12.2 If he dies than with purpose

17 1 0
                                    

„Kaileigh?"
Ich ließ den  Lippenstift in meiner Hand sinken und drehte meinen Kopf zu meiner Mutter.
Sie lächelte und lehnte sich ohne jegliche Hast gegen den Türrahmen.
„Denkst du wir haben noch eine Minute zum Reden, bevor dich dein Date abholen kommt?" Es kroch ein verschwörerisches Lächeln auf ihre Lippen.
Nickend drehte ich den beerenfarbenen Lippenstift zurück und stellte ihn auf meinen Schreibtisch.
"Leighton ist nicht mein Date. Wir gehen als Freunde, wie jedes Jahr." klärte ich Mom seufzend auf.
Sie rollte mit den Augen und lud sich in meine vier Wände ein.
"Dein Vater und ich sind damals auch als Freunde zu unserem letzten Homecoming gegangen, bevor sich zwischen uns alles verändert hat." erinnerte sie mich an ihre alten Kamellen mit Dad und setzte sich auf mein Bett.
Vorausahnend musste Mom sehen , wie ich an Dads Seite und mit Leighton am Altar zu meiner Traumhochzeit durch eine wunderschöne Kirche marschierte.
"Leighton und ich sind und werden Freunde bleiben. Daran wird sich nichts ändern. Er ist für mich wie mein Bruder."
Ich hatte aufgehört zu zählen, wie oft ich Mom diesen Satz vorgesungen hatte.
"Sieht er das denn genau so?" spielte sie die nächste Karte. Herausfordernd hob sie den Kopf.
Mir stand der Sinn danach meine Haare zu raufen, doch dann ruinierte ich meine aufwendig zusammengesteckte Frisur.
"Natürlich, Mom. Wieso sollte er das nicht so sehen?" legte ich für meinen besten Freund fest.
Leighton hatte sich nicht in mich zu verlieben. Da draußen gab es so viele Mädchen die sich die Hände nach jemandem wie ihm leckten, das Problem bestand nur darin, ob sie auch mir in den Kram passten und meine Sicherheitskontrollen überlebten.
"Habt ihr darüber schon geredet? Dieser Gedanke was wäre wenn da plötzlich mehr als nur Freundschaft im Spiel ist?" ich fühlte mich wie in einem dieser strengen Verhöre aus einer dieser langweiligen Krimiserien im Fernseher.
"Nein." wimmelte ich Mom mit einer kurzen und knappen Antwort ab.
"Nein haben wir nicht, weil da nie etwas passieren wird." verdeutlichte ich zum millionsten mal, wendete mich dabei wieder meinem Spiegel zu und vervollständigte mein Make-Up für den heutigen Abend, oder zumindest hatte ich das vor.
"Und was ist mit dem jungen Mann, der dich Donnerstag nach Hause gebracht hat?"
Ich hielt mit der Farbe wenige Zentimeter vor meinen Lippen inne und fluchte stumm.
Sie hatte Arthur und mich beobachtet.
Zu auffällig drehte ich meiner Mutter den Rücken zu, um meine, unter dem Rouge rotwerdenden Wangen zu verstecken.
Was auch immer Arthur Vorgestern durch den Kopf ging, dass er zu allem Überfluss für sein bestätigtes Ego auch noch meine Wange küssen musste.
Mom machte es nicht besser, da sie mich darauf ansprach, denn noch immer verstand ich nicht, wieso er die Schranke seiner traditionellen Geste überschritten hatte.
Gestern verblieb er bei den eiligen schnellen gehauchten Küsschen, verweilte nicht mit seinen weichen Lippen für eine knappe Sekunde auf meiner linken Wange.
"Was soll mit ihm sein? Er ist neu und hat mir angeboten mich nach Hause zu bringen." säuselte ich leichten Herzens, doch spürte ein beklemmendes flattern in meiner Brust.
"Der Neue über den sich Leighton immer so aufregt, wenn er mit uns isst?" erkannte meine Mutter sofort.
Schnaufend drehte ich mich wieder zu ihr und nickte.
"Genau der Neue. Dabei ist er wirklich nett." gestand ich und ertappte mich dabei, wie ich verlegen mit einer eingedrehten Locke spielte.
"Das hab ich gesehen. Ihr scheint euch wirklich gut zu vertragen und er hat Manieren. Nicht viele Jungs und Männer halten Mädchen oder Frauen noch die Tür auf."
Gott...
Hatte sie wirklich die ganze Szene mitbekommen? Auch wie er wild um sich gewunken hat?
Am liebsten würde ich im Boden versinken und dieses Gespräch sofort abbrechen.
"Er... wurde gut erzogen, er.. ist Italiener." stammelte ich, trommelte mit meinen Fingern auf dem Schreibtisch und wartete, dass die Wärme in meinem Gesicht abklang.
"Zählt zu der guten italienischen Erziehung auch, dass er dir als Abschied einen Wangenkuss gegeben hat?"
Schlich sich ein argwöhnischer Unterton in Moms Stimme.
Ich schloss meine Augen für einen Atemzug und öffnete sie wieder, um mir die richtigen Worte im Kopf zurechtzulegen, wenn es für Arthurs plötzlichen Wangenkuss überhaupt richtige Worte gab.
"Das ist eine italienische Tradition. Die machen das da immer so."
Nickend verfolgte Mom meine Worte. „Ich weiß von den italienischen Begrüßungs- und Verabschiedungsfloskeln bescheid, Kaileigh. Aber das sah mir nach mehr aus."
Wollte sie mich unbedingt unter der Haube sehen?
War es für sie so schwer, dass ihre siebzehnjährige Tochter mit keinem anderen Kerl als ihrem besten Freund nach Hause kam?
"Mom. Da ist genauso wenig etwas im Busch, wie bei Leighton und mir.
Arthur ist nett, er hat mich nach Hause gebracht, weil es angefangen hat zu dämmern." rechtfertigte ich mich für das, was sie gesehen hatte und bei dem es keinerlei Hintergedanken zu denken galt.
"Kein Grund mich so anzufahren, Kaileigh." beruhigte sie mich seelenruhig und schelmisch lächelnd.
"Ihr zwei saht süß zusammen aus. Der Ball hätte bestimmt euch gehört."
Sie wollte wirklich nicht loslassen und streute nun noch Salz in die Wunde, dass ich Arthurs Einladung abgelehnt hatte.
Auch wenn es für ihn nicht die Welt beschrieb, mir ging sein verdutzter Blick von letzter Woche nicht mehr aus dem Kopf.
"Also nicht, dass du nicht neben Leighton süß aussiehst, aber Arthur hatte dieses etwas was dich aus dir selber herausbringt."
Jetzt sah sie mich an, als würde sie Arthur und mich am Altar stehen sehen.
Ich schüttelte das Bild aus meinem Kopf.
"Ich hab keine Ahnung was du meinst, Mom." murmelte ich und verpasste meinen Lippen den Schliff Farbe, den sie noch brauchten.
"Ich meine, dass du das erste mal wirklich sorgenfrei ausgesehen hast. Auch wenn ich euch nur kurz gesehen habe." erläuterte sie mir mütterlich begeistert von ihrem vermeidlich zukünftigen Schwiegersohn.
"Können wir das Thema bitte lassen?" ich klang gereizter, als ich klingen wollte, doch bevor ich darüber nachgedacht hatte meinen Mund zu öffnen, waren mir meine Worte entsprungen.
Mom trat zu mir an den Schreibtisch und betrachtete mein geschminktes Ebenbild im Spiegel.
Neben meinem Gesicht sah sie aus wie eine ältere und betagtere Version von mir.
"Das können wir, Kaileigh."
Behutsam legte sie mir ihre Hände auf die Schultern und sah mich mit einem wehleidigen Lächeln an.
"Aber ich bin deine Mutter und möchte teil an dem Leben meiner Tochter haben, vor allem wenn es um ihre Beziehung zu Jungs geht, die den Rahmen von Leighton so sehr überschreiten, dass er sie hasst."
Ich legte eine meiner Hände auf ihre und schmunzelte. „Es gibt Eltern die interessieren sich überhaupt nicht für ihre Kinder und ich will, dass du weißt, dass dein Dad und ich immer für dich da sein werden.
Du kannst immer mit uns reden und wir werden immer mit dir reden."
Die plötzliche melancholie in Moms Stimme brachte mich zum seufzen.
"Ich werde immer mit euch reden, aber es gibt auch Themen über die kann ich mit euch nicht sprechen und genau das sind Jungs. Dafür gibt es beste Freunde, zwar nicht unbedingt Leighton, aber Celine." hielt ich den gesenkten Ton meiner Mutter mit einer Stimme, die ihrem festen und feinen Klang ähnelte.
"Und das verstehe ich, wirklich. Aber bitte lass mich wissen, wenn wir Kondome im Schrank bereithalten müssen."
Das Pink auf meinen Wangen kehrte wieder ein.
"Mom!" wetterte ich und drehte mich zu ihr um.
Ich sprang aus meinem Drehstuhl auf und begann bereits ihr eine Szene für diesen wirklich schlechten Kommentar zu machen, doch sie brachte mich aus der Fassung und umarmte mich lachend.
"Ich will nur dass du nicht bei Zeiten mit einem Kind in den Händen vor dem Haus stehst und dir Vorwürfe machst dein Leben nie gelebt zu haben." murmelte sie mir zu.
Ich schlang meine Arme um die Frau, die mir das Leben geschenkt hatte und stellte mir innerlich die blanken Fragen wie es möglich sein konnte von Leighton zum Thema Kondome und Kinder zu kommen.

DeadendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt