„Es tut mir leid aber sie verstehen das wohl nicht richtig. Ms Theron braucht Ruhe, sie dürfen sich momentan nicht hier aufhalten." Die nervtötende Stimme dieser älteren Frau, dessen Namen ich noch immer nicht wusste und auch nicht wissen wollte, drang wie schon so oft in mein Gehör. Allerdings widmete sie diese Worte diesmal nicht mir, sondern einem gewissen blondhaarigen Jungen, mit strahlend blauen Augen, die dem Ozean glichen.
Diese Diskussion zwischen ihnen dauerte wohl schon eine Weile, denn durch diesen intensiven Wortwechsel hatte sich mein Körper dazu entschlossen, aus meinem so angenehm ruhigen Schlaf zu erwachen und mir dieses Gespräch gezwungenermaßen anzuhören. „Sie sollte nicht alleine sein. Ich denke, dass verstehen SIE wohl nicht richtig. Ich werde ganz sicher nicht gehen." Antwortete Raphael mittlerweile deutlich gereizt. Wie lange war er denn schon wieder zurück?
„Besuche sind im Moment nicht gestattet. Ich muss sie wirklich bitten zu gehen. Hier wird gut für sie gesorgt." Die ältere Frau, die zwar eine Krankenschwester aber wohl eher mein Leibwächter hätte sein können, ließ von ihrer Einstellung nicht ab. Das schien auch Raphael nun endlich zu verstehen, denn er verließ ohne weiteres Kommentar das Zimmer, gefolgt von der Frau, die hinter ihnen die Tür schloss. Somit blieb ich wieder alleine in diesem Zimmer zurück. Dafür hatten sie mich also geweckt. Na vielen Dank auch.
„Ich wollte dich nicht wecken, tut mir leid." Hörte ich kurz darauf wieder die Stimme dieses jungen Mannes neben meinem Bett. Ich drehte mich leicht in die Richtung aus der die Stimme kam und stellte ohne große Verwunderung fest, dass Raphael bereits wieder auf dem Stuhl neben meinem Bett saß. „Schon okay, ich konnte sowieso nicht gut schlafen. Was war das eben?" murmelte ich nur leise und deutete einmal kurz mit einem Nicken Richtung Tür.
Raphael seufzte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Seine genervte Stimmung schien noch immer nicht verflogen zu sein. „Es ist ziemlich langweilig, wenn du schläfst. Ich muss wohl auch eingenickt sein. Allerdings kam diese.. wer auch immer sie ist, hier rein und hat mich wohl gesehen.." brummte er ziemlich unzufrieden und ich schüttelte langsam den Kopf. „Und jetzt bist du wieder hier. Ich werde dich wohl wirklich nie los."
Daraufhin folgte Schweigen und somit eine Stille, die selbst ich als etwas unangenehm empfand. „Was ist los mit dir, Elodie?" Raphaels Stimme klang nun ernster, doch auch sanfter als zuvor. „Mit mir?" Ich wandte den Blick von ihm ab und setzte zur Feier des Tages sogar ein leichtes Lächeln auf. Gekonnt gespielt natürlich. Ich sollte dafür wohl einen Oskar gewinnen. Wäre ich nicht Model geworden, hätte ich wohl auch als Schauspielerin Karriere machen können. „Mit mir ist alles in Ordnung. Mit geht es blendend. Absolut wunderprächtig."
Ein erneutes Seufzen von Raphael, der sich nun von seinem Platz erhob, nur um sich daraufhin auf der Kante meines Bettes niederzulassen. „Das ist nicht die Wahrheit Elodie. Ich kann zwar nicht mehr fühlen wie es dir geht aber ich kann es sehen. Ich bin schließlich nicht blind." Ich rutschte demonstrativ ein Stück von ihm weg und schüttelte leicht den Kopf. „Du siehst gar nichts, Raph. Mir geht es gut, du kannst mich ruhigen Gewissens hier alleine lassen. Ich habe keinen Schutzengel mehr nötig."
Ich konnte in Raphaels meerblauen Augen erkennen, dass ihn diese Worte ziemlich getroffen haben mussten, doch es war mir gleichgültig. Mittlerweile war es mir so ziemlich egal. Früher war ich froh darüber, dass er mich gerettet hatte. Doch nun war ich ihm nicht mehr im Geringsten dafür dankbar. „Das ist eben das Problem, Elodie. Ich sehe nichts mehr. Ich sehe nicht mehr wie du lachst, wie du mit deinen Freundinnen lachend durch dein Wohnzimmer tanzt, wie du dir weinend alte Filme ansiehst oder so etwas Banales wie Waldspaziergänge genießt. Nichts davon sehe ich und das ist nicht richtig."
„Diese Zeiten sind vorbei, wir müssen alle irgendwann mal erwachsen werden." Brummte ich nur leise, da dieses Gespräch eindeutig in die falsche Richtung ging. „Das kann so nicht weitergehen, Elli. Du weißt ganz genau, dass sie dich spätestens in ein paar Tagen künstlich ernähren müssen, wenn du nichts isst. Wir konnten zwar dafür sorgen, dass sie dich nicht als Vermisste erkennen aber mehr können wir nicht tun. Wenn du hier raus willst, musst du selbst dafür sorgen. Du willst das ganze Prozedere von damals doch nicht nochmal durchleben."
„Du verstehst es nicht.." murmelte ich wieder leise. „Ich möchte nach Hause, Raph." „Das kannst du erst, wenn du wieder ges.." „Nicht dieses Zuhause." Mit meiner so ruhigen und gefühlslosen Stimme, deutete ich mit einer Hand in die Richtung der Decke über mir. „Dorthin.. warum verstehst du das nicht?" Langsam schien es ihm aber doch klar zu werden, da ich regelrecht in seinen Augen sehen konnte, wie sich darin eine Erkenntnis widerspiegelte.
„Was hat er nur mit dir gemacht, Elodie?" Er griff vorsichtig nach meiner Hand und im nächsten Moment spürte ich bereits eine seltsame Wärme meinen Arm durchfluten. „Tu dir das nicht an, nur weil du denkst, dass du es verdient hast." Wieder schüttelte ich langsam den Kopf und wandte den Blick vom ihm ab. Ich entschied mich dafür, nicht mal mehr ein einziges Wort an ihn zu richten. Es brachte mich vermutlich nur noch mehr in Schwierigkeiten.
„Ich kann nicht zulassen, dass du dein Leben für so etwas hinwirfst. Was auch immer Lucifer dir dort angetan hat, es ist vorbei. Es gibt keinen Grund, weiter darüber nachzudenken. Du musst nur mit mir reden, Elodie. Mehr ist es nicht. Sprich mit mir und wir finden eine Lösung." Doch anstelle einer Antwort auf seine Worte, zog ich lediglich meine Hand aus seiner zurück und die seltsame Wärme verschwand augenblicklich. Ich würde nicht mehr mit ihm sprechen. Nicht nach all dem, was passiert war.
„Elodie.." murmelte er nur noch leise, während sein Blick weiterhin auf unseren Händen lag, die sich nun nicht mehr berührten. Doch es folgte ein Schweigen seinerseits. Er musste wohl eingesehen haben, dass es nicht viel bringen würde, mit mir darüber zu sprechen. Oder allgemein irgendwelche Worte an mich zu verschwenden. Es würde ja sowieso nichts ändern. Raphael saß noch eine kurzen Moment an der Kante meines Bettes, erhob sich dann aber doch und ließ sich wieder auf dem Stuhl daneben nieder.
In den folgenden Stunden herrschte Schweigen. Von meiner Seite aus angenehm zu beurteilen, für Raphael musste es allerdings die Hölle auf Erden sein. Sein Blick war so klar zu lesen, wie der Boden eines Teiches bei strahlender Mittagssonne. Jedes Gefühl, jeder Gedanke war deutlich in seinem Gesichtsausdruck zu erkennen. Doch irgendwann machte ich mir nicht mehr die Mühe, etwas darin hinein zu interpretieren. Ich hatte alles gesagt, was gesagt werden musste und Raphael hatte meine Worte endlich verstanden.
So saßen wir da. Er auf dem Stuhl neben meinem Bett. Nachdenklich wirkend über das, was ich zuvor gesagt hatte. Ich, noch immer gefesselt an dieses grässliche Bett, ohne jeglichen Ausweg, solange Raphael in meiner Nähe war. Ich musste ihn verletzt haben und dennoch würde er nicht mal ansatzweise daran denken, mich hier alleine zu lassen. Er war eben durch und durch ein Schutzengel. Nur hasste ich ihn im Augenblick dafür.
Irgendwann, als das Tageslicht bereits wieder mein Zimmer verlassen hatte, erhob sich Raphael doch von seinem Platz und blickte für einen Moment zu mir. „Du kannst mich hassen so viel du willst, Elodie aber ich werde nicht zulassen dass du dich selbst zerstörst. Irgendwann wirst du merken, dass dich das nicht glücklich machen wird, denn dort oben ist es nicht viel besser als hier." Es waren nur wenige kurze Sätze die er sprach, doch für ihn reichten sie vollkommen aus. Nur einen Augenblick später hatte er sich bereits in Luft aufgelöst und ließ mich erneut in diesem nun kalten und leeren Zimmer alleine.
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Des Teufels Königin
RomanceDer erste Teil der Reihe „In den Fängen des Teufels". - Elodie lebt das Leben, was sich wohl jedes Mädchen wünscht. Sie reist als weltbekanntes Model in unzählige Orte der Welt, besitzt eine große Villa und das Auto ihrer Träume. Doch gequält von sc...