„Naja wie auch immer. Azrael schwirrt hier bestimmt auch irgendwo herum. Wenn du also den Drang verspüren solltest, dich mit ihm zu unterhalten, nur zu. Ich halte dich nicht auf." Erwähnte Jophiel noch und machte eine ausschweifende Geste in die Richtung der anderen Engel. „Nein danke, ich habe nicht vor in Levias Krallen zu enden. Eifersucht ist immer so ein problematisches Thema." Antwortete ich direkt, woraufhin Jophiel zu lachen begann. "Wir Engel, also auch Azrael kennen so etwas wie Eifersucht nicht, aber ich bin mir sicher, dass Levia das nicht so toll finden würde."
Gerade als ich noch etwas dazu sagen wollte, tauchte direkt neben uns ein ziemlich genervt aussehender Chamuel auf. Bei seinem plötzlichen Erscheinen hätte ich fast mein Champagnerglas fallen lassen, welches ich durch die Gespräche noch kaum angerührt hatte. „Was soll das Cham? Du kannst uns doch nicht einfach so erschrecken!" Beschwerte sich Jo natürlich direkt, was Chamuel nur mit einem Augenrollen quittierte. „Wir können ja gerne tauschen Jo, dann könnte ich mir wenigstens mal für ein paar Tage frei nehmen."
„Kleine Kinder sind eben nicht so anstrengend." konterte sie sofort, dann widmete sich Chamuel jedoch mir zu. „Ist Raphael noch nicht zurück?" Ich schüttelte den Kopf und begann nun selbst, mir deswegen Sorgen zu machen. Wenn er so lange weg blieb, konnte das doch eigentlich nur ein schlechtes Zeichen sein. „Also wenn ich du wäre, würde ich dafür beten, dass Michael ihm nicht den Kopf abreißt." Ergänzte Chamuel noch und ich nickte langsam. „Vielleicht sollte ich ihn suchen, bevor er noch irgendeinen Mist erzählt und die Schuld auf sich nimmt oder so einen Kram." Meinte ich und wandte mich auch direkt von den beiden Erzengeln ab. Jo rief mir lediglich „Viel Glück!" hinterher.
So machte ich mich also in diesem riesigen Saal voller unbekannter Engel auf die Suche nach Raphael und Michael. Eine halbe Ewigkeit drehte ich meine Runden in diesem weißen Raum, in dem man unglaublich schnell die Orientierung verlor. Natürlich spielte Musik, die an Halloween erinnerte und auch die Kostüme waren ausgefallen und ziemlich kreativ. Doch von den beiden blonden Männern in weißer Kleidung konnte ich keine Spur erkennen. Ab und zu erkannte ich einzelne Türen, umgeben von Fenstern, an den Wänden des Saals. Doch es waren zu viele. Hinter jeder Tür mussten noch weitere Räume und Flure liegen. Bis ich dort jemanden fand, könnte es Jahre dauern.
Während ich gerade dabei war, eine der Türen zu mustern, die allerdings genauso aussah wie alle anderen Türen davor auch, umgriff plötzlich eine Hand meinen Arm und drehte mich um. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis ich erkannte, wer mich von meiner bisher vergeblichen Suche abhielt. „Es freut mich sehr dich auch endlich mal kennen zu lernen, Elodie. Ich habe schon so viel von dir gehört." Sagte die schwarzhaarige Frau vor mir, mit einer verwirrend freundlich klingenden Stimme.
„Ich nehme an, du bist Levia?" fragte ich sicherheitshalber nach, für den Fall dass ich sie nicht doch mit jemand anderem verwechselte. Doch ich lag wohl richtig, was sie mir mit einem Nicken und einem amüsierten Schmunzeln auf den Lippen bestätigte. Sie war ebenso wie ich, komplett in schwarz gekleidet. Eine schwarze Lederjacke überdeckte das ebenfalls schwarze Top, welches in ihrer schwarzen zerrissenen Hose endete. Ihre Schuhe ähnelten sehr den meinen, was mich etwas amüsierte. Ich hatte den Geschmack der Teufelsfamilie wohl doch besser getroffen als gedacht. Lediglich ihr Schmuck war in einem hellen Silber oder Gold gehalten, was dem Outfit auch etwas Freundliches verlieh. Nur entdeckte man diese Details eben erst aus der Nähe.
Wie aus dem Nichts zauberte sie plötzlich eine Flasche hinter ihrem Rücken hervor, die ich als Bourbon identifizierte. „Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass dieses Champagnerzeug nicht ganz so dein Ding ist." Meinte sie nur und im nächsten Moment hielt sie auch schon zwei Gläser in der Hand. Ich hatte nicht unbedingt vor Levia leichtsinnig zu vertrauen aber mit dieser Feststellung hatte sie sogar recht. Wein wäre mir lieber gewesen, aber Bourbon war eigentlich auch nicht schlecht.
Ich blickte mich kurz um, falls Raph doch irgendwo wieder aufgetaucht war und uns hier einfach den Spaß verderben könnte. Allerdings war weder er noch Michael irgendwo zu sehen. Ich war immerhin zum Teil wegen dem Alkohol hergekommen. Warum also nicht einfach etwas riskieren? „Keine Sorge, du kommst dafür nicht in die Hölle." Das waren Worte, bei denen ich sogar zu lachen begann. „Du musst es ja wissen." Meinte ich und Levia goss uns schließlich etwas in die beiden Gläser.
Nachdem wir beide einen Schluck von diesem so besonderen Getränk getrunken hatten, lag Levias Aufmerksamkeit wieder auf mir. „Es gibt da übrigens etwas, worüber ich mit dir reden wollte." Fing sie an und schien dabei einen etwas ernsteren Gesichtsausdruck anzunehmen. Irgendwie konnte ich schon ahnen, welches Thema sie gleich ansprechen wollte. Innerlich hatte ich nicht wirklich Lust, mir davon den Abend verderben zu lassen, doch andererseits wollte ich auch wissen, was sich wirklich zwischen ihnen abgespielt hat.
„Wie du ja bestimmt schon mitbekommen hast, habe ich die Hölle verlassen und Lucifer versucht jetzt anscheinend irgendwie durch dich an den Thron zu gelangen. Was auch immer unser Vater ihm da eingetrichtert hat." Sie seufzte leise und nippte dann erneut an ihrem Bourbon. „Es klingt zwar immer so als wären wir die Bösen, was wir an sich ja auch sind, aber .. wir sind nicht ganz so herzlos wie du dir das vielleicht vorstellst" Ich konnte nur verwirrt die Stirn runzeln. Auf was wollte sie hinaus?
„Was ich damit meine, ist, dass wir auch nur eine Familie sind. Ich gönne es Satan wirklich, den Thron zu übernehmen. Er ist eben mein Bruder und im Vergleich zu Lucifer nicht mal halb so schlimm. Schon von klein auf war er neidisch auf Satan und aus irgendeinem Grund findet mein Vater das wohl amüsant und mach ein Spiel daraus. Im Sinne von: Möge der bessere gewinnen." Sie gab ein leises Seufzen von sich und sah sich einen Moment im Saal um. Vermutlich um sicherzugehen, dass niemand unser Gespräch mitanhörte.
„Du darfst ihm nicht trauen. Was auch immer er dir versprechen sollte oder meint Gutes zu tun, es ist nicht die Wahrheit. Vielleicht weißt du das alles ja schon aber ich muss dir einfach klar machen, dass Lucifer niemand ist, mit dem man Späße machen sollte. Es gibt immer einen Grund für das was er tut und momentan braucht er dich nur, um Satan den Thron zu entreißen. Du musst mir versprechen, dass du auf dich aufpasst. Dass auch Raphael dich nicht aus den Augen lässt, niemals. Wenn Luc dich in die Hände bekommt, bedeutet es das Ende für uns alle."
So viele Worte, die sie in meinem Kopf zurückließ und die sich nun in hunderte Gedanken verwandelten. Gedanken die mich noch lange verfolgen würde. „Dass Lucifer mich braucht, weiß ich. Raphael ist immer in meiner Nähe, manchmal näher als mir lieb ist und ich werde mich ganz sicher nicht freiwillig in die Hände von diesem Idioten begeben, nur für dieses unsinnige Vorhaben." Machte ich ihr deutlich und Levia schien direkt beruhigter zu sein. Wann Lucifer wieder auftauchen würde, wusste niemand. Doch es war schon zu lange still, es war also nur noch eine Frage der Zeit.
„Weißt du, warum ich die Hölle verlassen habe?" fragte sie mich daraufhin und ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Ein Lächeln, dass ich fast automatisch erwiderte. Ihr Aussehen hatte absolut nichts mit ihrem Charakter gemein. Sie wirkte unglaublich nett und machte sich Sorgen um einen Menschen, der gar nichts mit ihrer eigenen Welt zu tun hatte. „Soweit ich weiß, wegen Azrael." Sagte ich nur, dass ich der grundlegendste Hintergrund für ihre Entscheidung gewesen war.
„Nichtnur das, Elodie. In der Hölle gibt es keine Liebe. Keine Hingabe. Keine Nähe.Alles dort geschieht mit Distanz und solch einer Kälte, die du dir gar nichtvorstellen kannst. Ich habe eingesehen, dass es etwas Besseres gibt, als Böseszu tun und ständig gemein zu sein. Es war eine sehr schwere Entscheidung, dochals ich Azrael kennengelernt habe, konnte ich endlich so etwas wie Zuneigungempfinden. Etwas, was mir so lange vorenthalten wurde.
Es war etwas, wofür ichbereit war, mein altes Leben aufzugeben und auch meine Familie zu verlassen."Erklärte Levia mir und bei den nächsten Worten, verspürte ich so viel Mitgefühlund Verständnis, wie noch niemals zuvor. „Du musst eines verstehen, Elodie. Nurweil man eine schlechte Familie hat, ist man nicht direkt auch ein schlechter Menschund nur, weil man aus der Hölle kommt, ist man nicht automatisch ein Monster."
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Des Teufels Königin
RomanceDer erste Teil der Reihe „In den Fängen des Teufels". - Elodie lebt das Leben, was sich wohl jedes Mädchen wünscht. Sie reist als weltbekanntes Model in unzählige Orte der Welt, besitzt eine große Villa und das Auto ihrer Träume. Doch gequält von sc...