Hoffnung

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„Ich verstehe das nicht.." murmelte ich leise und blickte einmal zwischen den Personen an den Seiten meines Bettes hin und her. „Warum seid ihr hier?" Mein Blick blieb an Chamuel haften, doch bevor er überhaupt etwas sagen konnte, ergriff Raphael bereits das Wort. „Weil Mr. Ich-weiß-alles-besser, wohl eingesehen hat, dass seine Idee wirklich nur absoluter Leichtsinn war." Ich konnte sehen, wie Levia sich ein wenig vor Raphael stellte, als dieser seinen feindseligen Blick erneut zu Lucifer richtete. „Es reicht jetzt, Raphael."

„Freust du dich nicht, uns zu sehen?" fragte nun Jophiel, die direkt neben meinem Bett auf einem Stuhl saß. „Das kann sie nicht." Antwortete Chamuel ihr bereits, ehe ich über eine Antwort nachdenken konnte. Langsam verstand ich hier gar nichts mehr. Lucifer hatte Mist gebaut, dass war mir schon von Anfang an klar gewesen. Allerdings wollte er nicht, dass ich jemals wieder zurück auf die Erde komme. Warum also war ich hier und vor allem, warum waren die Erzengel es ebenfalls?

Ich versuchte mich etwas aufrechter hinzusetzen um etwas mehr auf Augenhöhe mit ihnen zu kommen. Ein recht unangenehmes Piksen an meiner Hand hielt mich allerdings davon ab und lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich entdeckte einen dünnen Schlauch der mit meiner Hand verbunden war und etwas weiter, bis zu einem Tropf führte an dem ein Beutel mit Flüssigkeit hing. Jetzt wusste ich mit Sicherheit, wo ich mich befand. Ein Ort, den ich seit meiner Kindheit so oft gemieden hatte, wie nur möglich.

„Bleib liegen Elodie, du musst dich ausruhen." Meldete sich nun Chamuel wieder zu Wort und legte eine Hand an meine Schulter um mich wieder zurück ins Kissen zu schieben. Mir fehlte leider die Kraft um mich dagegen zu wehren und ließ es deshalb einfach zu. Gerade als ich etwas sagen wollte, war plötzlich ein leichtes Klopfen an der Tür zu hören, welche sich kurz darauf langsam öffnete. „Ms. Theron?" Eine etwas ältere Frau streckte den Kopf in das Zimmer herein und ihr Blick traf den meinen, ehe sich ein Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete. „Wie schön, sie sind wach."

Die Frau betrat nun endgültig das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Ihr Weg führte geradewegs zu meinem Bett bzw. zu dem Tropf, an dem ich regelrecht gefesselt war. Erst jetzt realisierte ich, dass ich völlig alleine hier lag. Sie waren alle weg. Lucifer, Levia, Jo, Chamuel und sogar Raphael hatten sich wortwörtlich in Luft aufgelöst. Nichts erinnerte mehr daran, dass sie jemals hier gewesen waren. „Wie geht es ihnen? Ich hatte nicht erwartet, dass sie so schnell wieder aufwachen würden."

Ich runzelte leicht die Stirn, blickte mich noch einmal kurz in dem Zimmer um und richtete meine Aufmerksamkeit dann zu der Frau, die diesen seltsamen Beutel zu kontrollieren schien. „Und ich hatte eigentlich erwartet, es nie wieder zu tun." Erwiderte ich auf ihre eindeutig zu fröhlich klingende Antwort, woraufhin sie sich mit ihrem Lächeln in meine Richtung wandte. „Das ist eindeutig die falsche Einstellung, meine Liebe. Sie mussten wohl einen sehr guten Schutzengel gehabt haben Ms." Diese Worte erzeugten eine klare Antwort auf die Frage, warum zur Hölle ich mich hier befand und nicht dort, wo ich eigentlich hätte sein wollen.

„Raphael." Zischte ich daher leise und blickte einmal kurz zu der Stelle, an der ich ihn zuletzt gesehen hatte. „Wie bitte?" fragte die Frau neben mir und blickte fragend zu mir herunter. Ein wenig verwirrt blickte ich ebenfalls zu ihr hoch und bemerkte dann, dass ich seinen Namen wohl laut ausgesprochen und nicht nur gedacht hatte. „Ach nichts. Wann kann ich hier raus?" Stellte ich stattdessen eine andere Frage, die in diesem Moment auf jeden Fall mehr von Bedeutung war.

Die Frau gab nur ein leises Lachen von sich und wandte sich dann von dem Bett ab, auf dem ich wohl noch eine ganze Weile werde liegen müssen, wenn ich ihre Reaktion richtig deutete. „So schnell geht das nicht Ms Theron. Es dauert womöglich Wochen, bis sie hier wieder rauskommen. Wie lange genau, hängt allerdings von Ihnen ab." Antwortete sie mir schließlich auf meine Frage und ich hob ungläubig eine Augenbraue. „Aber das geht nicht, ic.." „Es tut mir wirklich leid, aber wir können sie erst entlassen, wenn sie wieder gesund sind."

Damit richtete sie ihre Aufmerksamkeit der Tür zu und hatte das Zimmer in dem ich nun gänzlich alleine lag, im nächsten Moment bereits verlassen und die Tür wieder hinter sich geschlossen. Was zur Hölle sollte das? Ich würde hier ganz sicher nicht liegen und darauf warten, dass ich.. dass ich was? Dass es mir besser ging? Dass ich glücklicher wurde? Was dachten sich diese Menschen hier eigentlich? Das war genau das Gegenteil von dem, was ich eigentlich wollte.

„Du hast gerufen?" erklang plötzlich eine mir nur zu bekannte Stimme neben mir und ich drehte den Kopf automatisch in die Richtung, aus der die Stimme kam. Dort wo vorhin noch Jo gesessen hatte, hatte es sich Raphael nun gemütlich gemacht und blickte mir gelassen entgegen. Hatte er etwa erwartet, dass ich ihm für seine Hilfe dankbar war? „Wo sind die anderen?" fragte ich ihn direkt und blickte mich dann wie schon nach ihrem Verschwinden in dem Zimmer um. Nur Raphael war hier. Die anderen Engel, sowie auch Lucifer und Levia konnte ich nirgends entdecken.

„Sie sind weg." Auch er ließ seinen Blick kurz durch dieses Zimmer gleiten, blickte dann aber wieder zu mir. „Du wirst mir das vielleicht nicht glauben können, aber ich kann mir gut vorstellen, was du dort durchmachen musstest. Das ist aber kein Grund sich.." „Du hast Recht, das glaube ich dir wirklich nicht." Unterbrach ich seine kleine Ansprache und warf ihm nur einen Blick zu, der wie die vielen Male zuvor, wieder komplett leer zu sein schien.

„Ist es nicht seltsam, dass die Menschen an Schutzengel glauben, obwohl sie nie einen zu Gesicht bekommen haben?" fragte ich ihn, wandte meinen Blick dann aber wieder von ihm ab, bis er wieder ins Leere ging. „Nein, seltsam ist das nicht. Menschen glauben an viele Dinge, das gibt ihnen Hoffnung." Beantwortete er meine Frage, woraufhin ich nur leicht den Kopf schüttelte. „Das ist Schwachsinn. Hoffnung hat keinen Wert. Sie bringt einen nur in Schwierigkeiten... Was würde denn passieren, wenn ich nicht mehr an dich glaube, Raphael? Löst du dich dann einfach in Luft auf? Zerfällst du dann zu Staub oder so etwas?" Ich starrte weiter nur ins Leere, weshalb ich nicht mitbekam, dass Raphael mich mittlerweile mehr als verwundert zu beobachten schien.

„Wie kommst du auf so eine Idee, Elodie? Das ist absolut irrsinnig." Entgegnete er und ich sah im Augenwinkel, wie er sich etwas aufrechter hinsetzte. „Du hast mich nicht gehen lassen." Brummte ich allerdings und richtete meinen Blick dann doch wieder auf ihn. „Sag mir, was passiert mit einem Schutzengel, wenn sein Schützling nicht mehr existiert?" Die Verwunderung aus Raphaels Blick verschwand und wich einem Hauch von Unsicherheit. Es dauerte einen Moment, bis er richtig zu realisieren schien, was ich eben gesagt hatte.

„Du meinst, das war nicht Lucifers Idee, sondern deine?" fragte er mich nun und ich spürte, wie meine Mundwinkel kurz zuckten, doch ich antwortete ihm nicht. „Natürlich war es ihre Idee, du Idiot. Wenn ich gewollt hätte, dass sie stirbt, wäre sie jetzt nicht hier, sondern bei euch dort oben und würde mit einem heiligen Schein durch die Gegend tanzen." Kam es fast schon fauchend vom Ende meines Bettes, an dem plötzlich Lucifer aufgetaucht war und Raphael mit seinen glühend roten Augen entgegen starrte.

„Ich dachte wir wären alleine." Murmelte ich leise und mein Blick richtete sich auf den schwarzhaarigen jungen Mann, der jedoch nicht daran dachte, Raphael auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Doch immerhin antwortete er mir. „Du denkst doch nicht wirklich, ich lasse dich hier mit diesem blonden Kleingeist alleine. Er würde nicht zögern, dich einfach wieder mit in den Himmel zu nehmen, nur damit ich keinen Nutzen mehr an dir habe.. Er hat wohl vergessen, dass wir uns in diesem Zustand gegenseitig genauso wenig sehen können, wie du es kannst Elodie."

Raphaelseufzte leise und lehnte sich wieder auf dem Stuhl zurück. „Chamuel würde sie vermutlichdirekt mitnehmen, aber so dämlich bin ich nicht. Sie muss hierbleiben und erstmalwieder gesund werden." Es folgte Schweigen, während sich die beiden nurentgegen starrten. Ich als außenstehende fand das äußerst seltsam. Ein feurigesrot gegen das sanfte Blau, welches dem Ozean glich. Zwei Personen die alles tunwürden, um mich von der anderen fernzuhalten. Und doch konnten sie hier nichtsAnderes tun, als sich anzustarren. Ein stiller Kampf um einen Menschen, derweder an dem einen noch an dem anderen Ort sein wollte.

Des Teufels KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt