Adriano musste doch komplett einen an der Waffel haben!
Ich verkniff es mir meine Haare am Frühstückstisch auszureißen und kehrte meine verbliebenen Nerven auf einem Haufen zusammen.
"Das kann doch nicht dein Ernst sein." presste ich zwischen meinen Zähnen hervor.
Kopfschüttelnd starrte ich in meinen Cafe Crema und ballte meine Hände zu Fäusten.
"Wir sind zum arbeiten nach Catania gekommen und nicht um... um..."
Mir fiel kein Wort für das ein, was Adriano mir eben ausgerollt hatte.
Dabei hatte mein Morgen so ruhig angefangen.
Ich hatte friedlich und ohne störende Alträume in meinem Gästebett geschlafen und wurde angenehm vom Rauschen des Meeres geweckt.
In aller ruhe stand ich auf, zog mich um und schrieb, mit kurzzeitig stechendem Gewissen, meinem noch schlafendem Verlobten in den Staaten, dass ich meine erste Nacht in Europa überlebt hatte.
"Kaileigh, es ist nur ein Tag den wir dafür aufbringen." Adriano hing gelassen auf seinem Stuhl und blickte mich an, als sei ich die jenige die ihren Verstand verlor.
Ich blinzelte heftig und schüttelte mich.
"Das kommt trotzdem nicht in die Tüte. Ich werde von meinem Chef nicht dafür bezahlt..." wieder konnte ich nicht weiter reden, da mir Adrianos Vorhaben zu absurd erschien um wahr zu sein.
So absurd, dass ich vom Tisch aufstehen wollte um wieder zurück nach Washington zu fliegen.
"Schon klar." lachte Adriano. "Du wirst nicht dafür bezahlt mit deinen Klienten in einen Wasservergnügungspark zu fahren." sprach er aus, was mir nicht in den Sinn kommen konnte.
"Außerdem habe ich überhaupt keine Badesachen eingepackt!" widerlegte ich und lächelte selbstsicher ihm seinen Plan vereiltelt zu haben.
Adriano jedoch zog die Augenbrauen hoch. "Kaileigh, du weißt dass ich eine große Schwester hatte, die die gleichen Klamottengrößen besessen hat wie du." erinnerte er mich.
"Und ich erinnere dich daran, dass wir hier sind um dem Mord an deinem Vater auf die Schliche zu kommen und nicht um Spaß zu haben!" schimpfte ich und sprang vom Stuhl.
Adriano blieb seelenruhig und schlürfte an seinem Kaffee.
"Dafür haben wir in den nächsten Wochen auch noch Zeit."
Er stellte die Tasse ab und legte den Kopf schief.
"Wir sind auf Sizillien Kaileigh, wir müssen das Wetter hier genießen und auskosten." säuselte er und brachte mich auf den Turm der blanken Verzweiflung.
"Wenn sich diese Reise nur darum dreht, dass du nach langen anstrengenden Wochen im kalten und düsteren Amerika Urlaub brauchst, dann kann ich meine Sachen packen und zurück fliegen." drohte ich und eilte an der langen edlen Tafel zur Tür, die mich zurück auf den prächtigen Gang führte.
"Darum dreht es sich natürlich nicht!" rief Adriano hinter her und stand auf.
"Ich will auch wissen welches Arschloch meinen Vater unter die Erde gebracht hat, Kaileigh."
Ich hielt inne und drehte mich um.
"Was soll dann der Quatsch mit dem Wasserpark?" hinterfragte ich und warf die Arme in die Luft.
Adriano seufzte.
"Das erzähle ich dir, wenn wir unterwegs sind. Versprochen. Aber wir fahren da nicht nur aus Gaudi hin, vertrau mir."
Das scherzhafte Verhalten wich ihm aus dem Gesicht.
"Jetzt setze dich bitte wieder hin und frühstücke fertig." Adriano machte einen Schritt auf mich zu, bittend blickte er mich an.
Ganz allein, an diesem langen Tisch in diesem prächtigen Speisesaal mit einem Blick in den wunderschönen Garten, wirkte Adriano verloren und klein, wortwörtlich einsam und verlassen.
Ich kam seiner Bitte nach und lief zu meinen gedeckten Platz zurück.
"Ab Morgen fangen wir an so zu arbeiten, wie du es dir vorstellst." ging Adriano ein und griff über den Tisch nach meiner Hand.
"Lass uns wenigstens einen Tag von allem um uns herum abschalten. Von der Arbeit, von Verlusten, von einfach allem, deinem nervigen Verlobten so oder so." zählte er auf und lächelte mich an.
Ich sah auf meine ringlose linke Hand und nickte. "Nur heute, in Ausnahme mein Verlobter." gestand ich ein und erwiderte sein Lächeln bestätigend.
Adriano drückte meine Hand erleichtert und zog sie zurück, um sich weiter an seinem Frühstück zu vergreifen.
Ich stocherte verloren in meinem Rührei herum.
"Wir müssen die Mitarbeiter deines Vaters befragen." schmiedete ich einen sinnvollen Plan für die nächsten Tage zusammen.
Adriano nickte. "Verbunden damit können wir uns die Kathedrale in der Innenstadt anschauen." bastelte er zusammen.
Meine Hand donnerte auf den Tisch, auffordernd stierte ich Adriano an.
"Bleib ernst!" wies ich zurecht und schüttelte meine schmerzende Hand.
"Bleib ich doch. Du machst ne Show draus." kicherte er mir entgegen. "Du plant sight seeing und keine Arbeit." entgegnete ich.
"Ich sorge für die Pausenplanung." legte Adriano abwehrend ein.
Ein Schmunzeln wanderte ungewollt auf meine Lippen. "Für die werden wir nicht viel Zeit haben."
Adriano zuckte mit den Schultern und zupfte an seinem Frühstücksgebäck.
"Dann werden wir und die nehmen. Ich werde nicht gestresst von einem Hinweis zum nächsten hetzen." wurde er ernst. "Am Ende übersehen wir Spuren. Außerdem habe ich gesehen, wie sehr deine Augen geleuchtet haben, als du die Stadt gesehen hast. Du kannst mir nicht weiß machen, dass du nichts über sie erfahren willst." hielt Adriano mir schlau vor.
"Okay." gab ich nach.
Mit ihm zu diskutieren tat mir nicht gut. Das hatte ich eben zu spüren bekommen.
"Okay. Ich plane den Arbeitsteil, du den Spaßteil." teilte ich auf.
Zufrieden grinste Adriano.
"Ach übrigens, Pausen brauchen wir auch wegen Domenico. Der hat ne Aufmerksamkeitsspanne von nem Goldfisch." beschrieb er seine helfende Hand. "Wenn der keine Ablenkung hat, kann er problematisch werden."
Ich zog eine Augenbraue hoch.
"Klingt als wäre deine dritte Hand ein kleines Kind."
Adriano nickte. "So kann man ihn gut beschreiben, wie ein kleines Kind."
Er lachte, aber an der Art wie er lachte und wie seine Augen leuchteten, als er über Domenico redete, erkannte ich, dass er in ihm nicht nur einen einfachen Lakeien für seine Zwecke sah.
Adriano und ich planten weiter.
Die Stimmung zwischen harmonierte, wie in meinem Büro, bevor wir uns das erste mal näher kamen.
Wir arbeiteten, beziehungsweise planten miteinander und zusammenfassend notierte Adriano sich unsere Ergebnisse in seinem Handy.
"Bei ein paar freien Tagen können wir bleiben. Minimal die Wochenenden und einen Tag pro Woche, an dem wir etwas nachgehen können, was wir noch nicht auf dem Schrim hatten und herausfinden müssen." brachte Adriano ein.
Zustimmend nickte ich. Einen großteil unserer Zeit hatten wir für Recherchen in dem Kram seines Vaters eingeplant, so wie Mitglieder des Giulani Clans zu befragen. Zumindest die die noch den glauben bewahrten, dass Adriano nicht seinem eigenen Vater einen Kopfschuss verpasste.
"An den Wochenenden bin ich auch nicht verpflichtet zu arbeiten. Nicht mal auf Geschäftsreisen." verriet ich und schabte die letzten Krümel meines Frühstücks zusammen.
"Gut. Dann können wir die auf dem Meer verbr..."
Adriano unterbrach ein lautes Trampeln auf dem Gang.
Ich zuckte und dachte, dass die Polizei einmarschierte, nachdem Adriano wieder einen Fuß nach Italien gewagt hatte.
Doch so ruhig wie er blieb, konnte es nichts besorgniserregendes sein, was durch die Gänge schepperte.
Die Tür, die für die angestellten des Hauses bestimmt war, schob sich leise auf und Mirabella trat in einem gelben Kleid zu uns.
Sie richtete sich auf, wünschte uns einen guten Morgen und setzte an um weiter zu reden.
Wie Adriano eben, wurde auch sie unterbrochen, als die eigentliche Tür zum Speisesaal aufflog. Im selben Atemzug flüchtete die Hausherrin mit schnellen Schritten.
"Yooo! Adriano!"
Ein Junge, nicht älter als sechzehn oder siebzehn wirbelte mit lauten Schritten und einem breiten kindlichen Grinsen in den Saal.
Adriano strahlte und stand auf, um den Jungen zu empfangen.
"Domenico." sprach er und teilte mit ihm einen Handschlag, der einiges an Merkvermögen aufbrachte.
Ich schaute nicht schlecht.
So wie Adriano von Domenico redete, hatte ich eher mit einem... ich wusste nicht mit wem ich hinter der Fassade von ihm vermutete, aber keinen Teenager!
"Alter, du hast in den letzten Wochen echt was verpasst."
Noch schlechter schaute ich nicht, als der Junge in einem einwandfreien britischen Bilderbuchakzent Englisch plauderte.
"In Catania war die..."
Domenico blickte an Adriano vorbei. Er feixte breit in meine Richtung.
"Holaa." rief er aus und raufte Adriano verspielt die Haare.
"Du hast mir nicht erzählt, dass du mit weiblicher Verstärkung anrückst."
Lässig schubste Domenico Adriano zur Seite und hüpfte auf mich zu.
"Ich bin Domenico. Weltweit gesuchter Spitzenhacker." stellte er sich vor und reichte mir die Hand.
Überfordert blinzelte ich den Teenager an.
In seinem ihm viel zu großen schwarzen T-Shirt, der kurzen Hose, knallblauen Socken und unpassenden pinken Schugen, strahlte er pure Energie aus.
"Kai... Kaileigh." Stammelte ich und stand auf. "Anwältin." stellte ich mich ziemlich dämlich vor und nahm Domenicos Hand an.
Er drückte sie und führte sie dann an seine vollen großen Lippen, um meinen Handrücken zu küssen.
Adriano räusperte sich zurechtweisend.
"Ach..."
Domenico ließ meine Hand los und wechselte mit seinen wachen grauen Augen zwischen Adriano und mir.
Er zuckte mit einer Augenbraue und grinste. "So eine Art von Anwältin." erkannte er.
"Ganz bestimmt nicht." stritt ich ab und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ach übrigens!"
Tänzelnd dackelte Domenico zurück zu Adriano und hüpfte vor ihm auf und ab. "Hast du mir was von Hot Topic mitgebracht?"
Ich stutze.
Adriano tätschelte dem Jungen vor sich die Schulter und lachte herzlich.
Bis eben hatte er die Situation stumm verfolgt und amüsierte sich über meinen perplexen Ausdruck.
"Genau das was du mir aufgetrachen hast. Ein Oberteil von My Chemical Romance, n Hoddie von Fall out Boy und eine limitierte Panic! At The Disco LP." zählte Adriano auf.
Ich verkniff mir ein schmunzeln. Entfernt erinnerte Domenico mich mit seinem aktiven Auftreten und der offensichtlich starken Emotendenz an Monty.
"Rück raus Alter!" forderte Domenico aufgeregt.
"Ausdruck, Domenico." wies Adriano ihn streng zurecht, konnte aber nicht anders, als ihn begrüßend in die Arme zu nehmen.
"Ja man. Ich hab dich auch vermisst. War echt langweilig ohne dich." gestand Domenico, dem die Umarmung unangenehm war.
"Kaileigh?"
Adriano löste die Umarmung mit Domenico und wandte sich an mich.
"Du weißt, wie du zurück zu deinem Zimmer kommst?"
Ich nickte.
"Den Gang entlang, durch das Foyer und dann ins Nebengebäude." beschrieb ich.
"Genau. Zwei Türen weiter ist das alte Zimmer von Kathalena. Da kannst du dir das zusammensuchen, was du brauchst." trug er mir auf.
"In zehn Minuten treffen wir uns vor dem Eingang, durch den wir gestern ins Haus gekommen sind."
Ich gab einen zustimmenden Laut von mir und verließ gemeinsam mit Adriano und Domenico den Speisesaal.
"Bis gleich Kaileigh, die Anwältin!" rief Domenico mir munter nach.
Kopf schüttelnd rief ich ein bis gleich zurück und konnte nicht fassen, dass sich hinter dem Hacker-Genie, welches an verstecke Polizeidaten kam, ein Teenager befand, der das Wort Energie definierte.
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Deadend
Romance"Was soll ich denn bitte machen, dass über dein Erscheinen von meinen Kollegen als Notfall gesprochen wird. Habt ihr mit Menschen gehandelt und ich soll Spuren verwischen? Habt ihr Gelder hinterzogen? Jemanden ausversehentlich mit einem gezielten Ko...