„Lächle" ermahnte ich mich stumm und besah mein Spiegelbild.
Celine hatte mit ihrem Make-Up ganze Arbeit geleistet die Augenringe der letzten Tage zu verdecken. Ich sah aus wie ein völlig andere Kaileigh. Wie eine aus ihren guten Tagen.
Die vergangene Woche haben Adriano und ich in vollen Zügen genutzt. Wir sind für zwei Tage nach Washington gefahren, ich habe ihm meine zukünftige Universität gezeigt, das Studentenheim, in das ich mit meinen Freunden ziehen werde. Gemeinsam haben wir uns die Stadt angesehen, versucht uns innerlich auszureden, dass Tage wie diese nach dem heutigen Abend nur noch in unseren Erinnerungen Existieren würden.
Der Trip nach Washington sollte uns beiden dazu dienen uns abzulenken. Aber so richtig wollte das nicht gelingen. Zum einen weil dies die Stadt ist, in der ich meine Zukunft sah, zum anderen weil wir ununterbrochen von verdeckten Bodyguards im Auge behalten wurden.
Zurück in Salisbury wurden wir sofort voneinander getrennt. Noch als wir aus dem Zug stiegen hatte Adriano kaum die Chance sich von mir zu verabschieden.
Zu groß hätte die Chance sein können, dass uns einer der Telarmos in der Stadt gesehen hatte. Um übergriffe zuvorzukommen empfing Adriano eine Armee an Personenschützern.
Die letzten beiden Tage verbrachten wir bei mir zu Hause.
Da meine Eltern den Schreck ihres Lebens erfahren würden, wüssten sie über die wahre Identität meines Freundes und dass er rund um die Uhr beschützt werden sollte.
Vor der Tür reihten sich deshalb die Fahrzeuge nur so und öfters als sonst streiften Spaziergänger und Fahrradfahrer die Wege.
Meine Eltern bemerkten, dass Adriano und mir etwas auf dem Magen lag. Aber wenn er mit uns am Tisch saß, versuchten wir mit den banalsten Themen die unruhige Stimmung zu füllen, so dass Mom und Dad nicht auf den Gedanken kamen, uns auszufragen.
Ihnen fiel aber wenigstens auf dass in den vergangenen Tagen mehr auf unserer Straße los war als sonst.
"Einige Bundesstaaten haben jetzt schon Sommerferien, da werden bestimmt Familien zu Besuch und im Urlaub hier sein." vermutete Mom gestern Abend beim Essen.
Dass Salisbury nicht grade zu den Touristenhochburgen in Maryland zählte, sollte meiner Mutter doch zu denken gegeben haben. Immerhin lebte sie fast ihr ganzes Leben lang hier.
Das nahm das genau so locker.
Adriano und ich waren erleichtert, dass sie uns nicht darüber ausfragten."Wenn du nicht aussehen würdest, als müsstest du jeden Moment losheulen, könnte man fast schon meinen, das dass heute die perfekte Prom wird." seufzte Celine und besah mich im Spiegel.
"Lächle" zischte ich mir erneut im stummen zu, aber meine Mundwinkel wollten mir nicht gehorchen.
"Als würdest du dich nicht auch zusammenreißen müssen." schnaufte ich und drehte mich zu ihr.
Celine saß von ihrem endlosem Make-Up Sortiment umgeben am Boden und versuchte sich vor ihrem gigantischen tragbarem Schminkspiegel Eyelinder auf das Lid zu ziehen.
"Ich bin Emotional beinahe unantastbar." behauptete sie strikt von sich selbst und sah zu mir hoch. Doch in ihren Augen schlummerte das selbe Unheil, wie in meinen.
Wir beide würden heute eine Menge verlieren und eine Menge Tränen vergießen.
"Wann wollten die beiden hier sein?" fragte ich und wendete mich meinem Abbild zu.
Noch saß ich in meinen Alltagsklamotten.
Meine Augenlider schimmerten in einem dunklen rot und einem Roseton und würden somit perfekt zu meinem Kleid passen.
Celines Gesicht schimmerte nur so vor Highlighter und hellblauem Lidschatten, den sie perfekt und aufwendig auf ihr Kleid angepasst hatte.
"In ner Stunde und kurz davor wollten Leighton und Monty auftauchen."
Ich verkniff es mir ein weiteres mal zu Seufzen.
Seit meinem Geburtstag und seit dem die Wahrheit über Adriano und Cole ans Licht kam, würden die vier heute zum ersten mal wieder aufeinander treffen.
Über einen Anruf von Adriano hatten beide die ganze Geschichte erfahren.
Er wusste dass die beiden seins und Coles Leben verkürzen würden, hätten sie alles Persönlich von ihm erzählt bekommen.
"Das kann ein spaß werden." murmelte ich und drückte mich von meinem Schreibtisch hoch.
"Du hast meinen Boden jetzt genug vollgeglitzert?"
Ich deutete auf die Puderwolke und dem Highlighterstaub, der noch um meine beste Freundin tanzte.
Auf ihrem Kopf thronte ein silbernes Diadem, um dass ich ihr ihre Haare so prinzessinenhaft gesteckt hatte, wie nur möglich.
Im gegensatz dazu hatte Celine mich frisiert.
Aber bei weitem nicht so pompös und auffällig.
Meine Haare hatte sie zum Teil in einen lockeren Dutt gesteckt und den Rest gelockt.
Einfach und simpel gehalten, ganz wie mein Kleid.
"Der Glitzer verdeckt meine innere geschundene Seele und es sieht super aus und passt zu meinem Kleid."
Celine deutete mit ihren hellblau lackierten Fingernägeln auf mein Bett.
Auf diesem türmte sich ihr Traum aus Tüll, den Cole ihr spendiert hatte, plus dem Diadem und den Diamantenschuhen, die beinahe aussahen, als haben die beiden Cinderella beklaut.
Ihr Kleid verhalf den Accessoires nur noch zur Spitze.
Es war hellblau und besaß einen aufgebauschten glitzernden Rock mit weißen besteckten Blüten-Ornamenten.
Beim bloßen Ansehen schrie das Kleid sündhaft teuer und von hoher Qualität. Aber Celine hatte es im Laden gesehen und sich auf den ersten Blick darin verliebt. Cole legte ihr das Geld bereit und suchte nach dem passendem Zubehör.
Ich warf Adriano nur einen mahnenden Blick zu. Sollte er auch nur einen Cent meines Kleides bezahlen, würde ich ihm all das Geld, dass er in dem letzten halben Jahr für mich ausgeben hat von mir zurück bekommen. Da ihm das noch weniger passte, als mit mir darüber zu diskutieren ob er mir mein Kleid zahlen sollte, hielt er den Ball flach und ließ mich alles bezahlen.
Das einzige, dass die beiden Jungs noch nicht wussten, war wie Celine und ich in den Kleidern aussahen.
Das sollte ein Geheimnis werden. Sie wussten ja immerhin schon was wir anziehen würden, mit dem Rest mussten sie sich gedulden.
"Dein Glitzer versaut mir aber den Fußboden."
Ich zog meine Schranktür auf.
Mein Kleid fiel mir sofort in den Blick.
Es war ordentlich in seiner Folie verpackt und wartete nun darauf, dass ich es anzog und meinen Aufzug vervollständigte.
Dunkelrote Spitze würde sich über meinen Busen erstrecken ehe der Roch locker an meiner Taille herunter fiel und dabei der Stoff vorne über meinen Knien endete und hinten beinahe den Boden berührte.
Es erinnerte mich an das Kleid, dass ich zum Homecoming getragen habe und somit an den ersten Tanz, den ich mit Adriano geteilt habe, bevor wir überhaupt zusammen gekommen sind.
"Ich zuerst. Du weißt, wie lange ich im Laden gebraucht habe, eh ich richtig in dem Ding gesessen hab." drängelte Celine, sprang aus ihrem Lager an Kosmetik auf und stürzte zu ihrem Cinderella Kleid.
Ich rollte lachend mit den Augen.
"Ich brauche keine zwei Minuten, dann kann ich dich zurecht schnüren."
Sie schüttelte den Kopf. "Vergiss es. Ohne dich komme ich in das Kleid nicht mal rein."
Sie hob das Kleid vom Bett und drückte es mir an den Ärmeln in die Hand.
"Halt das mal."
Keine Sekunde später entledigte sie sich ihrer Alltagssachen.
Ich stierte an die Decke und zuppelte nebenbei das Kleid so, dass sie nur noch reinsteigen müsste, denn das wäre noch der einfachste Part an diesem Monstrum.
Gute und ganze zwanzig Minuten schnürte ich dann noch an ihrem Rücken herum, eh das Muster der Bänder vernünftig aussah und Celine richtig drin saß ohne das etwas zu viel ruckelte und wackelte.
"Leighton und Monty kommen ja schon in fünf Minuten!" Celine schlug mit einem Blick auf die Uhr die Hände über ihrer Prinzessinenmähne zusammen und blickte zu mir.
"Du hast dein Kleid noch nicht mal an!" fiel ihr galant auf.
Ich zog eine Augenbraue hoch, zeitgleich klingelte es an der Haustür.
"Ich geh schon!" Celine stolperte in ihrem Tüllmonster aus meinem Zimmer.
Ich schlug die Tür hinter ihr zu und nutzte die Zeit, die sie, Leight und Monty mit meinen Eltern im Flur vorbeiplauderten, um mich umzuziehen.
Den Reißverschluss bekam ich ohne große Mühen selber zu und meine schwarzen flachen Schuhe standen neben meinem Schrank.
Sollte ich heute Nacht unter Tränen zusammenbrechen, dann wollte ich wenigstens auf meinen eigenen Füßen aus dem Flughafen stolpern und nicht meine eigenen Absätze dabei abbrechen.
Den ganz egal wie wunderbar dieser letzte Abend werden würde, sein Ende wäre in allen Richtungen das ganze niederschmetternde Gegenteil.
An meiner Tür klopfte es.
"Komm rein Leight." rief ich ihm zu.
Von meinen Freunden war er der einzige, der klopfte.
Adriano, Celine und Monty, wenn er mal hier war, rissen die Tür zu meinem Zimmer auf , wie es ihnen passte.
Leighton schob die Tür zögerlich auf und schielte in mein Zimmer.
Seine Augen weiteten sich bei meinem Anblick und ein Lächeln fand sich auf seinen Lippen wieder.
"Geht es dir gut?" Oder zumindest so gut, wie es dir damit gehen kann?"
Er wagte die Wahrheit nicht auszusprechen, dass Adriano, einer seiner engsten Freunde, ihn das ganze vergangene Jahr um ziemlich viel belogen hat.
Ich zuckte die Schultern. "Ich würde nicht sagen, dass es mir gut geht, aber ich habe Lage verarbeitet."
Das hatte ich nicht. Kaum hatten Adriano und ich uns in den letzten Tagen verabschiedet, liefen meine Tränen in Wasserfällen aus den Augen und wollten nicht mehr aufhören.
Der Gedanke morgen Früh aufzuwachen und weder eine Nachricht noch einen Anruf von ihm erwarten zu können erschwerte mir mein Lächeln gegenüber Leighton nur noch mehr.
"Du kannst mir die Wahrheit sagen, ich reiße ihm so oder so den Kopf dafür ab, dass er und Caleb uns so hintergangen und dich an deinem Geburtstag so verletzt haben."
Leightons Augen trübten sich.
Ich starrte auf den Boden.
"Er hätte auch an jedem anderen Tag entführt werden können."
Leighton um Coles Namen zu berichtigen hätte ihn nur noch mehr aufgewühlt.
"Dass es dann genau an meinem Geburtstag war, konnte keiner vorher sagen."
Ich lächelte nun wieder, versuchte die Stimmung zu heben und mir einzureden, dass das heute die Prom werden würde, auf die ich mich seit Beginn der High School freute.
In meinem glitzernden Traumkleid, die Haare wunderschön gerichtet, Ohrringe, die mir bis zur Schulter reichten, einen Freund an meiner Seite, bei der alle Mädchen in meinem Umfeld auf der Tanzfläche neidisch werden.
Nur glitzerte mein Kleid nicht und ich hatte auch keine elenden langen Ohrringe.
Dafür aber Adrianos Kette.
"Tu mir einen gefallen Leighton." forderte ich von ihm.
"Was auch immer du von mir verlangst, Kai." ging er mit einem schelmischen schmunzeln ein.
"Versuch dich daran zu erinnern, wen die beiden, vor allem Adriano, aus dir gemacht haben, was ihr alles für Blödsinn gemacht habt und vergiss für heute alles schlechte."
Empörung schoss durch die Augen meines besten Freundes.
"Genau so und nicht anders habe ich die letzten Tage überlebt." Vielleicht würde ihm das helfen, wenn ich meine Bitte auf mich reflektierte.
"Sobald die beiden im... im Flugzeug sitzen kannst du wütend und sauer sein wie du willst, aber lass uns diese Prom nicht voller Wut und Hass und Verzweiflung verbringen. Wir haben so lange auf diesen Abend gewartet."
Leightons Blick wendete sich nachdenklich von mir ab.
Was ich von ihm abverlangte war eine Menge und dann sah ich ihn seit der Geschichte an meinem Geburtstag heute zum ersten mal wieder.
Ich nahm auch jetzt erst den Anzug wahr, den er trug.
Er sah festlicher, eleganter aus, als jene die er in den letzten Jahren zum Homecoming getragen hatte.
Seine blonden Haare sind über die vergangenen Monate länger geworden, haben angefangen sich natürlich zu locken. Heute sah er nicht verloren und viel zu klein in seiner Abendgarderobe aus. Heute passte er rein, sah nicht mehr dem kleinen schüchternen Jungen ähnlich, der sich vor aller Welt verstecken musste, dem seine Eltern den Haussegen auf den Kopfstellten.
Leighton strahlte, so gut wie er nach dem Schock um zwei seiner besten Kumpels konnte, wie ein Prinz.
"Ich werde es versuchen Kaileigh." willighte er ein. "Für dich und dafür, dass wir uns diesen Abend seit der neunten Klasse ausmalen." er nickte fest.
Mir fielen tausend Steine vom Herzen und noch mehr, als Leight auf mich zu steuerte und mich in eine feste Umarmung zog.
Die Art Umamung, die ich in den letzten Tagen von ihm unbedingt gebraucht hätte, wenn ich wie ein Häufchen Elend im meinem Bett kauerte und darauf hoffte, dass alles doch nur ein mieser Traum gewesen ist.
"Danke Leight."
Er druckste.
"Wenn Monty sich aber wie eine schnaufende und wütende Dampfwalze aufführt, kann ich für nichts garantieren."
Ich kniff ihn in die Seite.
"Der bekommt seine Belehrung von Celine und glaube mir, sie wird das nicht so ruhig angehen wie ich."
Wir beide lachten und Leighton schob mich auf eine Armweite von sich weg.
"Du siehst wunderschön aus, Kai."
Verlegen sah ich von ihm weg, aber konnte sein Kompliment zu erwidern.
"Kann ich euch ein paar Appetithäppchen anbieten, während ihr noch wartet?"
Leighton und ich schreckten nun noch eine Armweite auseinander, als mein Vater mit einem Teller voller Cookies im Türrahmen stand.
"Celine und Monty haben das andere Blech für sich beschlagnahmt. Deine Mutter macht noch welche."
Dad streckte die noch ofenfrischen Kekse in unsere Richtung aus.
"Übrigens cooler Haarschnitt, Leight. Steht dir und das viel besser als deine Igelfriese."
Ich kicherte und drehte eine von Leightons Locken in meiner Hand.
"Ich mag die Länge auch lieber."
Leightons Wangen liefen rot an und peinlich berührt knabberte er an einem der Cookies.
Komplimente waren noch immer nicht sein Ding.
"Übrigens habe ich das Kamerastativ im Garten schon aufgestellt."
Ich stöhnte genervt auf. Leigh verschluckte sich am Keks und hustete heftig.
"Dad, muss das sein?" flehend blickte ich ihn an.
Mir würde dies den Abschied nicht leichter machen und Celine genau so wenig, wenn meine Eltern Prom-Klischee Bilder von uns schießen würden.
"Es ist eure Prom. Deine Mutter und ich hecken schon seit Wochen Posen für diesen Tag aus. Ihr werdet es uns später danken." beharrte Dad und sah mich mahnend an.
Leighton knabberte seinen Keks auf, ich ebenfalls. Beide nahmen wir keinen zweiten mehr.
Dad wuselte aus meinem Zimmer, als aus der Küche ein gigantischer Knall zu hören war.
"Mir wäre es lieber, wenn von diesem Abend keine Bilder existieren würden. Meinetwegen kann ich morgen mit Amnesie aufwachen, ich wäre glücklich, weil ich diesen Tag nicht mehr in Erinnerungen haben würde." fluchte Leighton und richtete sich seinen Anzug frustriert.
"Dann erinnerst du dich aber auch nicht an mich in diesem wunderschönen Kleid." Ich versuchte die Stimmung wieder zu heben und drehte mich um die eigene Achse, so dass er Stoff meines Kleides um mich wirbelte.
"Bei meinem Kleid sieht das viel besser aus," Celine schleppte einen belegt aussehenden Monty in mein Zimmer und drehte sich in ihrem Tüllmonster, so dass es im Licht meines Zimmers nur so funkelte und glitzerte.
Leightons Augen nahmen gigantische Ausmaßen an, als er Celines Kleid sah.
Ich gab ihm einen unauffälligen hieb, den er auf den Punkt verstanden hatte.
"Aber im Gegensatz zu dir sieht Kaileigh dabei nicht aus wie eine gigantische Wolke." merkte Monty an und zog eine Augenbraue hoch.
"Wusstest du übrigens, dass Wolken nicht so leicht sind, wie sie aussehen?" griff Leighton den Gedanken auf.
Celine hielt inne und sah zwischen den beiden Jungs in meinem Zimmer umher.
"Eine kleine Wolke ist eigentlich mehrere hunderte Tonnen schwer."
Meine beste Freundin ballte die Hände zu Fäusten, Monty und Leighton fingen beide an unterdrückt zu lachen.
"Wollt ihr Holzköpfe damit sagen, dass ich fett bin?" plüsterte sie sich in ihrem Meer von Tüll auf.
"Naja..." kicherte Monty.
In seinem Anzug und den graublauen Haaren sah er viel mehr aus wie der Sänger von Greenday und nicht als würde er so auf der Prom erscheinen.
Seine Krawatte hing schief und hatte ein bizarres Motiv, sein Jacket war ihm um Meilen zu groß und seine Schuhe waren gewöhnliche Turnschuhe.
"Sagen wir es mal so Celine, du bist eine kleine Wolke und so mit aber wesentlich leichter als alle großen und tausend Tonnen schweren Wolken."
Leighton und Monty kugelten sich vor Lachen, Celine dagegen wirkte, als würde sie meinen Spiegel gleich über die Köpfe der beiden zerdeppern.
Aber immerhin waren wir in diesem Moment alle abgelenkt von den wirklich deprimierenden Tatsachen des Abends.
"Montgomery...!" Celine hob die Stimme, doch sie wurde durch ein schallendes Lachen auf dem Flur unterbrochen.
Ich erkannte es, würde es immer, auch würde es für immer in meinem Ohr bleiben, selbst nach diesem Abend.
"Sie sind da." flüsterte Celine. Sie senkte ihre Hand, ihre Gesichtszüge schliefen ein und wie ich, wappnete sie sich innerlich auf den folgenden Abend.
"Ich hab sie nicht mal klingeln gehört." Monty drehte sich nach meiner Zimmertür um.
Die plötzliche Anspannung in meinem Zimmer lag beinahe in meinen Händen, so zum greifen nah war sie.
Das Lachen und die lose Drohung die Celine erheben wollte verstummte.
Um die Ruhe nicht ganz so durch meine Wände walten zu lassen, richtete ich mich an Monty.
"Ist Helena eigentlich schon in der Halle?"
Monty ließ meine Tür nicht aus den Augen und nickte.
"Sie wäre gerne her gekommen, aber sie ist mit der Tanzgruppe dort, sie proben nochmal alles. Dafür hat sie uns in der Fotoschlange aber den ersten Platz reserviert." teilte er mir nebenbei mit.
"Sie wird dich für diesen Aufzug umbringen, Montgomery." säuselte Celine angespannt provozierend.
Leighton blieb nun der einzige der seine Krallen schärfte und die Zähne bleckte.
"Ich weiß, aber ich weiß auch in was für einer Versöhnung es am Ende dieses Abends enden wird." grinste er frech und steckte die Hände in die Taschen seines Jackets.
"Kids, eure letzten Puzzleteile sind angekommen." Mom sprang aufgeregt durch den Türbogen und blieb vor mir und meinen Freunden stehen.
Keiner machte anstalten sich zu bewegen. Die Augen meiner Mutter verloren einen Hauch ihres Glitzern, aber sie gewannen ihn wieder, als sie uns vier versammelt in unserer Abendgarderobe wahrnahm.
"Ihr seht alle so wunderbar aus." Sie klatschte begeistert in die Hände und sah dann mit einem Grinsen in den Flur in dem anscheinend Adriano und Cole keinen Finger rührten uns entgegen zu treten.
"Danke Mrs. Beaufort." Monty strich sich stolz über sein Hemd und steckte Celine die Zunge raus.
"Mehr oder weniger, aber danke." säuselte sie und richtete sich das Diadem in ihrer Haarpracht.
"Und jetzt ab mit euch in den Garten, wir müssen noch Bilder machen."
Wir vier schritten unruhig und mit kleinen Schritten aus meinem Zimmer, doch Mom hielt mich auf. Ich erhaschte nicht mal einen Blick auf Adriano. Denn anders als er, wusste ich nicht was er heute Abend anziehen würde.
"Beim nächsten Ball, sag Celine sie soll sich ein weniger korpulentes Kleid aussuchen." meine Mutter seufzte dramatisch und zog mich mit sich zurück in mein Zimmer.
"Sie hat voller Aufregung ein Glas in der Küche vom Tisch gefegt."
Das erklärte das Scheppern von vorhin.
"Werde ich."
Ich versuchte mich an ihr vorbei zu schieben, doch sie durchschaute meinen Plan.
"Du bleibst noch einen Moment hier." forderte sie und lächelte mich mütterlich und heimisch an.
"Dieser Abend ist ein wirklich großes Ding für euch alle." Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und zwang mich sie anzusehen.
In ihren üblichen bequemen Haussachen und den lose hochgesteckten Haaren, sah sie mehr als meine Mutter aus, als sonst.
Ihre braunen Augen sahen mich durchdringend und intensiv an.
"Ich will, das du ihn dir für immer in Erinnerung behältst.
Du bist nie wieder so jung wie heute, du wirst nie wieder einen High School Abschluss machen und an keinem anderen Tag werden Arthur und du so glänzend und genau so wunderschön aussehen wie heute, außer vielleicht, wenn ihr heiraten solltet."
Ich biss mir auf die Wange.
Das war jetzt der schlimmste Moment für eine nostalgische Rede, den sich Mom nur aussuchen konnte.
"Wir werden nie heiraten." lag es mir auf der Zunge, doch ich hielt es zurück. Sie hatte das vorrecht ihre Gedanken auszusprechen.
"Und dein Dad hat recht. Egal wie peinlich euch und dir diese Fotos heute auch sein mögen. Irgendwann werdet ihr uns alle dafür danken."
Sie küsste meine Stirn und führte mich dann an der Schulter aus meinem Zimmer durch die Glastür in den Garten.
Kaum stand ich auf der Terrasse erleuchtete sie und eine Reihe von Kunstvollen Lichterketten im Garten.
Dad hatte das Stativ der Kamera genau auf die Beleuchtung gerichtet und stellte eilig an der Technik herum.
Für heute hatte er extra zwei Light-boxen gemietet, die links und rechts von ihm hell strahlten.
Adriano stand an der Treppe, die von meiner Hinterterrasse in den Garten führte.
Ich blinzelte heftig, als ich ihn sah.
Seine Augen leuchteten auf, als er mich erblickte.
Wie der Gentleman, zu dem er von seinem Vater erzogen wurde, empfing er mich in grader Statur, die Hände elegant ineinander verschränkt an seinem Oberkörper.
Er wartete.
Er wartete darauf, dass ich den ersten Schritt in unseren letzten gemeinsamen Abend machte.
Trotz des schwachen Lichtes der Ketten, erkannte ich das seine Hände zitterten.
Ich erlöste ihn von seiner Qual und machte einen Schritt auf ihn zu.
Er löste seine steife Statur und bot mir einen im dunkelroten Stoff gekleideten Arm an.
Wenn Leighton wie ein Prinz aussah, dann war Adriano ein König, strahlend vor eleganz, Anmut und einer Ausstrahlung die mir beinahe den Atem raubte.
Ich nahm seinen Arm an und wir standen uns nun gegenüber.
Er hob seine freie Hand und drehte einer meiner gemachten Locken in seinen Fingern.
"Du siehst noch wunderschöner aus, als ich dich mir in diesem Kleid vorgestellt habe, Principessa." flüsterte er mir zu. Ein schmunzeln legte sich auf meine Lippen. Adriano erwiderte es.
Ich merkte im Blickwinkel, wie Mom eine weitere Kamera zückte und es sich nicht verkneifen konnte, uns in diesem Moment zu verewigen.
"Mich hättest du nicht vorwarnen können, dass du die gleiche Farbe trägst wie ich?" grinste ich und strich mit meiner freien Hand über den samtig weichen Stoff seines Anzugs.
"Ich durfte ihn mir von meinem Vater leihen. Einen anderen hatte ich nicht mit."
Ich schluckte.
"Der ist aber hoffentlich schon seit seiner Herstellung rot und nicht durch..."
Adriano lachte leise und unterbrach meinen Gedanken mit einem Kuss.
Ich vergaß an was ich eben dachte und genoss das wohltuende kribbeln und das kurze Gefühl der angenehmen Leere in meinem inneren.
"Der ist genau so rot, wie an dem Tag, an dem er geschneidert wurde." beantwortete Adriano mir und küsste mich daraufhin nochmal.
Ich, erleichterter, als vor wenigen Sekunden, verfluchte meine Mutter, die immer noch die Kamera direkt auf uns hielt und hoffentlich nichts von unserem kurzen Gespräch mitbekommen hat.
"Na dann siehst du auch wunderschön aus." murmelte ich ihm zu, strich Mom aus ihrer Gegenwart und küsste ihn nun.
Aufregung schwang zwischen uns beiden, Unwissenheit, Angst vor einem für immer währenden Abschied.
"War das wirklich deine einzige Sorge?" Adriano kniff mir in die Seite, als wir die Treppen von der Terrasse herabstiegen.
Hinter uns klickte die Kamera meiner Mutter eilig.
Dad fotografierte Monty und Leighton, wie sie einige ziemlich peinliche Posen zum besten gaben.
Celine und Cole standen ein Stück abseits und schienen sich leise zu unterhalten.
"Wir sind die nächsten, Greg!" rief Adriano meinem Vater zu.
Der drehte sich um und gab seine Zustimmung.
"Sobald ich die beiden Spaßvögel hier zu genüge fotografiert habe, Arthur."
Adriano und ich verzogen die Gesichter.
Wie Dad und Mom seinen Decknamen nannten, fühlte es sich wohl nicht nur für mich wie ein Messerstich ins Herz an.
"Das kann dauern!" rief Celine und machte eine lose Geste mit ihrer Hand.
"So lange darf das nicht dauern, wir müssen die Bühne her richten." setzte Adriano dagegen.
"Das haben Leight und ich schon geregelt." Monty mischte sich halb in der nächsten Pose ins Gespräch ein.
Leighton nickte zustimmend.
"Helena und ihre Gruppe räumt unser Zeug auf die Bühne, haben ihnen den Plan gegeben wo was hin muss."
Adriano nickte wahrnehmend, dann wendete er sich mir wieder zu.
"Er reißt mir nicht den Kopf ab?"
Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf.
"Ich hab ihn abgerichtet. Leight wird den Gedanken erst morgen hegen, wenn..."
Ich stockte, Adriano vervollständigte meinen Satz.
"Wenn ich nicht mehr hier bin um seinen Qualen zu erliegen."
Zähne zusammenbeißend nickte ich. "Genau."
Eine unbehagene Stille machte sich zwischen uns breit.
In dieser schoben sich Monty und Leighton aus der Fotolocation in meinem Garten.
Adriano nahm meine Hand, drückte sie sanft und sah mich an, wie an seinem allerersten Schultag vor beinahe einem Jahr.
Seine grünen Augen leuchteten frech, allen anderen weit überlegen, aber mit diesem humanen und am boden gebliebenen Schimmer, den man von seinen Hintergründen nie erahnen könnte.
"Darf ich bitten?"
Ich lachte kurz und nickte, schickte jeden Gedanken um Abschied und die nächsten qualvollen Tage ins Nichts.
Adriano führte mich an seiner Seite vor die Kamera meines Dads.
Er gab Anweisungen, wie wir uns posieren sollten und anders als die ganzen peinlichen Shootings zum Homecoming fühlte sich dieses hier nicht peinlich an.
Peinlich war es nur, weil Leighton und ich beste Freunde waren und Mom und Dad uns in Posen pressten, die unserem Status nicht passten.
Mit Adriano fühlte es sich natürlich an, dass wir uns verträumt ansahen, anlächelten, nicht immer zwingend in die Kamera grinsten und seine Hand sanft und vorsichtig auf meiner Hüfte ruhte.
"Jetzt sind wir aber dran!" tobte Celine irgendwann.
Dad musste mindestens zweihundert Bilder von uns geschossen haben, von denen nur ein Bruchteil in wenigen Tagen in unserem Flur hängen würde, wenn ich diese Bilder nicht mehr sehen konnte.
Aus dem Moment gerissen taumelten Adriano und ich aus der Reichweite der Kamera und stellten uns zu Leight und Monty.
Die beiden sahen Adriano eigenartig, beurteilend an, aber machten keine betont abweisenden Schritte zur Seite.
Mom stand nun ein wenig abseits und nahm das bunte geschehen in unserem Garten großzügig auf.
"Ihr fliegt also um Mitternacht?"
Montys Stimme klang ungewohnt ernst.
Ich krallte mich an Adriano fest. Der blieb entspannt und nickte.
"Nicht ganz. Um Mitternacht fahren wir los." beantwortete er.
"Und wie läuft das dann? Wir fahren mit Escorte hin und her?"
Adriano nickte erneut. "Mein Vater hat eine Limousine organisiert. Die Escorte schließt sich an, sobald wir vom Schulparkplatz gefahren sind.
Zur Schule fahren Cole und ich noch in unseren Wagen. Wenn ihr unter euch fahren wollt, dann..."
Leighton unterbrach ihn auf die Sekunde.
"Machen wir das auch."
Für den beißenden Unterton in seiner Stimme kassierte er einen warnenden Blick von mir, den er komplett ignorierte.
"Nur weil wir eure Gegenwart dulden, heißt das nicht, dass wir dir und Cole verzogen haben. Ihr solltet froh sein, dass ihr für eure Scharade noch am Leben seid." brummte Monty und ballte die Hände zu Fäusten.
"Ihr solltet froh sein, dass ihr dank unserer Scharade noch lebt, anders als meine Schwester." zischte Adriano zurück.
"Es reicht!" Ich ging zwischen die beiden Parteien und verteilte auf beiden Seiten einen Blick, der Celines Mörderblick ähnlich kommen sollte, aber bestimmt mehr als die Hälfte seiner Wirkung verfehlte.
„Leight, Monty, wir haben euch gesagt, dass ihr euch zusammenreißen sollt." Die beiden rollten mit den Augen und wandten sich von Adriano und mir ab.
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Deadend
Romance"Was soll ich denn bitte machen, dass über dein Erscheinen von meinen Kollegen als Notfall gesprochen wird. Habt ihr mit Menschen gehandelt und ich soll Spuren verwischen? Habt ihr Gelder hinterzogen? Jemanden ausversehentlich mit einem gezielten Ko...