn dann noch Make-up dazu kommt, will ich der wunderschönen Braut doch nicht die Show klauen."
Celine lachte.
Jedoch konnte auch an ihr Kleid nichts ranreichen.
Es sah beinahe so aus, wie das Monstrum, dass sie damals zur Prom getragen hat.
Nur war dieses nicht blau, sondern weiß und viel eleganter angelegt und maßgeschneidert.
Ich dagegen in meinem Violetten Brautjungfernkleid würde neben ihr absolut nicht auffallen.
Während Celine für ihren großen Moment fertig gemacht wurde, versank ich in Gedanken.
Verträumt lächelte ich, als mir wirkürlich durch den Kopf ging, wie Wahnsinnig sich Adriano in den letzten Wochen gemacht hat.
So viel stand an, so viel würde noch anstehen.
Vor der Soriee mit den Kollegen seines Vaters hab ich ihn noch nie aufgeregter Erlebt.
Soriees waren im Namen seines Vaters immer groß angesetzt gewesen und um eine festliche atmosphäre aufgebaut. Eine Rede zur Eröffnung war ein Muss, so wie stattliche Kleidung und Etikette. Nichts was Adriano hätte nicht meistern können, aber dennoch rannte er in Kreisen.
Die Rede machte ihn am meisten fertig.
Er war der festen Meinung sie auswendig lernen zu müssen, das sein Vater dies auch immer gemacht hat. Adriano wollte so viel genau so wie Jacopo machen, genau so wie er planen und reden, dass er sich selber damit kaputt zu machen drohte.
"Du bist nicht dein Vater." hatte ich ihm gutmütig zugeredet. "Du wirst vieles ähnlich machen, aber ihn in allem zu kopieren bringt dir keine Punkte."
Von seinem alten Kindermädchen und der Haushälterin des Inesanwesens bekam er genau das gleiche gesagt, plus einen kleinen Klaps auf den Hinterkopf.
Am Ende hatte nicht nur er die Rede auswendig gelernt.
Bruchteile verstand ich bereits, als er begonnen hatte sie zu verinnerlichen, aber danach konnte ich sie auf italienisch mitsprechen und verstand nach ein paar Fragen beinahe jedes Wort.
Die Soriee zielte darauf ab Jacopo Giulani zu gedenken und ihn nach Monatelangem unwissen um seinen Tod endlich gemeinsam in Frieden in den Himmel aufsteigen zu lassen. Dazu gehörte auch nach vorne zu schauen.
Adriano hatte alles gewandt und wunderbar in Worte gefasst und bekam einen so tosenden Applaus, der gar nicht mehr aufhören wollte.
Als Offizieller Erbe des Clans seines Vaters war nachfolgend der Beschluss, dass er diesen auflösen würde.
Also nicht, dass es den Giulani-Clan nicht mehr geben würde. Adriano hatte geschickt geplant und meinte er würde die gerissenen Köpfe und deren Nachwuchs viel lieber in einem transparenten und sicheren Business haben wollen. Somit machte er seinen Clan zum Teil seiner Arbeit.
Wider seinen Ängsten, nahmen alle Beteiligten die Nachricht gut auf und somit würde Celine heute nicht ganz in einer Menge von Mafiosis ihren Tag feiern.
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Deadend
Romance"Was soll ich denn bitte machen, dass über dein Erscheinen von meinen Kollegen als Notfall gesprochen wird. Habt ihr mit Menschen gehandelt und ich soll Spuren verwischen? Habt ihr Gelder hinterzogen? Jemanden ausversehentlich mit einem gezielten Ko...