„Elodie, sag mal spinnst du? Was machst du denn da?" hörte ich bereits seine Stimme, die scheinbar immer näherkam. Doch ich wollte mich nicht umdrehen. Ich wollte sein Gesicht nicht noch ein einziges Mal sehen. Nie wieder. Ob seine Augen nun Rot oder Braun waren, spielte für mich keine Rolle. Durch das Licht neben mir, wirkte der Abgrund vor mir, nun tiefschwarz. Regelrecht unendlich kam er mir vor, denn weder unter mir, noch am Horizont konnte ich ein Ende dieser Dunkelheit wahrnehmen. Ich wusste nicht was mich dort erwartete, doch es war momentan mein einziger Weg in die Freiheit.
„Mach keinen Unsinn Elodie und komm da runter." Nun klang seine Stimme so nah, als stünde er direkt hinter mir. Oder nur wenige Meter von mir entfernt. Ich antwortete daraufhin allerdings nur mit einem leichten Schütteln meines Kopfes. Ich wusste, dass mich nur wenige Zentimeter von diesem Abgrund trennten. Nur ein kleiner Schritt und all das hier wäre endlich vorbei. Ich musste nur für diesen einen Moment mutig sein.
Ich hörte wieder leise Schritte hinter mir, die langsam näher kamen. „Bleib stehen, Lucifer." Murmelte ich leise, doch er schien es dennoch verstanden zu haben, denn die Schritte verstummten. „Denkst du, du schaffst es dadurch hier raus?" Auch seine Stimme klang nun leiser und das Schweigen trat wieder ein. Natürlich dachte ich das. Ich stand nicht einfach nur hier oben, um mir diesen so farbenfrohen Abgrund direkt vor meinen Füßen anzusehen.
„Ich will hier weg Lucifer, das ist der einzige Weg. Ich kann nicht tagelang hier rumsitzen und so tun, als wäre das hier mein Zuhause. Das ist es nicht." Murmelte ich nun doch leise vor mich hin, meinen Blick noch immer dem Abgrund zugewandt. „Natürlich ist es das nicht. Ich habe dir doch bereits gesagt, dass du das meiste hier noch gar nicht kennst." Konnte ich da etwa Verunsicherung in seiner Stimme hören? „Darum musst du dir keine Gedanken mehr machen. Dein Vater wird dir bestimmt jemand anderen raussuchen, die sich vielleicht sofort deinem Willen beugt."
Ich drehte mich nun doch langsam in seine Richtung und stellte fest, dass er sich wirklich nur noch wenige Schritte von mir entfernt befand. Außer uns beiden war niemand hier und der Nebel umgab uns wie eine Wolke, die den Weg an beiden Seiten der Brücke in sich verschwinden ließ. „Du hast dir Mühe gegeben, dein Vater ist bestimmt stolz auf dich.. doch das hier ist nicht meine Welt, nicht mein Zuhause.. und das wird es auch niemals sein."
Der Entschluss war so plötzlich gefasst, dass es mir eine Gänsehaut bereitete. Ich brauchte nur die Augen zu schließen und meinem wenigen Gewicht das ich hatte, den Weg zu weisen. Schon spürte ich, wie die Schwerkraft mich umschlang und immer weiter nach unten zog. Ich fühlte keine Angst. Kein Bedauern. Keinen Schmerz. Ich fühlte mich frei. Frei von all dem, was ich jahrzehntelang mit mir herum getragen hatte. Doch dann schlang sich plötzlich etwas Warmes um meinen Körper und hinderte die Schwerkraft daran, mich in die Tiefe zu ziehen.
Es dauerte einen Moment bis ich dies realisierte und öffnete langsam wieder die Augen. „Ich wusste es. Nicht mal diesen kurzen Moment Freiheit kannst du mir geben." Es waren nur leise Worte die ich sprach, doch es war genau das, was ich in diesem Moment dachte. Lucifer hatte mein Leben zerstört und jetzt nahm er mir auch noch vollends meine Freiheit. Er sah lediglich zu mir herunter und hielt mich weiterhin mit seinen Armen umschlungen. Daher also die Wärme, denn seine Augen glühten mir rot entgegen. Allerdings konnte ich ein leichtes Flackern darin erkennen.
Er schien mich jedoch nicht ohne Grund so anzustarren. Kurz darauf merkte ich auch, warum. Es war eine kleine Träne, die mir langsam über die Wange lief und dessen Anwesenheit ich jetzt erst bemerkte. „Ich hasse dich, Lucifer." Sagte ich, wieder so ausdruckslos wie immer. Diese Träne allerdings war ein Zeichen dafür, dass etwas mit mir nicht stimmte. Nicht nur Lucifer verhielt sich seltsam. Auch mit mir war wohl etwas nicht in Ordnung.
„Es war dumm von mir, dir diesen Ort zu zeigen." Kam es brummend von dem schwarzhaarigen Mann direkt vor mir, der seine Arme nun von mir nahm, seine Hand allerdings an meinen Rücken legte und mich Richtung Weg schob. „Ich dachte dieser Ort würde dir helfen aber ich habe es nur noch schlimmer gemacht." Er schien wohl eher mit sich selbst zu sprechen. Dennoch konnte ich seiner Aussage zustimmen. Hätte er mir diesen Ort nicht gezeigt, hätte ich wohl immer noch keine Möglichkeit gefunden, dem Ganzen hier ein Ende zu setzen.
„Mach das nie wieder." Das waren die letzten Worte die er sagte, ehe nach einer Weile wieder die schwarze Tür vor uns auftauchte. Diesmal stand sie jedoch offen und ich konnte Zane in dem Raum dahinter erkennen. Daneben Andromalius, der meinen Plan mit seinem Verrat zunichte gemacht hatte. Selbst wenn ich solch eine Chance vermutlich nicht nochmal bekommen würde, ließ ich mich nun einfach von Lucifer zurück ins Innere der Mauern führen.
Ich versuchte nicht mich loszureißen und an diese Stelle zurückzukehren. Warum auch? Mir war nun klar, dass Lucifer mich wieder daran hindern würde und er würde mich wohl auch nicht noch einmal in die Nähe dieses Ortes bringen. Ich wusste dies, da ich es bereits in Zanes Gesicht ablesen konnte. Wenn Lucifer mich nicht zukünftig von hier fernhalten würde, würde es Zane tun. Auch wenn er dies nicht aus den selben Gründen tat , wie sein Bruder.
„Bring sie in mein Zimmer Luc. Dir geht sie nur wieder verloren." Das war die Stimme von Zane, der sich nun hinter uns befand, während wir den Gang entlangliefen. Die schwere Tür hinter uns konnte ich bereits wieder ins Schloss fallen hören. Nun war meine Chance endgültig verstrichen. „Damit du sie erst recht wieder freilässt? Du bist zu verweichlicht Zane. Immerhin hat sie auch Andromalius ausgetrickst. Sie müsste nur mit den Wimpern klimpern und du würdest sie rauslassen. Sie kommt zu mir." Ein Beschluss mit dem Zane wohl nicht einverstanden sein würde.
„Du willst also wirklich, dass sie dich nur noch mehr hasst oder? Denkst du wirklich dass ihr das hilft? Oder denkst du, dass sich dieser Ort hier dadurch eher wie ein Zuhause für sie anfühlt?" Ich hörte ein abschätziges Lachen von ihm. „Vielleicht hat sie ja Recht und wir sollten sie zurü.." „Das werden wir nicht." Unterbracht Lucifer ihn direkt und der Druck mit dem Lucifer mich vorwärts schob, verstärkte sich etwas. „Ich bringe das in Ordnung Zane und wenn du auch nur versuchst, sie zurück zu Raphael zu bringen, bist du der nächste, der dort unten landet."
Worte die mir eine Gänsehaut bereiteten. Lucifer machte also wirklich keine Scherze mit dem was er sagte. Ich konnte mir schon bildlich vorstellen, wie er sogar bereit wäre seinen Bruder in den Abgrund zu stoßen, nur um endlich an den Thron zu kommen. Das war eben Lucifer. So hatte ich ihn kennengelernt und so war er noch immer. Das einzige was ihn interessierte war Macht und ich war sein kleines Spielzeug, dass ihm ständig Probleme bereitete.
Die Schritte hinter uns wurden leiser, woran ich erahnen konnte, dass Zane uns nicht mehr folgte. Es war verständlich. Er wusste wohl genau wie ich, wie ernst Lucifer es meinte. Rückzug war immer die beste Möglichkeit um zu überleben. Wir verfolgten beide die gleiche Taktik. Nur tat er dies wirklich um hier zu überleben. Ich tat es nur, um einen Weg zu finden endgültig von diesem Ort zu entkommen.
Lucifer führte mich weiter durch unzählige Gänge, bis wir an einer Tür vorbeikamen, die mir seltsam bekannt vorkam. Es musste der Thronsaal sein, in den Lucifer mich am vorigen Tag geführt hatte. Obwohl es mir vorkam wie Jahre, die dazwischen lagen. Es war nur wenige Stunden her, doch ich war nun ein völlig anderer Mensch und hatte nicht mehr das Bedürfnis mich über jede von Lucifers Taten aufzuregen. Wir liefen allerdings an dieser Tür vorbei und schritten den Gang weiter entlang.
Kurzdarauf konnte ich vier Türen vor uns entdecken, die das Ende dieses Ganges bildeten und die eindeutig nicht in diesesGesamtbild passten. Eine davon pechschwarz, ich hatte sogar Schwierigkeiteneinen Türgriff daran zu erkennen, eine andere rot als wäre sie mit Blut bemalt worden,die dritte war völlig weiß, was mich noch mehr irritierte und die letzte, die amweitesten von mir entfernt lag, war scheinbar vollkommen aus Eisen, denn sieglich schon mehr einer Gefängniszelle als einer normalen Zimmertür. Nur hattesie kein Fenster, durch das man hätte sehen können, was dahinter geschah.
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Des Teufels Königin
RomanceDer erste Teil der Reihe „In den Fängen des Teufels". - Elodie lebt das Leben, was sich wohl jedes Mädchen wünscht. Sie reist als weltbekanntes Model in unzählige Orte der Welt, besitzt eine große Villa und das Auto ihrer Träume. Doch gequält von sc...