30. Are You Nuts?!

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"Sie verarschen mich doch!" blaffte ich die Frauenärztin an, als sie mit ihrer komischen Gerätschaft über meinen blanken eingeschmierten Bauch fuhr.
Ich spürte wie mein Herz ganze dreihundert Schläge schneller schlug.
"Nein, das tu ich nicht, Ms. Beaufort. Schauen Sie selber." forderte sie mich auf.
Kopfschüttelnd weigerte ich mich und stierte in die entgegengesetzte Richtung vom Ultraschallbildschirm.
Unterstreichend hielt ich mir die Hände vor die Augen.
Ich wollte nur noch aus diesem Alptraum aufwachen, der sich seit gestern Schwangerschaft nannte.
"Ich will das nicht sehen." lehnte ich ab.
Ich will nur noch hier raus. Raus aus diesem Behandlungsraum und zu Adriano um einfach zu vergessen dass sich da in meinem Bauch irgendetwas zusammen braute.
"Ms. Beaufort, stellen Sie sich doch nicht so an. Ein Blick kann nicht schaden, vielleicht ändern Sie dann ihre Meinung." redete die Frauenärztin auf mich ein.
Ich biss die Zähne zusammen. Unter meinen Händen schloss ich die Augen und stellte mir vor ganz weit weg zu sein.
Irgendwo in Catania, gemeinsam mit Adriano, dort wo uns keiner etwas anhaben konnte und wo ich für wenige Wochen keine Sorgen im Kopf hatte.
"Nur wenn Sie Ihre Meinung ändern und diesen schlechten Scherz zurück zu nehmen."
Ich schielte zwischen meinen Fingern zu der Ärztin, die von meiner Einstellung genervt reagierte.
Die Ärztin, die sich mir als Dr. Alons vorgestellt hatte, lachte dennoch.
"Ich kann schlecht zurücknehmen, was ich sehe." ging sie auf meine Worte ein.
Seufzend rieb ich mir über das Gesicht.
"Bis zu der wievielten Woche darf ich Abtreiben ohne dass man es mir rechtlich ankreiden kann?" ging mir spontan die Frage durch den Kopf.
"Sag mal Kaileigh geht's noch?" Celine saß auf einem Stuhl in der Ecke des Zimmers und erklärte mich für meine Idee als Bescheuert.
"Du schaust jetzt auf diesen beschissenen Bildschirm oder ich reiße dir die Augen aus und zwinge die da hoch zu starren." drohte sie mir brutal an.
"Sie sagen ihr nicht bis wann sie abtreiben kann." kommandierte Celine die Ärztin herum.
Hinter geschlossenen Lidern rollte ich mit den Augen.
"Okay, Kai wir machend das anders."
Ich hörte ihre Absätze über den gefliesten Boden klappern. "Ich lass dich erst hier raus, wenn du einen verdammten Blick auf die Ultraschallaufnahmen gemacht hast. Sonst bringe ich dich nicht zu Adriano."
"Dann fahre ich mit der Straßenbahn." protestierte ich, nahm die Hände von den Augen und öffnete sie so, dass ich nicht auf die Aufnahmen von dem Leben in meinem Bauch schauen musste.
Laut Dr. Alons war durch meinen Alkoholkonsum bisher noch kein Schaden zu sehen, aber wahrscheinlich würde man das erst klar sagen können, wenn...
Ich wollte gar nicht daran denken, an dieses wenn...
"Ms. Beaufort, bitte. Überwinden Sie sich. Ich bin mir sicher Sie haben Ihre Gründe sich so aufzuspielen, aber vielleicht ändern sich diese ja." redete mir die Ärztin gut zu und tätschelte meine Schulter.
"Kaileigh, außerdem willst du nicht zu einer Kindermörderin werden. Das bist du nicht." vertrat Celine ihre Meinung.
Ich holte tief Luft und drehte meinen Kopf von der kahlen weißen Wand weg, dorthin wo ich mir seit Minuten verkniffen hatte draufzuschauen.
Auf dieses Bild von dem Innern meines Bauches in dem sich zu allem Überfluss nicht nur ein Baby entwickelte, sondern gleich zwei.
Gottverdammte Zwillinge, die musste Adriano mir bringen.
Als wäre eines dieser Dinger nicht schon genug um mein ganzes Leben außer Gefecht zu bringen.
Zwei kleine Flecke wurden auf dem Bildschrim angezeigt, wie sie sich so in mir befanden, zu Menschen wurden.
Wenn ich es denn zuließ.
"Ich will sie nicht. Keine Zwillinge."
Meine Meinung änderte sich nicht.
Wenn es nach mir ginge, dann säße ich am besten gestern Abend schon in der nächstbesten Abtreibungsstation und wäre wieder allein in meinem Körper.
Doch auf bestehen und drängen von Celine hatte ich mich davon überzeugen lassen, dass sie mir diesen Termin aufdrängte und ich dann, wenn ich gesehen hatte, was da in mir war, entscheiden sollte.
Wenn sie nicht darauf bestanden hätte mitzukommen, dann wäre ich vermutlich nicht mal zu diesem verfluchten Termin erschienen. Ich hätte mich wie geplant vor gut einer halben Stunde mit Adriano getroffen und so getan, als wäre alles wie immer. Als wäre ich ganz sicher nicht schwanger von ihm.
Aber jetzt, als ich... diese heranwachsenden Menschen sah, sah wie sie zusammengekauert in meinem Innern darauf warteten, das Licht dieser Welt zu erblicken.
Es erschien mir wie ein schlechter Scherz.
Ein Scherz bei dem ich hoffte, dass er einfach verschwand. Dass er nicht mehr da war, wenn ich die Augen schloss und sie wieder öffnete.
Doch egal wie oft ich das versuchte.
Ich wäre immer noch schwanger und ich wäre immer noch potentielle Mutter von Zwillingen.
"Denken Sie mal ganz genau darüber nach, Kaileigh. Eine Abtreibung hätte weitreichende Folgen für Sie und Ihren Körper. Außerdem beenden Sie Leben. So etwas sollte man nicht binnen Minuten entscheiden. Denken Sie darüber ganz genau nach." wurde gut auf mich eingeredet.
"Der Doc hat recht Kaileigh. Denk da ganz genau drüber nach. Wir finden eine Lösung für Leighton und für Adriano." Celine sollte doch dahinter stehen, dass ich diese Plagegeister loswerden sollte. Das wäre die perfekte Lösung für Leighton, Adriano und mein gesamtes Leben!
Scheu, flüchtig, wagte ich einen erneuten Blick auf das Ultraschallbild, doch behielt meine Augen darauf gerichtet.
So wie ich atmete, so wie mein Herz schlug, so veränderten sich auch die Positionen und Lagen der beiden kleinen Flecken auf dem Bild.
Aus Neugier, um zu sehen was passieren würde, hielt ich die Luft an.
Für einen Moment wurde auch auf den Aufnahmen alles ruhig.
Die Ärztin fuhr mit dem Gerät eine weitere Runde über meinen Bauch.
Ganz langsam, wie in Zeitlupe bewegten sich die Kleckse, obwohl ich die Luft anhielt, mich nicht bewegte.
Wider meinem Herzschlag zappelten sie in ihrem eigenen Rhythmus.
Sie lebten in ihrem eigenen Takt, fernab von dem Chaos dass sie mir brachten.
"Ich würde sagen, dass wir so verfahren werden Ms. Beaufort: Ich werde Ihnen eine Aufnahme ausdrucken, Ihnen einen weiteren Termin geben und sollte sich Ihre Meinung bis dahin wirklich nicht geändert haben, gebe ich Ihnen eine Adresse, an die sie sich wenden können." empfahl mir Dr. Alons.
Ich bis mir auf die Unterlippe und nickte. Hing dabei mit meinen Augen auf dem Bildschirm.
"Und Sie als beste Freundin passen auf, dass sie sich nicht zu voreilig entscheidet." redete Dr. Alons auf Celine ein, die sich diesen Worten sofort annahm.
"Dafür werde ich auf jeden Fall sorgen." bestärkte sie und nickte heftig.
"Gut." Die Ärztin drückte einen Knopf an ihrem Gerät. Keine Sekunde später verschwanden die Aufnahmen von... von meinen Zwillingen.
"Ich werde Ihren Bauch noch sauber machen, dann sammeln Sie sich in aller Ruhe und kommen raus."
Dr. Alons griff nach einer Rolle Küchenpapier und wischte mir mit ein paar Lagen das kühle Gel von der Haut.
Die Ärztin verließ, gefolgt von Celine den Behandlungsraum. Eindringlich besah sie mich dabei, als würde sie meinen Gedanken einer möglichen Abtreibung austreiben wollen, wie einen bösartigen Dämon.
Dabei wäre es am Ende meine Entscheidung.
Keiner konnte mich dazu zwingen, Mutter zu werden. Keiner konnte mich drängen die beiden Embryos nicht los zu werden oder der Wissenschaft zu spenden.
Belämmert richtete ich mich von der Liege auf und zuppelte mein Oberteil zurecht.
Hier gingen tagtäglich schwangere Frauen mit ihren Lebenspartnern ein und aus. So weit ich es abschätzen konnte, war ich die einzige die allein gegangen ist. Wenn ich Celine nicht mitzählte, die mehr dazu da war mich an Händen und Füßen hier rein zu zerren.
Vermutlich konnte diese Frauenklinik an der Hand abzählen wie viele von ihren Patientinnen eine Abtreibung begingen.
Eine Horde glücklicher Mütter mit Kinderwagen streiften durch den Kunstvoll angelegten Garten, als ich mit Celine das Gelände überquerte um ins Gebäude zu kommen.
Alle hatten sie keine Probleme mit außerbeziehung entstandenen Kindern, die einem das Leben vermasseln könnten.
Anscheinend hatten sie auch keine Angst ihre Freiheit und Unabhängigkeit abzugeben, die mit einem Kind verloren ging.
Ich schwang mich von der Liege auf die Beine und warf dem ausgeschalteten Ultraschallgerät einen letzten bedächtigen Blick zu.
Kaum zu glauben, dass so eine Maschine Einblick darüber gewähren konnte, wie es in mir aussah. Was sich in meinem Bauch zwischen den dargestellten weißen Klecksen abspielte.
Celine wartete mit dem fertigen Bild und meinem nächsten Termin in der Hand an der Wand gegenüber der Tür aus der ich trat.
"Lass uns von hier verschwinden." murmelte ich mit meinen Gedanken abwesend und schlich an den schwangeren, werdenden Müttern vorbei zur Garderobe, um mir meine Jacke abzuhängen.
Ich warf sie mir über die Schultern und verschwand durch die Tür von der Station, bevor meine beste Freundin zu mir aufholen konnte.
"Kaileigh, du solltest dir das wirklich überlegen. Schau mal, die kannst du doch nicht töten lassen."
Im gehen hielt sie mir das Ultraschallbild vor die Nase.
Aus Reflex nahm ich es, musterte es einen langen flüchtigen Moment und steckte es in meine Jackentasche.
"Du solltest dafür sein, dass ich versuche mein Leben auf die Reihe zu kriegen." brummte ich und eilte die Treppen herunter.
"Das bin ich auch. Nur nicht so. Kaileigh, ich hab gesehen wie du den Bildschirm angestarrt hast. Du wirst sie nicht abtreiben lassen, das weiß ich." bildete Celine sich felsenfest ein.
Ich lachte.
"Dann sag mir auch, ob du weißt, wie ich das meinem Verlobten und Adriano klar machen soll?" Ich blieb mitten auf der Treppe stehen und drehte mich zu ihr um.
"Wie soll ich Leighton klar machen, dass ich schwanger bin, wenn für uns beide Kinder vorerst abgeschrieben und die nicht seine sind? Wie soll ich Adriano, der seine Freiheit liebt und lebt klar machen, dass da in mir etwas ist, was ihm genau das nehmen wird?" keifte ich auffordernd an.
"Kaileigh, beruhige dich."
Tröstend wollte Celine mir die Hand auf die Schulter legen.
Ich schlug sie weg.
"Das werde ich, wenn diese kleinen Monster los bin!" wetterte ich, drehte mich von ihr weg und raste die Treppen runter, durch das Foyer und raus aus dieser verfluchten Klink voll mit Frauen, die ihr Leben perfekt im Griff hatten.
"Kaileigh!" plärrte Celine mir nach.
Ich steuerte auf ihren Wagen zu, drehte mich nicht erneut um.
Es reichte, dass ich sie die nächsten Minuten, während sie mich zu Adriano fuhr, noch neben mir sitzen hatte.
"Verdammt komm runter, Kai. Das sind keine Monster, das sind Babys, deine Babys. Das sind kleine atmende, lebende Babys, die irgendwann einmal stehen und gehen werden, nicht irgendwelche verdorbenen Lebensmittel, die man mal so schnell ohne schlechtes Gewissen weg werfen kann." beschrieb sie mir, als sie zu mir aufgeschlossen hatte.
Ich sah an ihr vorbei zu dem Garten mit den Kinderwagen und den Müttern und Vätern.
"Ich verstehe, dass du dir sorgen darum machst, was Leighton und Adriano sagen werden, wie sie reagieren, aber es geht im Moment viel mehr um dich, als darum was die beiden denken. Du musst jetzt an dich denken, was sich für dich richtig anfühlen wird. Unabhängig von dieser scheiß Situation."
"Kannst du einfach deinen Wagen aufschließen? Ich will weg von hier." murmelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Celine setzte an um mir weiter ins Gewissen zu reden, doch sie unterbrach sich selbst und kam meiner Bitte nach.
Ich stieg auf den Beifahrerplatz, schnallte mich an und versenkte meine Hände in den Taschen.
Das Ultraschallbild geriet zwischen meine Hände. Kurz spielte ich mit dem gedanken es zu zerknüllen, es aus dem Fenster zu werfen, aber ich konnte nicht.
Da war so eine schwelle in meinem Kopf, so eine Stimme, die mich davon abhielt.
Es war die selbe, die einen daran hinterte einfach die Hand an einen Stromzaun zu legen oder die Finger in den Handmixer zu stecken um zu schauen was passieren würde.
Mir war, als würde sie mich davor bewahren eine ganz blöde Dummheit zu begehen.
Anstatt es also wie Müll weg zu werfen, nahm ich das Bild aus meiner Tasche und betrachtete es skeptisch.
Celine parkte in der Zwischenzeit aus und fuhr vom Gelände.
"Adriano scheint mächtig unter Druck gestanden zu haben, wenn es gleich zwei geworden sind." scherzte Celine im wirklich unpassendsten Moment, den es geben konnte.
Mir schlich sich dennoch ein schmunzeln aufs die Lippen.
"Apropos, wo soll ich dich absetzen?" fragte sie mich.
Ich zuckte mit den Schultern.
Bevor ich zur Untersuchung rein musste, hatte Adriano mir geschrieben, dass er unseren Plan für heute geändert hatte, wie der nun aussah wusste ich also nicht mehr.
Ich steckte das Ultraschallbild zurück in meine Jacke und kramte mein Handy hervor.
"Zur CityCenter Mall." gab ich Celine Anweisung und runzelte mit der Stirn, als ich Adrianos Nachricht erneut las.
"Wow. Die Luxus Mall. Er hat wohl heute großes mit dir vor." grinste Celine.
"Ich hoffe du hast deinen Kontostand geprüft, denn der Tag wird teuer für dich." hing sie hinzu und fuhr ab auf die Stadtautobahn.
Ich lehnte mich zurück und starrte aus dem Fenster.
"Adriano lässt mich nicht zahlen. Das beste für heute wäre es, wenn ich mir eine Scheuklappe anlege, damit ich keine Sache zu lang ansehe und er der Meinung ist, dass ich etwas haben will." murmelte ich.
"Cole ist da nicht anders. Ich glaube so viele Michael Kors Handtaschen, wie ich jetzt habe, davon können unzählige Frauen träumen." erklang sie Stolz auf ihre Errungenschaften.
Ich lachte leise.
"Ich will aber nicht, dass er wegen mir Geld ausgibt."
Celine machte einen unangetanen Laut.
"Er hat aber genug, um es los zu werden. Du solltest dich deswegen nicht schlecht fühlen."
Ich dachte dabei nur an die teuren Sandalen, die Adriano mir geschenkt hatte.
Sie lagen, seit ich sie das erste mal richtig anhatte, ganz unten in meinem Schrank vor Leighton versteckt.
"Das tue ich aber. Ich meine wie soll ich Leighton erklären, dass..."
Celine unterbrach mich.
"Wenn wir über Adriano reden, dann wird das Thema Leight zu einem großen Tabu. Du kannst dich nicht mit ihm treffen und an deinen Verlobten denken." machte sie mir klar.
"Bis gestern sollte ich doch nur an ihn denken." brummte ich.
"Bis gestern sollte ich auch noch nicht von eurer geheimen Nummer erfahren, also von deiner und Adrianos." hielt sie dagegen.
"Da sieht man mal, wie schnell sich die Dinge ändern." säuselte Celine und summte das Lied im Radio mit.
"Wie recht du hast." kommentierte ich leise, griff mit starren Fingern nach dem Bild in meiner Jacke und legte die andere Hand abtastend auf meinen Bauch.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt